Landräte und Stadtkreis-OBs plötzlich Gesundheitswächter in der Covid-19-Krise

Heute tagte der Mühlacker Gemeinderat. Die Covid-19-Pause ist vorbei

Die (bis jetzt) in 15 von 16 Bundesländern entscheidende Schwelle: Wenn das Limit von 50 Fällen Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner über 7 Tage in einem Stadt- oder Landkreis geknackt ist, werden dort die Lockerungen von Corona-Verboten wieder einkassiert. Zuständig sind die lokaen und Landesbehörden. Darauf verständigten sich bekanntlich  die Bundeskanzlerin und die Minsterpräsidenten. Bei der 7-Tages-Inzidienz als Ausgangspunkt für Maßnahmen senkte inzwischen das Land Sachsen-Anhalt den Deckel auf 30 Fälle Neuinfizierter pro 100.000 Einwohner (mal sehen, welche föderalen Sonderwege sonst noch eingeschlagen werden). Landräte und OBs als Gesundheitswächter in der Corona-Krise - ob deren territoriale Macht ausreicht? Stichpunkt soll der Zeitpunkt sein, zu dem eine Meldung vom Labor beim Gesundheitsamt eingeht, so die Kreisverwaltung. Das Kreis-Gesundheitsamt ist zwar für den Enzkreis und für die Stadt Pforzheim zuständig, die Risikobewertung und die Implementierung eventueller Maßnahmen müssen jedoch getrennt erfolgen, soll ließ das Landratsamt weiter wissen.

Aktuell (11. Mai ) liegt Pforzheim mit einem Wert von 27,8/100.000 an der Spitze der Statistik des Sozialministeriums (SM)/Landesgesundheitsamts, der Enzkreis mit 18,1/100.000 auf Platz 7 (in absoluten Zahlen: Pforzheim 35, Enzkreis 36). Beide Werte können in der Mitteilung des SM aufgrund der zweiten Testung bei Müller Fleisch GmbH auch noch ansteigen - allerdings sicher nicht über die Schwellenwerte. Laut Übersicht der Kreisverwaltung wurden heute 41 neue Fälle in 7 Tagen in Pforzheim und 50 im Enzkreis gezählt - insgesamt. Ein Blick auf die Kurven seit dem 1. April zeigt sehr deutlich die Entwicklung. Diese Übersicht wird der Enzkreis ab morgen täglich zur Verfügung stellen.  Bei der Zahl der Genesenen zeigt sich ein sehr deutlicher Sprung nach oben; hier sind die Mitarbeiter von Müller Fleisch enthalten, die im April in der ersten Runde positiv getestet wurden und nun aus der Quarantäne entlassen wurden.

Diese 7-Tage-Verlaufstabelle gibt es täglich aktualisiert vom Landratsamt Enzkreis

Die aktualisierte Landkreis-Tabelle und den vollständigen aktuellen Lagebericht des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg mit weiteren Grafiken und Informationen gibt es auf dessen Infoseite zum Coronavirus.

Covid-19: Das neuartige Coronavirus breitet sich weltweit aus. Aber manche Diskussion erweckt bei mir den Eindruck, als meinten manche, die Krise sei schon vorbei. Deshalb hier im Blog meine Hinweise auf die Webseiten mit täglich aktuellen Nachrichten. Bis der Impfstoff kommt!

Heute tagte erstmals wieder der Mühlacker Gemeinderat. Zuhörer und Journalisten mussten ihre Plätze räumen. Im Großen Ratssaal saßen die 26 Stadträte und die Verwaltungsspitze fast durchweg so, dass der gewünschte Abstand eingehalten werden konnte. Das kostet viel Platz, dazu brauchen sie den ganzen großen Saal. Die Medienvertreter mussten auf die Empore umziehen, für Zuhörer fehlt im Ratssaal der Platz - für sie ist neben der Empore das Rathausfoyer vorgesehen. Nichtöffentlich legte der OB einen mehr als 35-seitigen Bericht zu den Maßnahmen der Stadt in der Corona-Krise, der auch noch der Öffentlichkeit vorgelegt wird. Ich saß mit weißer Maske allein in der ersten Reihe, Mitte, ganz links. Und die Maske? Ob ich mich daran gewöhnen kann? Hab meine Zweifel. Bei Redebeiträgen empfiehlt sich die vorherige Abnahme.

