Dem Sender noch eine Chance - die allerletzte

2012: Noch stehen alle drei Mühlacker Sendemasten des SWR. Doch der linke Sender fällt bald darauf. Folgt nun der längste Turm unter den übrig gebliebenen zwei?

Mit 15-Ja bei 7 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen stimmte der Mühlacker Gemeinderat heute Abend dem fraktionsübergreifenden Antrag von acht Stadträten aus CDU, LMU, SPD und FDP zum Kaufangebot des SWR für den 273 Meter hohen Sendemasten, sieben Hektar Land und einer Halle zu. Damit soll der Gesprächsfaden zu SWR, Wirtschaftsministerium und Denkmalstiftung Baden-Württemberg wieder geknüpft werden. Der war gerissen, als der Gemeinderat am 10. Dezember 2019 mit einem knappen Nein ablehnte, 60.000 Euro für neue Spannschlösser am Sender zu übernehmen. Damit sollte Zeit gewonnen werden, um offene Fragen zum Kaufangebot des SWR zu klären. Der SWR stellte seinen Abbruchantrag danach wieder scharf, mit der Zustimmung des Regierungspräsidiums Karlsruhe wird gerechnet. Von der Entscheidung heute Abend erhofft sich die Kommunalpolittik ein Signal nach Stuttgart als allerletzte Chance für das technische Kulturdenkmal am Sender.

genügend Zeit will sich die Stadt nehmen: Es sollen nun Antworten gefunden werden auf die noch offenen Fragen. Konkret: Kann sich die Stadt den Erhalt leisten. Dann muss eine endgültige Entscheidung fallen.

Der Beschluss von heute Abend:

1. Die Stadt wird den stillgelegten Mittelwellensender und das 7 Hektar große Gelände übernehmen, wenn nach Abklärung der finanziellen und sicherheitstechnischen Risiken es für die Stadt tragbar ist. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, entsprechende Gespräche mit Wirtschaftsministerium, SWR und einem Fachgutachter zu führen, um die noch offenen Fragen abschließend zu klären. Gleichzeitig sind die versicherungsrechtlichen Fragen jetzt unmittelbar zu klären.

2. Des Weiteren beauftragt der Gemeinderat, nach Vorliegen der endgültigen Zahlen hinsichtlich Sanierung und laufender Unterhaltung des Senders zu einer Geberkonferenz einzuladen, um verbindlich zu klären, welche staatlichen und privaten Stellen (Landesdenkmalamt, Denkmalstiftungen usw.) sich an der Finanzierung in welchem Umfang beteiligen werden.

3. Nach Erledigung der Punkte 1 und 2 bewertet der Gemeinderat, ob die Ergebnisse für die Stadt finanziell tragbar sind, und entscheidet dann abschließend über das Kaufangebot des SWR.

4. Gleichzeitig begrüßt der Gemeinderat bürgerschaftliches Engagement in dieser Sache und will dieses für den Fall der Annahme des Kaufangebots an der Erarbeitung von Nutzungskonzepten beteiligen. Insbesondere begrüßt der Gemeinderat die Spendenaktion des Fördervereins Sender Mühlacker und dessen Bereitschaft, den Betrag von 60.000 Euro für die Spannschlösser zu übernehmen, falls der SWR darauf noch besteht.

Mühlacker, den 28. Januar 2020

Die Antragsteller: Klemens Köberle, Günter Bächle, Jürgen Metzger, Natascha Blattner,Stefanie Seemann, Bernd Obermeier, Christiane Sauter-Pflomm, Matthias Trück, Johannes Bächle

Auch zum Sender: Antwort von Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut, die heute bei mir einging:

Sehr geehrter Herr Bächle,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 12. Dezember 2019, in der Sie auf einen Antrag von Abgeordneten der FDP/DVP-Fraktion zum

Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU)

Sendemast in Mühlacker eingehen.
 
Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich Ihnen erst jetzt antworte, denn ich wollte die Beratungen im Wirtschaftsausschuss des Landtags in dieser Angelegenheit abwarten.

