Alte Zahlen, neue Programme: LEP als Kostenbremse eines Ministeriums

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut

Der Landesentwicklungsplan 2002 ist fortschreibungswürdig – wohl kein anderes Bundesland hat einen derart betagten LEP.

LEP, was? Normalerweise interessiert dieses Thema nur Insider von Landesplanung und Regionalplanung, aber mit zunehmender Tendenz des Landes, die Voraussetzungen für Förderungen an den Raumkategorien fest zu machen, wird nach der Aktualität des gültigen Landesentwicklungsplanes gefragt. Vor allem aber: Die Vorgaben im Landesentwicklungsplan und in den Regionalplänen sind für die kommunale Bauleitplanung und die Fachplanung bindend.

Raumkategorien heißt das Zauberwort.

Jetzt werden Förderprogramme des Landes an den im LEP festgelegten Raumkategorien ausgerichtet. Zunehmend werden vor Ort die Aussagen des Landesentwicklungsplanes (LEP) Baden-Württemberg aus dem Jahr 2002 infrage gestellt, schrieb ich als Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Versammlung des Regionalverbandes Nordschwarzwald der zuständigen Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut.

Neuestes Beispiel ist die Förderung der Anschaffung von elektrischen Zweirädern durch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg, das eine solche Förderung nur in Gemeinden aus der Kategorie Ländlicher Raum vorsieht. Ein Beispiel: Im Enzkreis empfinden sich die Menschen in vielen der 28 Gemeinden nach ihrem Verständnis als im ländlichen Raum lebend, sind aber nach dem Landesentwicklungsplan Verdichtungsraum oder -randzone.

Im Enzkreis ist lediglich die Gemeinde Sternenfels als Ländlicher Raum kategorisiert - doch Nachbarorte wie Freudenstein fühlen sich zurecht auch als ländlich, gehen aber bei dem jüngsten Rad-Projekt leer aus. Es war schon immer ein Problem, dies verständlich zu machen. Mühlacker liegt voll im Verdichtungsraum Karlsruhe/Pforzheim. Hier die Karte aus dem Regionalplan 2015 für die Region Nordschwarzwald: Strukturkarte_NSW.pdf

In de Stadt Remseck ist es noch irrsinniger, Hochdorf gehört zum ländlichen Raum, die übrigen fünf Stadtteile nicht.

Zum Förderprogramm „E-Zweiradförderung für junge Leute" des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg habe sich ihr Haus mit dem zuständigen Verkehrsministerium ausgetauscht, so Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut in ihrer Antwort. Demnach werde die eigenständige und klimafreundliche Mobilität junger Menschen im Alter von 15 bis 21 Jahren im Ländlichen Raum durch eine finanzielle Förderung unterstützt, etwa für die Anschaffung eines E-Rollers oder eines Pedelecs.

Im Ländlichen Raum gebe es nach Einschätzung des das Förderprogramm verantwortenden Verkehrsministeriums insbesondere für junge Menschen hierfür besonderen Bedarf. Aufgrund des finanziellen Rahmens könne das Verkehrsministerium nur eine begrenzte Zahl junger Menschen fördern und fokussiere daher die Förderung auf den Ländlichen Raum in Anknüpfung an die Raumkategorien des LEP.

Der LEP als Kostenbremse eines Ministeriums? Eine ganz neue Aufgabe. Passend? Eher nicht!

Denn: Die Raumkategorien des LEP dienen vorrangig landesplanerischen und raumordnerischen Zwecken und setzen daher auf einer räumlich übergeordneten Ebene an, so die Ministerin. Sie würden unter anderem unter Berücksichtigung der Siedlungsverdichtung und bestehender Verflechtungen festgelegt und seien mit jeweils unterschiedlichen Entwicklungsauftragen verbunden.

So sollen etwa die Verdichtungsräume als Schwerpunkte für Wohnen, Produktion und Dienstleistung mit hochwertigem Infrastruktur- und Arbeitsplatzangebot gesichert werden. Es solle so weiterentwickelt werden, dass sie ihre übergeordneten Funktionen für die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung des Landes erfüllen und als leistungsfähige Wirtschaftsstandorte im internationalen Wettbewerb bestehen können. Weiter seien sie in nationale und internationale Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsnetze einzubinden.

Demgegenüber stehe beim Ländlichen Raum die wohnortnahe Versorgung mit Arbeitsplatz-, Bildungs- und
Versorgungsangeboten, die Erhaltung großflächiger Freiräume sowie die Land- und Forstwirtschaft im Vordergrund. Die Randzonen um die Verdichtungsräume nähmen unter anderem Entlastungsaufgaben für die Verdichtungsräume wahr und vermittelten Entwicklungsimpulse in den Ländlichen Raum. Dies betreffe etwa die Siedlungsentwicklung für Wohnen und Gewerbe, die Stärkung der zentralen Orte als Versorgungs- und Arbeitsplatzzentren oder die Sicherung der Freiräume auch für Erholungszwecke. Die Gewährleistung einer guten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr bleibe dabei eine wichtige Aufgabe.

Der LEP ist mit Blick in Hoffmeisters Lesart auf seine Ziele und Grundsätze auf lange Sicht angelegt und die darin enthaltenen Vorgaben werden auf regionaler und kommunaler Ebene zeitversetzt umgesetzt. So die Ministerin. Der geltende LEP bewähre sich nach wie vor als rahmensetzendes Gesamtkonzept für die Landesentwicklung. Dabei prüfe das Ministerium laufend die aktuelle Anwendbarkeit des LEP und behalte grundsätzlich auch eine Novellierung im Blick. Allerdings erfordere eine Fortschreibung des LEP eine sorgfältige Vorbereitung unter Berücksichtigung nicht nur einzelfallbezogener Aspekte. Bedeutende Themen wie zum Beispiel Wohnungsknappheit, Bevölkerungszunahme, Digitalisierung und vieles mehr seien dabei in allen Teilbereichen mitzudenken. Für die erforderlichen personal- und kostenintensive Vorarbeiten seien noch die Grundlagen im Landesetat zu schaffen. Hier der Antwortbrief: Ministerin_zum_LEPl.pdf

Dennoch drängt die Arbeitsgemeinschaft der Regionalverbände in Baden-Württemberg regelmäßig darauf, den LEP fortzuschreiben, so Dr. Matthias Proske, Direktor des Regionalverbandes Nordschwarzwald, auf Anfrage des CDU-Fraktionsvorsitzenden. Bislang jedoch leider erfolglos. Es gebe im Ministerium noch nicht einmal eine Vorstellung davon, wie man den Prozess aufsatteln könnte. Proske: „Grundsätzlich ist der LEP 2002 allerdings ein vergleichsweise sehr guter LEP, mit dem wir nach wie vor arbeiten können.“

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