Tübinger Erklärung oder Wettbewerb braucht Stadtwerke

Anreizregulierung ist ein Wort, das einen nicht gerade vom Hocker reisst. Doch der Vorgang selbst ist für Energieversorger und Kunden wichtig. Die Regelungen bringen nicht nur einen Haufen Papier und schaffen zusätzliche Bürokratie, sie gefährden auch die Existenz kleinerer und mittlerer Stadtwerke. Wenn aber ein Teil der 800 Stadtwerke in Deutschland vom Markt verschwindet, haben die vier Großen - Vattenfall, RWE, EnBW und Eon - noch mehr Macht und Marktanteile. Die Anreizregulierung unter dem Dach der Bundesnetzagentur ist vom Bundesrat Anfang November beschlossen worden. Was wundert: Die Vertreter von Rheinland-Pfalz unter Ministerpräsident Kurt Beck fehlten, sie waren bei diesem Punkt schon abgereist. Warum wohl?

Die Regelungen sind freundlich gegenüber den vier Großen. Und wie geht es den Stadtwerken als kommunale Anbieter? Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer sagt das so: "Der Wettbewerb in der Versorgungsbranche wird durch die Schärfe der Verordnung nicht gefördert, sondern gefährdet, da die kleinen und mittleren Stadtwerke Gefahr laufen, zu Tode reguliert zu werden." Heute gab es für Vertreter der Stadtwerke aus dem Land in Tübingen eine Informationsrunde der Energie-Partner Süd, zu denen auch die Stadtwerke Mühlacker gehören. Ergebnis: Ein Riesenberg von Papier, den der Verordnungsgeber - die Bundesregierung - produziert hat. Die Regulierung soll vom 1. Januar 2009 an greifen und betrifft den Netzbetrieb. Doch nur etwa 30 Prozent der Kosten der Versorger betreffen das Netz, 40 Prozent des Strompreises hat der Gesetzgeber durch Steuern und Abgaben selbst produziert, ohne daran auch nur zu rütteln.

Die Anreizregulierung fürs Netz soll es richten. Doch sowohl die Ertragskraft als auch die Wettbewerbsposition der Stadtwerke werden dadurch stark geschwächt. Ob am Ende ein Teil der Stadtwerke in Deutschland auf der Strecke bleibt, wird sich zeigen. Doch wenn kommunale Versorger vom Markt verschwinden, wird es nicht mehr, sondern weniger Wettbewerb geben. Deshalb wurde heute eine Tübinger Erklärung veröffentlicht, die es hier zu lesen gibt: TuebingerErklaerung.pdf

Mehr Wettbewerb durch mehr Bürokratie und mehr Kosten? Das passt nicht zusammen. Wettbewerb entsteht, wenn viele Anbieter auf dem Markt sind und die Kunden auch zu den Günstigen wechseln. Dazu muss man nur vergleichen, zum Beispiel bei www.energieverbraucherportal.de Versuchen Sie es mal!

Übrigens: Boris Palmer hatte heute einen starken Auftritt. Kompetent und gut informiert war der OB, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke Tübingen ist. Dies sei ja schon wie chinesische Planwirtschaft, meinte er trocken. Und traf den Nagel auf den Kopf.

Für die Stadtwerke Mühlacker dabei: Von links die Aufsichtsräte Günter Bächle, Marga Kucher und Rolf Leo sowie Geschäftsführer Jürgen Meeh, stehend Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer

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