Twitter, Screenshot und Kommunikation

Verachtet mir den Kanaldeckel nicht - so der Titel einer Kolumne zu 45 Jahren Arbeit in kommunalen Gremien. Soll heißen: Sich kümmern ist die erste Mandatspflicht. Dass dabei die Formen der Kommunikation wechseln, wissen wir nicht erst seit Facebook & Co. Seit Februar 2009 twittere ich (übrigens: Trump seit März 2009), mal heftiger, mal sparsamer. Darf ein Bürgervertreter auf diesem Weg an ihn herangetragene Anliegen einfach per Screenshot an die Verwaltung herantragen? Der Erste Landesbeamte des Enzkreises war jedenfalls nicht amüsiert.

Also schrieb mir heute der Erste Landesbeamte des Enzkreises mit freundlichen Grüßen:

"Niemand hat die Absicht ..." - die Ernsthaftigkeit Ihres großen Engagements für Bürgeranliegen ziehe ich keinesfalls in Zweifel, dto. das kreisrätliche Fragerecht in Angelegenheiten des Landkreises. Es kann aber ja wohl nicht ernsthaft sein, dass der berühmt-berüchtigte "Apparat" mit abfotografierter Social Media Kommunikation beschäftigt wird. Wenn ich mich nicht sehr täusche, war auch mein Kollege Dr. Sailer schon mit dem Vorgang befasst.

Nachdem das zuständige Amt leider schon vor Ort(!) war, möchte ich Ihnen die Antwort aber keinesfalls vorenthalten *)

Zuerst irritiert, fasste ich mich und antwortete:

Schnelle Antwort via Twitter

Zunächst danke ich Ihnen herzlich für Ihre Antwort und für die offenen Worte. Ich muss allerdings gestehen: Ihre Mail löste bei mir zuerst Ratlosigkeit aus. Mehrere Minuten lang starrte ich auf das Display meines I-Pad und grübelte darüber, ob ich etwas falsch gemacht habe. Letzteres ist nicht ausgeschlossen, Selbstkritik ist mir nicht fremd, auch Selbstzweifel nicht. Ich unterbrach dann, um Ihre Antwort bei Twitter, aufgeteilt in 5 Portionen, einzustellen. Jetzt weiß @natenom blitzschnell, was Sache ist (seine Antwort innert 5  Minuten finden Sie - sorry - im Anhang als Screenshot). Auch der twitternde @enzkreis hätte natürlich antworten können.

Was nach längerem Rätseln für mich bleibt, ist die Frage, wie wir mit sozialen Medien umgehen. Ich erhalte inzwischen als Stadt- und Kreisrat zahlreiche Anliegen und Anfragen über Facebook, Instagram, weniger via Twitter. Aus arbeitsökonomischen Gründen, aber auch um die Originalität beizubehalten, kopiere ich den Text oder fertige einen Screenshot, reiche diese dann weiter. Natürlich kann ich auch alles abtippen und in eine gänzlich analoge Form bringen, zudem per Post verschicken oder zumindest in eine Mail mit vollständig eigenen Worten - dann wäre die Verwaltungswelt wieder in Ordnung. Unterm Strich bliebe das, was sie sind: Bürgeranliegen, die an uns als Bürgervertreter herangetragen werden und die wir als Anfrage an die Verwaltung weitergeben. Darin sehe ich auch meinen Wählerauftrag.

Während ich Ihnen diese Mail schreibe, fällt mir immer wieder ein Satz ein: Hier stoßen zwei Welten aufeinander, die der analogen und die der digitalen Welt. So ganz will ich das aber nicht glauben. Ich bin einige Jahre älter als sie, habe aber mit sozialen Medien weniger Berührungsprobleme, andererseits haben Sie die Digitalisierung unserer Kreisverwaltung vorangebracht, als andere noch nicht wussten, was das ist.

Und nun? Ratlos? Nein. Der Kern des Problems: Die Kreisverwaltung hat kein Konzept für Umgang und Nutzung der sozialen Medien. Nur Links zu den eigenen Pressemitteilungen zu twittern, wie es der Enzkreis tut, ist zu wenig. Gerade die Krise durch Corona sollten Anstoß sein, ein solches Konzept zu entwickeln. Dann hätten auch wir eine gemeinsame Basis. Denn: Kreistag und Verwaltung gestalten ihr Handeln transparent. Wir nutzen moderne Informationswege und achten auf Barrierefreiheit sowie Nachhaltigkeit (Leitbild Enzkreis, 2019)

*) Wenn das Thema, um das es ging, interessiert, hier die Passage der Antwort aus dem Landratsamt Enzkreis in Pforzheim:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Radweg auf einem als Verkehrsfläche ausgewiesenen und im Eigentum der Gemeinde Neuhausen befindlichen Grundstück verläuft und nicht in der Straßenbaulast des Kreises bzw. des Landes steht. So handelt es sich vorliegend insbesondere nicht um einen landesstraßenbegleitenden Radweg, auch wenn die Situation vor Ort dies anders vermuten lässt. Damit bestand und besteht für den Enzkreis auch keine Unterhaltungs- bzw. Erhaltungspflicht für den Radweg. Dbzgl. gibt es auch keine Vereinbarung, die etwas anderes regelt. Im Ergebnis mag der Radweg etwas wellig sein mit abschnittsweise auftretenden Belagsschäden, ist aber insgesamt in gutem Zustand. Es gibt lediglich eine Stelle die evtl. saniert werden müsste, aber keine Gefahr oder Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt. Dies wird auch von der Gemeinde Neuhausen so gesehen.

 

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