Strom zum Pauschalpreis

SWM-Geschäftsführer Roland Jans beim Bezahlen mit der Karte

Knapp 50.000 Euro hat sie gekostet, 40 Prozent davon übernimmt der Bund, jetzt wurde sie ganz offiziell vorgestellt: die erste wirkliche  Schnellladestation in Mühlacker. Die Stadtwerke Mühlacker (SWM) platzierten sie an der oberen Bahnhofstraße, der Einkaufsmeile von Mühlacker (auf der Webseite des Energieversorgers findet sich aber noch kein Hinweis). Wer Strom für sein Elektromobil zapft, bezahlt bequem mit EC- oder Kreditkarte oder aber einem Ticket von ladenetz.de - auch hier ist die Internet-Datenbank noch nicht aktualisiert. Abgerechnet wird pauschal. "Die Ladungen werden aufgrund eichrechtlicher Vorschriften nur pro Ladevorgang berechnet werden. Eine Verrechnung nach Standzeit ist nicht erlaubt", sagt SWM-Geschäftsführer Roland Jans. Da sei das Gesetz vor. Ein Ladevorgang AC (Wechselstrom) kostet 6  Euro, DC (Gleichstrom) das Doppelte. Daür fallen keine Parkgebühren an. Trotzdem: Besser wäre die Abrechnung nach geladener Strommenge. Noch laufen Zuschussanträge der SWM beim Bund auf zwei weitere Schnellladestationen. Der Ausbau der  Ladeinfrastruktur in Mühlacker geht weiter und lässt hoffen.

Weitere "Bombole" warten: Das baden-württembergische Ministerium für Verkehr  bietet  BW-e-Gutscheine als Anreiz, sich für einen mit Elektro- oder Plug-in-Hybrid-Antrieb ausgestatteten PKW zu entscheiden.

Und das Stadtwerk am See in Friedrichshafen schnürt E-Mobilitätspakete, legt ein eigenes Förderprogramm auf, verknüpft mit e-mobil-bodensee.de. Nicht nur Aldi tut's: Die Bäckerei Bopp bietet vor ihrer Filiale in Reichenbach im Täle eine Ladestation an. Auch in Türkheim und Deggingen sollen solche Stationen entstehen. Wecken kaufen und laden. Dafür gibt's an den Gewerblichen Schulen Donaueschingen zwar eine Ladestation, aber kein Stromauto mehr, weil Nissan den für ein Schülerprojekt gestifteten Leaf wieder abholte: Die Vorstellungen des Unternehmens in Bezug auf das Schülerprojekt schienen jedoch zu arg auseinander gegangen zu sein.

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"Street-Scooter" und andere Stromer

Drei Stromer im Test. (Quelle: "obs/Touring Club Schweiz/Suisse/Svizzero - TCS/TCS")

Ob Mühlackers OB Frank Schneider es seinem Namensvetter, dem Bürgermeister von Langenfeld gleichtun wird? Denn in der  Kommune im Rheinland solllen bis zum Jahr 2022 rund 1000 E-Autos fahren. Der "Street-Scooter" hat es Frank Schneider angetan: der gelbe Transporter mit Elektro-Antrieb, ein Eigenfabrikat der Deutschen Post, mit dem die Briefträger auch in Mühlacker unterwegs sind. Mehr als 3000 rollen deutschlandweit. Die Post produziert ihn nicht nur für sich selbst, sondern nun auch für Fremdfirmen. Und so zitiert RP Online den Langenfelder  Bürgermeister. "Die Erfolgsgeschichte dieses Autos zeigt, wie viel Potenzial in der Elektromobilität steckt", sagt Frank Schneider. Die Stadt habe den Scooter für ihren Betriebshof getestet und werde nun zwei davon anschaffen - mit den Haushaltsmitteln, die eigentlich für neue Transporter mit Verbrennungsmotor vorgesehen waren. Denn die Stadt müsse mit gutem Beispiel vorangehen, wolle sie die 1000er-Marke reissen. Dagegen realisierte die Gemeinde Ehrenkirchen in Südbaden ihr spezielles Modell: Ein Stromer samt Schnellladesäule mit zwei Anschlüssen gibt es am Rathaus. Während der Dienstzeiten nutzen den Wagen Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, außerhalb der Arbeitszeiten im Rathaus steht der Renault Zoe 400 allen Bürgern zur Verfügung. Carsharing der besonderen Art. Anbieter ist die my-e-car GmbH.  (Irgendwie bringt man das in Mühlacker nicht auf die Reihe.)

