Der halbe Zug
Schöne Aussichten: Im Einstundentakt zum Bodensee
Drei Linien tangieren unseren Raum: Die Linie 6 von Karlsruhe über Pforzheim, Stuttgart, Plochingen und Ulm bis nach Friedrichshafen am Bodensee. Schöne Aussichten: Wir könnten dann den Bodensee mit dem Zug im Einstundentakt erreichen. Die Linie 7 führt von Heidelberg über Bruchsal, Mühlacker und Bietigheim, damit auf der alten Bahnstrecke, bis Stuttgart und dann weiter bis Tübingen. Auch die Linie 8 bindet die Region Nordschwarzwald ein. Alle Metro-Regio-Express-Linien sollen im Einstundentakt bedient werden; wenn sich zwei Linien überlagern, gibt es den 30-Minuten-Takt. Die Reisezeiten verkürzen sich, weil die Fahrgäste im Durchgangsbahnhof Stuttgart sitzen bleiben können und nicht mehr umsteigen müssen. Stammler rechnet mit 30 Prozent mehr Zügen, die - kombiniert mit kürzeren Fahrzeiten etwa zum Flughafen Echterdingen ("der Flughafen liegt dann vor Mühlackers Haustüre") - mindestens 50 Prozent mehr Fahrgäste auf die Schiene locken. Dieses System könnte von den betroffenen neun Verkehrsverbünden als einheitliche Marke für das Gebiet der Metropolregion Stuttgart mit einem einheitlichen Tarif vermarktet werden. Ein erster Schritt dazu ist die Einführung des Metropoltickets im Jahr 2011, das Stammler erneut angekündigt hat.Die Bahn AG hat gestern die für die Kalkulation notwendigen Zahlen geliefert, sagte er auf meine Frage.
Die Information durch den VVS-Geschäftsführer bewies, dass sich ganz unaufgeregt über Stuttgart 21 - eigentlich Baden-Württemberg 21 - sprechen lässt. Es wird deutlich, welche konkreten Planungen hinter dem Konzept stehen, das auch uns Vorteile bringt. Zudem entstand heute auch ein ganz neues VVS-Gefühl: Während sich der Stuttgarter Verbund über Jahre abschottete, das Problem der Tarifhürden zwischen den Verbünden nicht recht zur Kenntnis nehmen wollte und möglichst alle, die Kooperationen wollten, abblockte, schickt der VVS inzwischen positive Signale ins "Verbund-Umland". Stammler kündigte heute auch eine Untersuchung der Möglichkeit an, Lösungen für das Heckengäu und seine Tarif-Anbindung ans VVS-Netz zu finden. Der VVS tritt damit in die Fußstapfen des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV), der seit Jahren aktiv am Abbau der Tarifhürden auch zum Verkehrsverbund Pforzheim/Enzkreis (VPE) mitwirkt. Stammler weiß darum, denn er arbeitete früher beim KVV und hat sich dort einen guten Namen als Tarifexperte erworben.
Tarif-Hürden-Abbau: Das kann was werden
1. Ein Metropol-Ticket als Einzelticket: Basis ist eine Fahrkarte der Deutschen Bahn, auf die pauschal 85 Cent draufgeschlagen werden. Dafür aber lassen sich dann in der Tarifzone, in der der Start-Bahnhof beziehungsweise der Ziel-Bahnhof liegt, die anderen öffentlichen Verkehrsmittel (Zubringer und Wegbringer) kostenlos benutzen. Entspricht also dem Grundsatz: Ein Ziel, eine Fahrkarte, ein Preis.
2. Ein Metropol-Tagesticket nach dem Beispiel von Regio X des Karlsruher Verkehrsverbundes. Analog zum Baden-Württemberg-Ticket und wie dieses zwischen 9 Uhr morgens und drei Uhr nachts gültig, an gesetzlichen Feiertagen sowie an den Wochenenden rund um die Uhr. Es ist zwar noch nicht kalkuliert, soll sich aber aus dem "Markt heraus" finanzieren. Der Preis soll zwischen dem jeweiligen Verbundpreis für eine Tagesfahrkarte und den Kosten für ein Baden-Württemberg-Ticket liegen, also zwischen 12/13 und 20 Euro. Damit könnten mit einem Billett alle Busse und Bahnen in den neun Verkehrsverbünden benutzt werden - zwischen Ostalbkreis (Aalen) und Freudenstadt einerseits, Heilbronn und Sigmaringen andererseits. Ein Gebiet, in dem mit fünfeinhalb Millionen Einwohner etwa die Hälfte der Bevölkerung Baden-Württembergs wohnt und das viele - auch touristisch - interessante Ziele hat.
