Zweimal zwei war richtig

An den Farben werdet ihr sie erkennen: Orange für die eine, Gelb für die Zwillingshalle

Seit Mühlacker mehr als 20.000 Einwohner zählt, ist sie Große Kreisstadt (1973), hat mit Frank Schneider inzwischen den vierten OB. Als gehöre zu einer gelungenen Amtszeit der Bau einer Sporthalle, können drei der vier Oberbürgermeister ein solches Projekt vorweisen:  Gerhard Knapp die Enztalsporthalle, Klaus Schönfeld die Turnhalle an der Reichmannstraße und Frank Schneider die Sporthalle im Lindach, die gestern eingeweiht wurde. Fehlanzeige nur bei Arno Schütterle. Dabei war seit den neunziger Jahren von Schulen und Vereinen der eklatante Mangel an Hallenkapazitäten in der Kernstadt beklagt worden. Ein erster Schritt für den Abbau gelang ums Jahr 2000 mit der Turnhalle an der Reichmannstraße. Dann folgte die große Pause, bis 2008 Pläne vorlagen, auf dem Schulgelände im Lindach - von Schillerschule und Realschule - eine teilweise unterirdische Halle zu bauen, wodurch die Pausenhoffläche der beiden Schulen eingeschränkt worden wären. Zum Glück scheiterte die Realisierung an der heraufziehenden weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, verbunden mit Einbrüchen bei den Steuereinnahmen der Stadt. Dann folgte eine gut gemeinte Initiative von Privatleuten, nahe des Hallenbads eine von ihnen finanzierte Halle zu bauen mt der Stadt als Ankermieter. Doch es wäre der falsche Standort  gewesen für die Schulen im Lindach, zudem wäre diese Lösung nach Berechnungen der Stadtkämmerei - auf 20 Jahre kalkuliert - teurer geworden als eine kommuanle Lösung. Diese zeichnete sich dann ab, als sich die Möglichkeit bot, in der Goldshalde ein Grundstück zu kaufen, nachdem die Eigentümer nach Jahren der Erfolglosigkeit ihre Absicht beerdigten, dort Stadthäuser zu errichten. Der Vorteil: die Nähe zum Bildungszentrum Lindach. Im Herbst 2013 fiel mit äußerst knapper Mehrheit - in einem Abstimmungskrimi - im Gemeinderat die Entscheidung, zwei je zweiteilige Hallen nebeneinander zu bauen (Position von CDU, FW und OB) und nicht nur eine dreiteilige Halle wie von SPD, LMU und FDP favorisiert. Inzwischen zeigte sich, das zweimal zwei richtig war. Nach zwei Jahren Bauzeit sind (von  Außenanlagen und Poststaffel abgesehen) die Hallen fertig. Termin- und Kostenplan wurden eingehalten: 7,3 Millionen Euro, davon 600.000 Euro vom Land.

Wie geht's weiter? Die alte Halle an der Mörike-Realschule (Sanierungsbedarf 2 Millionen Euro) sollte abgerissen, das Geld lieber für anstehende Erneuerungsarbeiten an der Enztalsporthalle verwendet werden. Und die Käppele-Halle? Abwarten! Am Dienstag beginnt der Sportbetrieb in den neuen Hallen, die von Realschule und Schiller-Gemeinschaftsschule frequentiert werden, während sich Gymnasium und Uhland-Förderschule Käppelehalle und Enztalsporthalle teilen. Hinzu kommt jeweils noch der Vereinssport. Für die  Halle im Käppele liegt der Sanierungsaufwand auch bei zwei Millionen Euro. Ob die Sportstadt Mühlacker auch ohne Käppele-Halle auskommen könnte? Die Erfahrung in den nächsten Monaten wird es zeigen. Die Meinungen darüber gehen jedenfalls momentan auseinander. 

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Der Koloss und seine Folgen

Die Bauarbeiten zur Ansiedlung von ThyssenKrupp in Lug/Osttangente laufen auf Hochtouren.

