Innovation 2018: Enzkreis mitten drin im Mittelfeld, Pforzheim schneidet mies ab
Zahlen, nichts als Zahlen. Ihr Ergebnis: der Innovationsindex 2018. Maximal 100 Punkte sind drin. Das wäre ein Megasuperleistung, die jedoch keiner der 44 baden-württembergischen Stadt- und Landkreise erreicht. Mit 73,3 Punkten ist der Landkreis Böblingen die Nummer eins. Dem Enzkreis reicht es mit einem Wert von 27,2 zu einem dürftigen mittleren Platz (dem 25.). Ganz mies schneidet die Stadt Pforzheim mit 16 Punkten und dem 41. Platz ab, weit abgeschlagen unter den Großstädten. Während dem Enzkreis immerhin eine konstante Entwicklung bescheinigt wird, weist der Trend für Pforzheim nach unten.
Unter den 12 Regionen des Südweststaates ist Nordschwarzwald das Schlusslicht. Nicht nur das aktuelle Innovationsniveau zählt, sondern auch die -fähigkeit. In 16 Kreisen ermittelten die Statistiker für 2008 bis 2018 einen positiver Trend (darunter Ludwigsburg und Böblingen), für neun Kreise einen negativen in puncto Entwicklung der Innovationsfähigkeit (unter anderem Pforzheim). 19 Kreise treten wie der Enzkreis in all den Jahren auf der Stelle. Kreise mit einem Wert von mehr als 50 bilden die Spitzengruppe. Das sind 6 (Böblingen, Heidelberg, Bodenseekreis, Stuttgart, Ulm und Ludwigsburg). Im Vergleich zu 2016 blieb damit die Zusammensetzung der Spitzengruppe identisch, jedoch kam es zu Verschiebungen bei den Rangplätzen. Heidelberg und der Bodenseekreis verbesserten sich je um einen Platz und verdrängten den Stadtkreis Stuttgart auf Rang 4. Das Gros der Stadt- und Landkreise (28 Stück) liegen mit 20 bis 50 Punkten im Mittelfeld (mittendrin der Enzkreis). Wer weniger als den Wert 20 schafft, ist wie Pforzheim in der Schlussgruppe. Landesweit reicht die Spanne vom Kreis Böblingen (73,39) bis zum Kreis Waldshut, der mit 10,4 die rote Laterne hält. Der durchschnittliche Indexwert für Baden-Württemberg: 37,5.
Welches Gewicht hat dieser Innovationsindex? Das Statistische Landesamt in Stuttgart sammelt dazu Daten, die aus verschiedenen Quellen stammen: Stifterverband Wissenschaftsstatistik, Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, Deutsches Patent- und Markenamt, PATON Landespatentzentrum Thüringen, Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“, Arbeitskreis „Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder“, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, eigene Berechnungen. Allein die Liste zeigt, welche Indikatoren in einen von den Statistikern offengelegten mathematischen Prozess einfließen: Zum Beispiel die Zahl der Patentanmeldungen, das Bruttoinlandsprodukt, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in industriellen Hochtechnologiebranchen und insgesamt, aber auch in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen, Existenzgründungen in Hochtechnologie, Zahl der Einwohner von 21 bis unter 60 Jahre.
Beispiel Heidelberg: Grund eines negativen Verlaufs war im Zeitraum 2008 bis 2016 ein Rückgang bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) und den Patentanmeldungen. Inzwischen konnte hier der Stadtkreis aufholen und liegt wieder in etwa auf dem Niveau der Berechnung 2008.
Das schlechte Zeugnis, das die Statistiker der Region Nordschwarzwald ausstellen, kommt so überraschend nicht. Eine Region mit dem schwächelnden Oberzentrum Pforzheim, das den Wert noch tiefer in den Keller reist. Die Innovationsstätte Hochschule Pforzheim ändert daran wenig. Was macht bei ihr die Forschung aus? Die anderen Kreise der Region liegen wenigstens im Mittelfeld: Der schon erwähnte Enzkreis mit 27,2 Punkten, Calw mit 19,3 und Freudenstadt mit 23,4 - alle drei immerhin konstant.
Eigentlich ist die Nachricht keineswegs neu: Ein vergleichsweise hoher negativer Pendlersaldo, also einen Auspendlerüberschuss, ist immer noch für die Region Nordschwarzwald das Kennzeichen. Die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen liegen deutlich unter dem Mittel. Ziel der Regionalplanung müsse es gerade im Nordschwarzwald sein, mehr Jobs vor Ort in der eigenen Region zu schaffen, auch um Umwelt und Verkehrswege zu entlasten, so hieß es schon 2002/05 bei der Aufstellung des Regionalplanes 2015 in dem Arbeitskreis des Regionalverbandes, dem ich als Regionalrat angehörte. Das Umsteuern gelang nur sehr mäßig, die Wertschöpfung in der eigenen Region ist noch lange nicht so wie bei den Nachbarn in Böblingen und Ludwigsburg.
Taugt der Innovationsvergleich? Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit - alle Not kommt vom Vergleichen, meinte der dänische Philosoph Søren Kierkegaard. Sein französischer Kollege, der Aufklärer Montesquieu, wusste auch, warum: Man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. Und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind.
Bisher liegt kein geschlossener, allgemein gültiger Innovationsansatz beziehungsweise keine allgemein akzeptierte Begriffsdefinition vor, sagt Professor Dr. Dieter Specht von der BTU Cottbus. Der Wunsch nach Innovation treibt Wirtschaft und Wissenschaft an. Welche Innovationen brauchen wir - und welche nicht? Und was treibt uns an, immer wieder neue Ideen zu entwickeln, frägt die Süddeutsche Zeitung. Der Duden bietet eine ganze Spannbreite von Deutungen.
Also, was wollen uns die Statistiker durch ihren Index sagen? Die durchschlagende Antwort bleiben sie schuldig. Sagen wir einfach: Sie meinen die Kraft, Neues zu (er)finden, das sich wirtschaftlich positiv auswirkt. So gesehen bieten sie immerhin ein Streiflicht, das uns den Weg verrät: mehr Patente, mehr Hochtechnologie, mehr Forschung, mehr Wissenschaft, mehr Menschen im (wirtschaftsaktiven) Alter. Nichts zählt dabei die Schönheit unserer Landschaft, die unser Markenzeichen ist und die den Forschern & Co die Chance zum Erholen bietet, auf dass sie mit Elan wieder schöpferisch tätig werden können - in anderen Regionen. Weshalb eigentlich nicht bei uns. Aber das ist nur ein Aspekt.
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