Schlammschlacht um Zaisersweihers Chefposten - Fünf Jahre lang Nebenjob für Lienzinger Schultes - Zwei Halbtagsstelle
Harte Bandagen legten die beiden Lager an. Deshalb stand der 602-Einwohner-Ort Zaisersweiher angesichts der Wahl eines Ortsvorstehers am 4. September 1932 vor einer Zerreißprobe. Die einen – allen voran die Gemeinderäte – wollten auch künftig mit Karl Brodbeck (46) einen gemeinsamen Bürgermeister mit Lienzingen, die anderen stritten heftig für einen eigenen Schultes, den sie mit Otto Pfister aus Schönaich als Gegenkandidaten fanden. Er war, ebenso wie Brodbeck, Verwaltungsfachmann, hatte aber als Rathauschef in Widdern (Kreis Heilbronn) die Neuwahl nicht überstanden.
Bald spitzte sich der Streit zu auf die Frage: Wer kostet den Steuerzahler mehr? Was Pfister zur Erklärung veranlasste, er mache die Arbeit zum gleichen Geld wie Brodbeck. Dieser lebe in Lienzingen im eigenen Haus.
Der heftige Streit brachte Gemeinderat Wilhelm Ebser – ein Brodbeck-Vertrauter – die Einbestellung auf den Polizeiposten ein, denn ein Pfister-Anhänger hatte ihn wegen angeblichen Diebstahls von Viehsalz angezeigt. Seinen Kritikern waren offensichtlich alle Mittel recht. Das Ergebnis der Wahl: 189 Stimmen für Brodbeck, ein klarer, aber nicht aufregender Vorsprung gegenüber den 161 für Pfisterer. Auf einem Stimmzettel stand der Name eines Bürgers, der gar nicht angetreten war. Doch mit dieser Entscheidung endeten die Meinungsschlachten nicht. Nach der Wahlanfechtungen berief der Gemeinderat den Lienzinger erneut zum Amtsverweser, erst am 16. Dezember 1933 folgte die offizielle Einsetzung als Ortsvorsteher.
Lienzinger Geschichte(n): Der Vierteiler zu Karl Brodbeck, gemeinschaftlicher Bürgermeister von Lienzingen und Zaisersweiher. Reichliche Ausbeute einer Spurensuche
Teil zwei dieses Brodbeck-Vierteilers innerhalb der Web-Serie Lienzinger Geschichte(n) dreht sich deshalb auch um den Nachbarort Zaisersweiher, um Brodbecks Besoldung und seine Krankheit, also mehr um seine eigenen Befindlichkeiten, seine Karriere.
Mehrere Akten finden sich im Fundus des Staatsarchivs Ludwigsburg mit der Signatur StAL FL 20--18 I_Bü 73 und E 180 II_Bü 3968: je eine des Oberamtes Maulbronn zur Ortsvorsteherwahl 1932 in Zaisersweiher in Grün mit der Nummer 1201/2 und zur Besoldung Brodbecks in Orange (1330/5) sowie eine der Ministerialabteilung für Bezirks- und Körperschaftsverwaltung des Innenministeriums von Württemberg zu Bürgermeister Brodbeck (3968) in dunklem Rot. Die Ministerialabteilung für Bezirks- und Körperschaftsverwaltung war die dem Innenministerium angegliederte Mittelinstanz, 1924 gebildet, vergleichbar mit den heutigen Regierungspräsidien.
Sie alle zeigen, dass sich der gebürtige Hohenloher geschickt durch seine Amtszeiten geschlängelt und potenzielle (Wahl-)Konkurrenten durch Vorgesetzte aufs Abstellgleis geschickt hat. Zeitlich passend schloss sich der bis dahin Parteilose 1933 der Hitler-Partei an. Dass er jahrelang daran arbeitete, eine höhere Besoldung zu ergattern, lässt auf den Menschen schließen. Was war ihm noch wichtiger? Wer die Akten mehr als ein halbes Jahrhundert später liest, gewinnt den Eindruck eines Pfennigfuchsers. Beharrlich zielte er auf ein höheres Gehalt, setzte immer wieder Schreiben an Landrat und Ministerium auf, reklamierte selbst kleinere Beträge – manchmal war es fast schon peinlich. Selbst die Nachweise für die Zulage, die er für seine vier Kinder auch noch erhielt, als diese in Ausbildung standen, löste eine regelrechte Papier- und Nachweisflut aus. Immerhin 90 Reichsmark im Jahr.