Stößt überhaupt noch ein Projekt auf ungeteilte Zustimmung? Ich zweifle daran. Selbst die Ansiedlung eines Unternehmens mit Zukunftstechnologie löst Kontroversen aus. Dazu zwei Kommentare auf meiner Facebookseite zu der Baustelle Lug/Osttangente, die die Ansiedlung von ThyssenKrupp ganz unterschiedlich bewerten. Hier das Contra: Was für ein Hype für den hässlichen Thyssen-Klotz auf wertvollem Ackerboden. Jeder Besucher Mühlackers (die dann zu uns kamen), war über die Verschandelung dieser Fläche entsetzt. Dazu noch direkt in der 'Einflugschneise'. Und Pro:  Es tut sich was, nicht immer motzen, auch mal was positiv sehen, die Stadt strengt sich an. Aber man kann es sowieso nicht jedem recht machen. Es ist zu vermuten, dass eine Mehrheit die Entwicklung positiv sieht und sich freut, wie schnell auch in Mühlacker gehandelt wird. Und es soll Leute geben, für die 85 plus x neue Jobs ein Wort sind. Gesucht wird schon auf dem Arbeitsmarkt.

Trotzdem: Differenzierung ist notwendig. Die Ansiedlung ist richtig, wichtig und spektakulär für Mühlacker, müsste Labsal sein für die lokale Seele. Unsere Stadt ist gefragt. Allerdings: Als die ersten gewaltigen Pfeiler betoniert waren, mutete das Projekt nicht mehr so gefällig an wie auf der 3-D-Darstellung bei der Präsentation in Gemeinderat und Öffentlichkeit, wirkt wie ein Koloss. Zweifel kamen auf. Aber ein Werk mit rund 30.000 m²  Produktionsareal braucht eben seine Fläche. Weshalb also die Überraschung? Weil wir diese Größenordnung nicht mehr gewöhnt sind! Inzwischen wissen wir, dass die Baupläne zuerst in Wiernsheim realisiert werden sollten, was am fehlenden Bebauungsplan scheiterte - dessen Bearbeitungszeit ließ sich nicht in Einklang bringen mit dem Tempo, das die Investoren vorlegten. Mühlacker bot eine Gewerbefläche an der Osttangente/B10, auf der seit 2014 Baurecht besteht. Der Bebauungsplan musste nur partiell angepasst werden. Aber auch dabei sind gesetzliche Vorgaben einzuhalten, das Verfahren kostet Zeit, duldete aber einen Start mit einer ersten (von inzwischen) drei Teilbaugenehmigungen. Im Vorgriff tat der Bauherr, was die Stadt auch in anderen Fällen duldet: Wenn klar ist, dass der rote Punkt kommt, dürfen vorher schon die Erdarbeiten erledigt werden. Ein unbürokratisches Verfahren - bei einer solch riesigen Fläche allerdings gewöhnungsbedürftig. Verständlich, wenn sich manche mit diesem Tempo schwer tun.

Sportlich der Zeitplan, den das Baurechts- und Planungsamt der Stadt bewältigte. Zug um Zug bewies es, was möglich ist, wenn ein Projekt gewollt ist. (Zeit-)Maßstäbe sind damit gesetzt. Auf diese sollten sich künftige Bauherren stützen. Was bei ThyssenKrupp möglich ist... Stattdessen nehmen die Klagen über lange Bearbeitungszeiten zu, das Planungsamt lasse nur die eigenen Maßstäbe gelten, sei eher Verhinderer. Wenn aber ThyssenKrupp oder ICON vor der Türe stehe, laufe alles wie am Schnürchen, sei man großzügig in der Übernahme von Bauherrenwünsche in Bebauungspläne. Wenn jemand dreimal umplanen muss und dadurch ein Jahr verliert, ist der Unmut verständlich. Oder wenn das Amt einen Bauantrag für genehmigungsfähig hält, aber dem Gemeinderat die Aufstellung eines Bebauungsplans und eine Veränderungssperre vorschlägt, was Zeit kostet, wird Ärger genährt. Vorsicht: Nicht alle Vorwürfe sind berechtigt, Baurecht lässt nicht alles zu, Nachbarn laufen Sturm gegen Projekte wie jetzt am Fliederweg oder der zuständige Ratsausschuss bremst wie am Bodenrainweg, nachdem heftige Kritik am Ausmaß der geplanten Baukörper in der Einwohnerversammlung in Dürrmenz laut wurde.

