Lärmschutz ganz massiv oder Die Angst vor spielenden Kindern

Ja, was wird denn das, fragten sich viele, die das Bauwerk anschauten

Ist das denn die Burgruine Löffelstelz oder ein Mausoleum?



Mehr als 40.000 Euro kostet der Lärmschutz am Kleinspielfeld, das derzeit an der Schillerstraße gebaut wird und Teil des Gesamtschulkonzepts der Schillerschule ist. Entstanden ist ein Ungetüm - und alles nur, weil sich zwei benachbarte Familien gegen das Projekt wehrten, darunter die des Oberbürgermeisters Schütterle. An dieser Stelle war im Bebauungsplan vorher ein öffentlicher Kinderspielplatz vorgesehen. Als der Gemeinderat den Bebauungsplan änderte und das Kleinspielfeld vorsah, gab es sofort massive Beschwerden. Die Folge: Um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen, schaltete die Stadt einen Lärmgutachter ein und heraus kam dieses massive Bauwerk, über das viele Passanten regelrecht erschrocken sind.

Die Bilder stammen nicht von mir, sondern von einem Bürger, der mir sie heute zugemailt hat und der schon einen Namen fand: Die Arno-Schütterle-Mauer. Ein anderer Bürger, der mich empört anrief, sprach von einem Mausoleum.

Ein ganz eigenartiges Gefühl beschleicht einem bei diesem Bauwerk: Kinder werden auf Distanz gehalten, genau genommen versteckt. Man will sie nicht hören und nicht sehen. Und dies, obwohl sich diese Gesellschaft mehr Kinder wünscht. Da passt einiges nicht zusammen. Auch nicht, dass der OB sonst für eine kinderfreundliche Stadt eintritt.

Mich hat schon bei den Beratungen im Gemeinderat geärgert, wie sich manche vor Kinderlärm schützen wollen. Wer soll denen einmal die Rente bezahlen?

Löffelstelz und die Funde oder Echt gut, die Geschichte

Archäologe Tilmann Marstaller (links) erläutert die Funde, wie sie aufbereitet und erfasst werden. Eine interessante Geschichtsstunde bei den Scherbabuzzern.


Heute Abend gab es einen spannenden Termin bei den Scherbabuzzern in ihrem Domizil am Leoweg in Mühlacker-Dürrmenz. Um Zeitzeugen der Löffelstelz-Geschichte ging es beim Gespräch mit der ehrenamtlichen Helfertruppe der Archäologen während der Grabarbeiten auf der Burg. Alterturmsforscher Tilmann Marstaller sowie der Sprecher der Scherbabuzzer, Bernd Wellinger, informierten über den aktuellen Stand der Aufbereitung der Funde. Der Aufwand für die Zeitzeugen der Ruine hoch über dem Enztal hat sich als Basis der neuen Erkenntnisse sowie für die populärwissenschaftlichen und wissenschaftlichen Auswertungen gelohnt. Ziel ist nun eine repräsentative und selbsterklärende Darstellung der Zeit des Spätmittelalters im Heimatmuseum.

Unsere Fraktion unterstützt den Plan, 2009 in der Schriftenreihe der Stadt einen Band über die Forschungsergebnisse zur Löffelstelz zu veröffentlichen. Im selben Jahr sollte auch eine Dauerausstellung im Heimatmuseum über das Spätmittelalter eröffnet werden. Dies kann die Chance sein, das Museum nach den neuesten didaktischen Vorstellungen auszurichten. Die Exponate müssen stärker in einen zeitgeschichtlichen Zusammenhang gestellt werden. Dadurch kann das Museum nur gewinnen. Statt einer reinen Sammlung sollten die Gegenstände in Zeitfenstern zusammengefasst werden, wobei auch die Geschichte der Stadtteile einbezogen werden muss – beim Spätmittelalter zum Beispiel die der Wehrkirchen von Lienzingen und Großglattbach.

Insgesamt sind von den Scherbabuzzern in ihrem Domizil am Leoweg zwischen 30.000 und 40.000 unterschiedliche Funde aufbereitet worden. Jedes Stück hat man fünf- oder sechs Mal in die Hand nehmen müssen – vom Ausgraben über das Säubern und Sortieren bis zur Erfassung in einer extra dafür von Marstaller angelegten Datenbank und der Verpackung. Bisher sind etwa 11.000 Stücke in der elektronischen Kartei registriert worden und damit etwa ein Viertel. Marstaller rechnet damit, dass diese Arbeiten in den nächsten Monaten abgeschlossen werden können. Er erfasst die Stücke, wiegt sie, fertigt mit dem Scanner jeweils ein Bild an und die Scherbabuzzer liefern notwendige Zeichnungen mit Größenangaben und Querschnitten, mit denen der Computer ebenfalls gefüttert wird. Das war ganz beeindruckend. Die Laien hätten sich inzwischen selbst gute Fachkenntnisse angeeignet, ein solches Engagement sei einmalig, sagte Marstaller: „Dadurch konnten weitaus mehr Funde gesichert und erfasst werden als bei einer Ausgrabung allein mit hauptamtlichen Kräften.“ Ein solcher Zeitaufwand ehrenamtlicher Kräfte sei selten im Land.

