Mühlacker Werte. 7-Tage-Inzidenz: Zwei Sichtweisen, ein Mailwechsel

Meine Mail an Landrat Bastian Rosenau vom 18. Mai 2021:


Sie umrunden in Ihrer Antwort das Kernproblem: Wir erhalten eine Grafik des Landratsamtes, entdecken darauf Werte von mehr als 400, lesen davon zum ersten Mal, können das nicht einordnen, fragen nach Maßnahmen, erfahren so beinahe erst zufällig davon, niemand liefert eine Erläuterung. Ich nenne das ein Versagen in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Es entsteht dadurch der Eindruck, als werde der Öffentlichkeit etwas vorenthalten. Darum geht es, sonst um nichts. Ich habe nicht den Eindruck, dass das die Verwaltung verstanden hatte oder verstehen will. Die Fragen zu klären ist auch nicht außerhalb der Öffentlichkeit - sprich: Medien - zu machen.


Die Antwort des Landrats am 19. Mai:


Auch ich kann natürlich nachvollziehen, dass die Menschen über die aktuelle Situation in Sorge sind und ein großes Informationsbedürfnis besteht. Etwas überrascht bin ich über Ihre (auch öffentlich getätigte) Aussage, wir würden auf Ihre Anfragen nicht reagieren (wollen). Mir ist keine einzige Anfrage bewusst, auf die wir nicht reagiert hätten - weder von Ihnen noch von Bürgern/innen. Häufig beantworte ich Mails persönlich und in der Regel zeitnah. Dass manche Antworten gerade auch in der Pandemiezeit, die seit über einem Jahr viel von der Verwaltung abverlangt und Ressourcen bindet, etwas Zeit in Anspruch nehmen, darum bitte ich dann doch auch um Verständnis. Letztlich geht es jedoch selbst dann in der Regel um wenige Tage. Auch dies gilt für Anfragen aus der Bevölkerung.

(...).
Wir können Sachverhalte nur (auf-) klären, wenn wir genug wissen. In Ihrem Fall zum Beispiel wäre wichtig zu wissen, wann der "Informant" des Bürgers mit wem gesprochen hat, um welche Zahlen es genau ging, wer ihm gesagt hat, dass die Zahl der Neuinfizierten "geschätzt" würde usw. Wenn Fehler gemacht werden, wollen wir die natürlich klären und abstellen. Der pauschale Satz "Es passt" hilft uns da nicht weiter.

Zum sogenannten "Kernproblem": Ich habe in meiner Antwort an die Presse (und bezogen auf Ihre Mail mit dem Betreff "Werte Mühlacker") die Frage nicht umrundet, sondern versucht eine dezidierte Erklärung gegeben. Tatsächlich war durch Ihre Pressemitteilung Ihr Anliegen sowie unsere Antwort zu dem Inzidenzwert von Mühlacker ja öffentlich nachzulesen. Ich ging daher nicht davon aus, dass die Frage offen geblieben wäre. Da dies nicht der Fall gewesen zu sein scheint und ich nicht den Eindruck erwecken möchte, wir würden Ihre Frage nicht verstehen wollen, antworte ich Ihnen aber gerne nochmals:

Die Grafik im Rahmen der Allgemeinverfügung war so auch öffentlich gemacht und nicht "versteckt". Allerdings ist es weder üblich noch unserer Auffassung nach sinnvoll, die Inzidenzen der Städte und Gemeinden im Enzkreis regelmäßig einzeln darzustellen. Der Grund ist sehr einfach: Die 7-Tage-Inzidenz bezogen auf 100.000 Einwohner ist nur dann eine handhabbare Zahl, wenn die Bevölkerungszahl groß genug ist. In Sternenfels zum Beispiel reicht es, wenn sich eine vierköpfige Familie plus Oma und Opa infiziert hat, damit die Inzidenz auf 200 steigt. Das aber sagt nichts aus über das tatsächliche Infektionsgeschehen, müsste z.B. auch nicht dazu führen, dass die Schulen und Kitas dort geschlossen würden.
In Mühlacker ist die Grundgesamtheit größer - und dennoch zu klein, um sinnvoll mit einer 7-Tage-Inzidenz zu operieren. Dass wir es in der Begründung zur Allgemeinverfügung Testpflicht in Kitas dennoch getan haben, liegt schlicht daran, dass es die einfachste Möglichkeit war zu zeigen, dass sich in Mühlacker mehr Menschen infizieren als im Durchschnitt im Kreis.

Was Mühlacker betrifft, wüsste ich nicht, wo es an Sensibilisierung oder Informationen zu Maßnahmen gefehlt hätte: Ob Ausbrüche in Senioreneinrichtungen, Firmen oder Kitas, ob Kita-Schließungen oder Testpflicht, Testzentren, Impfaktionen, gezielte Gespräche und immer wieder Appelle von mir, insbesondere aber von Herrn OB Schneider: die Liste ist lang und ließe sich problemlos fortsetzen.

Was nun die Information generell angeht: Da möchte ich Ihnen deutlich widersprechen. Information ist eine Bring-, aber eben auch eine Holschuld. Ich denke, dass wir unsere Bringschuld hier erfüllt haben. Zum Beispiel kann jede/r Bürger/in die Zahl der Neuinfizierten in den vergangenen 3/4 und 7 Tagen dienstags und freitags aktualisiert auf unserer Homepage unter www.enzkreis.de/corona-zahlen sowie in der Pforzheimer Zeitung und im Mühlacker Tagblatt. Wer dort - z.B. am 27.4.- sieht, dass in Mühlacker in den 7 Tagen zuvor fast 100 Neuinfizierte registriert wurden, kann sofort erkennen, dass ein heftiges Infektionsgeschehen vorliegt. Zum Glück, vor allem aber dank der Bemühungen aller Beteiligten, hat sich die Zahl Stand gestern mehr als halbiert auf 46 in den letzten 7 Tagen.

Wir haben zum Thema Corona, den Entwicklungen und zu Maßnahmen, Impfungen etc. im vergangenen Jahr ca. 130 und in diesem Jahr bis Ende April bereits weitere 90 Pressemitteilungen verschickt, dazu fast täglich Presseanfragen beantwortet. Ganz zu schweigen von hunderten von Mails und inzwischen zehntausende von Anrufen von Bürgern/innen an unserer Hotline.

Soweit der Mailwechsel zwischen mir als Kreisrat und dem Landrat.

 

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