Trotzdem: ThyssenKrupp setzt Maßstäbe in vielfacher Hinsicht. Bis ins Rathaus hinein. Darauf darf künftig Bezug genommen werden, um rasche Verfahren einzufordern. Auch im Gemeinderat, dessen Geduld vom Planungsamt strapaziert wird, wenn beauftragte Bebauungspläne auf die lange Bank geschoben werden, zum Beispiel zu Carportdächern, Größe von Gartenhäusern und ...

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Sofort verfügbar heißt das Zauberwort

Waldäcker Ost: Mühlacker, gewerbeflächenmäßig fast ausverkauft, ist als Standort gefragt.

Zitat des Flächenverantwortlichen eines großen Unternehmens: Die wesentlichen Standortentscheidungen zu den Technologien der Zukunft werden innerhalb der nächsten zwei bis fünf Jahre fallen. Wenn in der Region die hierfür erforderlichen Flächen nicht zur Verfügung stehen werden, werden zentrale Zukunftsentwicklungen an der Region vorbeigehen. Und diese Entscheidungen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit irreversibel sein. Nein, das sagte niemand aus Mühlacker, sondern ein Firmensprecher aus der Region Stuttgart, wiedergegeben in einer Sitzungsvorlage des Verbands Region Stuttgart. Zur Jahresmitte hatte der Stuttgarter Regionalverband beklagt, das Angebot an Industrie- und Gewerbeflächen sei weiter zurückgegangen. Ein Bericht der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) vom Juni 2017 beziffert die sofort verfügbaren Flächen auf der grünen Wiese mit 97 Hektar, 23 davon entfallen auf die vom Verband Region Stuttgart als Regionale Gewerbeschwerpunkte ausgewiesenen Gebiete. Nach Auskunft der befragten Kommunen sollen dort planmäßig in den kommenden fünf Jahren insgesamt 61 Hektar zur Baureife geführt werden. Um mittelfristig die Nachfrage aus Industrie und Gewerbe erfüllen zu können, müssten in den Kommunen der Region jährlich über 100 Hektar neu ausgewiesen werden, heißt es in dem Papier.

Was hat das Mühlacker zu tun? Unsere Stadt gehört zur Region Nordschwarzwald und die verfügt - aus Stuttgarter Sicht - über genügend Flächen, um zusammen mit anderen Nachbarregionen der Region Stuttgart Konkurrenz zu machen. Das liest sich so: Die Region Stuttgart hat auch im Vergleich mit den umliegenden Regionen und ausgewählten Großstadtregionen das niedrigste Angebot an sofort verfügbaren Gewerbeflächen. Dabei weist die Region Stuttgart die höchste Beschäftigtendichte und damit eine, verglichen mit anderen Regionen, maximale Nutzungsdichte auf. Keine andere Vergleichsregion geht so effizient mit den Flächen um wie die Region Stuttgart. 

Die Realität? Knittlingen bleibt bisher auf Gewerbeflächen an der B35 sitzen. Die PZ - Ausgabe Mühlacker -  veröffentlichte am 1. Oktober 2016 auf Seite 25 ein Interview mit dem Knittlinger Bürgermeister Hopp. Auf die Frage: Weshalb es so lange dauere, das Gewerbegebiet „Knittlinger Kreuz“ an der B 35 zu besiedeln, antwortete Hopp unter anderem: Es ist ein Gewerbegebiet, das etwa schwerer zu besiedeln ist als ein Industriegebiet. Bei uns gelten andere Emmissions- und Immissionswerte, auch weil gegenüber ein Wohngebiet liegt. (…) Meine Anfrage an die Stadtverwaltung Mühlacker, wie diese Hopp'sche Erkenntnis bei der Standortsuche in Mühlacker zu bewerten sei, schickte OB Frank Schneider einen lapidaren Satz: Die näheren Rahmenbedingungen in Knittlingen sind der Verwaltung nicht bekannt.