Dem Antrag, der darauf abzielte, das Kulturdenkmal Sendemast Mühlacker zum einem „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ zu erklären und auch die Möglichkeit eines Zwischenerwerbs des Sendergeländes durch das Land in Erwägung zog, ist der Wirtschaftsausschuss am 22. Januar 2020 mit klarer Mehrheit nicht gefolgt.

Ich habe bei der Beratung des Antrags aber nochmals klar zum Ausdruck gebracht, dass das Land mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten – namentlich des Denkmalförderprogramms – der Stadt Mühlacker bei einem möglichen Erhalt des Sendemasts in ihrer Verantwortung zur Seite steht. Auch die Denkmalstiftung Baden-Württemberg hat der Stadt wiederholt Unterstützung zugesagt und die Ausrichtung einer Spenderkonferenz vor Ort empfohlen. Bis Ende Februar 2020 könnten auch im Rahmen des Sonderprogramms IX der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) Förderanträge gestellt werden. Ob der Eigentümer des Kulturdenkmals noch zum Verkauf des gesamten Sendergeländes bereit ist, müsste seitens der Stadt geklärt werden – vorausgesetzt, die Stadt ist an einem Erwerb interessiert.
 
Ich wünsche Ihnen für die anstehenden Beratungen viel Erfolg und Ihnen persönlich zu Beginn des neuen Jahrzehnts alles Gute.
 
Mit besten Grüßen
Ihre
Nicole Hoffmeister-Kraut

Meine Antwort auf den Leserbrief von Rolf Leo (FW):

Herr Leo irrt, wenn er in seinem Leserbrief fordert, morgen den Antrag der CDU zum Sender abzulehnen. Die CDU-Fraktion hat keinen Sachantrag zum Sender gestellt und wird keinen stellen. In der CDU-Fraktion spiegeln sich die unterschiedlichen Meinungen in der Bevölkerung zum Sender-Erhalt wider. Jeder wird so abstimmen, wie er es für sich verantworten kann, wenn es etwas abzustimmen gibt, denn die Verwaltung empfiehlt Kenntnisnahme.  Im Gegensatz zur Fraktion der Freien Wähler sind die Mitglieder der CDU-Fraktion nicht an das Votum ihres Vorsitzenden gebunden.

Herr Leo widerspricht sich, wenn er einerseits in der Gemeinderatssitzung vom 12. Dezember die Hoffnung ausspricht, dass der Antrag des Abgeordneten Erik Schweickert im Landtag eine Mehrheit findet, nun aber allergrößtes Verständnis für die Ablehnung durch den Wirtschaftsausschuss des Landtages äußert.

Herr Leo widerspricht sich, wenn er – zurecht! - die ausgesprochen unterschiedlichen Aussagen der Gutachten zum Sanierungs- und Unterhaltungsaufwand der langen Nadel beklagt, aber gleichzeitig alles tut, um eine Klärung der daraus resultierenden offenen Fragen zu verhindern. Um sachgerecht entscheiden zu können, sollte diese Klärung erfolgen. Aber dann hätte sich möglicherweise die Warnung vor einem Millionengrab in Luft aufgelöst.

Es gehört zu einer sachlichen Betrachtung, die ich in dem Leserbrief des Kollegen vermisse, dass das Gesamtpaket des SWR-Kaufangebots auch sieben Hektar  Land beinhaltet und damit einen seriösen Gegenwert hat. Eine Stadt sollte sich die Chance nicht entgehen lassen, zumindest den Versuch zu unternehmen,  diese Fläche zu erwerben. Das wäre vorausschauende kommunale Grundstückspolitik. Das Areal muss nicht gleich verwertet werden, das kann auch noch eine künftige Generation tun – sie kann dann auch entscheiden, was mit der langen Nadel geschieht.

