Die Nr. 1 der Hybrid-Busse jetzt im Mühlacker Stadtverkehr
Kurz zuvor ging ein Eiskristallregen über dem Stadtzentrum nieder. Da standen sie nun heute Nachmittag vor dem Mühlacker Rathaus: zwei der fünf Volvo Hbyridbusse von Volvo, Typ 7900H, mit leichter weißer schneeähnlicher Schicht überzogen, genauso wie der ganze Kelterplatz. Mit dieser Fünf-Bus-Flotte ist Mühlacker ganz vorne: Im Gebiet des Verkehrsverbundes Pforzheim/Enzkreis (VPE) rollen nur in der Senderstadt die umweltfreundlicheren Typen. Das lobt besonders VPE-Geschäftsführer Axel Hofsäß - damit können wir es mit Städten in der Region Stuttgart aufnehmen. das Mittelzentrum Mühlacker übertrumpft selbst das Oberzentrum Pforzheim.
Die Reden zum Start hielten OB, Stadtwerke-Chef und VPE-Geschäftsführer im warmen Rathausfoyer, bevor die Busse mit ihren Gästen zu einer knapp halbstündigen Rundfahrt starteten. Kapazität der Nummer 1 der Hybrid-Busse (Aussage Volvo): 36 Sitz- und 56 Stehplätze. Stückpreis des 7900H: 305.000 Euro, das Land Baden-Württemberg übernahm jeweils die Hälfte der Mehrkosten, also 45.000 Euro je 240 PS starkem Bus, der Strom und Diesel kombiniert. Damit führten die zahlreichen Beratungen im Aufsichtsrat der Stadtwerke und auch im Gemeinderat über die Vorgaben bei der europaweiten Ausschreibung des Stadtbusverkehrs zu einem Top-Ergebnis.
Wir beschlossen, den aktuellen Standard der Antriebstechnik bei den auf den Linien des Stadtverkehrs eingesetzten Bussen - auch wegen der Umweltzone - fest vorzuschreiben. Zuvor gab es 2018 Testfahrten - mit einem reinen Elektrobus (der nach Lomersheim die Straße nach Großglattbach eher bergan schlich denn fuhr), einem rein mit Erdgas fahrenden Bus und schließlich mit dem Volvo Hybrid, der einen Diesel- und Elektromotor unter der Haube hat. Auf diese Antriebstechnik fiel schließlich die Wahl.
Für zehn Jahre
Im Juli 2017 liefen die Vorarbeiten für ein europaweites wettbewerbliches Vergabeverfahren gemäß der EU-Verordnung Nr. 1370/2007 an. Der Aufsichtsrat der Stadtwerke bereitete die Ausschreibung nur vor, letztlich entschied der Gemeinderat über den öffentlichen Dienstleistungsauftrag der Stadt Mühlacker für den Stadtbusverkehr. Themen in der Kommune mit Umweltzone: Umweltaspekte, Einsatz schadstofffreier oder -reduzierter Antriebstechnik - ein Beitrag zur Luftreinhaltung sollte die neue Busflotte sein. Ein Stadtverkehr, den das örtliche Unternehmen Omnibusverkehr Engel GmbH im Auftrag der Stadtwerke schon bisher betrieb und das sich nun gegen konkurrierende Bieter behaupten musste. Engel schaffte es, erhielt im Juli 2019 für weitere zehn Jahre den Zuschlag.
Noch eine Portion Technik: Der Volvo 7900H hat zwei Motoren: einen EURO VI Dieselmotor mit 177 kW/240 PS und einen Elektromotor mit einer Leistung von 110 kW, der von einer 600 V Lithium-Ionen-Batterie mit elektrischer Energie versorgt wird. Bei Geschwindigkeiten über 20 km/h fährt der Bus im "Hybrid-Parallelmodus" mit Diesel- und Elektromotor. Bis zu einer Geschwindigkeit von 20 km/h - zum Beispiel durch die Bahnhofstraße - ist das Fahren im reinen Elektromodus möglich - aber auch über längere Streckenabschnitte. Danach wird automatisch der Dieselmotor gestartet. Die auf dem Dach verbaute Lithium-Ionen-Batterie wird während der Fahrt immer wieder aufgeladen; der Energie-Schub wird komplett durchs Bremsen auf Gefällstrecken oder beim langsamen Heranfahren an die Haltesteuen gewonnen (Rekuperation). Zwischenladungen an Stromtankstellen oder Nach(t)laden nicht nötig! Volvo sagt: Damit lassen sich 25 Prozent Sprit einsparen.
