Enzkreis 2050: Trockener, hitziger, stürmischer?

Beispiel Mühlacker: Der Klimaschutz-Steckbrief (siehe auch das PDF-Dokument dazu)

Auch wenn Klimaschutz unbestritten die Nummer 1 auf der To-Do-Liste ist – aber wie empfinden wir die Folgen der doch schon stärker als eigentlich vertretbar wachsenden Erderwärmung in unserem Leben? In Niefern-Öschelbronns Gemeindehalle hieß es heute: Auf, zur Suche nach lokalen Strategien zur Klimaanpassung! Sie zu finden, das wollen jeweils drei Landkreise - Böblingen, Bodensee und Enz - sowie die Städte - Kehl, Böblingen und Bad Krozingen – als Pilotkommunen versuchen. Betreut vom Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Visionen gesammelt in der Gemeindehalle Niefern-Öschelbronn

Loklim ist das vom Bundesumweltministerium als Leuchtturmvorhaben geförderte Projekt Lokale Kompetenzentwicklung zur Klimawandelanpassung in kleinen und mittleren Kommunen und Landkreisen. Heute Nachmittag saßen und diskutierten mehr als 50 Leute drei Stunden lang beim ersten von drei Workshops zur Klimaanpassung im Enzkreis: Vertreter von Forst, Tourismus, Sozialem und Stadtplanung, einige Bürgermeister sowie Mitglieder des Kreistags und der Kreisverwaltung, Unternehmer und Feuerwehrleute. Loklim bietet für jede Kommune einen Klimaschutz-Steckbrief, wie zum Beispiel den für Mühlacker: 08236040_Muehlacker_steckbrief.pdf

Kleiner Bach und das Hochwasser: Lienzingen im Juni 2013 (Fotos: G. Bächle)
Rasch waren die Besucher vier Kleingruppen zugeordnet: erstens Land- und Forstwirtschaft, zweitens Stadt- und Raumplanung, drittens Verkehr, Wirtschaft, Gewerbe und viertens Tourismus, Soziales, Gesundheit. Verbunden mit dem vorherigen Verteilen von Stift und Zetteln, auf dass die Ideen in Kurzfassung an die Tafeln gepinnt werden können. Zum Schluss alles fotografiert, später ausgewertet. Die Diskutanten hüpfen von einem Thema zum anderen, Widersprüche bleiben meist stehen, nichts wird eigentlich ausdiskutiert. Das ist Enzkreis like, was sich auch kürzlich bei der Klausurtagung des Kreistages in Remchingen zeigte. Hauptsache Visionen für 2030 oder 2050.

Eine andere Form der Stuhlkreise. Sie nerven. Das liegt im Trend der Kommunikation auf Kommunalebene. Dabei sollten Ideen zum Umgang mit der Klimaanpassung gesammelt werden. Entstanden ist ein Sammelsurium, das nach Ende der Veranstaltung geordnet werden muss. Und irgendwann in einem Leitbild endet.

Landwirt und CDU-Kreisrat Gerd Philipp aus Neuhausen berichtet aus seiner Kleingruppe

Vorweggenommen: Meine Hoffnung auf detaillierte Informationen zur Klimaentwicklung an Enz, Nagold, Würm, Schmie und Kreuzbach erfüllte sich nur teilweise. Aber immerhin gab es einige knackige Punkte, die sich aber schon vorher auf der Internetseite www.lokale-klimaanpassung.de fanden. Danach ist unser Landkreis aufgrund seiner topografischen Lage am Rand des Schwarzwaldes stärker vom Klimawandel betroffen als andere Regionen. Als Beispiele genannt: Starkregenereignis in Königsbach-Stein und Schäden durch unwetterartige Regenfälle im Landkreis im Jahr 2016, Ausbreitung von invasiven Arten, Zunahme von Stürmen und Sturmstärken, Trockenheit in der Landwirtschaft sowie Hitze in städtischen Verdichtungsgebieten. Unterschiede registrierten die Fachleute selbst zwischen östlichem und westlichem Kreisgebiet.

Es geht zum einen darum, besser für primäre Klimawandelrisiken wie Trockenheit oder Hitzewellen gewappnet zu sein. Zum anderen gilt es, auch sekundäre Risiken zu bedenken – etwa ausfallende Dienstleistungen als Folgen von Temperaturerhöhungen und Hitzestress. Ob es gelingt? Der nächste Stuhlkreis, äh Workshop, folgt im Januar 2022. Ob es nach der dritten Runde Mitte 2022 eine heute vorgeschlagene Klimaanpassungscheckliste für die 28 Kreiskommunen stehen wird?

Ohne Folgen? 2014 ein Forschungsprojekt zur Klimaanpassung in der Region Nordschwarzwald. Was blieb?

Wäre wenigstens etwas. Ein weiteres Leitbild für den Enzkreis müsste nicht sein. Aber ein Katalog mit Praxisbeispielen unter dem Titel Machen! Trotzdem seien noch vermerkt die heutigen Déjà-vus. Kommunale Förderprogramme für die Begrünung von Gebäuden – Mühlacker hatte vor Jahren eines, strich es aber irgendwann. Ausbau von Dachgeschossen in bestehenden Gebäuden zu Wohnzwecken - von der Stadt Mühlacker vor einem Dutzend Jahren versucht in der einstigen Mustersiedlung Heidenwäldle, mit der versuchten Änderung des Bebauungsplans aber gescheitert, weil Nachbarn zusätzlichen Schattenwurf befürchteten. Denkbarer Standort für Windräder bei Großglattbach – des wollet mir net, sagten manche vor Ort. Und – einst fast schon revolutionär – das rote Heft mit Vorschlägen des Regionalverbandes Nordschwarzwald zur Entsiegelung speziell von Straßenflächen – eine Giftliste aus den 1990er Jahren unter dem 1998 nach 25 Jahren verabschiedeten Direktor Winfried Scheuermann. Sie schmückt jetzt die Archive.

Visionen für den Enzkreis?

Nix ist daraus geworden. Bunte Papier gibt’s zuhauf. Über das Modellvorhaben zur Raumordnung (MORO) für Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel über den Regionalverband Nordschwarzwald/Mittlerer Oberrhein war der Enzkreis bereits 2014 in ein regionales Projekt zur Klimawandelanpassung eingebunden. Ein Forschungsprojekt, unterstützt vom damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, mit Abschlussbericht, Flyer etwa zur Klimaanpassung in Kommunen am Beispiel der Bäume oder zur Frage der Gesundheitsgefährdung durch Klimawandel. Selbst ein Logo gab es für Klima Moro. Warum wir alle gerade im Klimawandel öffentliches Grün brauchen, was es leistet und was wir tun müssen, damit dies so bleibt. Einstieg heute in der Arbeitsgruppe: öffentliches Grün. Die Punkte wiederholen sich.

Bestandsaufnahme wäre notwendig, bevor neue Papiere produziert werden.

Das Fazit: Weniger Stuhlkreise mit bunten Diskussionen; dafür Macher, die Theorien zur Praxis, also Nägel mit Köpfen machen, um die lokalen Folgen des Klimawandfels anzunehmen.

 

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