Der Abschied

Mühlehof adieu. Abriss bis Ende 2018, gleich danach an selbiger Stelle im Stadtzentrum eine neue Stadthalle als Ersatz. Der Gemeinderat stellte Anfang Juli 2017 die Weichen, jetzt muss die Stadtverwaltung die Aufgaben abarbeiten. Zum Thema, auch in meinem Blog, passt das Projekt von Dr. Thomas Brotzler mit seiner Fine-Art-Fotografie: Abschied vom Mühehof. Hier ein Auszug als Vorgeschmack auf einen differenziert geschriebenen und höchst lesenswerten Beitrag auf seiner Homepage:  ´Kupfertempel´ wurde der Mühlehof in der Öffentlichkeit und in kommunalpolitischen Kreisen bisweilen genannt, dort gebe es ´oben Kultur und unten Käse´. Man mag wohl bei solch spitzzüngigen Formulierungen aufhorchen und sich seinen Teil dazu denken – der Rückblick auf einen in jenen Zeiten (des Entschlusses Ende der 70er bzw. der Inbetriebnahme Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts) vorherrschenden ´Gigantismus der vollen Kassen und des ebensolchen Geltungsbedürfnisses´ scheint darin inbegriffen; gleichsam eine beträchtliche Skepsis ob der von Beginn an geteilten Trägerschaft mit Kultur in öffentlicher und Gewerbe in privater Hand, die durch die Erfahrung von Leerstand und Vernachlässigung ja fortwährend neue Nahrung fand; schließlich die Ambivalenz, ob man darob eher stolz (wegen des beachtlichen Theaterbetriebs) oder eher bedrückt bis beschämt (wegen abblätternder Fassade, leerstehender Geschäfte und nachlassender Besucherzahlen) sein solle.

Hier geht es zur lesens- und sehenswerten Mühlehof-Betrachtung Brotzlers. „Der Mühlehof, Mühlackers Licht und Schatten”.

Dazu noch ein Zitat des PZ-Journalisten Maximilian Lutz: Wo andere Schutt, verlassene Hallen oder schlichtweg nur Überbleibsel einer vergangenen Zeit sehen, entdeckt Thomas Brotzler regelmäßig Formen abstrakter Schönheit und Ästhetik. Der Mühlacker Fotokünstler, der im Hauptberuf als Psychiater tätig ist, widmet sich mit großer Leidenschaft der fotografischen Erforschung architektonisch einzigartiger Gebäude und verlassener Industrierelikte wie dem Maulbronner Schenk-Areal, der Mühlacker Ziegelei oder dem – inzwischen abgerissenen – früheren Senderstädter Jugendhaus Pro-Zwo. 

Auf zum Rundgang durch den verlassenen Mühlehof in Text und Bilder, beginnend mit einem Selbstbekenntnis des Protagonisten. Niedergang, Infragestellung und schließlich Ausmusterung des Mühlehofs ergaben sich in einer Zeit, als ich mich zur Jahrtausendwende nach Medizinstudium, Facharzt- und Therapieweiterbildung in Mühlacker niederließ, Mitte des nachfolgenden Jahrzehntes die (zwischenzeitlich ein wenig in den Hintergrund geratene) künstlerische Spurensuche meiner jüngeren Jahre wiederaufnahm und mich zum Ende jenes Jahrzehnts hin bei der Mühlacker Künstlergruppe einfand, die damals in Teilen des verwaisten Erdgeschosses residierte. Von der Blüte des Mühlehofs hatte ich also wenig mitbekommen, wohl aber von dessen Agonie.

Es ist aber nicht der erste Versuch, den einstigen Musen- und Kommerztempel in unserer City künstlerisch zu begreifen. Hat der Mühlehof auch schöne Seiten? Der große Saal, ertönt es aus vielen Mündern. Doch er steht nicht allein. Und das war das Problem.

