Heidenwäldle: Die festen Brennstoffe kommen

Seit Jahren beschäftigt den Gemeinderat immer wieder die Heizungsart im Heidenwäldle, der Wohnsiedlung, die so schön im Wald liegt. Das Baugebiet wurde in den 1960er Jahren als Projekt im Rahmen des ExWoSt-Programms (Experimentieller Wohnungs- und Städtebau) entwickelt. Neben anderen Themen (u.a. ruhender Verkehr) war die Vermeidung der Verbrennung fester und flüssiger Brennstoffe Bestandteil der Konzeption. Doch heute Abend machte eine Mehrheit des Gemeinderats (23 gegen 5 Stimmen) den Weg frei für feste Brennstoffe. Die Verwaltung kämpfte mit der gleichen Inbrunst für diesen Beschluss wie sie ihn noch vor Jahren bekämpfte. Heidenwaeldle.pdf

Jahrzehntelang erklärte die Verwaltung, feste Brennstoffe seien nicht erlaubt. Sie "zwiebelte" Hauseigentümer, damit sie nur Gas nehmen. Noch vor wenigen Jahren erklärte sie die Regelung für rechtlich gesichert. Die Menschen haben darauf vertraut. Und nun? Diese Haltung sei rechtswidrig gewesen, hieß es heute Abend von der gleichen Verwaltung. Kein Wort von Vertrauensschutz. Jahrelang haben die Bewohner dem Rathaus geglaubt. Nun bleibt die Glaubwürdigkeit auf der Strecke. In einem halben Jahr werde sich das alles schon beruhigen, meinte SPD-Stadtrat Thomas Knapp. Sieht so Politik aus?

Oder sorgt eine solche Politik nicht für gewaltigen Vertrauensverlust?

Ich bin froh, gegen die Freigabe gestimmt zu haben. Denn Bürger müssen sich gerade auf Verwaltungen verlassen können. Doch sie sind jetzt verlassen.

Mich beschäftigt nun eine Frage: Wann wächst der Mühlacker Stadtverwaltung wieder ein neuer Kopf - vielleicht in zehn oder zwanzig Jahren?

Übrigens: Im Luftreinhalteplan für Mühlacker hat das Regierungspräsidium Karlsruhe der Stadt Mühlacker das Verbot von Festbrennstoffen empfohlen. Um die Feinstaubbelastung zu senken.



Stadtbahn Ittersbach-Pforzheim: Das neue Thema der Kreispolitik

Eine Stadtbahn von Ittersbach bis Pforzheim? 2006 legte die Kreisverwaltung das Ergebnis einer Untersuchung vor: Ittersbach1.pdf

Am 17. Juli 2006 stand das Thema auf der Tagesordnung des Umwelt- und Verkehrsausschusses des Kreistags. Das Protokoll verzeichnet "Kenntnisnahme ohne Debatte". Denn das Gutachten zeigte, dass ein Neubau zwischen Ittersbach und Pforzheim (Birkenfeld, Straubenhardt, Neuenbürg und Karlsbad) ohne einen innerstädtischen Pforzheimer Abschnitt nicht die notwendige Wirtschaftlichkeit erreicht (wobei die Erfahrung zeigt, dass die Passagierzahlen meist höher ausfallen als in der Prognose, wenn das Angebot konkret vorhanden ist).

Dann herrschte Funkstille. Bis das Thema vor wenigen Wochen bei den Etatberatungen im Gemeinderat von Straubenhardt wieder auf die Tagesordnung kam, aufgegriffen von den beiden Pforzheimer Landtagsabgeordneten Stefan Mappus und Hans Ulrich Rülke. Inzwischen gewann die Sache eine Eigendynamik: Jetzt präsentierte Pforzheims Oberbürgermeister Gerd Hager in der PZ einen konkreten Vorschlag für eine Trasse in Pforzheim - einfach die vorhandene aus Richtung Wildbad nehmen und zusätzliche Haltestellen bauen. Ob der damit verbundene Verzicht auf eine neue innerstädtische Trasse das Kosten-Nutzen-Verhältnis hebt, ist zumindest umstritten.

