Durchgekommen!




Kein Zug fährt nach Nirgendwo. Aber doch ...

Gretchenfrage am heutigen frühen Morgen: Setze ich mich heute ausnahmsweise ins eigene Auto, um ins Büro zu fahren, oder überliste ich Herrn Weselsky und seine streikenden Lokführer? Ich wag‘s und nehm‘ den Zug. Doch der Blick aufs Smartphone ist ernüchternd. Bei fast allen Verbindungen, die die App „DB-Navigator“ anzeigt, steht „Es liegen aktuelle Informationen vor“. Das verheißt nichts Gutes! Einen Klick weiter folgt die Enttäuschung: „Fahrt fällt aus“. Wie hieß es doch vorhin im Radio? Laut einem Sprecher der Bahn würden 50 Prozent der Regionalzüge fahren? Also jeder Zweite. Das gilt aber offenbar nicht für die Strecke zwischen Mühlacker und Ludwigsburg.

Was mich wundert: Der P+R-Platz am Bahnhof Mühlacker ist keineswegs wie leer gefegt. Sonst ist er zwar proppevoll, doch heute ist immerhin die Hälfte der Plätze belegt. Hartgesottene Bahnfahrer lassen sich auch durch rebellische Lokführer nicht abschrecken, den Zug zu nehmen. Der freundliche Beamte im Reisezentrum der Bahn beantwortet die Frage, ob er mit einem Ersatzfahrplan dienen könne, mit einem nicht minder freundlichen „Ja!“ Er greift sich sofort sein Exemplar („das haben sie heute Morgen gefaxt“) und kopiert es. Der geschrumpfte Fahrplan passt auf zwei Din-A-4-Blätter. Immerhin.

Der Blick auf das Papier lässt Hoffnung wachsen. 7.55, 9.55, 11.55 Uhr. Statt eines Halbstundentaktes gibt es an den Streiktagen einen Zweistundentakt. Zusätzlich rollen die gelben Wagen der Albtalverkehrsgesellschaft (AVG) aus Richtung Karlsruhe gen Bietigheim-Bissingen und durchlöchern die Streikfront.

Ich erwische nach einer halben Stunde des Wartens die S 5 der AVG, die pünktlich auch in Vaihingen, Sersheim, Sachsenheim und Ellental hält. An der Endstation Bietigheim reicht es zum Umstieg auf den Regionalexpress nach Ulm mit Stopp in Ludwigsburg. Durchgekommen! Das Reiseabenteuer ist erfolgreich beendet.
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