Auf Bau-Inspektion

Nordseite Grundschule Lienzingen: Neuer Anstrich tut Not.
Mühlacker Stadträte am Samstag sechs Stunden lang auf Bau-InspektionAuf dem Programm des Ausschusses für Umwelt und Technik (UTA): Theodor-Heuss-Gymnasium, Schiller-Gemeinschaftsschule sowie die Grundschulen Heidenwäldle, Lienzingen, Lomersheim und Großglattbach, außerdem der Friedrich-Münch-Kindergarten in Lienzingen, Gemeindehalle und Kindergarten in Mühlhausen, zudem die Ulrich-von-Dürrmenz-Schule. Thema: bauliche Maßnahmen mit Schwerpunkt schadhafte Fenster. Die Ausnahmen: Beim Friedrich-Münch-Kindergarten in Lienzingen sowie bei der Gemeindehalle und dem Kindergarten in Mühlhausen galt es, den gesamten Sanierungsbedarf der Gebäude zu bewerten. Einig waren wir uns, den auf 1,6 Millionen Euro taxierten restlichen Erneuerungsbedarf der Mühlhäuser Halle anzugehen, solange das Sanierungsprogramm Ortskern läuft, weil dann Landeszuschüsse winken. Das trifft auch auf den Kindergarten Mühlhausen zu. Beim Friedrich-Münch-Kindergarten in Lienzingen stehen die Zeichen auf Neubau - die Kosten der Sanierung des Objekts mit zu großer Hülle schätzt der Architekt auf 1,3 Millionen Euro. Auch hier hofft die Stadtverwaltung auf Gelder, aber aus einem Bundesprogramm - allerdings stehen die erläuternden Vorschriften aus Berlin noch aus. Ansonsten nahmen wir vor allem Fenster ins Blickfeld; neue, aber auch zu sanierende wie in einem Teil der Grundschule im Heidenwäldle. Brauchen wir ein Schwerpunktprogramm Fenstersanierung? Auf jeden Fall eine Prioritätenliste, die nacheinander abgearbeitet wird. Manchmal reicht auch, rechtzeitig für einen neuen Anstrich zu sorgen und nicht zu warten, bis die gesamten Fenster ausgewechselt werden müssen und man das dann aus Finanzgründen immer weiter vor sich herschiebt, bis die Rahmen so kaputt sind, dass sie nicht mehr geöffnet werden dürfen. Quasi wegen Instabilität...

 

Der Ärger der Großglattbacher

Lokaltermin mit Bürgern im "Pforzheimer Weg"
Großglattbach, Höhenstadtteil von Mühlacker, zählt rund 1250 Einwohner (2000: 1408), stellt seit 2014 - als einziger Teilort - keinen Vertreter mehr im Gemeinderat (zuvor zwei) und fühlt sich allein deshalb benachteiligt. Deshalb tagen seit Frühjahr 2017 im monatlichen Wechsel die Ratsfraktionen in Großglattbach. Gestern Abend war wieder die CDU-Fraktion an der Reihe. Zuerst Lokaltermin im Neubaugebiet "Pforzheimer Weg", das zurzeit erschlossen wird. Dann der Schilderstreich in der Vaihinger Straße, zwischendurch für mich der Standort des Streusalzsilos des städtischen Bauhofes auf einem Parkplatz beim Sportgelände Großglattbach (neben sterbenden Bäumen). Zum Abschluss öffentliche Fraktionssitzung im Bürgerhaus ALte Schule - 20 Bürger nutzten die Gelegenheit zur Fragestunde. Gut 30 Besucher hatten sich beim Lokaltermin im künftigen Wohngebiet eingefunden. Mit so viel hatte ich nicht gerechnet. Doch statt Lob für die termingerechten Arbeiten prasselte Kritik auf uns Stadträte ein, sozusagen stellvertretend. Für Sprengstoff sorgten die Erschließungsarbeiten. 

Wir wurden mit einer tiefsitzenden Verärgerung von Bürgern über die Stadtverwaltung wegen Details der Erschließung des Neubaugebiets konfrontiert. Zu Beginn gab es Informationen, die nicht beruigend wirkten:  Die Erschließungsarbeiten kosteten 1,27 Millionen Euro, lägen im Terminplan und würden bis spätestens Weihnachten 2017 abgeschlossen. Der Kreisel  an der Landesstraße ist gesten freigegeben worden. Für die knapp zwei Dutzend städtischer Bauplätze im “Pforzheimer Weg“ liegen etwa 140 Vormerkungen vor. Die Stadtverwaltung fragt derzeit ab, wer noch Interesse hat. Die Frist läuft bis  15. September. Vorrang haben bei der Vergabe die Bewerber aus Großglattbach. 

