Dann freut er sich im Stillen




Im Ratssaal nicht namenlos.

40 Jahre im Gemeinderat Mühlacker, zeitgleich gewählt wie Rolf Leo (damals SPD, heute FW). Beide sind wir nun die dienstältesten Mitglieder des Rats, jedoch bei weitem nicht die an Lebensjahren ältesten. Ausgerechnet heute fiel mir ein Essay in die Hände, der 2006 in der Stuttgarter Zeitung erschien: "Der Stuttgarter Stadtrat Michael Kienzle über die Tücken der ehrenamtlichen Kommunalpolitik". Kienzle ist Grüner und damit unverdächtig. Inzwischen Redenschreiber von Ministerpräsident Kretschmann, hat er dem Rathaus längst den Rücken gelehrt. Undank sei des Stadtrats Lohn, steht im ersten Satz des am 20. Februar 2006 erschienenen Textes. Es ist trotzdem ein Plädoyer für kommunale Graswurzeldemokratie. Leider findet sich der Beitrag nicht im Internet, sonst hätte ich einen Link gesetzt. Also gibt's Zitate. "In der Klasse der Politiker sitzen die Kommunalpolitiker ganz hinten." Sie seien rechtlich merkwürdige Zwitter aus Verwaltungsmitgliedern und Mandatsträgern, ehrenamtliche Freizeitpolitiker mit Aufwandsentschädigung, nicht mit Diäten, Übergangsgeldern und Altersversorgung.  

"Und wenn der Stadtrat bei Gelegenheit an schönen Bäumen oder alten Häusern vorbeigeht, für die er sich eingesetzt hat, oder wenn wieder einmal ein Beamter eine öffentliche Einrichtung feierlich einweiht, für die der Stadtrat, aber nicht der Beamte über Jahre gekämpft hat, dann freut er sich im Stillen. Auch wenn am Ende wieder vergessen wird, ihn zu erwähnen." Der Oberbürgermeister begrüße ihn in seiner Ansprache bei offiziellen Terminen auch ausdrücklich, wenn er es nicht gerade vergesse. In den öffentlichen Sitzungen sei der Stadtrat als mitreißender Redner gefordert, auch wenn ihm die Kollegen dort eigentlich nie zuhörten und schon gar nicht umzustimmen seien. Wenn der anwesende Lokaljournalist gut gelaunt sei, zitiere er in seinem Bericht am nächsten Tag einen Satz, den er so gesagt haben könnte.  

Literaturwissenschaftler Kienzle bringt mit feiner Ironie und Humor die Dinge auf den Punkt, ohne sich zu beklagen. Wenn sich die Verwaltung einig sei, lasse sie den demokratischen Eifer des Stadtrats lässig ins Leere laufen. Und wenn es Kritik aus der Bürgerschaft hagelt, verstecke sich die Verwaltung "ironisch hinter den unerforschlichen Beschlüssen des Hauptorgans Gemeinderat, dem sie sich ja leider unterordnen müssten." Trotzdem kommt Kienzle zum Fazit: Kommunalpolitik sei beglückend menschennah, transparent und direkt. "Die Politiker sind dort dicht am Wähler, die Wähler dicht an der Politik." 

Letzteres gilt auch für Mühlacker, das zuvor Geschriebene nicht. Oder doch?  Natürlich. Die Größe der Kommune ist nicht entscheidend, wenn man sich um jeden Kanaldeckel kümmert. Das ist Pflichtprogramm. Klappert der Schachtdeckel nachts, wenn Autos darüber rauschen, ist es für denjenigen, dem der Schlaf gestört wird, das größte Problem. Der Kanaldeckel ist ihm - zurecht! - näher als der Mühlehof. Deshalb ist der Stadtrat gefordert, sich auch um die angeblich kleinen Dinge zu kümmern, die doch zu großen werden können. Dahinter verblassen die ganzen wichtigen Haushaltsdebatten.
"Dann freut er sich im Stillen" vollständig lesen

