Je mehr Geld, je mehr Punkte: 22er-Hitliste der Innovation lässt Enzkreis im Mittelfeld, die Region auf dem letzten Platz
Die Region Nordschwarzwald und ihr Oberzentrum Pforzheim schwächeln, der Enzkreis hält einen Mittelplatz, mit dem auch nicht gerade sehr viel Staat zu machen ist. Zumindest in puncto Innovation. Unter anderem von der hängen aber die Jobs der Zukunft ab. Schon 2005 machte eine Erhebung des Wirtschaftsministeriums aufgrund einer Großen Anfrage der FDP/DVP (Drucksache 13/4536) das Manko der Region deutlich. Dabei könnte sie ein vierblättriges Klee- und somit Glücksblatt-Verbund sein – mit vier Stadt- und Landkreisen.
Zugegeben, das Thema ist nicht gerade prickelnd – der Innovationsindex 2022 für die 44 baden-württembergischen Stadt- und Landkreise. Doch der jetzt im Statistischen Monatsheft 10/2022 veröffentlichte Beitrag von Ruth Einwiller verdient Aufmerksamkeit, denn sie zeigt in dem elfseitigen Aufsatz, welche wirtschaftlichen Chancen und Risiken im lokalen und regionalen Bereich bestehen.
Hier im Blog findet sich zum gleichen Komplex Zukunft Ende 2018 unter dem Titel Innovation 2018: Enzkreis mittendrin im Mittelfeld, Pforzheim schneidet mies ab eine Bestandsaufnahme. Im Mai 2016 wurde keine Auswertung der Daten durch das Statistische Landesamt veröffentlicht, sondern der Zukunftsatlas von Prognos. Enzkreis verliert leicht an Boden steht in der Überschrift.
Kreise, in denen viel Geld in Forschung und Entwicklung gesteckt werden, punkten deutlich. Je mehr Geld, je mehr Punkte. So der statistische Grundsatz. Die Werte der Stadt- und Landkreise werden dann für die Region, zu der sie gehören, addiert. In dieser Hitliste ist die Region die Nummer 1 der insgesamt 12 Regionen. Schlusslicht: die Region Nordschwarzwald.
Sechs Parameter werden zum Innovationsindex zusammengebunden. Maximal 100 Punkte sind drin:
- Die Ausgaben und das Personal für die Bereiche Forschung und Entwicklung im jeweiligen Land- und Stadtkreis
- Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten jeweils in industriellen Hochtechnologiebranchen und in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen
- Zahl der Existenzgründungen in Hochtechnologiebranchen und
- Anzahl der Patentanmeldungen aus Wirtschaft und Wissenschaft – all diese Daten fließen in die Wertung ein.
Das System, mit dem das Statistische Landesamt den Zukunftsindex bewertet und damit eine Hitliste erstellt, ist vor allem ein mathematisches. Selbst Ruth Einwiller sieht das Ranking durchaus kritisch. Die vorliegende Analyse der regionalen Innovationsfähigkeit vergleiche alle Kreise in Baden-Württemberg unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Schwerpunkt, so die Diplom-Volkswirtin. Liege dieser weniger im technologischen Bereich und beruhe damit auf anderen Faktoren, rückten die jeweiligen Kreise im Ranking zwangsläufig nach hinten. Bei der Bewertung der Rangplätze sei auch zu berücksichtigen, dass hier kleine regionale Einheiten betrachtet würden. Innovationsaktivitäten seien jedoch nicht lokal begrenzt, sie wirkten über Kreis- und Regionsgrenzen hinweg.
In der aktuellen Berechnung 2022 weisen in der Spitzengruppe sieben Kreise einen Indexwert von über 40 Punkten auf, während in der Schlussgruppe mit 13 Kreisen dieser Wert unter 20 Punkten liegt. Der Kreis mit der geringsten Innovationsfähigkeit schafft gerade mal 13 Indexpunkte (Landkreis Waldshut). Die Spannweite, bezogen auf alle Kreise in Baden-Württemberg, hat sich damit gegenüber 2020 von 59 auf 55 Indexpunkte verringert. In 19 Kreisen wurde für die vergangenen zehn Jahre ein positiver und für drei Kreise ein negativer Trend bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit ermittelt, so das Statistischen Landesamtes weiter. Soweit die Bestandsaufnahme für 2022.