Trotzdem: Elektromobilität bleibt (noch) der Markt der kleinen Zahlen. Exakt 16.433 reine Stromautos sind in den ersten drei Quartalen 2017 in Deutschland zugelassen worden. Eine Nische?  Eher eine Nische der Nischen. Vom Start des Förderprogramms des Bundes 2016 sind bis zum 31. Oktober 2017  beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) 37.697 Zuschussanträge eingereicht worden. Seit Ende September kamen damit 4037 Anträge neu hinzu. Für reine Batterie-Elektroautos gab es bisher insgesamt 21.963 Anträge auf einen 4000-Euro-Zuschuss. Für mit 3000 Euro subventionierte teilelektrische Plug-in-Hybride mit Verbrenner, E-Maschine und begrenzter Elektro-Reichweite liegen dem Bafa 15.730 Anträge vor. Für Wasserstoff-Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle sind weiter erst 4 Anträge eingegangen (Förderung: 4000 Euro).

Immerhin: Für ein Ranking reichen die Zahlen. Die Modell-Top-10-Liste führt der Renault Zoe an, der von mir gefahrene Leaf von Nissan belegt einen Platz nach zehn. Immerhin sieben der zehn Top-Modelle stammen von deutschen Autobauern. Ein Silberstreif am Himmel. Zumal die Mehrheit der Verbraucher an den Elektroantrieb glaubt: 59 Prozent der Befragten traut rein batterieelektrischen Antrieben und Plug-in- Hybriden eine dominante Rolle zu; weitere 10 Prozent setzen auf Wasserstofffahrzeuge. Das zeigt eine Umfrage von Kantar Emnid im Auftrag der Deutschen Energieagentur (Dena) im August 2017. Unterdessen rät der Wissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker zur Gelassenheit, was konkrete und verbindliche Terminvorgaben betrifft. In einem Interview mit der Heilbronner Stimme„Bitte kein Schnellschuss beim Verbrennungsmotor“. Trotzdem müsse man „natürlich die E-Auto-Technik vorantreiben“, so der Präsident des Club of Rome und frühere SPD-Politiker. Und das planen die Autohersteller: lautlose Fahrzeuge.

Nicht nur das: Mit der jetzigen Gründung des Gemeinschaftsunternehmens IONITY stellen die BMW Group, Daimler AG, Ford Motor Company und der Volkswagen Konzern mit Audi und Porsche die Weichen für den Aufbau eines neuen Schnellladenetzes für Elektrofahrzeuge in Europa. Die Errichtung und der Betrieb von insgesamt rund 400 Schnellladestationen bis 2020 sind wichtige Schritte, um Elektromobilität auch auf Langstrecken zu gewährleisten und sie damit im Markt zu etablieren.