Ein Viertel weniger Diesel
Die Stadtwerke geben den bisherigen durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch für die gesamte Flotte an mit 39 Liter Diesel auf 100 km, somit 359 Tonnen C02 je Jahr. Diese Rechnung bei einem erwarteten Diesel-Minus von einem Viertel: 30 Liter Diesel auf 100 km, macht 276 to. C02 je Jahr. Einsparung somit 31.500 Liter Diesel je Jahr und somit 83 Tonnen CO2. (Quelle: Stadtwerke Mühlacker)
Nicht gerade häufig mit solchen Verfahren konfrontiert, taten sich Aufsichtsrat, aber auch Gemeinderat nicht immer leicht, zumal sich auch Juristen widersprachen: Die der Stadtwerke dem der Firma Engel - und umgekehrt. Letztlich gelang es aber doch, ein von allen mitgetragenes Ausschreibungspaket zu schnüren.
Ein Attraktivitätsschub
Die Hybridbusse sind ein entscheidendes Ergebnis, das als umweltfreundlich gilt und kostengünstiges Fahren erlaubt. Ein Attraktivitätsschub für den Stadtbusverkehr, der jährlich eine halbe Million Menschen transportiert, durchschnittllich 2000 je Fahrtag auf fünf Linien in Kernstadt, Dürrmenz, Großglattbach und Lomersheim (alle anderen werden von Regionalbussen bedient).
Die Stadtwerke lassen sich diesen öffentlichen Nahverkehr 600.000 Euro pro Jahr kosten, ohne finanziellen Beitrag der Stadt, was auf Dauer wohl nicht mehr so laufen kann. Wenn die Gewinnmargen beim kommunalen Versorger weiter schmelzen, kann diese Leistung nicht ewig kostenlos für den städtischen Etat geboten werden.
In mehr Wohngebiete?
Das Konzept für nachhaltig grünere Städte steckt laut Volvo hinter dem Hybrid. Eine Werbekampagne bietet sich nun an, garniert mit lukrativen
Tarifen. Die modernen Busse machen es möglich. Doch die Fußwege zur nächsten Haltestelle sind mancherorts zu weit. Wir werden deshalb mehr Wohngebiete ins Liniennetz einbinden müssen.
Die Neuheiten
Geplant sind vom 15. Februar 2020 an einige Neuheiten (die SWM brauchen dazu aber noch den Segen des Regierungspräsidiums Karlsruhe):
- Längere Busbedienung am Samstag mit der Linie 102, Verlängerung am Samstag von 15:00 Uhr bis 20:00 Uhr (Bahnhof - Großglattbach)
- Sonntag Busverkehr: Linie 109 ca. 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr Bahnhof- Enzkreis-Kliniken - Mühlhausen; Bahnhof- Enzkreis-Kliniken - Lomersheim - Großglattbach, jeweils im 2-Stundentakt
- Sammelverkehr Mühlacker (SVM) als Ergänzung des Busverkehrs.
- Flexibler und bedarfsorientierter Verkehr mit PKW Mo - Do und Sonntag 20:30 Uhr bis 22:30 Uhr, Fr/Sa. 20:30 Uhr bis 24:00 Uhr.
Wie wär's mit Schnupperfahrten?
Oder der persönliche Hybridbus-Test? Seit wir vor zehn Jahren unseren ersten Hybridbus eingeführt hatten, ist die Hybridtechnologie kontinuierlich weiterentwickelt und verfeinert worden, erklärt Johnny Lidman, Produktmanager Stadtbusse bei Volvo. auf der Webseite seines Unternehmens. Aber auch sonst ging's voran. Durch die Anbindung des Stadtbus Mühlacker an das RBL (Rechnergestütztes Betriebsleitsystem), ist die Fahrplanauskunft in Echtzeit möglich. Alle Fahrzeuge sind über das Internet mit einer zentralen Leitstelle verbunden. Der Betrieb kann in Echtzeit überwacht werden und bei Störungen kann schnell eingegriffen werden, streicht die Firma Engel heraus.
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