Die starke Nachfrage zeige,  dass es höchste Zeit gewesen sei für ein neues Baugebiet in dem Stadtteil, sagte ich. Was dann kam, war die sich schon angekündigte massive Kritik an Erschließungsmaßnahmen. Die Abwasserkanäle lägen zu hoch, so dass Hebeanlagen notwendig seien. In einem Fall (Bauantrag) habe die Verwaltung schon die Anschlussstelle korrigieren müssen. Die Hebeanlagen verteuerten das Bauen unnötig. In Serres und Roßwag würden die Kanalrohre tiefer gelegt, um Hebeanlagen zu vermeiden. Zudem sei teilweise Bauschutt oder Erd-/Stein-Gemisch auf Grundstücken abgelagert worden, das von den künftigen Bauherren entsorgt werden müsse, was zusätzliche Kosten verursache.  Mutterboden sei abgefahren beziehungsweise wild verteilt worden.

Die Straße zur inneren Erschließung trennt in der Mitte ein Pflasterstreifen, was als unnötig kritisiert wird. Baugebietsseitig ist der neue Gehweg an der Sankt-Markus-Straße teilweise nur 1,20 Meter breit - sicherlich eine Fehlplanung. Fußgänger und Kinderwagen, die sich begegnen, kommen schwerlich aneinander vorbei. Auf der gegenüberliegenden Seite – Bestandsbebauung – sollten, so der Wunsch von Bürgern, mehr Parkplätze statt Grünflächen angelegt werden, nachdem die Stadt mit der Grünpflege eh nicht nachkomme.

Während den Bauarbeiten am Kreisel wurde der Verkehr durchs benachbarte Wohngebiet, unter anderem die Lichtholzstraße, umgeleitet. Dabei entstandene Straßenschäden sollten bald beseitigt werden.

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Gesammeltes und Nachgeklapptes

Dürrmenzer Jupitersäule

Jetzt steht sie: die Nachbildung einer Jupitergigantensäule. Heute am Tag des offenen Denkmals übergab der Historisch-Archäologische Verein Mühlacker (HAV) am Dammweg sein Geschenk der Öffentlichkeit. Ein sechs Meter hohes Stück Heimatgeschichte. Die Römer hinterließen hierzulande viele Spuren. Der steinerne Sockel ist die Kopie des Viergöttersteins, der 1954 in der Waldenserstraße in Dürrmenz gefunden wurde und der im Mühlacker Heimatmuseum ausgestellt ist. Die darauf installierte Säule ist – im Gegensatz zum antiken Vorbild – aus Stahl. Auch die Volkshochschule Mühlacker widmet ein Prgrammpunkt der römisch-keltischen Vergangenheit: Eine Jupitergigantensäule ist ein interessantes archäologisches Denkmal aus der Zeit der römischen Besiedelung Germaniens, denn sie ist zugleich ein Phänomen, das südlich der Alpen nahezu unbekannt ist. Zugleich stellt sie ein spannendes Zeugnis der Verschmelzung keltischer und römischer Glaubensvorstellungen dar.  Walheim und Benningen stehen auch für diese Historie. Nachbildungen wurden in Aalen, Benningen am Neckar, Bexbach, Hechingen, Köngen, Pforzheim und Walheim aufgestellt. In Hausen an der Zaber ragt ein Original in die Höhe. Eigentlich sollte das Kunstwerk bestehend aus modernen und antiken Elementen schon zur Gartenschau 2015 aufgestellt werden, doch die Finanzierung stand nicht ganz. Dank der Beharrlichkeit des HAV konnte der Standort in den Enzgärten  nun doch realisiert werden. Der Verein ließ auf eigene Kosten und mit Hilfe von Spendern die Replik einer Jupitergigantensäule erstellen, die Stadt übernahm die Kosten fürs Fundament. Im Oktober 2017 gab es dafür das einmütige Votum des zuständigen Gemeinderatsausschusses.