Gegen Ende des Jahres 1920 zog Brodbeck, zuvor seit 1914 Bürgermeister in Schützingen, als Chef ins Lienzinger Rathaus ein. Am 19. Oktober 1930 erhielt er bei seiner Bestätigung in Lienzingen 393 von 394 gültig abgegebenen Stimmen, steht in einem Vermerk des Oberamtes, zusammen mit weiteren Angaben: geboren am 9. Juli 1886, evangelisch, ist gesund, national gesinnt, jetzt Mitglied der NSDAP, politisch nicht hervorgetreten. Im Fragebogen der Spruchkammer, zur Entnazifizierung von den Alliierten 1947 eingerichtet, gab er als Eintrittsdatum in die Partei 1. Mai 1933 an.
In Zaisersweiher war Brodbeck kein Unbekannter. Zunächst, da Verwaltungsexperte, arbeitete er nebenamtlich als Aktuar – ein dem Laien-Bürgermeister an die Seite gestellter Fachmann in Verwaltungsdingen, der zum Beispiel den Haushaltsplan aufstellte.
Durch die schlechte Geschäftsführung des seitherigen Ortsvorstehers [Gei]ssler habe Zaisersweiher sehr notgelitten, steht in den Akten aus dem Staatsarchiv.
Was das konkret hieß, beschreibt der jetzige Maulbronner Schultes Andreas Felchle im Lesebuch zur Ortsgeschichte von Zaisersweiher, das im Jahr 2000 erschien. Immer wieder hatte sich der Gemeinderat beklagt über die Amtsführung von Geissler. Häufiges krankheitsbedingtes Fehlen, Vorwurf der Amtsunterschlagung - eine zunächst verhängte Gehaltskürzung wurde gegen den Protest des Gemeinderats vom Oberamt wieder aufgehoben, weil der Ortsvorsteher in Not sei. Eine Begründung, die Unmut im Gremium auslöste. Die Räte bezweifelten diese Not, denn: Er kann das Trinken absolut nicht lassen. Im Juni 1931 wurde Geißler vom Dienst suspendiert wegen der z. Zt. schwebenden Voruntersuchung wegen Amtsunterschlagung. Karl Geißler (geboren am 6. Oktober 1886 in Lienzingen!) verlor endgültig sein Amt am 30. Juni 1932, denn er wurde wegen Unterschlagung zu drei Monaten Gefängnis verurteilt (Felchle, S. 234).
Schon 1931 schlug die Stunde von Brodbeck. Mitte des Jahres übernahm er zusätzlich zu dem in Lienzingen das Regiment im Rathaus von Zaisersweiher, zuerst als Amtsverweser, von 1933 an als Bürgermeister. Seit 1931 hätten sich die Verhältnisse wieder wesentlich gebessert, so das einhellige Lob im Gemeinderat. Doch diese Wertung war nicht ganz unumstritten. Denn eine nicht unwesentliche Zahl der Einwohner wollten den Bürgermeister keineswegs mit einer anderen Kommune teilen. Das zeigte sich sehr bald.
Bei einer Sitzung am 13. Juli 1932 schlug Landrat Hermann Röger als Leiter des Oberamtes Maulbronn dem Zaisersweiher Gemeinderat vor, die Ortsvorstandsstelle nicht auszuschreiben und der Bürgerschaft die Wahl von Brodbeck zu empfehlen. Vor der Wahl eines geprüften Verwaltungsmannes habe ich den Gemeinderat dringendst gewarnt, schrieb er in einem Aktenvermerk. Offenbar hielt er dies für eine zu teure Lösung, dem Budget der kleineren Gemeinde nicht verträglich. Felchle geht sogar so weit, die Gemeinde hätte ein volles Gehalt nicht bezahlen können (S. 233).
Seine nachdrückliche Empfehlung: zuerst den Ratsbeschluss zur Sache, dann in einer Bürgerversammlung darüber informieren. Nach einer Bedenkzeit beschloss der Rat am 31. Juli einstimmig, nicht auszuschreiben und die Wahl auf den 4. September 1932 anzusetzen. Gleichzeitig traten die Mitglieder des Gremiums im Wahlkampf öffentlich für ihren Beschluss ein. Der Landrat: Das ist ihr gutes Recht.
