"Bei den Grünen fällt der Unwille auf, Verantwortung zu übernehmen"




Hermann Gröhe. Bild: CDU

Statt eines eigenen Beitrags jetzt mal ein Interview:



In einem Interview mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung erklärt CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, warum die Grünen die "Dagegen-Partei" sind und warnt davor, sich auf den Weg in die Stimmungsdemokratie zu begeben. Gröhe: "Man muss für Politik noch besser werben, ob es nun um die Schule, um ein Infrastrukturprojekt oder um die Integration geht." Es sei wichtig, die Menschen mitzunehmen, um nicht immobil zu werden. "Wir sind zu stark fixiert auf Ängste und laufen Gefahr, unsere Chancen nicht wahrzunehmen", so Gröhe weiter.
 "Protest zu bedienen, ist nicht nachhaltig. Damit ist kein Staat zu machen"


Das Interview im Wortlaut:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Herr Gröhe, schauen Sie sich die Umfragewerte der
Grünen an. Wachsen die Bäume in den Himmel?
Hermann Gröhe: Die Grünen haben bereits während der Großen Koalition vom Unmut über so manche Entscheidung profitiert. Jetzt sind sie die Dagegen-Partei. Denn die FDP ist nicht mehr Opposition, und die SPD wird zunehmend als eine rückwärtsgewandte langweilige Partei betrachtet. Bei den Grünen fällt aber der massive Unwille auf, Verantwortung zu übernehmen. Die Grünen sind mehr und mehr ein Wohlfühlangebot für die Anhänger der Dagegen-Republik...

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Für den Stuttgart 21-Protest.
Hermann Gröhe: Protest zu bedienen, ist nicht nachhaltig. Damit ist kein Staat zu machen. Das ist auch der Grund, warum die Grünen weit davon entfernt sind, Volkspartei zu werden.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Was bedeutet "Stuttgart 21" über die Region hinaus?
Hermann Gröhe: Das Projekt ist für Baden-Württemberg und darüber hinaus sehr wichtig. Wir als Union sind davon überzeugt und stehen auch bei Gegenwind dafür ein. Ganz im Gegensatz zu Herrn Gabriel und seiner SPD, die einen Eiertanz aufführt und sich wegduckt. Allerdings nehmen wir auch wahr, dass wir uns noch mehr anstrengen müssen, die Bürger bei wichtigen Projekten mitzunehmen. Gerade aus der Mitte der Gesellschaft sträuben sich immer mehr Menschen gegen Veränderungen. Es wäre allerdings verantwortungslos, sich auf den gefährlichen Weg in die Stimmungsdemokratie zu begeben.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Das Bürgertum steht für Maß, Mitte, gute Umgangsformen. Stimmt das noch in Hamburg und Stuttgart, in der Sarrazin-Debatte?
Hermann Gröhe: Jeder Fall ist anders, wobei sie eines gemeinsam haben: Man muss für Politik noch besser werben, ob es nun um die Schule, um ein Infrastrukturprojekt oder um die Integration geht. Wir reden viel über Veränderungen, während der Beharrungswille bei vielen  nimmt. Wir dürfen als Gesellschaft aber nicht immobil werden. Wir sind zu stark fixiert auf Ängste und laufen Gefahr, unsere Chancen nicht wahrzunehmen.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Erklärt die Union denn ausreichend bei der Wehrpflicht?
Hermann Gröhe: Wir diskutieren intensiv über die Wehrpflicht. Endgültig werden die Parteitage entscheiden. Andererseits gab es schon in den letzten Jahren viele Veränderungen, etwa im Hinblick auf die Wehrpflichtdauer. Faktisch ist der Wehrdienst heute schon fast ein Freiwilligendienst. Ich bin Karl-Theodor zu Guttenberg sehr dankbar dafür, wie intensiv er für seine Auffassung wirbt. Konservativ heißt: Wertschätzung für das Bewährte, Beweislast für die Veränderung.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Was ist daran falsch, wenn sich CSU-Chef Horst Seehofer keine zweite Welle der Zuwanderung aus fremden Kulturkreisen wünscht?
Hermann Gröhe: Schaut man genau hin, hat er nur deutlich gemacht, dass wir Integrationsprobleme haben und den Fachkräftemangel zunächst vor allem durch Qualifizierung lösen müssen. Da hat es viel gespielte Empörung Linker gegeben, um vom Scheitern von Multi-Kulti abzulenken.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Maria Böhmer, die Integrationsbeauftragte, war "schockiert". Sie ist keine Linke.
Hermann Gröhe: Nein, das ist sie nicht. Und der Schock war auch schnell vorbei, als Horst Seehofer noch einmal erläutert hat, worum es ihm ging.

Das Gespräch führte Miguel Sanchez. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 14.10.2010

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