Ratschläge für die Kunden

Corna und die Folgen. Menschen melden sich. So ein Lienzinger: Die greifen anders durch als unser Landrat! Die Mail an mich bestand nur aus diesem Satz und einem Link zum Corona-Ausbruch in Coesfeld in NRW, ausgelöst durch mehr als 200 Mitarbeiter der Großschlachterei "Westfleisch", die laut Behördenangaben mit dem Coronavirus infiziert sind. Parallelen zum Fall Müller Fleisch GmbH in Birkenfeld im Enzkreis. Hier wie dort sind ausländische Arbeiter eingesetzt, angestellt bei Subunternehmen, untergebracht in Sammelunterkünften. In Coesfeld machte das Landratsamt den Laden dicht, im Enzkreis darf fröhlich weiter produziert werden. Manche tun sich schwer, das nachzuvollziehen. Ich habe auch meine Zweifel. Vorgeschmack auf die lokalisierten Kompetenzen bei Corona?

Der Skandal beschäftigt die Leute zurecht. Vorhin stand in der Mail einer Bürgerin aus der Kernstadt: Gerade war im Deutschlandfunk zu hören, 400 Corona-Infizierte bei Müller in Baden-Württemberg und dies stimmt mit den Zahlen der regionalen Zeitungen überein. Wenn man diese Berichte insgesamt verfolgt hat, handelt es sich um ein fahrlässiges Krisenmanagement des Landrates, und von den Kreisräten ist da nicht viel zu hören.

Dann die Folgen in der Verwaltung sowie  fürs Verhältnis zwischen Verwaltung und Bürger. Seit 17. März 2020 ist die Kfz-Zulassungsstelle des Landkreises in Mühlacker geschlossen. Wieder-Eröffnung wann? Kann nicht einmal der Landrat sagen, sagt er auf Kritik. In der virtuellen Sitzung der CDU-Kreistagsfraktion - Videokonferenzen sind seit Corona beliebt im Kommunikationsalltag der Kommunalpolitik - beschäftigten wir uns mit diesen Themen. Die Position der Fraktion zu Müller Fleisch: Das Unternehmen muss die Kosten für die Quarantäne-Unterbringung der infizierten ausländischen Mitarbeiter dem Steuerzahler zu 100 Prozent ersetzen, so unsere Forderung. Und zu den Kfz-Zulassungsstellen ging während der virtuellen Sitzung die Antwort des Landrats ein, die nach unserer Meinung nicht ausreichend war.

Corona und die Folgen: Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Aber für heute reichen die Themen - weitere folgen garantiert (zum Beispiel die Auswirkungen auf die kommunalen Finanzen).  Ist zum Beispiel für den Skandal von Müller Fleisch der Kreistag zuständig? Und müssen wir uns als Kreisräte ständig in der Sache melden? Dazu eine Klärung zur Lage:

Die  Abwicklung dieses Falles fällt in die Zuständigkeit des Kreis-Gesundheitsamtes und damit in den staatlichen Teil der Kreisverwaltung. Der Kreistag hat hier keine Kompetenzen. Im staatlichen Bereich unterliegt die Kreisverwaltung der Kontrolle durch Regierungspräsidium und politisch durch die Landtagsabgeordneten. Uns trifft es dann beim Geld. Deshalb haben wir eine klare Position geäußert. Was richtig und was falsch war, wird man hier später feststellen können, wenn diese ganze Krise vorbei ist. Vieles kam unerwartet und war neu, Erfahrungen lagen nicht vor und man ist auf Sicht gefahren. Es wird eine Zeit geben, in der man sich über Folgerungen aus dieser Krise unterhalten muss. Und in der wir uns - so formulierte es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn - gegenseitig entschuldigen müssen.

Doch vergessen wir nicht: Dass es bis jetzt mit dem Virus in Deutschland so dramatisch  nicht kam wie zuerst befürchtet, bei uns keine so dramatischen Verhältnisse eintraten wie in Italien, Spanien, Frankreich, USA und anderen Ländern. Das sollten wir bei all den sich jetzt verstärkenden Debatten nicht vergessen. Dieser zentrale Erfolg gehört nicht in die Fußnote, sondern in die Schlagzeile.

 

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