Unterwegs zur Stadthalle
Nach den Hallen in Wehingen bei Rottweil und Nürtingen im April, Niefern Ende September standen gestern bei der dritten und hoffentlich letzten Hallen-Informationsfahrt des Mühlacker Gemeinderats das Kultur- und Kongresszentrum K in Kornwestheim sowie die Barbara-Künkelin-Halle in Schorndorf auf dem ganztägigen Programm. Nebenbei: Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, warten wir noch lange auf eine neue Stadthalle. Bei deren Planung zählen die mit dem Mühlehof gemachten Erfahrungen, aber auch die anderer kommunaler Hallenbetreiber. Diese sollen in Raumprogramm, Planung und Betriebskonzept einfließen. Wichtig ist, in diese Diskussion jetzt einzusteigen, nachdem der Abbruch des Mühlehofs sichtbare Fortschritte macht. Bis Dezember 2018 soll der Beton-Koloss weg sein.
In Kornwestheim (31.000 Einwohner) sahen wir eine ungewöhnliche Kombination: Stadthalle mit Stadtbücherei oben drauf. OB Ursula Keck präsentierte das 25 Millionen teure Projekt mit Theatersaal (421 Sitzplätze), Festsaal (674), drei Seminarräumen, Bibliothek und Büros für ein städtisches Amt. Die Bücherei bringt zusätzliches Publikum, sie ist in den Gesamtkosten mit sieben Millionen Euro beinhaltet. Pro Jahr schießt die schuldenfreie Kommune für das Gesamtpaket 1,4 Millionen Euro zu, was nicht ohne Debatten im Gemeinderat abläuft. Ob Tagungen, Familienfeiern, Theateraufführungen oder Konzerte – das K ist gefragt.
Die Barbara-Künkelin-Halle in der 39.000 Einwohner zählenden Remstal-Stadt Schorndorf war zweite und letzte Station. Schorndorfs Halle - vor 18 Jahren eröffnet, in der Form eines überdimensionalen Konzertflügels - gab es für 12 Millionen Euro. Sie ist zwei Nummern kleiner als das K in Kornwestheim, hat drei unterschiedlich große Säle (620, 180 und 80 Plätze, wobei die beiden größeren miteinander verbunden werden können) sowie ein multifunktionelles Raum- und Technik-Konzept. Die Vorgänger-Halle am selben Platz war nach 98 Jahren abgebrochen worden. Der jährliche städtische Zuschuss: 460.000 Euro. In Kornwestheim und Schorndorf sind die jeweils zwei Foyers zunehmend als Veranstaltungsräume beliebt. „Wir könnten noch mehr kleinere Räume vermieten, die sind gefragt“, hieß es unisono in beiden Kommunen. Und noch ein Rat: Die Küche nur professionellen Nutzern überlassen.
Rund 380 Veranstaltungen im Jahr in Kornwestheim (entspricht 670 Belegungen der Räume): 50 städtische und 330 externe Veranstaltungen, in Schorndorf zwischen 280 und 380 Veranstaltungen: Eine solche Halle braucht auch ausreichend Personal (sieben feste Stellen in Kornwestheim, fünf in Schorndorf). Das lässt sich nicht sozusagen im Zweit-Job von den Mitarbeitern der Volkshochschule erledigen, wie es beim Mühlehof der Fall war. Pluspunkte bringt ein Parkhaus, von dem aus es trockenen Fußes in die Halle gehen lässt, was Mühlacker auch künftig zu bieten hat. Nachbarn beider Hallen: ein Restaurant.
Am 28. September 2013 wurde in Kornwestheim das K eröffnet, das Tradition (der alte Theatersaal, einstmals Kino) und Moderne (die neuen Gebäudeteile) zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen lässt. Claudia Münkel, Leiterin sowohl des K als auch des Fachbereichs Kultur und Sport der Stadt Kornwestheim, bietet auch Trauungen im K an. Als Eheschließungsstandesbeamtin darf ich rechtskräftig trauen. Das Gleiche gilt übrigens auch für einige meiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Wenn also ein Paar den Wunsch hegt, sich dort das Jawort zu geben, wo es sich kennengelernt hat, also etwa im Theatersaal bei einer Veranstaltung, dann können sie sich den erfüllen, und wir erheben die Glücklichen quasi mit der Hebebühne aus dem Orchestergraben in den Stand der Ehe.
Der Weg zu den beiden Hallen war nicht ohne Stolpersteine, löste heftige kommunalpolitische Streitereien aus.
Im Jahr 1967 beschloss der Gemeinderat der Stadt Kornwestheim, das ehemalige Kino „Koralle“ zu einem Konzert- und Theaterhaus umzubauen. Dieses wurde im Jahr 1974 eröffnet. Im Oktober 2006 musste das Gebäude wegen einer Asbestbelastung geschlossen werden. Im Mai 2011 wurde nach vierjähriger Planungsphase ein Kombi-Bau, bestehend aus Stadtbücherei und Kulturhaus, beschlossen – vorausgegangen waren dieser Entscheidung heftige Debatten über Kosten, Obergrenzen und ob es richtig ist, die Stadtbibliothek ans K zu holen, und die deutliche Abwahl des Oberbürgermeisters Ulrich Rommelfanger, dem Keck folgte.
Inklusive Bibliothek erweist sich als Glücksfall. Eine Idee auch für Mühlacker? Gedankenspiele dazu gibt es.
Im ersten Jahr des neuen Millenniums, am 25. Oktober 2000, wurde die Babara-Künkelin-Halle vom damaligen (streitbaren) Schorndorfer Oberbürgermeister Winfried Kübler feierlich eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben. Ihre relativ kurze Planungs- und Bauphase war von heftigen Auseinandersetzungen begleitet, die einen Graben durch die Bevölkerung zogen und sie in zwei Lager spaltete. Zudem geriet die Stadthallenplanung bei der Bevölkerung in Konkurrenz zu einem von vielen favorisierten Hallenbad-Neubau. Skepsis gegenüber einer fehlenden „kulturellen Konzeption“ für das neue Bürgerhaus und einem gefürchteten hohen jährlichen Abmangel kam auf. Manche argwöhnten, die neue Halle sei für Vereine und deren Veranstaltungen in Zukunft unerschwinglich und dass sie Kürzungen bei bereits etablierten, „alternativen“ kulturellen Einrichtungen nach sich ziehen werde. Doch ein Bürgerbegehren gegen die geplante Halle scheiterte. Auch wenn die Befürchtung laut wurde, dass sich die Stadt mit den Kosten von rund 15 bis 20 Millionen übernehmen würde.
Irgendwie erinnert mich das an unsere langjährigen und zähen Debatten um den Mühlehof. Oder?
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