Weder die Region Nordschwarzwald noch der Enzkreis gehören zu den Starken, nicht einmal zu den Halb-Starken. Der Enzkreis belegt mit 22,5 Punkten den 29. Rang (2018: den 25.), bleibt damit im 24 Kreise zählenden Mittelfeld und ist gleichauf mit dem ebenfalls zur Region Nordschwarzwald gehörenden Kreis Freudenstadt. Die Spanne: 39,9 (Landkreis Heilbronn) bis 20,4 (Kreis Göppingen). Zur Schlusslichter-Gruppe der 13 zählen Pforzheim mit 14,9 (Platz 40, 2018: 41.) und Calw mit 13,9 ist 43 - somit vorletzter. Der Trend geht, so Auswertung der Innovationsfähigkeit, bei Calw und Pforzheim nach unten, bei Enzkreis und Freudenstadt ist er unverändert.
Gegenüber 2012 arbeitete sich der Enzkreis leicht von 21,8 auf 22,5 Punkte vor, Freudenstadt von 19,1 auf 20,5 Punkte, dagegen fielen Pforzheim von 17,6 auf 14,9 und Calw von 17,4 auf 13,9 zurück.
Nummer 1: der Landkreis Böblingen mit 68,3 Punkten (2020: 70,2 und 2018: 58,5). Auf den Rängen 2 + 3 folgen der Stadtkreis Heidelberg und der Bodenseekreis vor Stuttgart, Landkreis Ludwigsburg sowie den Stadtkreisen Karlsruhe und Ulm. Die Spitzenposition des Landkreises Böblingen führen die amtlichen Statistiker unter anderem auf seine forschungsintensiven Industriebranchen zurück. Der Anteil der Beschäftigten in diesem Sektor an den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten insgesamt lag hier zuletzt mit 26 Prozent deutlich über dem Landesdurchschnitt (18 Prozent).
Darüber hinaus ist die FuE-Intensität und -Personalintensität im Kreisvergleich bei beiden Indikatoren seit 2015 nirgendwo höher als im Landkreis Böblingen, ist der Statistik zu entnehmen. Gut platziert ist Böblingen auch durch die hohe Zahl von Patentanmeldungen aus Wirtschaft und Wissenschaft (Rang 2).
In einem weiteren Kapitel vergleicht das Stala die Regionen.
Dabei zeigt sich erneut: Die Region Nordschwarzwald und ihr Oberzentrum Pforzheim schwächeln weiterhin. Auf Ebene der Regionen liegt Stuttgart im Ranking an der Spitze. Die Region Stuttgart ist damit nicht nur die wirtschaftsstärkste Region im Land, sondern auch unangefochten die Region mit der höchsten Innovationsfähigkeit. Mit einem Indexwert von 45 liegt sie deutlich über dem durchschnittlichen Innovationsniveau der Kreise im Land (Indexwert: 34). Die hohe Innovationsfähigkeit Baden-Württembergs konzentriert sich damit zu einem beachtlichen Teil auf die Region Stuttgart, errechneten die amtlichen Statistiker. Hier befinden sich mit dem Stadtkreis Stuttgart (Indexwert: 54) sowie den Landkreisen Böblingen (Indexwert: 68) und Ludwigsburg (Indexwert: 43) drei Kreise aus der Spitzengruppe des Innovationsvergleichs. Die übrigen Landkreise dieser Region liegen im Mittelfeld (Esslingen, Rems-Murr-Kreis und Göppingen, Indexwerte: 33, 25 bzw. 20).
Baden-Württemberg schneidet beim Innovationsindex 2020 zum Teil deutlich unterdurchschnittlich ab. Das geringste Innovationspotenzial im Vergleich der Regionen wurde wie auch bei der Berechnung vor zwei Jahren für die Regionen Nordschwarzwald und Hochrhein-Bodensee ermittelt.
In der Region Nordschwarzwald ging das durchschnittliche Innovationspotenzial im Berechnungszeitraum 2012 bis 2022 sogar zurück. Der Grund für die Platzierung am unteren Ende des Rankings liegt darin, so die Statistiker, dass in dieser Region kein Kreis seine Innovationsfähigkeit im Berechnungszeitraum verbessern konnte, hingegen ging diese sogar in Pforzheim und Calw zurück. Was hat sich eigentlich seit 2005 geändert? Es erstaune nicht, dass die Beiträge der Region und der Landkreise zur Bruttowertschöpfung des Landes in diesem Zeitraum prozentual leicht zurückgegangen seien oder stagnieren, antwortete das Landeswirtschaftsministerium im Oktober 2005 auf eine Große Anfrage der FDP/DVP-Fraktion im Landtag. Einer der Kernsätze: Das verhaltene Wirtschaftswachstum in der Region Nordschwarzwald hat sich mit einer deutlich vom Landestrend abweichenden Beschäftigungsentwicklung auch auf dem Arbeitsmarkt niedergeschlagen.
Höchste Zeit zu einer Generalüberholung der Datensammlung von 2005: Was hat sich verbessert, was verschlechtert? Wie können wir dieser Entwicklung entgegensteuern? Höchste Zeit, dass dies thematisiert wird auch in den regionalen Gremien.
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