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Ein Sprung in die Gegenwart: Zur Ambivalenz über die Ansiedlung von ThyssenKrupp habe ich jüngst gebloggt und von meiner Facebookseite je eine Stimme dafür und dagegen zitiert. Hie noch ein weiterer Kommentar im Nachklapp: Das kann man so oder so sehen. Für mich ist die Ansiedlung von Unternehmen wie Thyssen ein Zeichen dafür, dass eine Stadt zukunftsorientiert denkt und sich weltoffen zeigt. Das mag natürlich auch vom Alter abhängen, aber für die meisten Menschen, die ich kenne, spielt es keine Rolle, ob da nun eine Fabrikhalle steht oder ein Acker. Dass die Karosserie des E-Porsche hier gefertigt wird, spielt dagegen sehr wohl eine Rolle, für die Lukrativität des Standorts. Aber diese Dualität zwischen dem Festhalten an Althergebrachtem und der Angst vor Neuem findet sich leider in allen Bereichen. Wegen dieser Denke liegt Deutschland beim Glasfaserausbau auch auf den letzten Plätzen mit 1,6 Prozent, während Länder wie die Slowakei, Slowenien und Lettland es auf 25 bis 61 Prozent bringen... Volle Zustimmung! 

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Fahrverbote in Mühlackers Umweltzone nach den Drohungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) mit dem Kadi? Heute einen Nachklapp zu meinem Blog-Beitrag. Vorab aber einen Tweet aus dem Netz: Die spannenderen Fragen: wer bietet den Wegelagerern von der DUH mal Paroli? Wer hinterfragt die Grenzwerte? Am kommenden Dienstag steht das Thema auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Hier die Beratungsvorlagen der Verwaltung 2017-08-30_GR_Top1_Vorlage1.pdf  20170831124044.pdf und die Reaktion des VCD vom Wochenende 20170910_Stadt_Mhlacker_Mobilittsfonds_Verkehrskonzept.pdf. Formal geht es um Zuschüsse aus dem Landestopf für nachhaltige Mobilität in den Städten. Ein Programm, ohne genaue Richtlinien. Ein Schnellschusss nach dem Diesel-Skandal. Hoch-Zeit für Lobbyisten. Forderungen müssten auch seriös mit Kosten unterfüttert werden, aber dazu fehlt die Zeit. Dass ein Teil der Ursachen der Stickoxidbelastung auch vom Hausbrand kommen, wird einfach ausgeblendet.

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Eines konnte ich am Freitagabend bei einem für mich viereinhalbstündigen CDU-Kreisparteitag in Hohenwart lernen: Wer einen über Jahrzehnten sicheren (Enzkreis-)Wahlkreis versemmelt, wird für seine Arbeit auch noch gelobt, zumindest vom Calwer MdL Thomas Blenke. Verkehrte Welt. Vier Jahre lang ruhte sich Victoria Schmid auf ihrem Landtagssitz aus. Derweilen zeigte FDP-Kollege Hans Ulrich Rülke täglich,  was wirkungsvolle Wahlkreis(kärrner)arbeit ist.

 

Zweimal zwei war richtig

An den Farben werdet ihr sie erkennen: Orange für die eine, Gelb für die Zwillingshalle

