IC-Streichung verpennt oder Mühlacker verliert erneut Anschluss

Seit Dezember fährt der morgendliche Intercity von Karlsruhe nach Stuttgart nicht mehr über Pforzheim - Mühlacker und damit auf der Stammstrecke, sondern über die so genannte Bruchsaler Kurve. Die Folge: Der IC-Halt 5.21 Uhr in Mühlacker fiel weg, ein Zusteigen ist nur in Vaihingen möglich. Die Fahrgäste aus unserer Stadt und dem Umland müssen nun entweder mir dem Auto nach Vaihingen und damit zusätzliche Kosten akzeptieren oder aber mit der Stadtbahn um 5.07 Uhr ab Mühlacker nach Vaihingen und dort 15 Minuten auf dem zugigen Bahnhof warten. Ärgerlich ist das allemal. Für Mühlacker als Bahnknotenpunkt bedeutet dies, dass wir einen weiteren Anschluss verlieren. Wenn wir schon keine Verbesserungen erreichen, dann müssen wir aber auch gegen Verschlechterungen kämpfen und dürfen die Dinge nicht einfach treiben lassen. Die Bahn begründet ihre Entscheidung mit einer zu geringen Auslastung dieses IC - doch wer hat dieses Kriterium daraufhin abgeklopft, ob es zur Beurteilung einer solchen Änderung reicht? Niemand. Die Aussagen sind einfach hingenommen worden.
Bei der regionalen Fahrplankonferenz hatte die Bahn diese Streichung für Mühlacker und Pforzheim angekündigt. Doch die Stadt Mühlacker war nicht vertreten, weil sie vorher zur Auskunft erhielt, sie betreffe keines der Themen. Und der Mitarbeiter des Regionalverbandes Nordschwarzwald hat bei diesem Punkt geschwiegen. Ärgerlich ist das! Ich habe heute die Stadtverwaltung aufgefordert, sich endlich zu wehren und auf eine Rücknahme dieser Entscheidung der Bahn zu drängen.
Denn wer eine teure Jahresfahrkarte mit IC-Zuschlag hat, bekommt in Mühlacker nun erst um 7.37 Uhr die erste Möglichkeit, einen Intercity zu benutzen. Eine Frau schrieb mir zur Wartezeit im Vaihingen: „Es gibt am Gleis bzw. Bahnsteig selbst so gut wie keinen Schutz vor Wind und Wetter, der Weg zum Bahnhofsgebäude selbst ist sehr unangenehm – tunnelartig, duster und zugig – und man kann sich nicht darauf verlassen, dass dort Durchsagen zum Beispiel über Verspätungen erfolgen.“
Ich meine: Mühlacker muss sich entschiedener für seine Pendler einsetzen. Ziel kann es auch nicht sein, sie mit dem Auto nach Vaihingen zu schicken, sondern ihnen in Mühlacker die Zusteigemöglichkeiten zu erhalten. Nachdem auch Pforzheim von der Änderung betroffen ist, sollte der Schulterschluss mit Pforzheim und dem Regionalverband gesucht werden.

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Matthias Lieb am :

Angesichts der schwachen Auslastung des Zuges hatte ich in der Vergangenheit wiederholt den Vorschlag unterbreitet, den Zug bis München durchzubinden, um damit EINE Direktverbindung von PF und Mühlacker nach München zu bekommen und damit den Zug besser auszulasten.

Seitens der DB wurde dieser Vorschlag zwar grundsätzlich positiv aufgenommen - aus Umlaufgründen konnte dies aber nicht realisiert werden. Unabhängig davon besteht aber aus dem IC auch nach der Fahrplanänderung ein planmässiger Anschluß nach München!

Durch die Vorgabe, Privatisierungsfähig sein zu wollen, betreibt der Fernverkehr der DB nur noch Züge mit einer mittleren Auslastung von rund 200 Fahrgästen pro Zug. Der IC um 5:21 ab Mühlacker war nach meiner eigenen Erfahrung (ich habe den Zug für Fernverkehrsfahrten auch beruflich gelegentlich benutzt) mit nicht mehr als 60 Fahrgästen belegt. Ein Grund für diese geringe Auslastung ist natürlich auch die Tatsache, dass dieser Zug ein IC ist und somit nicht mit Verbundfahrscheinen benutzt werden kann.