Debatte drohte, sich zur Gehaltsfrage zuzuspitzen
Doch die Gegner der Entscheidung suchten eine personelle Alternative, fanden ihn in dem Ex-Schultes Otto Pfister aus Schönaich. Ich kann die dortige Stelle deshalb übernehmen, weil ich ja die gesetzliche Pension beziehe, u[nd] mich mit dem Gehalt von Zaisersweiher wieder auf den gesetzlich zulässigen Gehalt meiner früheren Gemeinde Widdern stelle. Ich will für mein Geld arbeiten u[nd] helfen, erklärte er im August 1932 mit besten Grüßen. Zeitweise schien die Debatte sich zur Gehaltsfrage zuzuspitzen. Bei der Suche nach einer personellen Alternative zum Lienzinger hatten sich Hindernisse aufgebaut, denn der Staatsanzeiger lehnte die Veröffentlichung einer Stellenausschreibung tatsächlich ab, die einige Bürger hatten aufgeben wollen. Diese Brodbeck-Kritiker annoncierten dann im Stuttgarter Neuen Tagblatt, das jedoch eine wesentlich kleinere Zielgruppe hatte.
Während des Wahlkampfes wollte der Gemeinderat vom Oberamt wissen, ob es richtig sei, dass der Kandidat Pfister bei seiner etwaigen Wahl als Ortsvorsteher in Zaisersweiher weiter Anspruch auf seinem Ruhegehalt an die Pensionskasse habe. Die Aufsichtsbehörde antwortete, Pfister habe im Falle seiner Wahl zunächst Anspruch auf seinen Gehalt als hauptberuflicher Beamter an die Gemeinde, doch werde dann sein Ruhegehalt gekürzt oder, wenn er die Stelle voll ausfülle, ganz gestrichen.
Auskunft über oben genannten Herrn
Fuhren die Ratsmitglieder zunächst im Nebel? Erst am 28. August 1932 äußerte sich Brodbeck handschriftlich: Er stehe bereit, wenn der Gemeinderat seine Kandidatur kräftig unterstütze. Denn da war das landrätliche Projekt Wiederwahl schon heftig umstritten im Ort. Der Silberschmied Karl Wagner verdeutlichte in einem Brief an das Oberamt am 2. August 1932 mit Verweis auf Pfister: So wie die Dinge in Zaisersweiher liegen, ist es notwendig, dass Zaisersweiher einen Ortsvorsteher bekommt, der Ortsvorsteher im wahrsten Sinne des Wortes ist, und zwar wollen wir einen Ortsvorsteher allein. Gleichzeitig bat er das Oberamt um Auskunft über oben genannten Herrn, womit Pfister gemeint war – ein Fachmann, der vielen Wählern zusage. Eine Antwort findet sich in den Unterlagen nicht.
Doch die Entscheidung der Mehrheit der Wähler für einen gemeinsamen Schultes zusammen mit Lienzingen, beruhigte indessen die Gemüter nicht. Im Gegenteil: Karl Wagner, Wilhelm Seyffer und Christian Binder legten vier Tage nach dem Urnengang Widerspruch ein und führten in fünf Punkten angebliche Unkorrektheiten im Vorfeld der Wahl an: Wahllisten, die nicht einsehbar gewesen seien, da das Rathaus größtenteils geschlossen gewesen sei, sowie Sabotage des Gegenkandidaten, Missbrauch amtlicher Schreiben durch den Gemeinderat, der wiederum Tage später den Vorwürfen entschieden entgegentrat. Wenn das Gremium auch einräumen musste, zwei Wahlberechtigte aus Versehen nicht in die Wählerlisten eingetragen zu haben, stand für die Ratsmitglieder fest: Wir haben stets mit offenen Karten gespielt.
Das Widerstandstrio um Wagner gab nicht klein bei. Der Streit zog sich hin, erst am 16. November 1933 fiel die unumstößliche Entscheidung durch das Württembergische Innenministerium: Die Wahl von Brodbeck ist gültig. Die Gemeinderäte hatten schon gemurrt, weshalb die Ernennung so lange auf sich warten lasse. Einer der Gründe: Im April 1933 legten Wagner & Co Beschwerde beim nationalsozialistischen Staatspräsidenten Wilhelm Murr ein, versetzten Brodbeck darin auch einen kräftigen Seitenhieb: Dieser sei gleichzeitig Bürgermeister in Lienzingen, habe dort sein schönes Einkommen, wohne im schuldenfreien Haus und habe wohl von Not noch nichts gemerkt. Für die 2300 Mark, die Zaisersweiher für den gemeinsamen Bürgermeister mit Lienzingen bezahle, könne Zaisersweiher einen eigenen hauptamtlichen Ortsvorsteher bekommen. Dem Staatspräsidenten dürfte es nicht schwerfallen, uns kommissarisch einen zu beschaffen, der froh ist, dass er arbeitend wirken kann. Mit Deutschem Gruß Heil Hitler unterschrieben Wilhelm Seyffer und Karl Wagner.