Liebeserklärung an die Landschaftsspargel



Windrad in Ingersheim (Kreis Ludwigsburg). Bild: Alfred Drossel

"Wind bewegt Baden-Württemberg" heißt ein Flyer des Bundesverbands WindEnergie. Obwohl im Untertitel "Informationen zur Windenergie" steht, darf die Schlagzeile durchaus im doppelten Sinn verstanden werden. Die Landesregierung preist jeden neuen Windpark als Fortschritt, gleichzeitig streicht eine so genannte bürgerliche Mehrheit im Verband Region Stuttgart fast die Hälfte möglicher Windkraftstandorte in einem handstreichartigen Verfahren. Während vor gar nicht so langer Zeit die Mehrheit in einem Bürgerentscheid in der Enzkreis-Gemeinde Engelsbrand für Windkraft votierte, bestimmen die inzwischen erstarkten Gegner  die kommunalpolitische Debatte. Eingedenk der Tatsache, dass die Windkraft-Ablehner in Straubenhardt dem Bürgermeister (SPD) wegen der ihm von seinem Vorgänger (CDU) vererbten möglichen Standorte für Windmühlen das Leben schwer machen, scheuen die Regionalpolitiker in der Region Nordschwarzwald den öffentlich ausgetragenen Streit wie der Teufel das Weihwasser und schieben den Entwurf des Teilregionalplanes Windkraft vor sich her. Zumal das Land mit immer neuen Interpretationen und Auflagen zu Windkraft versus Artenschutz überrascht. 
Derweilen lobt sich die EnBW für ihre höchste Windkraftanlage im Nordschwarzwald und schreibt: "Die von der EnBW betriebene Windkraftanlage in Schopfloch im Kreis Freudenstadt ist ein gelungenes Beispiel, wie eine Gemeinde mit starken Partnern den Weg in eine dezentrale und emissionsfreie Zukunft der Energieversorgung ebnet. Mit einer Nabenhöhe von 138 Metern ist sie die bislang höchste Windkraftanlage der EnBW. Bei dem Projekt mit Pilotcharakter für bis zu 400 Windkraftanlagen in Baden-Württemberg haben die verantwortlichen Ingenieure der EnBW auf Schaltanlagen von Ormazabal gesetzt. Im Turm des Windriesen und in der nahe gelegenen Ortsnetzstation schaltet und verteilt die Anlage vom Typ gae 1250/630 eine Spannung von 20 kV." 

Von diesen technischen Details abgesehen: Das Gros der Bevölkerung wünscht die Energiewende, doch vor Ort tobt die Schlacht um die Windkraft und ähnelt an ideologische Grabenkämpfe. Windräder: umstritten, gehasst, geliebt. Die Heftigkeit des Widerstandes erinnert schon etwas an die der Anti-Atomkraft-Bewegung. Jede Veränderung stößt auf Ablehnung. Bayern opponierte so lange gegen neue Nord-Süd-Stromleitungen, bis die Bundesregierung beschloss, diese weitgehend als Erdkabel zu führen und nimmt ungeniert hohe Mehrkosten in Kauf. Es ist eine irre Debatte in einer widerspruchsvollen Gesellschaft: 65 Prozent finden laut einer Umfrage von TNS Emnid Windenergieanlagen in der Umgebung des eigenen Wohnorts "gut" oder "sehr gut", doch wenn es zum Schwur kommt, behindern die Nein-Sager das Bild. Sonne und Wind schicken keine Rechnung.  Windkraft gilt als die wirtschaftlichste Methode der Erzeugung erneuerbarer Energie - übrigens mit dem geringsten Fördersatz. 

Wer regt sich über Hochspannungsleitungen auf, die etwa von der Umspannstation Pulverdingen quer über Wiesen und Felder wegführen? Das wird als Preis für den Wohlstand hingenommen. Genauso wie riesige Industrieanlagen nach dem Muster von Porsche im Eichwald bei Großsachsenheim oder Thales in Ditzingen - ein Betrieb, der die Landschaft förmlich abriegelt. Und Windkraft? Da wird wegen der angeblichen Verspargelung der Landschaft gezetert. Da fand ich ganz erfrischend ein Plädoyer für diese Verspargelung. Heiner Dörner, Professor am Institut für Flugzeugbau der Uni Stuttgart, schreibt eine Liebeserklärung an die Landschaftsspargel, in der Wochenzeitschrift "Kontext"