Derzeit erfolge die archäozoologische Bestimmung und die Auswertung der Tiefknochenfunde durch eine Expertin.

Die Funde landen im Archäologischen Landesarchiv Rastatt, das allerdings bereit ist, Stücke als Dauerleihgabe für eine Ausstellung im Heimatmuseum der Stadt zu überlassen. Eine Chance, die genutzt werden sollte. Da waren wir uns alle einig. Es ist wichtig, die Exponate plastisch darzustellen und dem Betrachter den Alltag der Menschen in der Zeit, als das Löffelstelz-Areal bewohnt war, nahezubringen. Was den Fundkomplex so wertvoll mache, seien nicht die einzelnen Scherben, Knochen oder Metallstücke, sondern seine Vollständigkeit, welche die seltene Gelegenheit auch für eine statistische Auswertung des Fundmaterials biete, die wiederum Rückschlüsse auf das Leben der Menschen zulasse, sagte Marstaller uns.

Zahlreiche Teile von Ofenkacheln belegen den Wohnkomfort in den Stuben, die mit Kachelöfen beheizt wurden. Scherben von Kochgefäßen geben Zeugnis von der Kochkunst des 13. bis 15. Jahrhunderts. Eierspeisen bereitete man in Dreifußpfännchen zu, der mittelalterlichen Vorläuferin der Bratpfanne. Stellvertretend für die vielen Metallfunde steht ein gut erhaltenes Türschloss aus dem 15. Jahrhundert. „Nun lässt sich das Spätmittelalter in seinen ganzen Facetten darstellen – nicht wie es allgemein war, sondern ganz konkret in unserer Heimat“, fasste Wellinger zusammen. Er hat recht. Die Funde von der Löffelstelz brachten viele neue Erkenntnisse und bedeuteten heimatgeschichtlich fast einen Quantensprung. Echt gut, die Geschichte!

Burg Löffelstelz oder Das Wahrzeichen der Stadt

Nun ist sie saniert und standfest gemacht: die Burg Löffelstelz. Hoch über dem Enztal stehend, über Dürrmenz thronend, ist sie das Wahrzeichen unserer Stadt. Mehr noch als der Sender? Eine Ruine, die die Phantasie anregt: Wie könnte die Burg einst ausgesehen haben? Von Efeu und lockerem Stein befreit, wirkt sie größer und schöner als in den vergangenen Jahrzehnten. Es ist, als sei sie aus dem Dornröschen-Schlaf erweckt worden. Die Initiative geht auf Bürgermeister Hans Jürgen Pisch zurück, der den Gemeinderat dafür gewinnen konnte, Mittel für die Sanierung bereitzustellen. Es ist aber auch ein Gewinn gewesen, dass mit Gerd Schäfer einer die Bauleitung übernahm, für den die Löffelstelz schon in jungen Jahren mehr war als irgend eine Ruine. Einer, der sein Herzblut für die Löffelstelz gab und für den sie nicht nur eine x-beliebige Baustelle war.

Dann engagierten sich die Scherbabuzzer - ehrenamtliche Helfer, die die Fundstücke reinigten und sortierten - und der Verschönerungsverein. Viele Bürger gaben Spenden. Und als am Samstagabend der Trommler- und Pfeiferkorps im Enzvorland, mit Blick auf die Burg, bei Dunkelheit im Fackelschein spielte, hörten viele Menschen zu, die auch auf die neue Illumination der Burg warteten: Gerd Schäfer und die Stadtwerke zeigten, welche Möglichkeiten es gibt, die Ruine in der Dunkelheit ins rechte Licht zu rücken - abwechselnd mit weichem oder hartem Licht angestrahlt, mit viel oder wenig farbigen Lichtstrahlen. Ich finde, das weiche Licht und farbige Ergänzungen machen die Löffelstelz auch nachts zu einem Schmuckstück. Ein besonderes Erlebnis war das anschließende Feuerwerk über der Burg, ein Geschenk des Gewerbe-, Handels- und Verkehrsvereins Mühlacker anlässlich seines 100-jährigen Bestehens.

Jetzt muss der Gemeinderat ein Konzept und die Benutzungsordnung für die Burg verabschieden. Zeit genug wäre gewesen, wenn der OB die von der Verwaltung vorgelegten Entwürfe im Gemeinderat eingebracht hätte. Die Ruine ist ein Kleinod, das nicht zum Rummelplatz werden darf. Wir sollten uns auf überschaubare, kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte und Theater, vielleicht auch Skulpturenausstellungen beschränken. Das passt in den Rahmen, während Halligalli und Volksfeste diesen Rahmen sprengen.