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Mein Stromer und der Winter




Eine Stromtankstelle entsteht in der Rathaus-Tiefgarage Mühlacker

Eine kleine Anleihe sei mir gestattet: Mein Stromer läuft und läuft und läuft. Nur erreichen die  Elektroautos bei weitem nicht die Zahlen des Laufwunders Käfer. Selbst die staatliche Prämie zum Kauf eines E-Mobils sorgte nicht für ein Verkaufswunder. Seit dem 2. Juli wurden beim für den Zuschuss zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) dessen Angaben zufolge gerade einmal 9.023 Anträge auf Staatsknete zum Kauf eines E-Autos oder Plug-in-Hybrid-Fahrzeugs gestellt.  Reine Elektroautos werden mit 4.000 Euro gefördert, Plug-in-Hybride – also Autos mit einer Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor plus extern aufladbarer Batterie – mit 3.000 Euro. Die Diagnose für die Zurückhaltung ist immer die gleiche: Attraktivere Pkw-Modelle mit mehr Reichweite und ein dichteres Ladestationennetz sind notwendig. "Die beiden Themen gehören zusammen, in beiden sehe ich jetzt Bewegung", wird Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach, in der "Zeit" zitiert. Ich will's um einen Punkt ergänzen: Die Ladezeiten müssen kürzer werden. In 45 Minuten von fünf auf 97 Prozent Akkuinhalt bei einer 30-kW-Batterie trotz schnellster Lademöglichkeit zehren an den Nerven bei Leuten im Termin-Stress. Doch: Wer seinen Stromer eher im lokalen und regionalen Bereich nutzt, kommt kaum in die Verlegenheit, einen solchen Zwischenstopp einlegen zu müssen. 

Seit knapp neun Monaten fahre ich meinen 106 PS starken Nissan Leaf, mehr als 14.500 Kilometer hat er schon unter den Rädern. In der Regel reicht das nächtliche Laden an der eigenen schnelleren Elektrotankstelle je nachdem für einen Tag, derzeit sogar schon mal für zwei bis drei Tage. Obwohl ich in meinem ersten Winter mit dem flotten Leaf schon merke, wie Zusatzleistungen für Heizung und Gebläse die Reichweite um knapp 20 Kilometer reduzieren. Der Akkuinhalt schrumpft etwas schneller. Eine volle Ladung reicht noch für 160 bis 175 Kilometer (Spitze im Sommer: 209). Doch da muss man keine Angst haben, liegen zu bleiben. Wer aber in den nördlichen Schwarzwald tourt, sollte sich eben vorher noch genauer informieren, wo Zapfstellen stehen. In Altensteig zum Beispiel: im Parkhaus hinterm Rathaus zwei nagelneue Ladestationen, kinderleicht zu bedienen. Weshalb aber das größte regionale Kreditinstitut - das mit dem kräftigen Rot im Markenzeichen - ausgerechnet im Dezember zum Termin in den hintersten Winkel von Bad Teinach einlädt, obwohl es dort zum Laden maximal zu einer lahmen Haussteckdose reicht, lässt einen ratlos zurück und schließlich auf die Fahrt verzichten. Dabei ist gerade diese Bank einer der Vorreiter beim Ausbau einer Ladestelleninfrastruktur mit Stationen am Landratsamt Calw, im Parkhaus Luisenstraße in Pforzheim, an seiner Hauptzweigstelle in Mühlacker ... Und chic machen sich die bankeigenen E-Smarts im Straßenverkehr auch aus. 
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Für den Alltag der E-Mobilität - Bund muss nachbessern




E-Mobil vor dem Landratsamt Enzkreis in Pforzheim.

