Gescheitert am Konzept

Im September 2018
Mitte November 2018
Genau 162 Treffer zeigt der elektronische Sucher meines Blogs beim Stichwort Mühlehof an. Gut jeder zehnte Tagebucheintrag galt dem verkupferten Koloss in de Stadtmitte von Mühlacker. Er hat sich als Themen-Schwerpunkt gehalten, geht damit jetzt sozusagen in die Endrunde.  Bis Weihnachten soll das Gebäude  weg sein. Den ersten Blog-Text zum Problemobjekt schrieb ich am 25. November 2005:  Im öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung sollten zuerst schöne neue (Umbau-)Pläne für den Mühlehof vorgestellt werden, um dann hinter verschlossenen Türen Fragen der Vertragsgestaltung mit der Firma Echo GmbH aus Berlin zu besprechen. Erinnern Sie sich noch? Bis 2011 gehörte danach alles, gewerblicher und kultureller Teil, der Echo GmbH. Die schönen Pläne blieben nur auf dem Papier. Damals schon sahen manche im Abbruch die einzig vernünftige Lösung. Ich gehörte nicht dazu. Erst als Echo 2011 den Kaufvertrag mit der Stadt rückabwickelte und der gesamte Komplex nun gegen einen Euro Kaufpreis an die Kommune als neuem Eigentümer wechselte (bis 2005 hatte nur der Kulturbereich der Stadt gehört), danach ein Gutachten über eine notwendige Sanierung mit geschätzten notwendigen Aufwendungen von rund 30 Millionen Euro endete, wuchs in einer breiten Öffentlichkeit die kontroverse Debatte - entweder sanieren oder abbrechen. In einem von der Stadt eingerichteten Internetforum und einer Bürgerversammlung hatten die Abbruch-Befürworter knapp die Nase vorn. Ich sah auch keine andere Möglichkeit, stimmte dann für die Beseitigung der Immobilie. Trotzdem: Es gibt eine rationale und eine emotionale Seite. Rational halte ich den Abriss für richtig, emotional tue ich mir schwer damit. Freude fühlt sich anders an, auch wenn nun das verwirklicht werden soll, was ich vor dem Bau des Mühlehofs vor knapp 40 Jahren für den richtigen Weg ansah, wie der Großteil der damaligen CDU-Ratsfraktion auch: Eine reine Stadthalle zu bauen und kein Kombi-Objekt mit Kultur oben, Käse unten. Der Mühlehof scheiterte letztlich an seiner Struktur, an der Mischung von öffentlichem (Kultur) und privatem Eigentum (Kommerz), zu dem dann noch das Gemeinschaftseigentum mit dem Einstimmigkeitsprinip als dritter Ebene kam. Am gesamten Konzept. Wenn der Private - wie hier - finanziell zu schmal aufgestellt ist, geht zeitweise nichts mehr, wird nicht genügend investiert, nur wenig erneuert. Der Kern des Niedergangs: Stillstand gehört zur Geschichte des Mühlehofs. Eine Geschichte, die aufzuarbeiten wäre. Und aus der die jetzigen Entscheidungsträger die richtigen Konsequenzen ziehen müssen. "Gescheitert am Konzept" vollständig lesen

Forschungsobjekt Mühlacker

Mühlacker war dabei, zusammen mit bundesweit acht anderen Kommunen: Germersheim, Goslar, Ilmenau, Michelstadt, Saarlouis, Steinfurt, Weißenfels und Zittau. Sie alle Kommunen mit relativ hohem Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund, machten mit beim Forschungs-Praxis-Projekt "Vielfalt in den Zentren von Klein- und Mittelstädten – sozialräumliche Integration, städtische Identität und gesellschaftliche Teilhabe", das das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) von Juli 2015 an drei Jahre lang bearbeitete. Trotz einer Information im Gemeinderat lief aber alles in Mühlacker kaum in der Öffentlichkeit ab, die Arbeitssitzungen blieben eher im fachspezifischen Rahmen. Jetzt erschien in der Edition Difu der Ergebnis-Band.  Sein Inhalt bietet wissenschaftliche Beiträge, Essays und persönliche Positionierungen. Sie berücksichtigt theoretisch-konzeptionelle Überlegungen zu Integration und  Stadtentwicklung ebenso wie Fragen der alltäglichen Praxis kommunaler Stadtentwicklungspolitik und Integrationsarbeit. Im 364 Seiten dicken  Buch taucht Mühlacker 56 Mal auf.

