Chef, Herr oder was?

Ja, so soll Zeitungslesen sein. Weiterbildend! Der geneigte Leser soll nicht nur Neues erfahren, sondern auch Neues lernen. Also weiß ich nun, dass der Landrat des Enzkreises „Herr über 28 Kommunen“ (Printausgabe vom 30. Januar 2015) - oder "Chef" - ist. Bisher ging ich immer davon aus, dass es eine kommunale Selbstverwaltung gibt und somit die Gemeinden ihre Dinge selbst regeln. Im Rahmen der Gesetze natürlich. Und dass der Landkreis die Gemeinden unterstützt und zu einem gerechten Ausgleich ihrer Lasten beiträgt sowie Aufgaben übernimmt, die zu tragen eine einzelne Gemeinde überfordern würde (zum Beispiel Kliniken und Berufsschulen). Der Landkreis ist also ein Verband der Kommunen, keine Ober-Gemeinde (auch wenn manche im Landratsamt dies meinen) und maximal Rechtsaufsicht, die danach schaut, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden (und dies auch nur bei Städten und Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern). Aber der Landrat ist kein Herr über die Gemeinden, weil die Inhalte der Kommunalpolitik vor Ort von den dafür gewählten Personen bestimmt werden. Die Zeiten der Landräte, die sich noch als Kreisfürsten wähnen, sind vorbei. Oder doch nicht? 2003 sagte die damalige Regierungspräsidentin Gerlinde Hämmerle bei der ersten Amtseinsetzung von Karl Röckinger als Landrat des Enzkreises ironisch, er sei nun auf dem "Weg zum Sonnenkönig". Manche(r) mag dies auch glauben. Und so lernen wir alle noch dazu.