Besuch der CDU Mühlacker 2015 auf dem Sendergelände (im Bild ein Modell der Anlage)

Ausdrücklich widerspreche ich Herrn Leo, wenn er Sender und die anstehenden Aufgaben der Stadt gegeneinander stellt. Mit der  Ablehnung des Kaufangebots des SWR wird kein Schulraum zusätzlich gestrichen. Der Oberbürgermeister hat verantwortungsvoll verhandelt, zeigte erfolgreich Lösungen zur Finanzierung (Denkmalpflege, Denkmalstiftung, eigene Stiftung zusammen mit anderen) auf, klopfte Risiken ab  – nur die abschließende Klärung blieb ihm, auch durch die Haltung der FW am 10. Dezember, verwehrt. Vielleicht wären nach der Prüfung wir alle zum Ergebnis gekommen, dass das Projekt so finanziell nicht darstellbar ist. Aber den endgültigen Preis hätte nicht nur ich gerne erfahren, um dann verantwortungsvoll entscheiden zu können.  

Herr Leo wollte dies nicht und so hat sein Bekenntnis zum Wahrzeichen der Stadt einen schalen Beigeschmack. Ich könnte als Lienzinger sagen, was soll ich mich engagieren, wenn selbst die Mühlackerer so wenig übrig haben für ihren Sender. Aber das ist mir zu einfach. Es ist auch unser Sender! Es ist auch unsere Stadt, die ihre Entwicklungschancen durch die sieben Hektar Land am Sender nutzen muss!

Günter Bächle, Stadtrat, CDU

Update 29. Januar 2020:

Das Ergebnis der gestrigen Gemeinderatssitzung, die Vorlage und die vom SWR und vom Denkmalamt beauftragten Gutachten wurden nach deren Einverständniserklärung heute auf der Startseite der städtischen Homepage veröffentlicht

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Kommentare

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Oliver Mestenhauser am :

Guten Tag Herr Bächle,
ich bin etwas verwundert, das ich bei den vielen Artikel in den Medien keinen Bezug auf den Leserbrief vom 20.09.2019 Titel " Das Risiko wert ? " finden konnte.
Hier ein Auszug:
"Dann die Idee mit Veranstaltungen. Ich war jahrelang für ein externes Bauunternehmen als Bauleiter im Senderareal tätig. Ich wurde, einschließlich aller Mitarbeiter, jedes Mal über alle Sicherheitsvorschriften aufgeklärt. Hierzu gehörte, dass bei aufkommendem Gewitter alle Grünanlagen verlassen werden mussten, da sich unter dem Rasen ein Gitternetz zur Ableitung von Spannungen befindet. "
Leider konnte mir auch das Internet keinen Einblick in die Sicherheitsvorschriften geben.
Diese sollten allerdings der Stadt Mühlacker als eventueller Käufer vorliegen.
Aus dem Leserbrief kann ich entnehmen das eine Nutzung des Areals sehr eingeschränkt ist. Eine angedachte Nutzung als Wohngebiet mit u.a. spielenden Kindern erscheint mir gelinde ausgedrückt sehr Zweifelhaft.
Auch in Ihrem Weblog konnte ich bisher keinen Bezug zu den Gefahren, welche bei Gewitter von dem Sender ausgehen, erkennen.
Wurden diese Gefahrenshinweise bei den bisherigen Überlegungen überhaupt berücksichtigt ? Ich habe da meine Zweifel.
Eine öffentliche Erläuterung ( MT ) zu den Sicherheitsvorschriften wäre aus meiner Sicht für die öffentliche Meinungsbildung erforderlich.
Ich denke Sie wären da der richtige Mann.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Mestenhauser
Antwort

Günter Bächle am :

Hallo Herr Mestenhauser, Ihre Information ist richtig. Der OB, dem ich diese Frage vorgelegt hatte, bestätigte am Dienstagabend im Gemeinderat Ihre Darstellung. Für mich war es neu. Viele Grüße
Antwort

Günter Bächle am :

Sehr geehrter Herr Mestenhauser, danke für den Hinweis. Dass ist auch eine Frage, die man klären muss. Ich bitte die Verwaltung darum.

Freundliche Grüße Günter. Bächle
Antwort

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