Worte zur Woche 43: Durch die Maske oder Abstand halten mit Anstand

Station am Glattbach in Großglattbach: Der Bürgermeister mit der Maske bei den Erläuterungen zum Hochwasserschutz

Corona überlagert vieles, zwingt uns, unsere sozialen Kontakte zu reduzieren, zumindest die Maske anzulegen (für Brillenträger wie mich nicht so geschickt) und Abstand zu halten. Doch verlieren wir nicht unseren Humor. So kämpfte die CDU jahrelang für ein Vermummungsverbot, worauf ich gerne mit einem Augenzwinkern hinweise. Und jetzt maskieren wir uns mehr oder minder freiwillig. Hoffentlich hilft`s! Und hoffentlich ist der Kurs unseres Landrats erfolgreich, wenn er schärfer als das Land Baden-Württemberg vorgeht und zum Beispiel die Größe der privaten Feiern auf fünf Personen begrenzt, damit gegenüber der Corona-Verordnung des Landes halbiert. In einem sachlichen Kommentar auf meiner Facebook-Seite wollte ein User wissen, weshalb der Enzkreis so streng sei im Vergleich zum Nachbarn Calw – die Antwort geben die fast explodierenden Zahlen der Neuinfektionen. Innert weniger Tage schlugen sie durch die Decke. Nachdem die Allgemeinverfügung, die seit dem gestrigen Samstag gilt, in die ausschließliche Zuständigkeit des Landrats fällt, sind auch wir Kreisräte auf eigene Interpretationen angewiesen. Ich sehe keine Alternative zu dieser Entscheidung.

Was ich angesichts der rasant wachsenden Zahlen auch in sozialen Netzwerken vereinzelt zur Pandemie lese, lässt mich angesichts der erschreckenden Entwicklung ratlos zurück. Was soll die Diskussion um Zahlen, Vergleiche, andere Krankheiten und deren Zahl? Sollen wir die Dinge einfach laufen lassen und warten, bis unsere Kliniken überfüllt sind? Wer wird behandelt, wer nicht – letzteres wäre der sichere Tod. Unsere Enzkreis-Kliniken sind gut vorbereitet, aber ihre Mitarbeiter menschlich zu überfordern – dazu darf es nicht kommen! Mehr Kranke als Plätze, wer wird dann aussortiert? Corona-Leugner?

Höchst beeindruckend ein Leserbrief, den dazu Joana und Wolfgang Neuwirth aus Lienzingen diese Woche schrieben und der im Mühlacker Tagblatt erschien. Hier ein paar Passagen: Ganz ehrlich, ich kann es nicht mehr hören. Da wirft wieder einmal einer mit Zahlen um sich, gibt sich so die Legitimation, den Durchblick zu haben. Fragt nach den „sogenannten“ Experten und deren wissenschaftlichen Expertisen. (…)

Enzkreis auch rot. Karte des Robert-Koch-Instituts von heute

Wie wäre es, wenn Sie mal Ihre Querdenkerblase verlassen würden und sich im Netz auf Seiten informieren, auf denen Sie wissenschaftlich fundierte Aussagen zum Thema Covid-19 erhalten? Diese Informationen sind für jedermann zugänglich, allerdings müssten Sie dann damit rechnen, für Sie unangenehme, nicht Ihrem Weltbild entsprechende Aussagen zu erhalten. Da ist es doch viel einfacher, sich im Alu-Hut-Milieu zu tummeln, sich mit Gleichgesinnten in Esoterik-Foren über Weltverschwörungstheorien zu suhlen. Wie schön muss das sein, zu denken, man gehöre einer geistigen Elite an, die genau weiß, was gerade passiert.  (…) Ich schlage vor, Sie begeben sich an einen Covid-Hotspot, atmen ein paar Mal ganz tief und kräftig ein. Ich kann Ihnen versprechen, Corona holt Sie aus Ihrer rosa Wattewolke. Ein Freund von mir hat die Infektion durchgemacht, er hat drei harte Wochen lang gekämpft und überlebt. Nun, sein linkes Auge funktioniert nicht mehr richtig, das rechte Bein knickt ihm ab und an spontan weg. Spätfolgen nennt man das. Aber das liegt bestimmt an etwas ganz anderem. (…)  Diese ganzen Covid-Leugner, Flach-Erdler, Impfgegner, Chem-Trailer eint jedenfalls eines: Die Wissenschaft ist ihr Feind, denn Wissenschaft liefert Fakten. Und Fakten können die Verschwörungsanhänger nun mal gar nicht brauchen.

Damit ist eigentlich alles gesagt, was zu sagen wäre.