Etwa 140 elektrisch angetriebene Personenwagen sind im Enzkreis zugelassen (Stand 16.2.2016: 133, davon 21 in Mühlacker), zwei davon gehören den Mühlacker Taxiunternehmern Kurt Leutgeb und Athanasios Mylonas, die im Mittelpunkt eines Zeitungsberichts stehen, der am Wochenende erschien, der Stärken  und Schwächen gut beleuchtet. Zu dem darin erwähnten Forschungsprogramm gehöre auch ich mit meinem Stromer. Auch unser Landkreis geht mit gutem Beispiel voran; um sein Klimaziel zu erreichen, CO2-Emissionen bis 2020 um 25 Prozent zu vermindern und 2050 klimaneutral zu werden,  ersetzt der Enzkreis die konventionellen Dienstwagen nach und nach durch Fahrzeuge mit neuen Antriebstechniken. 2005 begann man bereits mit vier Erdgasfahrzeugen, 2011 kamen die E-Bikes und E-Roller dazu, 2012 dann der Opel Ampera und der E-UP von VW, jetzt einen Mercedes.  Mitarbeiter der Kreisverwaltung fahren bei acht von zehn dienstlichen Strecken mit dem E-Mobil, heißt es im Landratsamt. Auch die Stadt Mühlacker erstand ein E-Auto. Trotzdem: Die Stückzahl ist noch (zu) gering. Ob das neue Förderprogramm des Bundes hilft, eine Kombination aus Zuschuss zum Kauf eines E-Fahrzeugs und Mittel für den Ausbau  des Ladestellennetzes, wobei zwischen Schnell- und Normalladestationen unterschieden wird? Zweifel sind erlaubt. Zudem fehlen noch die Details des Ausbauprogramms der Stationen. Mühlacker kann eine Schnellladestation gut vertragen, notwendig sind sie entlang von Autobahnen und Bundesstraßen. Von 6 auf 97 Prozent in 40 Minuten mit dem Chademo-System wie bei Nissan Walter in Pforzheim - die restlichen drei Prozent hatte ich mir geschenkt. Die 97 Prozent reichten diesmal zwei Tage lang.



Vorgesehen ist, einen Betrag von 4.000 Euro für rein elektrische Fahrzeuge und von 3.000 Euro für Plug-in-Hybride zu gewähren - als Umweltbonus.  Doch die Bundesregierung ist nicht konsequent. Sie will mehr Elektroautos auf Deutschlands Straßen bringen, doch statt nur diese zu fördern, wird auch Kompromiss-Technik (Hybrid) unterstützt. 4000 Euro gleichen das Delta zwischen den Anschaffungspreisen von Autos mit Verbrennungsmotoren und E-Mobilen  (etwa 10.000 Euro) nur zu einem geringen Teil aus. Die "Hybrid-Gelder" in den Kauf von reinen Stromern zu stecken, hätte dem selbstgesteckten Ziel der Bundesregierung mehr gedient, ohne den Gesamtaufwand zu erhöhen. So aber drohen die Hilfen zu verpuffen. Weshalb werden vom Bund nicht flankierend Flottenrabatte mit den einzelnen Herstellern ausgearbeitet analog zum auslaufenden Forschungsprojekt des Bundesumweltministeriums mit dadurch möglichen attraktiven Konditionen? Nachbesserungen sind notwendig.


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Auf zwei Tassen Kaffee




Links für das Turboladerkabel, rechts für die anderen Typen Ladesysteme

Nein, ich saß an den kalten Tagen nicht im Wintermantel mit Handschuhen und Ohrenschützern in meinem Elektroauto, um Energie zu sparen. Es ist wie bei jedem Auto mit Verbrennungsmotor auch: Die Heizung auf 22 Grad Celsius eingestellt und es kommt wohlige Wärme auf. Das kostet zwar beim E-Mobil ein paar Kilometer Reichweite, aber das ist leicht zu verkraften, wenn man nicht auf Reserve fährt. Genauso wie beim Benziner oder Diesel, bei dem die Klimaanlage auch Sprit frisst. Dank Sitzheizung auf allen Plätzen bekommt bei meinem Wagen auch niemand einen kalten Hintern. Übrigens: Das Gebläse ist beim Energieverbrauch kaum zu spüren. Und, Hand aufs Herz, muss die Heizung immer volle Pulle laufen?

