NO2-Messstation an der B10 in Mühlacker: Frag doch mal die LUBW

Im O-Ton: Die Verpflichtung zur Grenzwerteinhaltung für Feinstaub PM10 und Stickstoffdioxid (NO2) ergeben sich aus der Luftqualitätsrichtlinie der Europäischen Union (Richtlinie 2008/50/EG) und deren Umsetzung in nationales Recht im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Für Feinstaub PM10 gelten 40 µg/m³ als Jahresmittelwert und 50 µg/m³ als Tagesmittelwert bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr. Für Stickstoffdioxid (NO2) gelten 40 µg/m³ als Jahresmittelwert und 200 µg/m³ als 1-Stunden-Wert bei 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr. So die amtliche Erläuterung. Eine der Messstationen steht an der Stuttgarter Straße (B10) in Mühlacker.

Zuerst gab es Überschreitungen beim Feinstaub, doch das ist aktuell kein Thema mehr. Aber das erlaubte Limit bei Stickstoffdioxid wird seit Jahren übertroffen, was letztlich zur Einrichtung einer Umweltzone führte, mit all ihren Auswirkungen bis hin zu eventuellen Fahrverboten für besonders schmutzige Dieselautos.

Jetzt gerät der Grenzwert 40 µg/m³ als Jahresmittelwert bei NO2 in die Kritik. 100 Lungenfachärzte haben jetzt ein Positionspapier unterzeichnet, das die Gesundheitsgefahr durch Stickstoffdioxid (NO2) anzweifelt und eine Überprüfung der Grenzwerte fordert. Darunter: Der aus Mühlhausen an der Enz stammende Professor Dr. Martin Hetzel von der Lungenfachklinik in Stuttgart. Er hält die vergiftete Debatte für "reine Panikmache". Dazu äußert sich auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Denn der 57. Deutsche Verkehrsgerichtstag empfiehlt eine Überprüfung der Grenzwerte für Stickoxide.

Dicke Luft, aber kein Brennpunkt?  Mühlacker geriet letztlich nicht ins Visier der richterlichen Fahrverbot-Erzwinger.Und die jetzt vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg vorgestellten Werte für 2018 taugen dafür schon gar nicht.  Zwar geht im Icon für Mühlacker auf einer Übersichtskarte der LUBW der (rote)  Daumen bei Stickstoffdioxid weiterhin nach unten wegen Überschreitung, der (grüne) Daumen für Feinstaub nach oben wegen Einhaltung des Grenzwertes. Allerdings verweist die LUBW bei Mühlacker auf  die eingeschränkte Aussagekraft - der Hinweis bei den Stickstoffdioxid-Angaben: **  Straßensanierung in 2018, geringeres Verkehrsaufkommen am Standort.

Bei fast halbjährigen Vollsperrrung der B10 wegen Belags- und Leitungsarbeiten schafft Mühlacker, diee Grenzwerte zu unterschreiten: Diese Spotmessstelle registrierte 2018 exakt 33 µg/m³. Damit ist der Grenzwert von 40 µg/m³ unterschritten. Spannend wird die Entwicklung 2019. Spitzenreiter 2018 ist der Brennpunkt Nummer eins mit bundesweiter Bekanntheit: Stuttgart Neckartor mit 71 µg/m³. Schlusslicht Remseck Remstalstraße 29 µg/m³.

Wann wirken sich die vom Bund finanziell geförderten Maßnahmen aus dem Programm "Saubere Luft" in Mühlacker positiv aus? Die Frage lässt sich noch nicht beantworten. Die Elektrofahrzeuge für die Stadtverwaltung, die Berlin mit 300.000 Euro  bezuschusst, sind bis jetzt nicht einmal bestellt. Zwei auf vier Jahre angelegte Stellen, die der Bund zur Hälfte finanziert, sind zwar besetzt und die Mitarbeiter nahmen im Rathaus ihre Arbeit auf, aber sie können den Hebel nicht auf einmal umlegen. Mühlacker hat also noch ein Problem. Wie lange, ist offen.

 

Was sagt nun die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg zu den Mühlacker Werten? Ist mit den 2018er Werten die Umweltzone hinfällig? Ich habe nachgefragt. Die Antworten:

I.

Die in der Tabelle „Auswertung Stickstoffdioxid vorläufige Jahresmittelwerte 2018“ aufgelisteten Werte stellen die über das Jahr 2018 mittlere Belastung durch Stickstoffdioxid dar, das heißt die aktuell ermittelte Konzentration von 33 µg/m³ ist der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid für 2018 - allerdings unter Berücksichtigung der noch fehlenden Daten und abschließenden Plausibilisierung.

II.

Der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ im Jahresmittel ist somit mit den gemessenen 33 µg/m³ am Standort Mühlacker Stuttgarter Straße für das Jahr 2018 eigentlich eingehalten. Allerdings sind die Messergebnisse für das Jahr 2018 aufgrund des Baustelleneinflusses im Rahmen der Straßensanierung und des damit verbundenen geringeren Verkehrsaufkommens nicht mit den Messergebnissen der Vorjahre vergleichbar (siehe auch Hinweis unter der Tabelle). Die immissionsschutzrechtliche Auswirkung muss die zuständige Stelle beantworten (RP Karlsruhe). Die Messungen werden seitens der LUBW im Jahr 2019 fortgeführt.

III.

An den Messstationen, an denen Stickstoffdioxid mit kontinuierlich anzeigenden Messgeräten gemessen wird, ist die Überprüfung des einzuhaltenden Kurzzeitgrenzwertes von 200 µg/m³ (1-Stundenmittel) möglich. Die zulässige Anzahl an Überschreitungen im Kalenderjahr beträgt 18 und wurde im Jahr 2018 an keiner Messstation im Land Baden-Württemberg überschritten. Am Messstandort Mühlacker Stuttgarter Straße wird Stickstoffdioxid allerdings mittels Passivsammler erfasst, so dass hier nur Jahresmittelwerte angegeben werden können, anhand derer der Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ (Jahresmittelwert) überprüft werden kann.

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