3. In einem späteren Schritt soll eine Monatskarte für Pendler folgen.
Allerdings sind zu allen drei Punkten die Gespräche mit der DB Region AG noch nicht abgeschlossen. Die Bahn muss mitziehen, tut sich aber beim Tagesfahrschein schwer, weil sie eine Konkurrenz für ihr Baden-Württemberg-Ticket befürchtet, dessen Einnahmen ihnen weitgehend zufließen. Es wird also letztlich eine Einigung über die Einnahmenaufteilung beim Metropoltarif entscheidend sein. Auch der VCD Baden-Württemberg äußerte sich positiv zu den Plänen.
Wichtig ist, dass die Verhandlungen laufen und auch ein Zieljahr genannt wird.
Nicht überflüssig werden aber die Kooperationsbemühungen etwa in Richtung Enzkreis (zum Beispiel im Heckengäu). Dort erleichtert der VVS die Gespräche, weil der Verbund inzwischen nicht mehr auf die volle Bezahlung von Grundlasten - das sogenannte Eintrittsgeld in den VVS - besteht. Die Landräte in der Region Stuttgart haben sich in diesem zentralen Punkt bewegt und eine Hürde abgebaut. Denkbar ist hier ein "kleiner Grenzverkehr" durch die Ausweitung des VVS-Gebiets. Die Gespräche darüber müssen intensiviert werden - seit 30 Jahren sind die Tarifhürden ein Problem, unter dem nicht nur das Heckengäu zu leiden hat, sondern auch der östliche Enzkreis.
Die einstmalige ausschließliche "Innensicht" des Stuttgarter Verbundes wird inzwischen durch eine - erfreuliche - "Außensicht" ergänzt. Das kann was werden.
Metropolregion: Mit kleinen Schritten voran
Aber bei einem weiteren Schwerpunkt können wir uns auch einbringen: Ein Arbeitskreis Elektromobilität der Metropolregion wird eingerichtet, in dem die Städte und Gemeinden der Region ihre Aktivitäten abstimmen und so ihre Kräfte bündeln können - bis hin zu Sammelbestellungen für E-Fahrräder und -Roller. Da können auch Stadtwerke ansetzen. In diesen Komplex gehört ein Energiekonzept für die Metropolregion und eine Selbstverpflichtung zum Abbau von Klima-Killern.
Bei der nächsten Sitzung - am 12. März 2010 - sollen im Koordinierungsausschuss die Pläne für das Metropolticket vorgestellt werden: Ein Einzelfahrschein, mit dem Verbundhürden überwunden werden sollen. Ein Problem, das uns im östlichen Enzkreis und im Heckengäu täglich beschäftigt und dessen Lösung nicht recht vorankam. Nun bietet sich eine Chance.
Grüne Welle auf der B-10-OD Mühlacker?
Das Thema ist nicht neu. Im Herbst 2007 hatte die Stadtverwaltung eine Anfrage von mir, die ich aufgrund einer Bürgeranregung einbrachte, abschlägig beschieden. Doch aufgeben gilt nicht.
Nun wollen die tangierten Behörden nochmals prüfen. Hoffentlich mit positivem Ergebnis. Denn: Weniger Stopps vor roten Ampeln lässt die Belastung durch Lärm und Abgase vermindern.
Die Ticket-Frage ist weiter unbeantwortet
Der Vorschlag, für das Gebiet der Europäischen Metropolregion Stuttgart ein Metropolticket einzuführen, könnte uns voranbringen. Zu dieser Metropolregion gehört auch der Enzkreis. Wenn die Landräte in den VVS-Gremium auf ein "Eintrittsgeld" zum Stuttgarter Verbund verzichten würden, wäre manches gewonnen. Bis jetzt nennt der VVS nicht einmal Zahlen über die eventuellen Kosten, damit sich die Landkreise in den Nachbarverbünden damit beschäftigen können. Am 13. November tagt in Stuttgart der Lenkungsausschuss der Metropolregion. Dort steht die Ticket-Frage auf der Tagesordnung. Hoffentlich kommen wir in der Sache weiter.
Sonst muss, wer in Mühlacker in den Zug steigt und ein VVS-Ticket lösen will, das es aber am Bahnhof Mühlacker nicht gibt, weiterhin in Vaihingen aussteigen, zum Fahrkartenautomaten sprinten und hoffen, dass er/sie vom Zug nicht nur die Rücklichter sieht. In Mühlacker gibt es nur die DB-Fahrkarte, die unattraktiver ist als ein VVS-Schein.