Wie wäre mit einem Stromauto die 665 Kilometer zwischen Stuttgart und Hamburg zu bewältigen? Entnervt am Ziel ob der Wartezeit unterwegs an Ladestationen? Das würde bei einem Diesel nie passieren, da reiche eine Tankfüllung bis zur Alster, womit ein kritischer Mensch  durchaus richtig liegt. Und beim E-Mobil? Ich will zwar nicht nach Hamburg, trete die Reise denn auch nur in der Theorie an. Da hilft der spezielle Routenplaner des Internetforums goingelectric.de. Siehe da, elf Turboladestationen entlang der Strecke, schön verteilt. In 30 Minuten wäre der Akku wieder vollgeladen, also bei einer Reichweite von mindestens 180 bis 200 Kilometern, je nach Wetterlage, hätte ich – nicht zu knapp gerechnet – vier Ladepausen einzuplanen. Auf ein paar Tassen Kaffee. Die generelle Notwendigkeit von Pausen auch für Diesel- und Benzinerfahrer sind allgemein unbestritten. Pausen stärken die Aufmerksamkeit des Fahrers und erhöhen so die Verkehrssicherheit. Vier wären nicht zu viel, weder beim Diesel noch beim Stromer. Also: Bequemer wäre nur die Bahn.

Noch eine Exkursion, diesmal von Schuko bis Chademo, in die Welt der Ladesysteme – von 2,3 bis etwa 40 kW Ladeleistung, von 14 bis zu einer halben Stunde. Dass schnell nicht immer schnell bedeutet, steht schon in einem der ersten meiner Tagebucheinträge. Welche Möglichkeiten bestehen bei meiner 30-kWh-Batterie? Und was ist wirklich schnell?

Die Vielfalt der besonderen Art macht das Nachladen allerdings unübersichtlich. Nicht überall erwarten den E-Mobilisten alle technischen Möglichkeiten. Dabei würden die Turbolader schon ausreichen. Aber welche? Das Gleichstrom-Ladesystem Chademo ist die japanische, Mennekes aus dem Sauerland die EU-Norm. Der Bund muss darauf pochen, dass überall schnell geladen werden kann.

Was kostet denn nun eine „Tankfüllung“ beim Stromauto? Auf diese Frage gibt’s keine allgemeingültige Antwort. So wie sich der Spritpreis ändert, kommt es beim E-Mobil auch auf die Konditionen an. Bei meiner 30-kWh-Batterie sind 30 Kilowattstunden notwendig, von zehn bis 15 Prozent Verlusten abgesehen – macht bei meinem Nachtstromtarif der Stadtwerke 22,9 Cent pro Kilowattstunde aus. Demnach sind es 6,87 Euro und das für eine Strecke von rund 200 Kilometern (winters etwas weniger). Tagstrom ist teurer, doch an manchen Ladestationen darf der Mobilist kostenlos Energie zapfen oder er bezahlt eine Standgebühr pro Stunde. Eine weitere Variante: eine Jahreskarte pauschal für 180 Euro bei ladenetz.de: all inklusive, darüber hinaus wird nichts abgerechnet.

Zugegeben: Sprittanken geht schneller, ist übersichtlicher, macht das Fahren auch teurer. Und was ist mit den Emissionen?
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Stickstoffdioxid immer noch über dem Grenzwert

Mühlacker. Die Stadtverwaltung von Mühlacker ist  vor dem Abbau der Feinstaub-Messstelle an der Pforzheimer Straße durch das Land nicht um Zustimmung gefragt worden. Das ergab die Antwort von Oberbürgermeister Frank Schneider auf eine Anfrage des Vorsitzenden der CDU-Gemeinderatsfraktion, Stadtrat Günter Bächle. Nachdem in den vergangenen drei  Jahren die Immissionsgrenzwerte für Feinstaub (PM 10) in Mühlacker nicht überschritten wurden, seien die Feinstaub-Messungen wie auch an anderen vergleichbaren Spotmessstellen im Land in Mühlacker eingestellt worden, um Messkapazitäten für neue Messstellen nach der Rangliste der Voruntersuchungen aus dem Jahr 2006 zu schaffen. Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg habe daher im Einvernehmen mit dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg die Feinstaubmessungen zum Jahresbeginn 2014 eingestellt. Dies sei der Verwaltung mit Schreiben vom 5. Dezember 2013 mitgeteilt worden.



