Dreimal so schnell laden

Schnellladestation mit Speicher aus Nürtingen: Wirklich schnell

Was es in Zukunft braucht sind mehr Schnellladesäulen (>150 KW), schrieb Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Samstag unter meinen Link auf meiner Facebook-Seite, der zu meinem Blog-Beitrag führte über die Welt der kleinen Zahlen mit den aktuellen Daten über die zugelassenen Stromautos im Enzkreis. Der Minister lud auch einen Artikel aus der Nürtinger Zeitung hoch, der belegt, dass mittelständische Firmen erfolgreich an der Problemlösung arbeiten.  

Die Zahl der Ladesäulen und die Ladezeit sind zwei der wichtigsten Punkte für die Akzeptanz der Elektromobilität, wird Untersteller darin zitiert, der mit seinem Dienstfahrzeug, einem Audi e-tron, die Nürtinger Firma ads-tec besuchte und sich von der Leistungsfähigkeit des dort entwickelten Schnellladesystems mit Batteriespeicher überzeugte. Durch den Speicher seien diese Ladesäulen für den Einsatz in Niederspannungsnetzen geeignet und würden diese nicht zusätzlich belasten. Der Speicher lädt mit der verfügbaren Netzleistung auf und gibt sie bei Bedarf „geballt“ ab. Bis zu 320 Kilowatt Leistung sind möglich, womit die gesamte Ladezeit auf unter 15 Minuten verkürzt werden kann, erläuterte Tim Krecklow, Leiter Produktmanagement bei ads-tec. Der Nürtinger Speicherspezialist steht eigenen Angaben zufolge mit dem System in den Startlöchern und bringt es mit Partnern aus Energiewirtschaft und E-Mobilität in den Markt.

Das ist der richtige Weg. Noch keine Technik war bei ihrem Start bis in die letzte Verästelung total ausgereift. Technik entwickelt sich am Besten bei der Anwendung. Das sollte auch von jenen akzeptiert werden, die zum Beispiel bei der Elektromobilität nur die Schwachstellen sehen und damit gleich das ganze System madig machen wollen. Wohlfeile Polemik unter dem Gejohle der Zuschauer statt optimistischem Blick in die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft auch unserer Wirtschaft. 

Natürlich fühlen sich manche ganz pfiffig, wenn sie bei einer Verspätung des E-Mobilisten spitz fragen, ob einem unterwegs der Strom ausgegangen sei. Ich nehme das als liebevoll gemeinte Neckerei.

Mein Leaf, die neue Generation

Als Stromauto-Fahrer  ist man aber selbst auf der Seite der Zweifler, wenn jemand fragt, ob die Fahrt zum und von dem 1200 Kilometer entfernt liegenden bretonischen Urlaubsort mit dem „Stromer“ unternommen worden sei oder mit dem Diesel der Gattin, wobei Letzteres der Fall war. Frankreich verfügt über ein dichtes Netz von Ladestationen. Die Hinweisschilder an Autobahnen auf die nächste Tankstelle zeigen inzwischen fast durchweg das Symbol eines Pkw mit Ladekabel als Information über eine Stromzapfstelle. Aktuelle Daten über die Zahl der Ladestellen pro 100.000 Einwohner fand ich nicht im Netz, bei denen für 2017 schenkten sich Deutschland und Frankreich mit 25 beziehungsweise 24 eigentlich nichts. Doch inzwischen wird aufgeholt. Nun schreitet der Ausbau zügig voran – meldet „Die Welt“ im August.  Im Nachbarland Frankreich etwa ermöglicht es eine großzügige staatliche Förderung Kommunen und Gemeinden, eine ausreichende Zahl an Ladestation auch im ländlichen Raum und an Autobahnen vorzuhalten.

Trotzdem: Bei einer Reichweite von 250 bis 280 Kilometer pro Akkuladung - mehr Personen im Wagen und Gepäck lassen die Reichweite schrumpfen - müsste auf dem Weg in die Bretagne meiner Einschätzung nach alle 200 Kilometer Strom getankt werden. Gefühlsmäßig, nicht gerechnet. Gehen wir von sechs Mal aus. Sechsmal etwa eine Stunde. Sechs Stunden mehr Fahrzeit bei Schnellladestationen mit einer Leistung von 50 kW.  So stehen sie in Mühlacker an Enzstraße, obere Bahnhofstraße und Sankt-Andreas-Straße. Zapfsäulen mit mindestens 150 kW und damit mindestens drei Mal so schnell je Ladung würden die Mehr-Fahrzeit in die Bretagne auf zirka zwei Stunden reduziert - das passt besser ins Pausensystem einer Familie, die bei sechs Stunden rebelliert.

Deshalb: Die Position des Umweltministers ist richtig. Umgesetzt wäre dies für potenzielle Nutzer ein Argument mehr, auf Strom umzusteigen.

 

  • Die Welt der kleinen Zahlen schrieb ich über den Beitrag mit den aktuellen Zahlen der reinen Stromautos im Enzkreis. Anfang Dezember 2018 waren es 271, bis Ende August 2019 erhöhte sich die Zahl auf 408. Ein Plus in neun Monaten von 137 Fahrzeugen oder 66 Prozent. Aber auf niedrigem Niveau.
  • Am Wochenende berichtete der SWR, die meisten zugelassenen Elektroautos gibt es deutschlandweit in München (3.122). Es folgen Berlin mit 2.713, Hamburg mit 2.233 und Stuttgart mit 1.590 E-Autos. Das geht aus den jährlichen Bestandsdaten des Kraftfahrt-Bundesamts zum Stichtag 1. Januar 2019 hervor, so der SWR in seinen Nachrichten. In Baden-Württemberg kommen Karlsruhe (342 Fahrzeuge), Freiburg (315) und Mannheim (263) hinter der Landeshauptstadt. Bundesweit waren 43.800 reine E-Autos privat zugelassen und 39.400 gewerblich. Bei Privatzulassungen liegt Berlin mit 952 vorn.

Was es sonst noch gibt:

Gibt es eine deutschsprachige Expertenblase, die Propaganda gegen Elektrofahrzeuge verbreitet? Diese Frage stellt sich Auke Hoekstra, Senior Advisor für Elektromobilität an der Techischen Universität Eindhoven und Gründer von ZEnMo simulations.

Nachdem man den mittlerweile 10.000sten StreetScooter in der DHL-Paketzustellung in Betrieb genommen hat wird es Zeit ein Fazit zu ziehen. Hier der Link dazu.

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