Die Zuschrift der Rebellen an Murrs Adresse landete bei der Ministerialabteilung für Bezirks- und Körperschaftsverwaltung zur gefälligen Behandlung im ordentlichen Geschäftsgang. Ende Mai 1933 beklagte der Gemeinderat in einer Stellungnahme via Oberamt, Seyffer mache ständig Umtriebe gegen die Bestätigung des von der Gemeinde gewählten Brodbeck und versuche in dem Brief an Murr den Eindruck zu erwecken, als wären Bürgermeister Brodbeck und der ganze Gemeinderat lauter Kommunisten. Dagegen sei Binder bis zur letzten Reichstagswahl Führer der KPD in Zaisersweiher gewesen, Wagner wiederum eingeschriebenes Mitglied der SPD. Es war eine Schlammschlacht, an der sich Brodbeck – seit Mai 1933 Mitglied der NSDASP – Ende Mai mit einem Brief ans Oberamt beteiligte. Grenzenlos unverschämt und frech nannte er Seyfffer. Er, Brodbeck, sei nur von national gesinnten Leuten gewählt worden. Und als sei dies verwerflich, schob er die Information nach: Seyffer lebe in Gütertrennung, von Ehrlichkeit und Sauberkeit keine Spur.
Ein gutes Zeugnis für Brodbeck landete danach auch in Stuttgart. In einem Schreiben an die Ministerialabteilung erklärten am 31. Mai 1933 die Gemeinderäte Wilhelm Ebser, Karl Weißert, Gottlieb Braun, Karl Brüstle und Gemeindepfleger Gottlieb Hauf: Brodbeck sei ein tüchtiger, zuverlässiger und aufrechter Beamter, der sich im ganzen Bezirk großer Wertschätzung erfreue. Die Leitung der Gemeinde Zaisersweiher ist bei ihm in guten Händen. Die Schreibereien von Seyffer und Genossen verdienen keine Beachtung.
Offenbar hoffte die Obrigkeit, den Dorffrieden bald wieder herstellen zu können. Nur so ist zu erklären, dass zwischen Wahl und Amtseinsetzung 15 Monate verstrichen. Aber erstaunlich ist es doch, dass die Ministerialabteilung für Bezirks- und Körperschaftsverwaltung am 31. Januar 1933 in einem sechsseitigen Schreiben den Einspruch von Karl Wagner, Wilhelm Seyffer und Christian Binder zurückwies, und zwar sowohl von der Sache her als auch wegen der Tatsache, dass die Begründung zum Einspruch zu spät eingegangen sei – dass aber trotz dieses Erlasses Nummer 10044 bis zur Amtseinführung von Brodbeck in seinem Zweit-Job noch knapp elf Monate ins Land gingen. Das Verwaltungsgericht war mit der Wahlanfechtung nicht befasst.
Jedenfalls verhängte die Ministerialabteilung eine Gebühr von 30 Reichsmark (nach heutiger Kaufkraft 135 Euro) für ein Ablehnungsschreiben an das Trio, die das Ergebnis der September-Wahl partout nicht akzeptieren wollten. Am 25. Februar 1933 erschienenen die drei beim Oberamt Maulbronn und gaben zu Protokoll, nicht in der Lage zu sein, die Gebühr zu bezahlen und begründeten dies mit schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen, worauf die Gemeinde zu einer Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufgefordert wurde.
Die Ergebnisse lagen am 9. März vor. Wagner, Silberschmied, besitzt einen Wohnhausteil, Kaufpreis am 7. April 1928: 4000 M, 33 & 1 Ar, 37 qm Land, Wert 60 M. Hypothekenfrei! Seyffer betreibt ein Bau & Hobelschreinerei: Besitzt: Wohnhaus mit Werkstatt, 1928 neu erbaut: 11000 M Hypotheken. Seyffer ist stark überschuldet, lebt in Gütertrennung. Binder ist Hilfsarbeiter u[nd] z. Zt. arbeitslos. Bezieht Unterstützung. Besitzt: 72 Ar 98 qm Acker & Wiesen. 1200 M – Hypotheken. Das Oberamt beantragte, das Gesuch abzuweisen, was auch geschah.