Das Projekt startete mit folgender Annahme: Maßnahmen zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Integration können positive Entwicklungsimpulse für die Stabilisierung von Innenstädten/Zentren gerade in jenen Kommunen auslösen, die innerstädtische Funktionsmängel aufweisen. Vor allem an Akteure aus der Stadtverwaltung waren gefragt, zweimal auch die Gemeinderatsfraktionen.

Aus der Ergebnis-Sammlung: Der mit Abstand höchste Anteil an Migrantinnen und Migranten findet sich mit 58,1 Prozent in Germersheim. Der überdurchschnittlich hohe Anteil erklärt sich zum einen durch die industriell geprägte Wirtschaftsstruktur (Binnenhafen, Logistikstandort). Zum anderen ist Germersheim ein Universitätsstandort für Translationswissenschaften. Ein ebenfalls vergleichsweise hoher Anteil an Personen mit Migrationshintergrund ist in Mühlacker vorhanden (36,5 Prozent). Die Forscher sehen in der industriell geprägten Wirtschaftsstruktur die Ursache für den hohen Zuwandereranteil.

Für Mühlacker ist, so ist zu lesen, ein recht hoher Anteil an Zuwanderern aus Westeuropa (6,2 Prozent) kennzeichnend; Germersheim, Michelstadt und Mühlacker haben zwar relativ hohe Bevölkerungsanteile an Zuwanderern, aber eine deutlich geringere Segregation, also weniger Ungleichverteilung über die Gesamtstadt. In mehreren Kommunen ragen einzelne Stadtgebiete  mit einem besonders hohen Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund heraus: In Mühlacker, Germersheim und Michelstadt liegt in den Wahlbezirken der maximale Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund bei über 50 Prozent. Rechnet man die Gebiete mit einem Anteil von über 30 Prozent hinzu, so weisen mit Ausnahme von Zittau alle Projektkommunen mindestens einen Wahlbezirk auf, in dem ein Drittel oder mehr der Bevölkerung einen Migrationshintergrund hat. Daraunter ist der Wahlbezirk Rathaus Mühlacker - mit einer Wahlbeteiligung von 22 Prozent bei  der Gemeinderatswahl 2014.

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Abgleich mit dem Ziegeleiareal: Zu lange in der Schwebe

Ergebnisse der Studie in Stuttgart vorgestellt
Zugegeben, der Titel der Studie ist sperrig: Erfolgsfaktoren für Wohnungsbauvorhaben im Rahmen der Innenentwicklung von dynamischen Städten. Heute wurden die Ergebnisse des 2015 gestarteten Forschungsprojekts bei einer Regionalkonferenz in Stuttgart von Vertretern des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) vorgestellt. Das Bonner Institut Quaestio hat im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und des BBSR in einer bundesweiten Studie 13 Wohnungsbauvorhaben in sechs Kommunen analysiert.
Im Fokus der Studie stand die Frage, vor welchen Herausforderungen Kommunen und Vorhabenträger in der Innenentwicklung stehen und wie diese überwunden werden können.  Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Stetiger Zuzug sowie steigende Miet- und Kaufpreise stellen Bund, Länder und Kommunen vor große Herausforderungen. Ziel der Bundesregierung ist es daher, die Rahmenbedingungen für mehr Wohnungsbau zu verbessern: Wir wollen 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen lassen und den Bestand an bezahlbaren Wohnraum sicherstellen, schreibt Gunther Adler, Statssekretär im Bundesministreium für Inneres, Bau und Heimat, der bei der Tagung sprach, im Vorwort zum 101-seitigen Heft.
Merkmale der 13 Fallstudien:  Überwiegend handelt es sich um vorher gewerblich genutzte Areale (zum Beispiel Industrie, Einzelhandel, Büro). Daneben findet sich eine weitere bunte Palette der vorherigen Nutzung: Bahnanlage, Streitkräfteamt, Feuerwehrschule, Krankenhaus. Auf den Flächen stattdessen geplant: Bauprojekte mit 30 bis 600 Wohneinheiten. Öffentlich geförderte Wohnangebote entstehen in sechs der analysierten Projekte, teilweise in Form von speziellen Angeboten für Senioren oder für Menschen mit Behinderungen.
Damit lassen sich die 300 Wohneinheite gut vergleichen, die bei uns in Mühlacker auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei gebaut werden sollen und bei dem die Öffentlichkeit den Eindruck hat, dass es nicht richtig vorangeht. Eigentlich sollten die ersten Wohnhäuser schon in die Höhe wachsen, doch wir sind weit davon entfernt. Wie sah es bei den 13 Fällen in der Innenentwicklung aus, die untersucht worden sind? "Abgleich mit dem Ziegeleiareal: Zu lange in der Schwebe " vollständig lesen