O-Ton Dörer: "Der heutige Mensch ist schon ein eigenartiges Wesen: Er möchte alles haben, und zwar sofort, aber er will nichts dafür geben, nicht einmal ein verändertes Landschaftsbild. Vor hundert Jahren gehörten zum prägenden Bild einer Kommune mehrere Windmühlen, besonders im Norden von Deutschland. Diese historischen Bauwerke werden aufwendig denkmalschützerisch gehegt und gepflegt. (...) Mit der Aussage der angeblich zu hohen Subventionierung des Windstroms kann man sich nur blamieren. Wollen die Gegner wirklich die Gegenrechnung zu der Steinkohlesubventionierung oder zu den Kernenergiesubventionen provozieren? Sind die angeblich so günstigen Strompreise aus Kohle- oder Kernbrennstoff-Kraftwerken wirklich reelle Preise?" 



Warteliste




Liebevolles Detail an einem sanierten Fachwerkhaus bei der Kirchenburg.

Die Stadt beantragt beim Land die Aufstockung des Förderrahmens für das Sanierungsgebiets Ortskern Lienzingen um 567.000 Euro. Gleichzeitig soll die Laufzeit, die eigentlich im Dezember 2016 endet, verlängert werden. Schon in fünf  Fällen mussten sanierungswillige Hauseigentümer auf die Warteliste gesetzt werden, weil der Förderrahmen mehr als knapp 3,2 Millionen Euro nicht hergibt. Da sind alle schon geleisteten Zahlungen beinhaltet, ebenso das, was verbindlich geplant ist. Denn das 2007 gestartete Sanierungsprogramm ist zur Erfolgsgeschichte geworden. 50 Sanierungsverträge mit Hauseigentümern sind abgeschlossen, davon konnten 28 schon abgewickelt werden. Dazu kamen öffentliche Projekte: Ausbau Kirchenburggasse, Bädergasse, Spindelgasse, Vorplatz an der Kelter, Gemeindehalle. Die Gassen und Straßen im historischen Ortskern des Etterdorfs sind nun alle in Schuss. An kommunalen Maßnahmen stehen noch die Sanierung von Kelter und Rathaus an. 

Mühlacker hat derzeit vier Sanierungsprogramme laufen: Neben Lienzingen sind es Mühlhausen und Enzstraße/Waldenserstraße, die noch ausreichend dotiert sind, das Programm für den Ortskern Dürrmenz läuft nun endgültig aus, dafür soll der Ortskern Lomersheim aufgenommen werden, was der Gemeinderat einstimmig beschloss, worüber aber letztlich das Land entscheidet. Denn 60 Prozent der Gelder kommen in allen Fällen von Bund und Land, 40 Prozent aus der Stadtkasse. Die Sanierungsgebiete Innenstadt, Großglattbach und Enzberg sind längst abgeschlossen.

SanierungLie1.pdf


Die Breitbandmessung

Auch wenn die Stadtwerke Mühlacker in Zusammenarbeit mit NeckarCom in Lienzingen, Enzberg und Mühlhausen das Bereitbandnetz stark ausgebaut haben, die Telekom die Kernstadt und Großglattbach versorgt, wiederum Kabel-BW den Stadtteil Lomersheim, gibt es gerade in Kernstadt und Lomersheim immer wieder Beschwerden wegen langsamem Internet. Konkret überprüfen lässt sich dies nun mit Hilfe eines Angebots der Bundesnetzagentur: die https://breitbandmessung.de. Die Bundesnetzagentur hat eine Breitbandmessung gestartet, mit der Endkunden schnell und einfach die Geschwindigkeit ihres stationären oder mobilen Internet-Zugangs ermitteln können, heißt es bei com-magazin.de.

Endkunden sollen laut den Transparenzvorgaben des Telekommunikationsgesetzes (§§ 43a, 45n) den Umfang und die Qualität von Telekommunikationsdiensten auf einfache Weise vergleichen können. Die verlässlichsten Ergebnisse liefert das Online-Tool, wenn man es über eine kabelgebundene Netzwerkverbindung aufruft und zuvor alle laufenden Anwendungen auf dem jeweiligen Endgerät schließt.


Dann warten wir mal auf die Beschwerden wegen Schneckentempo bei  der Datenübertragung. Oder auch über Lob!



"Die Breitbandmessung" vollständig lesen