Jedenfalls wirkte sich diese Woche die Pandemie auch auf unsere Sitzungskultur aus. Arbeitskreis Regionalplanung und Ältestenrat des Regionalverbandes Nordschwarzwald tagten am Mittwoch im Rathaus von Calw. Eine Hybrid-Sitzung: Einige Teilnehmer saßen in Calw, andere schalteten sich von Haus aus per Computer zu. Auch ich. Dann zwei Fraktionssitzungen, einmal der CDU im Kreistag, dann der im Gemeinderat Mühlacker, beide ganz als Videokonferenzen. Nebeneffekt: Wir sparen damit auch (Fahr-)Zeit. Beim Regionalverband war abgefragt worden, welches Format wir künftig bevorzugen. Ich plädiere für reine Videositzungen, wenn es keinen öffentlichen Teil gibt. Aber selbst damit tun sich manche schwer – der Ältestenrat des Gemeinderats von Mühlacker trifft sich – nichtöffentlich - am 2. November im größeren Ratssaal, um die Mindestabstände gut eingehalten zu können.

Fraktionssitzung virtuell

In dem Saal tagte diese Woche auch der Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik. Punkt 1 derer Tagesordnung: Die Pläne des Landes für den Neubau der Herrenwaagbrücke in Dürrmenz und die Abwicklung dieser Arbeiten. Ich hörte mir das von den Zuhörerreihen aus an. Irgendwie blieben wir ob der Hiobsbotschaft ratlos zurück. Bisher hieß es doch immer, die alte Brücke bleibe so lange stehen und könne befahren werden, bis die neue fertig ist, die daneben geplant ist. Zu unserer Riesen-Überraschung erklärten die beiden Vertreter des Regierungspräsidiums Karlsruhe: Geht nicht wegen Höhenunterschieden. Heíßt: 6,5 Monate Vollsperrung. Die Folge: lange Umleitungsstrecken nicht nur vom und in den Stadtteil, in dem 4500 Menschen leben. Ungläubiges Staunen bei den Menschen, die sich damit nicht abfinden wollen, dass ihr Dürrmenz so lange abgehängt wird und die die Stadträte ansprechen. Gestern Abend beschlossen wir in der Fraktion, das Regierungspräsidium zu bitten, nochmals zu prüfen, ob sich die Einschränkungen doch noch mindern lassen. Dass es ohne sie nicht gehen wird, wissen wir auch. Das ist der Preis für die neue Brücke, die wir – auch aus Gründen des Hochwasserschutzes – dringend brauchen. Begonnen werden soll nicht noch im Oktober, sondern im März oder April 2021. Aber das ist eine andere Geschichte…

Nochmals Bahnhofstraße: Anwohner lädt ein

Blick zurück auf die Vorwoche. Da lehnte eine Mehrheit des Gemeinderats es ab, in der Bahnhofstraße die unechte Einbahnstraßen-Regelung ausprobieren zu lassen. Der OB sagte, kein einziger Geschäftsinhaber, kein einziger Anwohner beschwere sich über die seit 18 Jahren bestehende Regelung mit dem vollen Zwei-Richtungsverkehr. Stimmt nicht, sagte mir diese Woche ein Anwohner. Er sei enttäuscht gewesen vom Nein. Nicht einmal ausprobieren wollten sie, was mich nicht verstehe. Die vom Rathaus sollen bei mir einmal zwischen 15.30 und 17.30 Uhr vorbeikommen, dann können sie der Blechlawine auf der Bahnhofstraße von meiner Wohnung aus zuschauen. Staus, hupende Autofahrer, überforderte Fußgänger an einem innerstädtischen Verkehrsweg mit rund um die Uhr 8400 Fahrzeugen. Ich werde dem OB die Botschaft überbringen.

Erster-Weltkrieg-Denkmal in den Burganlagen der Löffelstelz bleibt am jetzigen Standort, ist sanierungsbedürftig. Auch ein Thema bei der Ratsrundfahrt in dieser 43. Woche

Nicht nur am grünen Tisch zu entscheiden, ist wichtig. Der Gemeinderat müsste öfters auf Tour gehen, um geplante Entscheidungen am Objekt zu diskutieren. Der persönliche Eindruck kann die beste schriftliche Schilderung nicht ersetzen. Zusammen mit dem Baubürgermeister schauten wir uns Maßnahmen zum Hochwasserschutz in Großglattbach sowie zwischen B10 und Enz am Ortsausgang von Mühlacker in Richtung Enzberg an, zudem die notwendigen Pflegearbeiten an der Burgruine Löffelstelz aufgrund eines CDU-Antrags und die Markierung von Parkständen an der Vaihinger Straße in Großglattbach.

