Rückabgewickelt - und das war gut so

Dolphin Trust - viermal griff ich seit 2016 das Thema in meinem Blog auf. Jedesmal hatte der Beitrag auch mit Mühlacker und dem Sanierungsgebiet Dürrmenz zu tun. .  

Baustelle Bijouterie in Dürrmenz im Jahr 2016. Foto: Günter Bächle

Ein Musterfall der Schadensabwehr - ein wichtiger Erfolg der Stadt Mühlacker,  der es vor neun Jahren in letzter Minute gelang, die Dolphin Trust herauszubugsieren aus dem Projekt Bijouterie... Das zeigt sich im Nachhinein deutlich. Denn im Fall Dolphin begann ein Betrugsprozess vor dem Landgericht Hildesheim. Laut NDR war jetzt Prozessauftakt.

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland titelte: Der König der Ruinen vor Gericht. Die Dimension dieses Falles, wird der Münchener Rechtsanwalt Peter Mattil zitiert, der hunderte Geschädigte vertritt, reiche eindeutig an die Fälle P&R und Wirecard heran.

Komisch  kam uns vor zehn Jahren im Mühlacker Rahaus schon vor, was wir erlebten. Exakt und schnell wickelten  Stadtverwaltung und Gemeinderat deshalb den Fall Dolphin-Trust ab, bewahrten die Kommune vor Schaden, das Quartier davor, ein Teil der späteren Konkursmasse von Dolphin Trust zu werden.

Die Dolphin Trust hatte vom Voreigentümer Sax (Tübingen), zunächst ohne Wissen der Kommune, das Bijouterie-Areal übernommen. Die Stadt wunderte sich, als sie davon erfuhr, hatte auch Zweifel an der Seriosität des neuen Eigentümers, zumal dieser unter der Adresse in Langenhagen (Sitz des Unternehmens) nur schlecht zu erreichen war. Die Stadt hatte an Sax verkauft, die extra für dieses Vorhaben die Bijouterie Dürrmenz Projekt GmbH & Co. KG gründete. Im September 2015 vertröstete Sax die Mühlacker Kommunalpolitik um ein weiteres Jahr, hielt die vereinbarten Termine für Planung und Realisierung nicht ein. 

In dieser Phase erfuhr die Stadtverwaltung eher zufällig, dass Sax die Projekt-GmbH inzwischen an Dolphin Trust verkauft hatte. Deren neue Tochter musste bis 30. August 2016 gegenüber der Stadt belegen, dass Bauarbeiten beauftragt worden sind. Der Nachweis ging ganz knapp zu Fristende im Rathaus ein. Doch still ruhte das Gelände weiterhin, sehr zum Ärger der Dürrmenzer. Statt der ursprünglich geplanten Erhaltung und Sanierung der früheren Bijoutterie war der Komplex vollends abbruchreif geworden.

Der Gemeinderat beschloss im Oktober 2015: Der Kaufvertrag mit der Bijouterie Wohnmanufaktur GmbH wird rückabgewickelt. Bisher gewährte Zuschüsse aus den Sanierungsmitteln werden zurückgefordert. GmbH und Muttergesellschaft Dolphin Trust akzeptierten dies ohne große Reaktionen, was seinerzeit manchen wunderte. Der Gemeinderat wähnte sich zwar rechtlich auf der sicheren Seite, konnte jedoch ein Restrisiko nicht ausschließen, von dem niemand sagen konnte, wie groß es sein könnte. Letztlich zahlten sich Mut und Nervenkitzel aus.

Das alte Bijouterie-Gebäude in Dürrmenz konnte nicht gehalten werde. Da war wirklich das kleinere Übel wie sich jetzt erneut zeigt. 

Denn nun wird die gegen den britischen Staatsbürger Charles S. erhobene Anklage der Staatsanwaltschaft Hannover vor dem Landgericht Hildesheim verhandelt. S., der Chef von allem. Dem Angeschuldigten wird gewerbsmäßiger Betrug in 27 Fällen vorgeworfen, wovon in 22 Fällen jeweils ein Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt wurde.

In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt, heißt es in einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft: 

Charles S. gründete, so das Ergebnis der Ermittlungen,  2008 die Dolphin Capital GmbH, die 2014 in Dolphin Trust GmbH und im Februar 2019 zur German Property Group GmbH umfimierte. Geschäftszweck des Unternehmens war der Erwerb, die Sanierung und der Verkauf denkmalgeschützter Immobilien. Die Geschäfte wurden durch den Angeschuldigten als formeller oder faktischer Geschäftsführer geführt. Investoren wurden zunächst durch Kapitalvermittler gegen Provision an das Unternehmen vermittelt. Später übernahmen auch institutionelle Investmentgesellschaften aus Singapur und Frankreich die Finanzierung.

Durch einen starken Kostenanstieg sowie Verzögerungen bei der Ausführung von Bauprojekten kam es 2015 zu ersten Liquiditätsengpässen, sodass viele Verbindlichkeiten nur durch Aufnahme neuer Darlehen beglichen werden konnten. Unter Beauftragung externer Berater wurde eine Sanierung der Firmengruppe versucht. Der Ankaufswert neuer Projekte blieb danach weit hinter der Aufnahme neuer Darlehen zurück, sodass die Überschuldung stark anstieg.

Spätestens seit Mitte 2018 erkannte auch der Angeschuldigte, dass der Sanierungsprozess gescheitert war und Insolvenzreife bestand. Dennoch führte er die Firmengruppe fort und sammelte weiterhin Investorengelder ein, indem er die Kapitalgeber über die Solvenz der German Property Group täuschte. Der Angeschuldigte verursachte hierdurch einen Gesamtschaden von über 56 Millionen Euro.

Es sei, so der NDR, wohl einer der gößten Anlageskandale in  Deutschland. Von über mehr als 150 einzelnen Unternehmen wurden Immobilien erworben, so zum Beispiel das Schloss Dwasieden auf Rügen oder die ehemalige Klinik Ost in Flensburg. Rund 75 Immobilien in ganz Deutschland wurden Teil dieses Geschäfts. Mutmaßlich um den Anlegern Sicherheit zu suggerieren, wurden - so der NDR -  hohe Grundschulden auf die teilweise baufälligen Gebäude ins Grundbuch eingetragen. Allerdings überstiegen die Eintragungen ins Grundbuch den Wert der jeweiligen Liegenschaften in vielen Fällen bei weitem, so der NDR, der vor fünf Jahren, gemeinsam mit BR, Süddeutscher Zeitung (SZ) und der britischen BBC, maßgeblich dazu beitrug, den mutmaßlichen millionenschweren Betrug aufzudecken. . 

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