Der Verlierer der Wahl vom September 1932, Otto Pfister, erhielt die Entscheidung am 9. Februar 1933 zugestellt und akzeptierte sie. Er legte keine Rechtsmittel beim Oberamt ein.
Doch bald darauf roch es nach Rache der Unterlegenen. Am 9. März 1933 lieferte die Post beim Landjägerstationskommando Maulbronn eine Anzeige gegen den stellvertretenden Bürgermeister von Zaisersweiher, Gemeinderat Wilhelm Ebser, wegen angeblichen Viehsalzdiebstahls ab – die angebliche Straftat lag allerdings fünf Jahre zurück. Die Ermittlungen liefen an. Christian Binder, neben Wagner und Seyffer der hartnäckigste Brodbeck-Gegner, ließ protokollieren, er habe nach einem Fest des Gesangvereins im Klosterhof auf dem Heimweg kurz vor Zaisersweiher zwei Salzsäcke gefunden, sie als Fundsache zu Ebser gebracht. Der stellvertretende Bürgermeister habe das Salz nicht in die Fundliste eingetragen, sondern nach und nach im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb verwendet. Doch die Polizei sah den Vorwurf als nicht ausreichend belegt an, schickte die Akte an die Staatsanwaltschaft Heilbronn und empfahl ein Verfahren gegen die Drei wegen falscher Anschuldigung.
Vom 1. Dezember 1937 an Landwirt Glöckler als ehrenamtlicher Nachfolger
Vom 4. Dezember 1933 an, dem Tag seiner Amtseinsetzung war Brodbeck nicht mehr nur Amtsverweser, sondern Bürgermeister von Zaisersweiher, wenn auch als Halbtagsjob – zur anderen Hälfte blieb er weiterhin Lienzinger Schultes. Zum 30. November 1937 endete diese Doppelfunktion. Nach mehrmonatiger Krankheit ersparte sich der Zweifach-Bürgermeister das tägliche Pendeln nach Zaisersweiher. Die Nazis setzten in dem Nachbarort zum 30. November 1937 den Landwirt Glöckler als ehrenamtlichen Ortsvorstand ein. Doch um die Haushalts- und Finanzbereiche kümmerte sich weiterhin Brodbeck, aber als Aktuar mit einem geringeren Zeitaufwand. Wie lange, ist den Akten des Staatsarchivs nicht zu entnehmen.
Karl Brodbeck hinterließ Zaisersweiher ein besonderes Geschenk. Er war der Bürgermeister, der eine weit-, nämlich bis heute reichende Entscheidung getroffen hat, wie Felchle im Lesebuch zur Ortsgeschichte schreibt: Es wird ein (zunächst bis 1965 geltender) Pachtvertrag mit dem Ziegelwerk Vetter-Ludowici in Mühlacker geschlossen über das Recht zur Tongewinnung am Hamberg. Dieser Vertrag eröffnet der Gemeinde erhebliche Einnahmequellen (die – weniger erheblich! – bis heute sprudeln), ist zugleich aber auch der Einstieg in die spätere Anlage einer Mülldeponie für den Landkreis in den entstehenden Abbau-Löchern. Aus der wiederum Maulbronn finanziell Nutzen zieht.
Ein Verbund der anderen Art zwischen Lienzingen und Zaisersweiher war viele Jahre später in der Debatte: bei der Schulreform 1965/66 sollte Lienzingen mit Zaisersweiher eine gemeinsame Hauptschule als Nachbarschaftsschule erhalten. Doch im Herbst 1965 lehnte der Lienzinger Gemeinderat diese Gedankenspiele der Kultusbürokratie ab. Lienzingen habe nach Zaisersweiher keinerlei Beziehungen, während Mühlacker nur drei Kilometer von Lienzingen entfernt liege und dorthin engste Kontakte bestünden. Außerdem gehe der Zug nach Mühlacker und nicht ins Hinterland. Das Gremium mahnte, den Willen der Bevölkerung auf alle Fälle zu respektieren. Sicherlich sei niemand unter den Eltern für Zaisersweiher, zudem habe Lienzingen ein Drittel mehr Einwohner als der kleinere Nachbarort, wolle aber nicht unbedingt eine Hauptschule, sondern sehe diese für sich klar in Mühlacker - und bekräftigte dies durch einen entsprechenden Ratsbeschluss (Stadtarchiv Mühlacker=STAM, Li B 327, S. 42 f).
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