Just in unserem Höhenstadtteil war ich zwei Tage später nochmals, um an mich herangetragene Probleme baurechtlicher Art im neuen Wohngebiet Pforzheimer Weg zu besprechen. Hilfreich war, dass Baubürgermeister Winfried Abicht als zuständiger Dezernent meine Bitte aufgriff und zum Termin mitkam. Einiges ließ sich im Gespräch klären oder Verfahren aufzeigen, wie man weiterkommt etwa wegen einer „falsch“ gesetzten Straßenleuchte am Gerlinde-Beck-Ring. Wenn der Gemeinderat einen Bebauungsplan verabschiedet für ein topografisch bewegtes Gebiet wie dieses bleiben spätere Anpassungsprobleme nicht aus. Notwendig ist, möglichst einvernehmliche Lösungen zu finden. Nichts besser dazu als das Gespräch vor Ort.

Die Woche begann mit einem gemeinsamen Termin von CDU, LMU und SPD zur Stadtbau Mühlacker GmbH und einem Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Arlinger Wohnbau in Pforzheim, Carsten von Zepelin. Eine sehr informative Unterhaltung, für die uns die Stadtverwaltung den großen Ratssaal überließ – um Abstand halten zu können, mit Anstand. Nun schließt sich hier der Corona-Kreis. Wegen der Ansteckungsgefahr durch Covid 19 verlegte die Kreisverwaltung alle Ausschusssitzungen in den großen Saal des Landratsamtes in Pforzheim.

Industrie 4.0 in Mühlacker

So auch die des Verwaltungs- und Wirtschaftsausschusses des Kreistags, der am Montag tagte. Ein wichtiger Punkt: Jochen Protzer, Kreistagskollege von den Roten, informierte als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald über deren Aufgabenprogramm. Er hat die Gesellschaft stabilisiert und beackert zahlreiche Felder so, dass frühere Diskussionen in den Kreistagen von Pforzheim, Calw und Freudenstadt über die Notwendigkeit der Einrichtung verstummt sind. Innovationskraft sei an Rahmenbedingungen geknüpft. Dazu gehöre auch das Thema Gewerbegebiete, wie Protzer auf meine entsprechende Frage betonte. Ich habe nämlich den Eindruck, das Mittelzentrum Mühlacker hat sich vom Thema Gewerbegebiet verabschiedet, und in Pforzheim ist die Situation ja bekanntlich auch schwierig. In Sachen Gewerbegebiete sind wir auf einer Wellenlänge, wie zu lesen war.

Dann noch ein Tipp. Eine spannende Geschichte über ThyssenKrupp und sein Werk Mühlacker - dank Google Alert die Nachricht lautlos bei mir ein. Titel: Einblicke in die Fabrik der Zukunft.

Ja, die steht bei uns! Industrie 4.0

2019 startete in Mühlacker die vollautomatische Produktion von Karosserie-Plattformen. Auf einer Fläche von 30.000 Quadratmetern bearbeiten etwa 250 Roboter mit modernsten Verfahren Einzelteile aus Aluminium und Stahl für die Automobilindustrie – 24 Stunden lang, an fünf Tagen der Woche.

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Kommentare

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Anno Nym am :

Hallo Herr Bächle,

toller Blogbeitrag.
Ich frage mich aber was macht die Stadt Mühlacker gegen diese hohen Zahlen?

Ich bin am Wochenende mit dem Auto von Mühlhausen nach Rosswag gefahren.
Entlang den Weinbergen standen gefühlt 100 Autos. Ebenso war ein Schild aufgestellt "Heute Weinverkostung". Dann fuhr ich weiter und fuhr am Fußballplatz in Rosswag vorbei. Dort fand ein Fußballspiel mit 22 Leuten auf dem Feld zzgl. Reserve und Trainer statt. Am Sportplatzrand dicht gedrängt und Schulter an Schulter stehend Zuschauer. Ebenso auf dem Platz daneben war ein Getränkestand. Auch dort von Maske und Abstand nichts zu sehen.

Vlt. sollten wir darüber sprechen...
Privat darf ich maximal 5 Leute treffen, aber am Sportplatz ist alles egal?

Es ist echt erschreckend wieso sowas erlaubt und nicht geahndet wird!
Antwort

Günter Bächle am :

Das Fussball spielen unter Zuschauer ist nicht verboten ebenso wenig wie das Wandern in den Weinbergen bei Mühlhausen bei herrlichem Wetter.
Natürlich müssen überall die entsprechenden Corona-Regeln eingehalten werden. Vom Gemeindevollzugsdienst werden auch Fussballspiele kontrolliert.

Die Infizierung erfolgt oft bei privaten Veranstaltungen. Deshalb wurde dort regelnd eingegriffen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Saur
BÜRGER- UND ORDNUNGSAMT/AMTSLEITER
Kelterplatz 7, 75417 Mühlacker
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