Seit Mühlacker mehr als 20.000 Einwohner zählt, ist sie Große Kreisstadt (1973), hat mit Frank Schneider inzwischen den vierten OB. Als gehöre zu einer gelungenen Amtszeit der Bau einer Sporthalle, können drei der vier Oberbürgermeister ein solches Projekt vorweisen:  Gerhard Knapp die Enztalsporthalle, Klaus Schönfeld die Turnhalle an der Reichmannstraße und Frank Schneider die Sporthalle im Lindach, die gestern eingeweiht wurde. Fehlanzeige nur bei Arno Schütterle. Dabei war seit den neunziger Jahren von Schulen und Vereinen der eklatante Mangel an Hallenkapazitäten in der Kernstadt beklagt worden. Ein erster Schritt für den Abbau gelang ums Jahr 2000 mit der Turnhalle an der Reichmannstraße. Dann folgte die große Pause, bis 2008 Pläne vorlagen, auf dem Schulgelände im Lindach - von Schillerschule und Realschule - eine teilweise unterirdische Halle zu bauen, wodurch die Pausenhoffläche der beiden Schulen eingeschränkt worden wären. Zum Glück scheiterte die Realisierung an der heraufziehenden weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, verbunden mit Einbrüchen bei den Steuereinnahmen der Stadt. Dann folgte eine gut gemeinte Initiative von Privatleuten, nahe des Hallenbads eine von ihnen finanzierte Halle zu bauen mt der Stadt als Ankermieter. Doch es wäre der falsche Standort  gewesen für die Schulen im Lindach, zudem wäre diese Lösung nach Berechnungen der Stadtkämmerei - auf 20 Jahre kalkuliert - teurer geworden als eine kommuanle Lösung. Diese zeichnete sich dann ab, als sich die Möglichkeit bot, in der Goldshalde ein Grundstück zu kaufen, nachdem die Eigentümer nach Jahren der Erfolglosigkeit ihre Absicht beerdigten, dort Stadthäuser zu errichten. Der Vorteil: die Nähe zum Bildungszentrum Lindach. Im Herbst 2013 fiel mit äußerst knapper Mehrheit - in einem Abstimmungskrimi - im Gemeinderat die Entscheidung, zwei je zweiteilige Hallen nebeneinander zu bauen (Position von CDU, FW und OB) und nicht nur eine dreiteilige Halle wie von SPD, LMU und FDP favorisiert. Inzwischen zeigte sich, das zweimal zwei richtig war. Nach zwei Jahren Bauzeit sind (von  Außenanlagen und Poststaffel abgesehen) die Hallen fertig. Termin- und Kostenplan wurden eingehalten: 7,3 Millionen Euro, davon 600.000 Euro vom Land.

Wie geht's weiter? Die alte Halle an der Mörike-Realschule (Sanierungsbedarf 2 Millionen Euro) sollte abgerissen, das Geld lieber für anstehende Erneuerungsarbeiten an der Enztalsporthalle verwendet werden. Und die Käppele-Halle? Abwarten! Am Dienstag beginnt der Sportbetrieb in den neuen Hallen, die von Realschule und Schiller-Gemeinschaftsschule frequentiert werden, während sich Gymnasium und Uhland-Förderschule Käppelehalle und Enztalsporthalle teilen. Hinzu kommt jeweils noch der Vereinssport. Für die  Halle im Käppele liegt der Sanierungsaufwand auch bei zwei Millionen Euro. Ob die Sportstadt Mühlacker auch ohne Käppele-Halle auskommen könnte? Die Erfahrung in den nächsten Monaten wird es zeigen. Die Meinungen darüber gehen jedenfalls momentan auseinander. 

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Der Koloss und seine Folgen

Die Bauarbeiten zur Ansiedlung von ThyssenKrupp in Lug/Osttangente laufen auf Hochtouren.

Stößt überhaupt noch ein Projekt auf ungeteilte Zustimmung? Ich zweifle daran. Selbst die Ansiedlung eines Unternehmens mit Zukunftstechnologie löst Kontroversen aus. Dazu zwei Kommentare auf meiner Facebookseite zu der Baustelle Lug/Osttangente, die die Ansiedlung von ThyssenKrupp ganz unterschiedlich bewerten. Hier das Contra: Was für ein Hype für den hässlichen Thyssen-Klotz auf wertvollem Ackerboden. Jeder Besucher Mühlackers (die dann zu uns kamen), war über die Verschandelung dieser Fläche entsetzt. Dazu noch direkt in der 'Einflugschneise'. Und Pro:  Es tut sich was, nicht immer motzen, auch mal was positiv sehen, die Stadt strengt sich an. Aber man kann es sowieso nicht jedem recht machen. Es ist zu vermuten, dass eine Mehrheit die Entwicklung positiv sieht und sich freut, wie schnell auch in Mühlacker gehandelt wird. Und es soll Leute geben, für die 85 plus x neue Jobs ein Wort sind. Gesucht wird schon auf dem Arbeitsmarkt.