Und die andere Realität? Mühlacker, gewerbeflächenmäßig fast ausverkauft, ist als Standort gefragt. Der Gemeinderat vergab die beiden letzten großen Flächen in den Waldäckern an zwei auswärtige Unternehmen, was durchaus auf Kritik stieß. Künftige Nachbarn von ICON - einer der beiden Ansiedler - veweisen darauf, eigentlich habe die Stadt immer wieder wissen lassen, diese letzte Fläche sei für kleinere Betriebe gedacht. Erst vor wenigen Tagen wurde dies bei einem Lokaltermin mit Vertretern aller Gemeinderatsfraktionen vorgebracht. Denn die Anlieger sollen nun die Folgen tragen: mehr Verkehr.

Mühlacker und die Region Stuttgart haben jedenfalls nun eine (weitere?) Gemeinsamkeit.

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Nervenstrapazen, Strom-Krimi und Happy end

Gesimst

Stress beim Praxistest: Mit dem Nissan Leaf, reiner Stromer mit Reichweiten pro Ladung von rund 165 bis 180 Kilometer, auf großer Fahrt - Freunde besuchen,182 Kilometer von Lienzingen nach Usingen im Taunus, drei Personen im Fahrzeug, zudem Gepäck. Beim Start ist der Akku zu 95 Prozent gefüllt. Die Tour via Bundesstraßen und Autobahnen beweist: E-Mobilisten brauchen starke Nerven und viel Geduld trotz Reichweitenschwund, eine fast leerer Batterie gleicht einem Ritt auf der Rasierklinge. Berechnungen und Pläne werden schon mal von der Realität überrollt. Und doch gibt es das berühmte Happy end. Aber der Reihe nach.

Weil nicht nur eine Stadtfahrt ansteht, am Vorabend längere Internetrecherche. Goingelectric empfiehlt das Stromtanken an der A5 in Richtung Frankfurt nach 116 Kilometern bei der Autobahnraststätte Alsbach West - weisst aber nicht ausdrücklich daraufhin hin, dass ich dazu auf die Gegenrichtung wechseln müsste. So kommt es auf der Hinfahrt wie es kommen muss. Willkommen in der Realität! Keine Anzeichen von Alsbach West. Auf Höhe Darmstadt liegt die Reichweite nur noch bei 22 Kilometern. Die im Cockpit angeklickte Nissan-Datenbank der "Ladestationen in der Nähe" lässt wissen: Keine Daten für diese Gegend. Meine Nervosität wächst, je mehr die Rest-Reichweite schrumpft. Doch dann ist die Raststätte Gräfenhausen Ost in Sicht. Hoffnung! Doch der Mann hinter der Kasse sorgt für den Schock: "Wir haben keine Elektrotankstelle." Ich muss so leidend dreingeschaut haben, dass er meine flehentliche Frage, ob wenigstens an eine einfache Steckdose angeschlossen werden könne, bejahte. Wir tun's, vertreiben uns solange die Zeit.

Nach mehr als einer Stunde ist die Reichweite auf 30 Kilometer gestiegen. Immerhin so viel, dass es zu der inzwischen gegoogelten elf Kilometer entfernten Ladestation am Bahnhof Walldorf reicht, die dann auch frei ist. Die Ladeweile vertreiben wir uns in einem benachbarten Cafe bei Eis und Espresso. Nun aber ist klar, dass der Terminplan für den Tag voll in die Binsen ging. Dass aber eine 22 kw-Zapfsäule keine ausreichende Lösung in solchen Fällen ist, zeigt sich nach gut 60 Minuten: Der Akkustand verdoppelte sich auf nur 30 Prozent, zuwenig für die restlichen 50 Kilometer bis Usingen. Wir schließen nochmals an, harren lesend oder handyspielend im Auto aus. Um 17.30 Uhr - eigentlich wollten wir schon längst am Ziel sein - starten wir mit 46 Prozent. Das Navi meckert auch nicht (wenn es mit dem Strom möglicherweise nicht reicht, kommt beim Start die Ansage einer freundlichen Frauenstimme: Sie erreichen unter Umständen ihr Ziel nicht).

Hätten wir nur länger gewartet! 

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