The Länd, der Bund, Mühlacker und der Enzkreis: Gesucht der statistische Mittelwert
Heidenei, sagt der Schwabe, staunt einmal und wundert sich mehrfach: Die Daten in der Mitteilung aus der Zentrale der Landes-Statistiker in der Böblinger Straße 68 in Stuttgart mit der laufenden Nummer 342/2021 kennen wir doch. Tatsächlich bestätigt der Blick zurück, was zu vermuten war. In der Aussendung mit der Nummer 224 am 16. August 2021 steht als Schlagzeile zwar diese: Jüngste Bevölkerung in Riedhausen im Landkreis Ravensburg, älteste in Ibach (Landkreis Waldshut) - Baden-Württemberg: Bevölkerung ist im Schnitt 43,8 Jahre alt. Doch wer suchet der findet als überzeugter, wenn auch im Ruhestand lebender Lokalredakteur in den Kolonnen von Zahlen seine viel geliebten lokalen Werte für Mühlacker, den Enzkreis, Pforzheim und den Rest der Welt.
So überrascht dieser Tage die Nachricht nicht, dass der durchschnittliche Enzkreis-Einwohner 44,6 Jahre alt und der von Mühlacker ein ganzes Jahr jünger ist. Das erfuhr die geneigte Leserschaft der regelmäßigen Pressemitteilungen des Statistische Landesamtes Baden-Württemberg schon seinerzeit im August. Da zu den Konsumenten der diversen statistischen Aufbereitungen auch dieser Blogger gehört, also der Autor dieses Beitrags, fand sich bei seiner Auswertung die lokale Botschaft im Sommer schon in seinem Titel: Wurmberg jüngste Gemeinde des Enzkreises, Mühlacker kommt so langsam in die Jahre. Exakt so könnte jetzt, viereinhalb Monate später, die Überschrift wieder lauten. Denn so schnell altert die Menschheit auch nicht. Doch die Mathematiker im Stala sorgten jetzt für einen neuen Dreh, um trotzdem jedermanns Interesse an ihren Zahlen zu wecken.
Statt des internen Vergleichs in The Länd, rückte nun in den Vordergrund, wie Baden-Württemberg in der statistischen Bundesliga spielt. Und siehe da: Mit 44,6 Jahren ist der durchschnittliche Enzkreis-Mensch so alt wie der exemplarische Deutsche. Der sogenannte statistische Mittelwert.
Der Südwesten kann somit punkten. Die 44,6 Jahren seien also, so schwärmt der Kollege -heil- von der Pforzheimer Zeitung voller Lokalstolz, die Goldene Mitte. Jetzt komme der Segen für so viel Selbstbewusstsein von der unbestechlich nüchternen Instanz der Mathematik.
Aber diesen Platz an der Sonne muss sich der Enzkreis teilen. Doch kein Grund sich zu ärgern. Denn wir befinden uns in illustrerer Runde. Bad Tölz-Wolfratshausen, Rosenheim, Peine, Kitzingen, Düren, Warendorf, Göppingen, Heidenheim sowie der Rhein-Erst-Kreis, der Oberbergische Kreis, der Wetteraukreis, der Eifelkreis Bitburg-Prüm und die Stadt Solingen liegen jeweils mit 44,6 Jahren im Bundesdurchschnitt (Stand Silvester 2020).
Eines zeigt der Blick über den Gartenzaun zu den Nachbarn zum Beispiel im Osten – älter geht dort immer noch. So taucht im Vergleich des Durchschnittsalters auch die Stadt Suhl in Thüringen auf. Abwanderungen in die alten Bundesländer sind wohl einige der Ursachen für den Mittelwert von 51 Jahren. Der Süden und Westen Deutschlands ist jünger. Den zweiten Platz des Rankings teilen sich Freiburg und Offenbach mit einem Altersdurchschnitt von 40,8 Jahren. Es folgen Frankfurt am Main (40,9 Jahre), Cloppenburg und Darmstadt (jeweils 41,0 Jahre). Im Süden und Westen Deutschlands haben unter den kreisfreien Städten Münster (41,4 Jahre), Mainz (41,5 Jahre) und München (41,6 Jahre) die jüngste Bevölkerung.
Am anderen Ende der Skala rangieren hinter Suhl weitere Landkreise und Städte aus dem Osten Deutschlands. Dazu zählen Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) mit 50,6 Jahren, das Altenburger Land – dazu gehört Mühlackers Thüringer Partnerstadt Schmölln - mit 50,5 Jahren und der Landkreis Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) mit 50,3 Jahren. Die jüngste Bevölkerung im Osten Deutschlands lebt hingegen in Leipzig (42,3 Jahre).
Die Zahlen, die das Stala drei Tage vor Silvester 2021 veröffentlichte, gleichen nicht einem alten Hut, frisch aufgemotzt fürs neue Jahr. Sie sind breiter angelegt und schärfen so den Blick über den eigenen Kirchturm hinaus. Möglich machte dies das Portal Stadt.Land.Zahl auf regionaler Ebene. Auf einen Blick lassen sich Kennzahlen wie zum Beispiel die Bevölkerungszahl, das Bruttoinlandsprodukt oder die Arbeitslosenquote ablesen. Die Ergebnisse können direkt mit anderen Kreisen und kreisfreien Städten deutschlandweit vergleichen werden. Ein Ranking hilft dabei, die eigene Region einzuordnen. Bewährt hat sich längst die baden-württembergische Variante: die regionale Datenbank. Hier lohnt, in die Tiefen der Statistik zu schauen und zwar nicht nur auf das Durchschnittsalter, sondern auch auf die Anteile der einzelnen Altersgruppen.
Amtliche Statistik indessen, auch wenn sie bunte Geschichten in den Medien produziert und Schlagzeilen liefert wie das mit der goldenen Mitte beim Durchschnittsalter: Die Ergebnisse gehören in den jeden Instrumentenkasten auch der Kommunalpolitik. Zum Beispiel Mühlacker. Die Senderstadt belegt mit ihrem Alters-Mittelwert von 43,6 Jahren den siebten Platz unter den 28 Enzkreis-Kommunen. Weil 17 der 28 Städte und Gemeinden des Enzkreises eine ältere Bevölkerung als im Durchschnitt des Landkreises haben, kann sich Mühlacker gut für die Zukunft positionieren, sich damit wirtschaftlich und finanziell stärken (mit positiven Auswirkungen auf die Stadt-Kasse).
Mein Fazit daraus für jetzt: Mehr Angebote für junge Menschen, attraktiv bleiben für junge Familien. Auch auf neuen Fan-Wellen mitreiten wie bei Pumptruck oder offiziell festgelegten Mountainbike-Strecken. Dazu aber zählen entscheidend jedoch auch dringend ausreichend Plätze in Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen. Dies muss noch stärker Schwerpunkt werden. Da dürfen Kostenberechnungen für Investitionen nicht abschreckend wirken und den sofortigen Stopp aller Ideen und damit Stillstand nach dem Motto nach sich ziehen: Wir können uns das alles nicht erlauben und deshalb weg in die große (Ablage-)Schublade – so geschehen bei der Null-Variante für einen Bildungscampus im Lindach mit Gemeinschaftsschule und Realschule. Die Suhler hätten liebend gern unsere Probleme im gut situierten Länd.
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