Sie scheut klirrende Kälte

Welche Richtung nun?
Meine Ladestation in der Garage mag Nächte mit klirrender Kälte nicht. Dann verfällt sie in den Zustand der Agonie, schaltet auf Störung und schickt eine Mischung aus Gelb und Rot in das digitale Farbband. Gestern Abend brauchte ich meinen Leaf deshalb kurz vor 22 Uhr nicht an die Heim-Tankstelle anschließen, denn bei minus acht Grad Celsius meckerte die Zapfstelle. Zum Glück steckte noch zu 53 Prozent elektrischer Energie im Akku, die für 81 Kilometer Fahrstrecke gut waren. Erst heute kurz vor elf Uhr hatte sich die Ladestation erholt - dank gestiegener Quecksilbersäule stand das Farbband (bei minus einem Grad) wieder auf Grün. Und als ich das Ladekabel ansteckte, sprang die Anzeige auf Blau, das Zeichen, dass der Stromer nun  frische Energie frisst. Am späten Nachmittag war der Akku wieder voll, allerdings mit teuerem Tages- statt billigerem Nachtstrom. Hätte sich die Ladestation  sich nicht selbst wieder reguliert, hätte ich auf die Haussteckdose (wesentlich langsamer) oder auf eine Zapfstelle in der Kernstadt ausweichen müssen. Viele Wege führen zu 100 Prozent Energie in der Batterie, die einen sind länger, die anderen kürzer. Doch die Folgen des Kälte-Konflikts meiner hauseigenen Tankstelle müssen abgestellt werden. Fortsetzung im Blog folgt.
Schwenk: Vor zwei Tagen stieß ich im Netz auf einen Testbericht über den Nissan Leaf, geschrieben für Stereopoly, von Frank Feil, eigenen Angaben zufolge Jahrgang 1986, Blogger & Journalist, Politologe & Anglist, Technik & Kaffee. Und für den abgebildete Leaf diente  unverkennbar die Mühlacker Goethestraße als Kulisse. Feil, der in Ötisheim wohnt, ist Chefredakteur des Blogs und titelte "Geräumiges Elektroauto mit Schwächen". Der Nissan Leaf sei das meistverkaufte Elektroauto der Welt – und inzwischen mit einer 30 kWh-Batterie erhältlich, heißt es im Vorspann. Dadurch soll eine rein elektrische Reichweite von bis zu 250 Kilometern möglich werden. "Ich habe mir in einem zweiwöchigen Test angeschaut, wie sich der bis zu 37.000 Euro teure Elektroflitzer im Alltag schlägt".
Lesenswert, Stärken und Schwächen gut beschrieben - ein Text, in dem sich auch derjenige wiederfindet wie ich, der seit gut neun Monaten den leisen Typ von Nissan fährt wie ich. Seine Erfahrungen mit den Reichweiten elektrisierten zumindest mich als Leser. Denn Reichweiten sind der Knackpunkt in jeder Diskussion über E-Mobilität. Des Testers Kommentar: "Wie bei allen anderen Herstellern hat auch die von Nissan angegebene Reichweite mit der Realität nicht viel zu tun. Dazu braucht man gar nicht viel testen, denn schon wenn man den Leaf einschaltet, beziffert der Bordcomputer die Reichweite auf 145 bis 170 Kilometer – und eigentlich sollten es ja 250 Kilometer sein." Genug der Zitate. Meine eigene Erfahrung beim 30-kWh-Batterie-Typ: In der warmen Jahreszeit übersprang die Reichweiten-Anzeige die 200-km-Schwelle (maximal 209), meist reichte die Spanne von 175 bis 200, am häufigsten von 175 bis 190 Kilometer. Im Winter schrumpft die mögliche Fahrstrecke pro Akkuladung deutlich, wie jüngst in meinem Blog berichtet. Zwischen 136 und 173 Kilometer gab der Bordcomputer in den vergangenen zwölf Tagen als maximal mögliche Distanz pro vollem Akku an, mit eingeschalteter Heizung, auf 22 Grad Celsius programmiert, mit laufendem Radio, aber nicht aktivierter Ecotaste am Steuerrad. Ich weiß: In diese Berechnung fließen auch Fahrstil, Stromverbrauch, Außentemperatur (der Hinweis ploppt im Display bei drei Grad Plus auf) und gefahrene Kilometer in den Tagen zuvor, aber eine Orientierung liefert die Statistik trotzdem. Generell gilt: Wer an einem Tag nur viele kurze und damit energiefressende Strecken unter die Räder nimmt, bezahlt das mit kürzeren folgenden Reichweiten. Der Bordcomputer vergisst nicht. 
Meine Ladestation die eiskalte Nacht am Tag schon. Zum Glück.