Deshalb ist für unsere Region die neue Streckenführung über Bruchsal zwar bedauerlich, aber immer noch besser als die Alternative Totalentfall. Durch den Anschlußknoten in Bruchsal (dort hatte man die Züge aus der Region extra auf diesen IC ausgerichtet) erhofft man sich so viel Fahrgäste, dass der Zug dauerhaft erhalten werden kann (schon von 1991 bis 2002 ist der Zug über Bruchsal gefahren - hatte allerdings in Vaihingen Anschluss aus Mühlacker mit damals kurzer Übergangszeit).

Auf der Fahrplankonferenz hatte ich als Einziger darauf hingewiesen, dass im Gegensatz zu den Bemühungen in Bruchsal die Anschlußbeziehung in Vaihinigen mit 15 Minuten zu dieser Uhrzeit ausgesprochen unbefriedigend (hier ist die Schilderung des Fahrgastes sehr zutreffend!) ist und auf Optimierungen gedrängt, deren Prüfung man mir zugesagt hat.

Tatsache ist, dass der Hauptberufsverkehr erst um 6:00 einsetzt. Vor 6 Uhr sind deutlich weniger Fahrgäste unterwegs. Eine Eisenbahn, die aufgrund politischer Vorgaben mit jedem Fernverkehrszug Gewinne machen soll, kann zu dieser Uhrzeit bei einer Streckenführung über PF-Mühlacker nicht genügend Fahrgäste für einen wirtschaftlichen Betrieb anziehen (5:21 ist extrem früh).

Auch die Landesregierung hat zum Juni 2007 sehr viele Frühberufs-Züge aus dem Fahrplan gestrichen (Züge des Nahverkehrs, die nicht eigenwirtschaftlich durch Fahrgeldeinnahmen sind). Auch hier sind viele Pendler betroffen (allerdings nicht bei uns in der Region).

Aus verkehrspolitischer Sicht ist diese Entwicklung zwar sehr bedenklich - denn wer morgens per Bahn nicht ins Büro kommt, fährt abends auch nicht zurück. Doch angesichts dieser Rahmenbedingungen zu glauben, durch einen Protest der Städte Pforzheim und Mühlacker den Zug wieder auf den alten Laufweg bekommen zu können, verkennt die Einflußmöglichkeiten auf den Fernverkehr der DB AG, wenn es um wirtschaftliche Entscheidungen geht.


Angesichte der Ausgangslage ist derzeit nur die Forderung nach einer Verkürzung der Übergangszeit von der Stadtbahn auf den IC in Vaihingen realistisch umsetzbar. Deshalb sollten sich alle Beteiligten hierfür stark machen.

Es ist deshalb grundsätzlich die Frage zu stellen, welche Art von öffentlichem Verkehr wir überhaupt möchten: Soll der Staat im Rahmen der Daseinsvorsorge ein Verkehrsangebot auch zu schwächer genutzten Zeiten vorhalten oder argumentiert auch der Staat nur noch streng nach "Wirtschaftlichkeit" einzelner Züge? Ist es volkswirtschaftlich nicht sinnvoller, ganztägig ein attraktives Angebot zur Verfügung zu stellen (das in Kauf nimmt, dass einzelne Züge nicht voll ausgelastet sind), das aber von der Bevölkerung angenommen wird als am Ende nur noch für den Hauptverkehr wenige Züge anzubieten, die dann möglicherweise gewinnbringend sind, aber die nur noch von vergleichsweise wenigen Fahrgästen tatsächlich genutzt werden können? Diese Frage ist an die Landes- und Bundespolitik zu richten angesichts der derzeit bedenklichen Entwicklungen in der Bahnpolitik bei Bund und Land.


Matthias Lieb
Verkehrsclub Deutschland (VCD)
Landesverband Baden-Württemberg e.V.
Iglauer Straße 24
7417 Mühlacker
matthias.lieb@vcd-bw.de
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