Die Geschichte eines "leeren" Steins im Sengach
Die Geschichte eines rätselhaften Gedenksteins im östlichen Teiles unseres Weilers Sengach. Er steht inmitten einer Hagbuchhecke. Allerdings ist der Zweck des Steins nicht erkennbar. Manche Wanderer und auch Einheimische bleiben vor dem Stein wie vor einem Rätsel stehen. Auf meine Anfrage an die Stadtverwaltung antwortete nun das Stadtarchiv Mühlacker:
Der Stein ist 1935 vom Sengacher Ortsvorsteher Karl Engel als Kriegerdenkmal für die vom Sengach stammenden Gefallenen des Ersten Weltkrieges initiiert worden. Der Gemeinderat von Enzberg wollte dieses Vorhaben aus finanziellen Gründen nicht unterstützen und verlangte einen Plan vor Beginn der Arbeiten (GR-Protokoll vom 25. 3. 1935). Engel handelte jedoch eigenmächtig, ließ den Stein vorläufig ohne Namenstafeln errichten und mit einem Fest im Juni 1935 einweihen. Daraufhin untersagten sowohl das Landesamt für Denkmalpflege als auch das Kulturamt der NSDAP-Gauleitung in Stuttgart eine Fortführung der Arbeiten, da das Werk nicht ihren NS-Vorstellungen entsprach und Engel kein Mitglied der NSDAP-Kunstkammer war (GR-Protokoll vom 2. 7. 1935). Engel sollte den Stein entweder abreißen oder die Anlage umgestalten: statt der schon gepflanzten Fichten musste eine Hagbuchhecke angelegt werden, der Sockel sollte mit Efeu zuranken. Als Aufschrift wurde vom Denkmalamt statt der Widmung als Kriegerdenkmal vorgeschlagen: „Zum Gedenken an das Jahr 1933“ (dieser Vorschlag scheint nicht umgesetzt worden zu sein). Für alle Maßnahmen musste Karl Engel die Kosten tragen (Fl 1990 – Öffentliche Anlage Sengach). Der Stein steht bis heute ungenutzt. Eine Restaurierung scheint dem Archiv wegen der nicht erfolgten Widmung des Steins nicht notwendig zu sein. Ob man mit einer Erläuterungstafel in kurzer Form auf die oben erwähnte Entstehungsgeschichte hinweisen will, sei dahingestellt. Im Fotoarchiv des Stadtarchivs sind sowohl ein Foto des Steins als auch die Umstände seiner Entstehung dokumentiert (FA 14/40).Auf einer Informationstafel sollte dieses Stück Heimatgeschichte doch skizziert werden.
Kommentare
Klumpp am :
zu Thema: Ursprung - Ominöser Stein auf dem Weiler Sengach
Sehr geehrter Herr Bächle,
vielen Dank für Ihre Recherchen und Erläuterung auf Ihrer Website.
Gerade gestern standen wir ebenso fragend und ohne Antwort vor dem Stein, vermuteten ein Kriegerdenkmal, das verwittert wäre...
Wir, das sind zwei in Enzberg, Ötisheim und Sengach verwurzelten heimatverbundene Seelen.
Traurig, dass diese politisch und geschichtsträchtigen Anekdote keine nachträgliche Korrektur wert war und ist.
Eine Denkmal-Tafel für die Hinterbliebenen des 1. Weltkrieges - der mit seinen Folgen auch die NSDAP erst an die Macht bringen konnte, sollte auch heute noch eine Denkmaltafel wert sein - um so trauriger, dass es dies auch heute nicht wert ist.
Sicher fänden sich Sponsoren hierfür (Anfragen Bürgerstiftung, Denkmalpflege etc.)
Für die Hinterbliebenen und deren Nachfahren wäre es eine posthume Ehrung, für die Einheimischen sowie touristischen Vorübergehenden Geschichtsbildung und gleichzeitig eine Mahnung gegen den Krieg.
Das wäre sicher auch im Sinne Herrn Engels gewesen - auch oder gerade weil die aktuellen Ereignisse der Deutschen Nachkriegs-Motto "Nie wieder Krieg"-gerade ad absurdum geführt wird
Mit freundlichen Grüßen
Karin Klumpp
Günter Bächle am :
ich habe inzwischen folgende Antwort der Stadtverwaltung erhalten:
Die Stadtarchivarin, die Tourismusbeauftragte und die Amtsleiterin/Bildung und Kultur haben sich im Herbst 2012 zu einer möglichen Aufbereitung der Geschichte des Steins im Weiler Sengach Gedanken gemacht. Ebenso zu den Resten der Lienzinger Burg.
Angedacht ist vorläufig die Idee, Wanderrouten zu diesen historischen Stätten zu beschreiben und aufzulegen. Im Rahmen der Beschreibung sollen die Informationen zu Stein und Burg der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es ist dabei an Hinweisschilder vor Ort gedacht sowie an Flyer mit Beschreibungen möglicher Wanderrouten.
Arbeitstitel für das Projekt vorläufig: „Mühlacker Geschichtles-Wegle“
Weitere Wege und Ziele ließen sich unschwer finden.
Da die Verwaltung seither sukzessiv intensiver mit den Vorbereitungen der Gartenschau 2015 beschäftigt ist, ist die Umsetzung der Projektidee bedauerlicherweise nicht weiter gediehen. Sie soll 2015 wieder aufgegriffen und zu gegebener Zeit auch im Gremium vorgestellt werden.
gez. Schneider
Oberbürgermeister