OB Hager nimmt die Anregung des Landratsamtes Enzkreis auf, dass der Landkreis die Federführung bei der Erstellung einer Machbarkeitsstudie hat. Eine vernünftige Sache, nachdem dies auch bei der ersten Untersuchung der Fall war.

Dass die Straubenhardter ein großes Interesse an einer Stadtbahn an den Tag legen, zeigte sich Freitagabend beim Neujahrsempfang der dortigen CDU. In meinen Gesprächen spielte das Thema mehrfach eine Rolle. Auch die CDU-Kreistagsfraktion hat sich inzwischen geäußert. Nun meldete die CDU Keltern den Wunsch an, ihre Gemeinde zu den weiteren Gesprächen hinzuziehen, was sicherlich richtig ist.

Wir haben also ein neues Thema der Kreispolitik. Sinnvoll ist der Ausbau des Schienennahverkehrs allemal. Die guten Erfahrungen mit der Enztalbahn lassen grüßen.

Auch in anderen Landkreisen werden Bahn-Debatten geführt: zum Beispiel im Kreis Ludwigsburg. Und führen zu positiven Reaktionen. Auch per Online-Votum.

Für den Enzkreis und die Stadt Pforzheim ist es wichtig, rasch die Gutachter zu beauftragen, um hieb- und stichfeste Zahlen zu erhalten. Das Bahnnetz stärker zu verknüpfen ist für die Zukunft richtig - sowohl aus ökologischen als auch aus ökonomischen Gründen. Eine Stadtbahn Ittersbach-Pforzheim hat Auswirkungen auf die Strecke Pforzheim-Mühlacker. Deshalb müssen wir auch weiterkommen mit den Plänen, neue Stadtbahnhaltestellen in Pforzheim-Eutingen und in Mühlacker (Stöckach/Stadtmitte) zu schaffen.

Die Trassenvorschläge Ittersbach-Pforzheim: Ittersbach3.pdf und Ittersbach4.pdf. Und das Originalgutachten von 2006: Ittersbach2.pdf

Regierungspräsidium übergeht die Stadt Mühlacker

Der Karlsruher Regierungspräsident Dr. Rudolf Kühner verordnete Mühlacker eine Umweltzone, die von der Kommune abgelehnt wird. Der Gemeinderat hat ein Nein zu diesen Fahrverboten beschlossen, doch rechtlich kommt dies keinem Veto gleich. Zuständig ist das Land. Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner meint, in den Umweltzonen das Heil zu sehen. Die Regierungspräsidien vollziehen diese Vorgaben, müssen sie notfalls gegen Widerstand vor Ort durchboxen.

Weshalb wir die Umweltzone abgelehnt hatten? Die Schadstoffe werden nur neu verteilt. Die Stinker fahren dann dann nicht mehr auf der B 10 durch Mühlacker, sondern weichen aus auf Ziegeleistraße und Lienzinger Straße. Der Dreck bleibt also. Wir wollten, dass die ganze Stadt zur Umweltzone wird. Dies sei aber, so hieß es aus Karlsruhe, rechtlich nicht möglich, weil Ausweichstrecken vorhanden sein müssten. Und dies, obwohl durch die Maut auf Autobahnen nachweislich Schwerlastverkehr auf Bundesstraßen ausweicht, worunter auch Mühlacker zu leiden hat und wir nicht den Eindruck haben, dass das Land ausreichende Gegenstrategien entwickelt. Wir werden hier allein gelassen.

Das Problem des Feinstaubs wird also nicht an der Wurzel gepackt sondern mit einem hohen bürokratischen Aufwand nur verlagert. Besser wäre es, durch staatliche Hilfen den Umstieg auf saubere Fahrzeuge zu erleichtern.