Trotzdem: Differenzierung ist notwendig. Die Ansiedlung ist richtig, wichtig und spektakulär für Mühlacker, müsste Labsal sein für die lokale Seele. Unsere Stadt ist gefragt. Allerdings: Als die ersten gewaltigen Pfeiler betoniert waren, mutete das Projekt nicht mehr so gefällig an wie auf der 3-D-Darstellung bei der Präsentation in Gemeinderat und Öffentlichkeit, wirkt wie ein Koloss. Zweifel kamen auf. Aber ein Werk mit rund 30.000 m²  Produktionsareal braucht eben seine Fläche. Weshalb also die Überraschung? Weil wir diese Größenordnung nicht mehr gewöhnt sind! Inzwischen wissen wir, dass die Baupläne zuerst in Wiernsheim realisiert werden sollten, was am fehlenden Bebauungsplan scheiterte - dessen Bearbeitungszeit ließ sich nicht in Einklang bringen mit dem Tempo, das die Investoren vorlegten. Mühlacker bot eine Gewerbefläche an der Osttangente/B10, auf der seit 2014 Baurecht besteht. Der Bebauungsplan musste nur partiell angepasst werden. Aber auch dabei sind gesetzliche Vorgaben einzuhalten, das Verfahren kostet Zeit, duldete aber einen Start mit einer ersten (von inzwischen) drei Teilbaugenehmigungen. Im Vorgriff tat der Bauherr, was die Stadt auch in anderen Fällen duldet: Wenn klar ist, dass der rote Punkt kommt, dürfen vorher schon die Erdarbeiten erledigt werden. Ein unbürokratisches Verfahren - bei einer solch riesigen Fläche allerdings gewöhnungsbedürftig. Verständlich, wenn sich manche mit diesem Tempo schwer tun.

Sportlich der Zeitplan, den das Baurechts- und Planungsamt der Stadt bewältigte. Zug um Zug bewies es, was möglich ist, wenn ein Projekt gewollt ist. (Zeit-)Maßstäbe sind damit gesetzt. Auf diese sollten sich künftige Bauherren stützen. Was bei ThyssenKrupp möglich ist... Stattdessen nehmen die Klagen über lange Bearbeitungszeiten zu, das Planungsamt lasse nur die eigenen Maßstäbe gelten, sei eher Verhinderer. Wenn aber ThyssenKrupp oder ICON vor der Türe stehe, laufe alles wie am Schnürchen, sei man großzügig in der Übernahme von Bauherrenwünsche in Bebauungspläne. Wenn jemand dreimal umplanen muss und dadurch ein Jahr verliert, ist der Unmut verständlich. Oder wenn das Amt einen Bauantrag für genehmigungsfähig hält, aber dem Gemeinderat die Aufstellung eines Bebauungsplans und eine Veränderungssperre vorschlägt, was Zeit kostet, wird Ärger genährt. Vorsicht: Nicht alle Vorwürfe sind berechtigt, Baurecht lässt nicht alles zu, Nachbarn laufen Sturm gegen Projekte wie jetzt am Fliederweg oder der zuständige Ratsausschuss bremst wie am Bodenrainweg, nachdem heftige Kritik am Ausmaß der geplanten Baukörper in der Einwohnerversammlung in Dürrmenz laut wurde.

Trotzdem: ThyssenKrupp setzt Maßstäbe in vielfacher Hinsicht. Bis ins Rathaus hinein. Darauf darf künftig Bezug genommen werden, um rasche Verfahren einzufordern. Auch im Gemeinderat, dessen Geduld vom Planungsamt strapaziert wird, wenn beauftragte Bebauungspläne auf die lange Bank geschoben werden, zum Beispiel zu Carportdächern, Größe von Gartenhäusern und ...

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Sofort verfügbar heißt das Zauberwort

Waldäcker Ost: Mühlacker, gewerbeflächenmäßig fast ausverkauft, ist als Standort gefragt.

