Die neue Schulart und die Opposition




Ein Schüler-Arbeitsplatz in der Gemeinschaftsschule Mühlacker.

Die Debatte um die Gemeinschaftsschule ging heute weiter. Inzwischen zeigt es sich, dass aus Teilergebnissen für eine Schule - die Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen - allgemeine Schlussfolgerungen gezogen werden. Die Geschwister-Scholl-Schule ist eine von insgesamt zehn Gemeinschaftsschulen, die von der Universität Tübingen und den Pädagogischen Hochschulen Freiburg, Heidelberg und Weingarten seit dem Jahr 2013 begleitet werden, schreibt heute die Stuttgarter Zeitung. Der Abschlussbericht mit Grundsatzaussagen zu der neuen Schulart wird demnach im Januar 2016 erwartet. Jede der zehn Starterschulen hat im November einen schulspezifischen Zwischenbericht erhalten. Bekannt wurde jetzt der Bericht der Geschwister-Scholl-Schule. Die Expertise trage tatsächlich den Stempel „nur intern verwenden“. Der Vermerk stamme aber von den Forschern, erfuhr die StZ.


Renate Allgöwer kommentiert in der StZ: "Die Gemeinschaftsschule ist ein lernendes System. Das sollte sie sich eingestehen. Sie braucht Zeit. Die sollten ihr Kritiker lassen – ohne Schaum vor dem Mund." Aber Zeit will die Opposition dieser neuen Schulform nicht geben. Keineswegs aus sachlichen Gründen, sondern weil man eine Steilvorlage für den Wahlkampf sieht und eine Möglichkeit, sich von Grün-Rot abzugrenzen. Das macht der erste Vize-Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, in seinem Facebook-Kommentar deutlich: "Die Gemeinschaftsschule, wie die Landesregierung euphemistisch ihre Variante der Gesamtschule nennt, taugt nichts. Das Urteil fällt vernichtend aus." Guido Wolf, CDU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2016, versucht mit seinem 7-Punkte-Katalog die Rückabwicklung durch die Hintertür eines von ihm ungeliebten Projekts zu erreichen. Darauf reagierte der Verein für Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg: Es sei der Versuch, eine unfertige Studie über eine einzige Schule zu verallgemeinern, um die neue Schulart zu verunglimpfen.


Nur wegen billigem Wahlkampfgetöse bleibt die Sachlichkeit auf der Strecke. Das ist traurig. Weil damit alle Gemeinschaftsschulen abgestempelt werden, engagierte Lehrer und zufriedene Schüler nicht mehr zählen. Plötzlich wird so getan, als sei beim herkömmlichen Schulwesen alles in bester Ordnung. Ich finde, die Gemeinschaftsschule Mühlacker leistet gute Arbeit. Wie viele andere auch. Das zählt für mich. Meinen Wolf, Hauk & Co, nur Wähler der Grünen und Roten schicken ihre Kinder auf Gemeinschaftsschulen? Es sind auch Schwarze, die sich ihre Schule nicht kaputt reden lassen und die überzeugt sind, eine gute Entscheidung getroffen zu haben - sie möchten nicht der Spielball möglicherweise wechselnder Mehrheiten im Landtag werden. Vertrauensschutz muss auch die jetzige Opposition garantieren. Jetzt aber versucht sie sich als Kaputtredner. Leider. Doch der Philologenverband als Wahlvolk reicht als Mehrheitsbringer nicht.




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Ja zur Gemeinschaftsschule




Thorsten Bohl

Thorsten Bohl, promoviert und habilitiert, arbeitete früher als Realschullehrer und lehrt inzwischen an der Universität Tübingen. Er soll in einem Gutachten ein vernichtendes Urteil über die Gemeinschaftsschule am Beispiel der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen gefällt haben, schreibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) und wählt dafür die reißerische Überschrift "Schwäbisches Himmelfahrtskommando". Das Gutachten werde vom baden-württembergischen Kultusministerium unter Verschluss gehalten und trage den Aufdruck "Für den internen Gebrauch". Schon am Sonntagabend verlinkten erste CDU-Politiker auf Facebook zu dem FAS-Text. Heute nun holten CDU- und FDP-Landtagsfraktion den Hammer raus. Das Kultusminister solle die Geheimniskrämerei um die Gemeinschaftsschul-Studie umgehend beenden, verlangte der freidemokratische Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Sein christdemokratischer Kollege Guido Wolf weiß schon: „Geheimgehaltenes Gutachten bringt Defizite der Gemeinschaftsschule ans Licht“. Er kennt nur den FAS-Bericht und schlussfolgert trotzdem: Eltern und Schulträger seien bislang getäuscht worden, indem die offensichtlich bekannten Defizite verheimlicht worden seien. Flugs schiebt er einen 7-Punkte-Katalog nach. Rülke schlägt eine ähnliche Tonart an: Angesichts des geradezu als heilsbringend angepriesenen grün-roten Prestigeprojekts hätten die Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf, vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse zu erfahren. 