Nun wird Mühlacker also eine Umweltzone erhalten. Sich mit juristischen Mitteln dagegen zu wehren bringt nichts. Die Anwohner der Pforzheimer Straße wären, würden sie mit der Forderung auf staatliches Handeln vor den Kadi ziehen, wohl erfolgreich.

Wir müssen darauf bestehen, dass an den Ausweichstrecken nun auch die Belastungen gemessen werden - und dies notfalls selbst in Auftrag geben. Feinstaub-Belastungen müssen für alle reduziert werden.

Nein zur Umweltzone oder Regierungspräsidium blitzt wieder ab

Mühlackers Straßenverkehrsbehörde lehnt es ab, das Einvernehmen zur Ausweisung einer Umweltzone für die Innenstadt zu erteilen. SV102_2008Anlage4.pdf

Das Regierungspräsidium Karlsruhe hätte gerne die Zustimmung aus dem Rathaus, um zum 1. Januar 2009 die Umweltzone auszuweisen. Damit erreichen wir den letzten Akt eines Vorgangs, der den Gemeinderat immer wieder beschäftigte. Wir hatten uns immer gegen die Umverteilung von Schadstoffen gewandt, denn die Dreckschleudern vor allem unter den Schwerlastern bleiben in der Stadt - sie werden nur auf eine andere (und längere) Route geschickt, müssen die Umweltzone umkreisen.

Heute Abend ging es im Gemeinderat um den Aktionsplan. SV102_2008AktionsplanMhlacker3.pdf

Einmütig hat der Rat zustimmend von der Begründung Kenntnis genommen, mit der unsere Straßenverkehrsbehörde das Einvernehmen verweigert. Denn wir haben unsere Ziegeleistraße, über die die Dreckschleudern künftig fahren sollen, nicht nur Entlastung der B-10-Ortsdurchfahrt gebaut, sondern zur Entlastung von Bahnhofstraße und Hindenburgstraße.

Bis jetzt sind an 13 Tagen des Jahres 2008 die Feinstaub-Grenzwerte am Messpunkt B 10 Stuttgarter Straße überschritten worden. Doch wie hoch sind die Schadstoffe an anderen stark befahrenen Straßen? Wissen wir nicht, weil das Land die Aufstellung von Messstationen abgelehnt hat. Dabei ist die B 10 Pforzheimer Straße sogar noch stärker belastet und hat denselben Schwerlasteranteil von knapp 14 Prozent wie die Stuttgarter Straße, liegt aber nicht in der Umweltzone. Der Gemeinderat stimmte heute dem CDU-Antrag zu, erneut beim Land Messstellen an der Pforzheimer Straße, in der Lienzinger Straße, in der Enzstraße und in der Kieselbronner Straße sowie an der B 35 zu beantragen.

Die Umweltzone ist vor allem eines: ein bürokratischer Aufwand, um eine Problemlösung vorzugaukeln. Eine kosmetische Aktion, mit der so getan wird, als werde ein Problem gelöst. Das vom Regierungspräsidium beauftragte Fachbüro Aviso zur "Bestimmung der emissions- und immissionsseitigen Auswirkungen der Maßnahme Umweltzone" stellt zwar für die Umweltzone eine Entlastung fest, bekennt aber gleichzeitig: "Klar ist, dass die aus der Umweltzone verlagerten Verkehre und Emissionen an anderen Stellen zusätzlich hinzukommen." (Seite 16) Eine Ursache der Belastung sieht das Büro "in der Lage der B 10, die sich als Ausweichstrecke für Mautausweichverkehr (von der Autobahn) anbietet" (Seite 3). Das Land unternimmt aber nichts gegen den Mautausweichverkehr - duldet also weiterhin die Ursachen, verweigert mautpflichtige Bundesstraßen oder Durchfahrtsverbote für Schwerlaster auf B 10 oder B 35 - und klebt statt dessen Trostpflästerchen.