Die Messungen von Stickstoffdioxid erfolgten weiterhin mit Passivsammlern, da der Immissionsgrenzwert (Jahresmittelwert) nach wie vor überschritten werde, so der OB laut Pressemitteilung der CDU-Fraktion weiter. „Die Einstellung der Feinstaubmessungen in Mühlacker durch das Land erfolgte offensichtlich aus Kostengründen.“



Im Frühjahr 2014 gab es nach Angaben der Stadtverwaltung eine Besprechung mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe im Rathaus Mühlacker zu dem Wunsch des Landes zu einer Ausweitung der Umweltzonen. Doch: „Hierzu gibt es jedoch bislang keinen konkreten Umsetzungsvorschlag des RP.“

Placebo oder doch mehr? Die Umweltzone

Seit 2006 steht an der Stuttgarter Straße in Mühlacker eine Messstelle für Feinstaub (PM 10). Weil nach den Vorgaben der Europäischen Union die Grenzwerte nur an maximal 35 Tagen im Jahr übertroffen werden dürfen, muss gehandelt werden, wenn dieses Limit durchbrochen wird. Da dies zunächst der Fall war, ordnete das Regierungspräsidium Karlsruhe zum 1. Januar 2009 eine Umweltzone an, die aber nur einen Teil der Innenstadt umfasst und deshalb im Gemeinderat umstritten war. Zunächst durften nur Fahrzeuge mit roter, gelber und grüner Plakette einfahren. Mit Inkrafttreten der Stufe 3 zum 1. Januar 2013 müssen alle Stinker draußen bleiben - nur Fahrzeuge haben freie Fahrt, die eine grüne Plakette haben. Soweit die Geschichte. Jetzt legte das Verkehrsministerium Baden-Württemberg die Werte für alle Messstellen im Land für 2012 vor. Und siehe da: Durchgehend ging die Zahl der Tage mit Überschreitungen zurück. Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) nennt auch meteorologische Gründe für die Reduzierungen. Das Verkehrsministerium unter Winfried Hermann (Grüne) sieht die bessere Luft eher als Ergebnis der Umweltzonen und unterscheidet sich damit nicht von den Aussagen des Ministeriums zu Zeiten als Tanja Gönner (CDU) Umwelt- und Verkehrsministerin war. Wer sich die Entwicklung in Mühlacker anschaut, dem muss ein einheitliches Urteil schwer fallen. Differenzierter fällt die Bewertung des Umweltbundesamtes aus. Weshalb die Schwankungen? 2010 wurde das Limit an 36 Tagen übertroffen, obwohl die Umweltzone schon wirksam war. In den beiden Jahren zuvor blieben die Zahlen weit hinter der kritischen Zone zurück. Am niedrigsten ist die Zahl 2012 mit 20 gewesen - auch landesweit. Wenn die Umweltzone wirkt, ist sie eine gute Sache. Nur: Wo ist der hieb- und stichfeste Beleg bei dieser Berg- und Talfahrt der Werte? Das ist der Hintergrund dafür, dass sich manche Leute immer wieder ärgern, weil sie drausen bleiben müssen aus der Zone. Jetzt war dies wieder Anlass für eine Anfrage im Landtag: 15_2846.pdf

Die LUBW liefert aber noch weitere Daten: Der Jahresmittelwert bei Feinstaub in der Stuttgarter Straße blieb mit 28 Mikrogramm pro Kubikmeter unter dem Grenzwert. Nicht so bei Stickstoffdioxid (NO2):  Mit 61 Mikrogramm je Kubikmeter im Jahresmittel übertraf die Station 2012  den erlaubten Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Doch schon ein Jahr vor der Einführung der Umweltzone lag der NO2-Wert bereits bei 61 Mikrogramm. Meine Schlussfolgerung: Die Stadt muss darauf drängen, dass die Wriksamkeit dieser Umweltzone genauer untersucht wird. Ein Placebo hilft der Gesundheit der Menschen nicht, politische Erfolgsmeldungen als Nachweis der Wirksamkeit sind mir zuwenig. Bis jetzt ist der Zweifel an diesen kleinteiligen Zonen deren ständiger Begleiter.