Wolf und Rülke ziehen schon heftige Schlussfolgerungen aus dem Papier, von dem sie fordern, dass es ihnen erst noch vorgelegt werden soll. Aber ihr Urteil fällt vor dem Lesen. Eine umgedrehte Reihenfolge, die dem Landtagswahlkampf geschuldet ist. Und was erklärt der Sprecher des Kultusministeriums im SWR-Fernsehen am Abend? Dem Ministerium liege keine Studie vor, also könne sie der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden. Eine wissenschaftliche Begleitung der Gemeinschaftsschulen sei von Anfang an vorgesehen worden. Die Frage: Für wen hat Professor Bohl nun die Studie geschrieben, hat er möglicherweise die Arbeit an einer einzigen Schule verallgemeinert? Wir wissen es nicht. Doch die Reaktionen der Opposition im Landtag, auf der ständigen Suche nach Munition gegen die Landesregierung, verrät eines: Auch wenn sie für den Fall eines Wahlsieges eine Bestandsgarantie abgibt, auf schleichendem Weg würde versucht, der GMS die Besonderheiten zu nehmen, die sie auszeichnet - das verrät der Wolf'sche 7-Punkte-Katalog. Abschaffung durch Aufweichung. Muss eine Schulform zum Gegenstand ideologischer Grabenkämpfe werden? Nein! Kinder und Eltern müssen darauf vertrauen, dass das Rad nicht zurückgedreht wird. Kommunen gaben (mit Stimmen der CDU-Ratsfraktionen) viel Geld aus, um Gemeinschaftsschulen einzurichten - auch sie haben kein Interesse daran, Opfer einer krampfhaften Abgrenzungspolitik zu werden. Ich werbe in der Union dafür, der Gemeinschaftsschule auch nach einem eventuellen Regierungswechsel alle Chancen zu lassen und weitere Schulen des neuen Typs zuzulassen.


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Die Sehnsucht nach der ewigen Gartenschau




Der Sommerflor muss bleiben.

Das Ende naht. Das Ende der Gartenschau Enzgärten 2015 in Mühlacker. Die Einladung zur Abschlussveranstaltung am 13. September um 10 Uhr ist von der Stadt schon verschickt worden. Doch je näher der 128. und damit der letzte Tag des Grünprojekts rückt, um so mehr wächst die Sehnsucht nach der ewigen Gartenschau, der dauerhaften Fortsetzung des Sommermärchens an der Enz. Einfach deshalb, weil das Projekt zum Riesen-Erfolg wurde, von allen Seiten in den höchsten Tönen gelobt, begünstigt von einem Dauer-Sommer, gerühmt wegen seiner Vielfalt auch bei den Veranstaltungen. Mühlacker, die sympathische Stadt, die die Menschen anzieht. Eine Gartenschau, die auch durch Konzerte, Kabarett, Lesungen, Poetry Slam und anderes den Einheimischen das Gefühl vermittelt, sich nicht (mehr) aus Langeweile nerven zu müssen. Immer ist etwas los. Und dafür war unsere Stadt bisher nicht gerade bekannt. Noch eines zeigte sich: Große Kulturtermine brauchen nicht den Parkettboden (des Mühlehofs), dafür reicht auch ein Betonboden und eine Holzwand als Hallenabschluss (der Heinzelmannhalle). Ganz neue Erkenntnisse. Damit soll in vier Wochen Schluss sein? Plötzlich das große Loch? Rückkehr zu einem Mühlacker, wie es vorher war? 

Diese Erfahrung des nicht enden Wollens machten auch andere Gartenschaustädte. Die Gemeinde Nordheim legte alle zwei Jahre ein zeitlich befristetes Folgeprogramm auf und hielt das bis 2013 durch. Sigmaringen, das vor zwei Jahren die kleine Gartenschau ausrichtete, versuchte dieses Jahr mit einem mehrwöchigen  Blütenzauber daran anzuknüpfen - mit sehr mäßigem Erfolg. Denn die Gartenschau-Atmosphäre, der besondere Kick, fehlte. Deshalb gab es bisher auch nirgendwo  eine ewige Gartenschau. Den Kommunen fehlt dazu - wenn man mal bei aller Euphorie wieder auf den schnöden Mammon blicken darf - das Geld. Die Gartenschau ist einmalig und mit der Garantie versehen, dass noch in den Jahren davon geschwärmt wird. Sie verpufft nicht, sondern hat Folgen. 

Denn vieles bleibt. Bei uns wahrscheinlich mehr als zunächst geplant, vor allem beim Sommerflor. Mühlacker muss weiterhin blühen (im Übrigen auch die Innenstadt) Die Details legt der Gartenschauausschuss des Gemeinderats bei einer Begehung am 31. August mit. Klar ist: Mehr Grün erfordert auch mehr Pflege. Deshalb werden wir als Gemeinderat zusätzliche Mittel bereitstellen müssen. 
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