Klare Linie ist anders

Rote Tüte vom OB, Haushaltsplan von der Kämmerin - zur letzten Sitzung des Gemeinderats im Jahr 2019.

Eure Rede aber sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist vom Übel. So heißt es in der Bergpredigt des Matthäus-Evangeliums von 5, 37. Es ist Wunsch nach einer klaren Aussage. Was wir am Dienstag in der letzten Sitzung des Gemeinderats Mühlacker vor Weihnachten erlebten, war gerade ein Zeichen kommunalpolitischen Übels  in einer wichtigen Frage: der gewerblichen Entwicklung des Mittelzentrums.

Soll der mit  23 zu sechs Stimmen gefasste Grundsatzbeschluss des Gemeinderats vom Juli 2017 auf Ausweisung eines 25 Hektar großen Gewerbe- und Industriegebiets (GE/GI) - ohne Standortfestlegung gefasst - aufrechterhalten werden oder steht der im Mai 2019 gewählte neue Gemeinderat mehrheitlich nicht dahinter? Eine Klärung der Lage sollte am Dienstag durch meinen Antrag erreicht werden, spontan gestellt, weil der Gemeinderat Ende November 2019 den Antrag der FDP abgelehnt (8 ja, 15 nein, 2 Enthaltungen) hatte, eine Fläche von zehn Hektar an der Fuchsensteige auszuweisen, nachdem der Regionalplan den rechtlichen Rahmen nur für diesen Standort hergibt.  Zudem bekannten sich die Freien Wähler vor der Gemeinderatswahl zu ihrem Kurswechsel und damit zu ihrem Abschied von der 25-Hektar-Formel - einschließlich der Ende November getroffenen Aussage, notfalls hinzunehmen, dass Betriebe abwandern.

Bei der Entscheidung 2017 war die FW noch ein fester Befürworter der 25 Hektar. Jetzt sagt sie, die Stadt sei „zu arm“, das für ein Gewerbegebiet nötige Gelände zu erwerben, was Jahre dauern würde, und es dann für Millionen von Euro neu zu erschließen. Nach dieser Stellungnahme ihres Sprechers war im Ratssaal erwartet worden, dass die fünfköpfige Fraktion folgerichtig für die Aufhebung des Grundsatzbeschlusses von 2017 stimmen wird. Doch weit gefehlt. Sie enthielt sich! Das wäre so, als wenn ein Autofahrer zuerst nach rechts und dann nach links blinkt, um dann mitten auf der Straße stehen zu bleiben und auszusteigen.

So aber wurde es skuril: Elf Stimmen für die Beibehaltung des Grundsatzbeschlusses, zehn dagegen - und fünf Enthaltungen der FW. Was will sie nun? Klare Linie ist anders. Eine solche haben CDU und FDP pro und die LMU kontra eines neuen Gewerbe- und Industriegebiets. Die FW, so scheint es, orientiert sich an der jeweils aktuellen politischen Wetterlage.  Kopfschütteln herrschte vor im Ratssaal über dieses taktische Spielchen der drittgrößten Fraktion. Hätte sie ihren Worten auch Taten folgen lassen, wäre der frühere Beschluss vom Tisch gewesen. So bleibt er. Auf schmaler Basis, denn nicht einmal die Hälfte der Räte stimmte für ihn. Auch nicht gerade eine Basis für eine Standort-Entscheidung. Das Herumgeeiere geht weiter, sagte der Sprecher der FDP. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

Nachgefragtes Gewerbebauland in Hektar

Somit erfüllte sich auch der Wunsch der Stadtverwaltung nicht. Sie würde einer Aufhebung des Grundsatzbeschlusses jedenfalls einem weiteren bzw. dauerhaften Hinauszögern der Entscheidung, begleitet von regelmäßig wiederkehrenden Untersuchungsaufträgen, vorziehen, wenn tatsächlich der Wille zur Ausweisung einer Fläche mehrheitlich nicht vorhanden ist, hieß es in der Vorlage. Die Verwaltung hätte dann die Möglichkeit, sich Themen zuzuwenden, die im Gremium mehrheits- und entscheidungsfähig sind. Der Gemeinderat erfüllte den Wunsch nicht. Kommentar auf der Verwaltungsbank: Die treiben uns noch in den Wahnsinn! Ein Betrachter von  außen: Es wird immer spezieller bei Euch in Mühlacker. 2019-11-28_Nr_349_2019_Vorlage_GE_Grundsatz.pdf

Zuvor hatte die Stadtverwaltung, wie von der FDP beantragt, den Gemeinderat über das Interesse von Firmen an Gewerbeflächen informiert. Allein aus Mühlacker und der näheren Umgebung seien zwischen Februar 2017 und November 2019 rund 183 Hektar nachgefragt worden; hinzu 154 Hektar aus dem weiteren Umfeld. 114 Anfragen habe es in den knapp drei Jahren gegeben. Die Wünsche aus Mühlacker und seiner Umgebung hätten Grundstücken in einer Größe von 20 bis 15000 Quadratmetern gegolten. Aus dem weiteren Umfeld sei Interesse an 200 bis 500000 Quadratmetern angemeldet worden. 2019-12-03_Nr_357_2019_Vorlage.pdf

Die Nachfrage war groß, fasste die Verwaltung zusammen und meinte,  Mühlacker habe Bedarf an einem 25 Hektar umfassenden Areal für Betriebe. Auch wenn ich einen Teil abziehe, weil  manche Unternehmen parallel in mehreren Gemeinden anfragen, liefern die Zahlen doch den Nachweis des Bedarfs, weshalb ich für die 25 Hektar plädierte und auch stimmte. Unisono mit der - wenn auch hauchdünnen - Ratsmehrheit. Das Stimmverhalten jedes einzelnen ist auch dokumentiert, weil der OB namentlich abstimmen ließ.

Anfragende Firmen

Wie geht es weiter? Niemand weiß es, wir drehen uns wie in all den vergangenen Jahren im Kreis, es sei denn, wir nutzen beherzt die Chancen, die der Regionalplan an der Fuchsensteige bietet. Dass etwas passieren muss, steht für mich eigentlich nicht zur Diskussion. Denn Mühlacker ist Mittelzentrum und sollte zumindest in der Lage sein, seinen bestehenden Unternehmen Flächen anbieten zu können. Die Situation bei der verlagerungswilligen Spedition Craiss hat eindrucksvoll gezeigt, welche negativen Auswirkungen diese Blockadehaltung auch für die gesamte Stadtentwicklung, zum Beispiel im Bereich Wohnen, haben kann, las ich heute in einem Kommentar.

Was geschieht eigentlich, wenn ein Unternehmen anfragt, die Verwaltung aber kein Gelände anbieten kann? Sie sagt ihm ab, den Gemeinderat erreicht die Nachfrage nicht. Wichtig wäre, den Gemeinderat absagen zu lassen, um dort ein Problembewusstsein reifen zu lassen, dass unsere Gewerbeflächen ausverkauft sind. So aber werden die Bedarfsangaben der Verwaltung immer angezweifelt. So auch in der letzten Sitzung vor Weihnachten, bei der zudem der Haushaltsplan 2020 präsentiert wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

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