Von Laden zu Laden und gleichzeitig laden
Kunden könnten, während sie in der Stadt einkauften, ihr Auto aufladen und müssten in dieser Zeit keine Parkgebühren bezahlen, schwärmte Stadtwerke-Geschäftsführer Roland Jans vor elf Monaten an der neuen Schnellladestation der Stadtwerke (SWM) an der oberen Bahnhofstraße in Mühlacker. Allerdings kostet eine Ladung sechs Euro an der Wechsel- und zwölf Euro an der Gleichstromstation – pauschal, unabhängig davon, wie viel getankt wird. Bezahlt werden kann kinderleicht auch mit EC- oder Kreditkarten. Mein Test gestern erfolgt notgedrungen.
Denn er ist seit Donnerstag da: mein neuer Nissan Leaf. Schicker, schneller (150 statt 106 PS), mit längerer Reichweit - 80 bis 100 Kilometer mehr dank 40- statt 30-kW-Akku, zudem technisch mächtig fit. Nur: Das Ladekabel meiner in der Garage angebrachten Wallbox passt nicht mehr. Ist ein Typ-1-Stecker für Wechselstrom, jetzt ist Typ 2 für Wechselstrom gefragt, daneben wie bisher ein CHAdeMO-Stecker für Gleichstrom. Doch die neue Wallbox konnte nicht rechtzeitig montiert werden.
Da fielen mir wieder die Worte des SWM-Chefs ein.Von Laden zu Laden und gleichzeitig laden. Nur noch 13 Prozent Saft in der Batterie, als ich gestern Vormittag bei Regen den CHAdeMO-Stecker reindrücke. Die EC-Karte ins Terminal und schon blinkt's Blau hinter der Windschutzscheibe, fließt somit der Strom. Danach zu Fuß die Bahnhofstraße runter zu Reinigung, Apotheke, Sparkasse und Buchhandlung, unterwegs ein kurzes Schwätzchen. Als ich zurück am Auto bin, steht die Batterie auf 87 Prozent. Die Pauschale lockt, den Akku möglichst zu füllen. Bei 98 Prozent breche ich ab, verschenke die restlichen zwei Prozent. Exakt 32,04 Kilowattstunden in einer Stunde und 16 Minuten und 22 Sekunden. Reichweite 260 Kilometer statt 38 vor dem Zapfen.
Mein zweiter Stromer. Mehr als 46.000 Kilometer in gut 33 Monaten legte ich mit meinem ersten Leaf zurück. Ohne Pannen. Immer zuverlässig. Vom Outfit allerdings etwas bräsig. Von mir gibt es gute Noten für den 30-kW-Leaf. Ich jedenfalls war sehr zufrieden mit ihm. Sichtbar verbessert hat sich in diesen knapp drei Jahren vor allem die Ladeinfrastruktur, auch wenn noch manches zu tun ist. Doch es geht voran. Unabhängig vom Stromnetz: Speicherbasierte Schnelllader erobern den Markt - immer höhere DC-Ladeleistungen sorgen zwar für mehr Komfort im Elektroauto, fordern aber auch die Stromnetze heraus. Eine Lösung sind Schnelllader mit integrierter Pufferbatterie. Welche Vorteile sie mitbringen und ob sie die Verteilnetze entlasten können, analysiert Michael Nallinger.E-Mobilität mit Kohle-Strom? Wie sieht die Öko-Bilanz aus? Die Tabellen am Schluss einer ADAC-Studie zeigen, dass Elektrofahrzeuge, die mit Ökostrom geladen werden, bei weitem klimafreundlicher sind als alle anderen Antriebe im Vergleich. Das E-Auto amortisiert sich praktisch immer, im Hinblick auf den CO2 Ausstoß. Aber man sieht auch, dass die Stromerzeugung aus Kohle-Strom die Klimafreundlichkeit natürlich massiv mindert. Selbst dann bleiben Elektroautos, nach den Zahlen der Studie, in Summe am saubersten.
Volkswagen zieht nach. Der oberste Produkt-Stratege des Volkswagen-Konzerns Michael Jost verkündete auf dem Handelsblatt Auto-Gipfel: Im Jahr 2026 beginnt der letzte Produktstart auf einer Verbrennerplattform. Der Konzern sehe seine Zukunft im Elektroantrieb. Jost verweist dabei auf das Pariser Klimaabkommen von 2015, das für 2050 eine klimaneutrale Gesellschaft vorsieht, in der die Kohlendioxid-Emissionen eingedämmt werden und die Erderwärmung bei zwei Grad stoppt. Wir bekennen uns zum Abkommen von 2015, betonte Chefstratege Jost. Auch Kias Zukunft ist elektrisch. Nächster Schritt auf dem Weg dahin ist das Modell e-Niro, das die Maße eines Kompaktwagens mit der Reichweite eines großen E-Fahrzeugs kombiniert.
Stromautos sind längst mehr als nur Stadtautos, zu denen sie gerne verniedlicht wurden. Mit einem vom Autohaus Walter zur Verfügung gestellten Hyundai Kona hat mein Kreistagskollege und E-Mobil-Pionier Thomas Knapp aus Mühlacker zusammen mit seinem Geschäftspartner Walter Franz samt Team aus familiärem Umfeld am weltweit ersten Ausdauerwettbewerb für Elektroautos in der Motorsport-Arena im Oschersleben (Sachsen-Anhalt) teilgenommen – und dies mit nicht erwartetem Erfolg. Die Aufgabe: Innerhalb von 24 Stunden die größtmögliche Zahl an Runden auf dem Motodrom zu absolvieren und dies unter Berücksichtigung der mehrfach erforderlichen Pausen zum Laden der Batterie. Das Unomondo-Team, benannt nach der Firma von Knapp, schaffte aus dem Stand heraus den zweiten Platz. Die vier Fahrer aus Mühlacker kamen insgesamt auf 486 Runden, entsprechend rund 1200 Streckenkilometern, steht in der Zeitung.
Der damalige Ratskollege Knapp war es, der eines Tages im Spätherbst 2015 anrief: So ein Stromauto wäre doch auch etwas für Dich. Das Thema elektrisierte mich. Seit März 2016 bin ich deshalb elektrisch unterwegs mit zunächst durchaus gemischten Erfahrungen, die aber immer besser wurden. Jedenfalls nahm ein Schwarzer von einem Roten einen Tipp an, der zündete.
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