Zitat des Flächenverantwortlichen eines großen Unternehmens: Die wesentlichen Standortentscheidungen zu den Technologien der Zukunft werden innerhalb der nächsten zwei bis fünf Jahre fallen. Wenn in der Region die hierfür erforderlichen Flächen nicht zur Verfügung stehen werden, werden zentrale Zukunftsentwicklungen an der Region vorbeigehen. Und diese Entscheidungen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit irreversibel sein. Nein, das sagte niemand aus Mühlacker, sondern ein Firmensprecher aus der Region Stuttgart, wiedergegeben in einer Sitzungsvorlage des Verbands Region Stuttgart. Zur Jahresmitte hatte der Stuttgarter Regionalverband beklagt, das Angebot an Industrie- und Gewerbeflächen sei weiter zurückgegangen. Ein Bericht der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) vom Juni 2017 beziffert die sofort verfügbaren Flächen auf der grünen Wiese mit 97 Hektar, 23 davon entfallen auf die vom Verband Region Stuttgart als Regionale Gewerbeschwerpunkte ausgewiesenen Gebiete. Nach Auskunft der befragten Kommunen sollen dort planmäßig in den kommenden fünf Jahren insgesamt 61 Hektar zur Baureife geführt werden. Um mittelfristig die Nachfrage aus Industrie und Gewerbe erfüllen zu können, müssten in den Kommunen der Region jährlich über 100 Hektar neu ausgewiesen werden, heißt es in dem Papier.

Was hat das Mühlacker zu tun? Unsere Stadt gehört zur Region Nordschwarzwald und die verfügt - aus Stuttgarter Sicht - über genügend Flächen, um zusammen mit anderen Nachbarregionen der Region Stuttgart Konkurrenz zu machen. Das liest sich so: Die Region Stuttgart hat auch im Vergleich mit den umliegenden Regionen und ausgewählten Großstadtregionen das niedrigste Angebot an sofort verfügbaren Gewerbeflächen. Dabei weist die Region Stuttgart die höchste Beschäftigtendichte und damit eine, verglichen mit anderen Regionen, maximale Nutzungsdichte auf. Keine andere Vergleichsregion geht so effizient mit den Flächen um wie die Region Stuttgart. 

Die Realität? Knittlingen bleibt bisher auf Gewerbeflächen an der B35 sitzen. Die PZ - Ausgabe Mühlacker -  veröffentlichte am 1. Oktober 2016 auf Seite 25 ein Interview mit dem Knittlinger Bürgermeister Hopp. Auf die Frage: Weshalb es so lange dauere, das Gewerbegebiet „Knittlinger Kreuz“ an der B 35 zu besiedeln, antwortete Hopp unter anderem: Es ist ein Gewerbegebiet, das etwa schwerer zu besiedeln ist als ein Industriegebiet. Bei uns gelten andere Emmissions- und Immissionswerte, auch weil gegenüber ein Wohngebiet liegt. (…) Meine Anfrage an die Stadtverwaltung Mühlacker, wie diese Hopp'sche Erkenntnis bei der Standortsuche in Mühlacker zu bewerten sei, schickte OB Frank Schneider einen lapidaren Satz: Die näheren Rahmenbedingungen in Knittlingen sind der Verwaltung nicht bekannt.

Und die andere Realität? Mühlacker, gewerbeflächenmäßig fast ausverkauft, ist als Standort gefragt. Der Gemeinderat vergab die beiden letzten großen Flächen in den Waldäckern an zwei auswärtige Unternehmen, was durchaus auf Kritik stieß. Künftige Nachbarn von ICON - einer der beiden Ansiedler - veweisen darauf, eigentlich habe die Stadt immer wieder wissen lassen, diese letzte Fläche sei für kleinere Betriebe gedacht. Erst vor wenigen Tagen wurde dies bei einem Lokaltermin mit Vertretern aller Gemeinderatsfraktionen vorgebracht. Denn die Anlieger sollen nun die Folgen tragen: mehr Verkehr.

Mühlacker und die Region Stuttgart haben jedenfalls nun eine (weitere?) Gemeinsamkeit.

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