Mein Stromer und der Winter




Eine Stromtankstelle entsteht in der Rathaus-Tiefgarage Mühlacker

Eine kleine Anleihe sei mir gestattet: Mein Stromer läuft und läuft und läuft. Nur erreichen die  Elektroautos bei weitem nicht die Zahlen des Laufwunders Käfer. Selbst die staatliche Prämie zum Kauf eines E-Mobils sorgte nicht für ein Verkaufswunder. Seit dem 2. Juli wurden beim für den Zuschuss zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) dessen Angaben zufolge gerade einmal 9.023 Anträge auf Staatsknete zum Kauf eines E-Autos oder Plug-in-Hybrid-Fahrzeugs gestellt.  Reine Elektroautos werden mit 4.000 Euro gefördert, Plug-in-Hybride – also Autos mit einer Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor plus extern aufladbarer Batterie – mit 3.000 Euro. Die Diagnose für die Zurückhaltung ist immer die gleiche: Attraktivere Pkw-Modelle mit mehr Reichweite und ein dichteres Ladestationennetz sind notwendig. "Die beiden Themen gehören zusammen, in beiden sehe ich jetzt Bewegung", wird Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach, in der "Zeit" zitiert. Ich will's um einen Punkt ergänzen: Die Ladezeiten müssen kürzer werden. In 45 Minuten von fünf auf 97 Prozent Akkuinhalt bei einer 30-kW-Batterie trotz schnellster Lademöglichkeit zehren an den Nerven bei Leuten im Termin-Stress. Doch: Wer seinen Stromer eher im lokalen und regionalen Bereich nutzt, kommt kaum in die Verlegenheit, einen solchen Zwischenstopp einlegen zu müssen. 

Seit knapp neun Monaten fahre ich meinen 106 PS starken Nissan Leaf, mehr als 14.500 Kilometer hat er schon unter den Rädern. In der Regel reicht das nächtliche Laden an der eigenen schnelleren Elektrotankstelle je nachdem für einen Tag, derzeit sogar schon mal für zwei bis drei Tage. Obwohl ich in meinem ersten Winter mit dem flotten Leaf schon merke, wie Zusatzleistungen für Heizung und Gebläse die Reichweite um knapp 20 Kilometer reduzieren. Der Akkuinhalt schrumpft etwas schneller. Eine volle Ladung reicht noch für 160 bis 175 Kilometer (Spitze im Sommer: 209). Doch da muss man keine Angst haben, liegen zu bleiben. Wer aber in den nördlichen Schwarzwald tourt, sollte sich eben vorher noch genauer informieren, wo Zapfstellen stehen. In Altensteig zum Beispiel: im Parkhaus hinterm Rathaus zwei nagelneue Ladestationen, kinderleicht zu bedienen. Weshalb aber das größte regionale Kreditinstitut - das mit dem kräftigen Rot im Markenzeichen - ausgerechnet im Dezember zum Termin in den hintersten Winkel von Bad Teinach einlädt, obwohl es dort zum Laden maximal zu einer lahmen Haussteckdose reicht, lässt einen ratlos zurück und schließlich auf die Fahrt verzichten. Dabei ist gerade diese Bank einer der Vorreiter beim Ausbau einer Ladestelleninfrastruktur mit Stationen am Landratsamt Calw, im Parkhaus Luisenstraße in Pforzheim, an seiner Hauptzweigstelle in Mühlacker ... Und chic machen sich die bankeigenen E-Smarts im Straßenverkehr auch aus. 
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