Mit frohem Mut und gutem Gewissen
Er selbst schrieb etwa zwei Monate vor seinem überraschenden Tod: Mir war mein Lebensweg nie mit Rosen bestreut. Ich wünsche das auch nicht in Zukunft. Gleichwohl werde ich meine Straße weiter ziehen, sicher und fest, mit frohem Mut und gutem Gewissen! Vom Schneidersohn aus Heidelberg zum Reichspräsidenten und damit zum ersten demokratischen Staatsoberhaupt Deutschlands: Friedrich Ebert (1871-1925). Sattler von Beruf, auf Wanderschaft, Gastwirt in Bremen, Parteifunktionär, Abgeordneter, SPD-Vorsitzender. Geehrt, geachtet, angefeindet, verleumdet.
Er steuerte die erste deutsche Republik mit dem Ende des Ersten Weltkrieges durch die Wirren der Revolution. Kaiser Wilhelm II. war schon in Holland im Exil beim Holzspalten. Der rein sozialdemokratische Rat der Volksbeaufttragten, ein Übergangskabinett, legte ein Reformpaket vor, zu dem erstmals auch das Frauenwahlrecht gehörte. Ebert und seine Kollegen hielten 1918/19 den Staatsapparat vor allem auch mit Hilfe der alten Fachleute aus der Kaiserzeit am Laufen. Millionen kamen aus dem Krieg zurück, wollten Arbeit und Brot und Kohle - dafür zu sorgen war Ebert wichtiger als die Sozialisierung. Sie könne später folgen. Was ihm heftige Kriik der Linken in der SPD einbrachte, die bis zur Abspaltung führte.
Die Weimarer Verfassung trägt Eberts Unterschrift. In dem im Jahr 2019 eröffneten Museum der Demokratie am Theaterplatz in Weimar, ein paar Meter entfernt vom Deutschen Nationaltheater, in dem die Verfassung im Sommer 1919 nach nur sechs Monaten beschlossen worden war, entdeckte ich die 184-seitige Biografie, verfasst von Walter Mühlhausen, Professor an der Uni Darmstadt und Geschäftsführer der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg. Ein lesenswertes und sogar spannendes Buch über einen herausragenden Politiker, Staatsmann und Arbeiterführer. Grundsatztreu, Vorkämpfer und Stützpfeiler der ersten deutschen Demokratie. Die Republik zum Siege zu führen, sie zu festigen, zu verankern, das ist unsere historische Mission (1922).
Ganz aktuell passt auch ein anderer Satz: Wer an der Spitze der Partei steht, hat die Partei zusammenzuhalten, so sein Credo vor der SPD-Reichstagsfraktion 1915. Und 1919 vor der Nationalversammlung in Weimar: Freiheit und Recht sind Zwillingsschwestern. Die Freiheit kann sich nur in fester staatlicher Ordnung gestalten. Sie zu schützen und sie wiederherzustellen, wo sie angetastet wird, das ist das erste Gebot derer, die die Freiheit lieben. Sein Motto steht auf seinem Grabstein auf dem Bergfriedhof in Heidelberg: Des Volkes Wohl ist meiner Arbeit Ziel.
2025 jährt sich der Todestag von Ebert zum hundersten Mal. Immer häufiger kommt auf die Frage: Sagt Ihnen der Name Friedrich Ebert etwas? nur Kopfschütteln. Gerade in der heutigen Zeit müssen wir unser demokratisches Erbe hegen und pflegen. Dazu gehört auch, sich mit den Biografien derjenigen zu befassen, die Autor Mühlhausen als Ahnherren der modernen deutschen Demokratie bezeichnet.
Derzeit läuft im Demokratie-Museum in Weimar die Sonderausstellung Zwei Welten, eine Republik - über die beiden Reichspräsidenten der Weimarer Republik, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: Friedrich Ebert, der sozialdemokratische Kämpfer für die gesellschaftliche und politische Beteiligung der Arbeiterbewegung und Paul von Hindenburg, erzkonservativer Militär. (bä) (Walter Mühlhausen: Friedrich Ebert. Klappenbroschur 3. Auflage, 2021. Verlag J.H.W. DietzNachf. GmbH. 10,00 Euro ISBN 978-3-8012-4248-0)
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