Umweltzone für Mühlacker oder Verteilen wir nur den Feinstaub?

Für 2009 ist eine Umweltzone für Mühlacker geplant. Für ganz Mühlacker? Nein, nur für einen Teil der Kernstadt, orientiert an der B-10-Ortsdurchfahrt. Denn an der Steigungsstrecke der Stuttgarter Straße (B 10) steht eine Mess-Station. Und diese belegt die Feinstaubbelastung. Eigentlich sollte die Umweltzone schon längst vorhanden sein, doch der Zeitpunkt ist verschoben worden. Einer der Gründe: Das Europäische Parlament versuchte die bisherige Richtlinie der EU-Kommission zu korrigieren. Inzwischen liegen die Ergebnisse vor:

Es geht um den Feinstaub PM10-Wert. Nach derzeitiger Rechtslage sind an 35 Tagen Überschreitungen zulässig – und nach künftiger. Doch wird das Limit von 35 Tagen überschritten, muss gehandelt werden. Dann legt das Regierungspräsidium einen Aktionsplan vor, Teil dessen sind die Umweltzonen.

Da der PM 10-Wert überwiegend in Europa nicht eingehalten werden kann, waren im Rahmen der Novellierung der europäischen Luftqualitätsrichtlinie mehrere Alternativen bezüglich des PM10-Wertes in der Diskussion. Eine davon war die Erhöhung der zulässigen Überschreitungen auf 55 Tage. Anfang Dezember 2007 wurde zwischen dem Europäischen Rat und dem zuständigen Umweltausschuss des Europäischen Parlaments ein Kompromiss zur Luftqualitätsrichtlinie erzielt. Rat und Parlament haben dem Kompromiss inzwischen zugestimmt. Die geltenden Grenzwerte sollen mit der neuen Richtlinie nicht berührt werden. D.h. auch die Grenzwerte für PM10 und NO2 bleiben unverändert. Ergänzend werden Möglichkeiten der Fristverlängerung bei Nichteinhaltung der Grenzwerte unter vorgegebenen Voraussetzungen eingeführt. Neu ist die Einführung von Regelungen für PM2,5. Nachfolgend wird auf zwei wesentliche Änderungen gegenüber den bisherigen Regelungen eingegangen:
Bei PM10 werden Fristverlängerungen von drei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie eingeführt werden, wenn die Grenzwerte aufgrund der lokalen Gegebenheiten, ungünstiger Witterungsbedingungen und Beiträgen aus dem Ferntransport überschritten werden. Allerdings müssen die Mitgliedsstaaten der EU nachweisen, dass alle angemessenen Maßnahmen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene ergriffen wurden, um die Grenzwerte fristgerecht einzuhalten (meine Quelle: Umweltministerium Baden-Württemberg).

Also: Es bleibt bei den 35 Überschreitungstagen.

Ganz klar: Die Anwohner der stark belasteten Straßen haben ein Anrecht auf Verbesserungen. Gesundheit geht über alles. Deshalb ist nichts gegen Umweltzonen zu sagen - wenn der Dreck nicht nur verteilt wird. Ich befürchte: Wenn nur ein Teil der Kernstadt zur Zone erklärt wird, dann fahren die Stinker über andere Straßen, zum Beispiel über die Ötisheimer Straße, die Ziegeleistraße und die Lienzinger Straße oder über den Herrenwaag in Dürrmenz. Deshalb: Die Umweltzone muss so groß sein, dass nicht nur der Feinstaub neu verteilt wird.
Das haben wir gestern Abend im Gemeinderat gefordert. Die Stadtverwaltung hat die Botschaft verstanden. Ob sie auch vom Regierungspräsidium Karlsruhe aufgenommen wird, muss sich zeigen. Jedenfalls sind schon zahlreiche Ausnahmen vorgesehen.

Wie ist es eigentlich an der B 35? Ich fordere, auch dort die Schadstoffbelastung zu messen.