Das elektrisiert, das macht neugierig



Die Pressemitteilung der Enzkreis-Kliniken als Wort-Wolke.

Die Überschrift auf Seite eins der heutigen PZ hat mich doch leicht irritiert: "Todesfälle im Krankenhaus im Blick". Ja, gibt es denn zuviele, fragt sich der Leser folgerichtig. Erstmals hätten die Enzkreis-Kliniken an einer Aktion der Initiative Qualitätsmedizin teilgenommen und die Zahl verstorbener Patienten im Internet zugänglich gemacht, steht dann im Text. Das Motto "Jede(r) Tote ist zuviel" wird als ein besonderes Qualitätsmerkmal aufgearbeitet. Die lokalen Medien springen darauf gleich an. Der neue Medizinische Geschäftsführer der Regionalen Kliniken Holding, Jörg Martin, suchte einen spektakulären Auftakt. Und fand ihn. Die Schlagzeilen geben ihm recht. Gibt es zu viele Tote in einer Klinik? Das elektrisiert, das macht neugierig. Es sind extra für jede der drei Klinikengesellschaften - Enzkreis, Karlsruhe und Ludwigsburg - gesonderte Pressemitteilungen aufgearbeitet worden. Und dazu gab es noch eine Webkonferenz mit den Medienvertretern, aber offenbar mit bescheidenem Erfolg. Dass die Aufsichtsräte der Klinikengesellschaften die Daten bis jetzt nicht haben - geschenkt! Aber die Qualität eines Krankenhauses auf den Tod zu reduzieren, erfordert von uns allen die geistige Wende. Wie wäre es mit positiven Ergebnissen der Behandlung als Maßstab, mit der Qualität ärztlicher und pflegerischer Versorgung, mit positiver Resonanz auf das Essen, mit einem Wohlfühl-Klima in den Räumen? Neue Besen kehren gut, sagt der Volksmund. Aber alles gleich wegzukehren?
Von offener Fehlerkultur ist zu lesen, vom Club der Mutigen (Martin), von einer Premiere. Ich wundere mich. Das alles ist nicht neu. Es gibt den QuMiK-Verbund, der im Jahr 2001 von fünf großen kommunalen Klinikträgern aus Baden-Württemberg gegründet wurde. Die Abkürzung „QuMiK“ steht für Qualität und Management im Krankenhaus. Seit 2005, als die Enzkreis-Kliniken mit der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH die Holding bildeten, gehören auch die Häuser Mühlacker und Neuenbürg dazu. Und was tut QuMiK? Der Verbund veröffentlicht jährlich Qualitätsberichte, liefert sie gedruckt, mit schönen bunten Bildern und vielen Grafiken, stellt sie ins weltweite Netz und wer will, konnte schon bisher daraus ersehen, wie viel Todesfälle es in den einzelnen Kliniken gab. Nur hat es niemand interessiert. Vielleicht weil sich alle scheuten, Todesfälle zum ausschließlichen Qualitätsmaßstab (ein Widerspruch in sich) zu machen. Jedes Jahr legte die Geschäftsführung auch den Aufsichtsräten je ein Exemplar auf den Tisch, sahen aber keinen gesonderten Erläuterungsbedarf. Schließlich sollten die Zahlen für sich sprechen.
Ach ja. wer will, kann sich schlau machen. Hier stehen die QuMiK-Berichte (ab 2010) zum Lesen und Herunterladen. Zum Gruseln reichen die Zahlen jedoch nicht. Aber zum Qualitätscheck.
Und hier gibt es die Pressemitteilung der Enzkreis-Kliniken mit den Daten für die Häuser in Mühlacker und Neuenbürg - auf dieser Seite umgesetzt in eine Wort-Wolke, die die zentralen Begriffe herausgearbeitet hat. Ganz großsteht: Transparenz.

Kirchtürme sind eine Geschichte für sich



Lienzingen: Kirchturmdach auf achteckigem Grundriss.


Sein doch etwas ungewöhnliches Steckenpferd sind Kirchtürme: 70 im Zabergäu und Stromberg hat Dr. Tilmann von der Kall aus Güglingen bereits auf seiner Liste. Der frühere Leiter des Staatlichen Forstamtes Lienzingen, - später des Forstamtes Güglingen und dann in der Forstverwaltung des Landes - sprach heute Abend in der Sandbauernstube in Sternenfels über Helme und Hauben historischer Kirchtürme. Bei dieser Veranstaltung der Regionalgruppe Stromberg-Mittlere Enz des Schwäbischen Heimatbundes drehte es sich nicht nur um die Formen, sondern auch um das dabei verwendete Bauholz, insbesondere Floßholz. Breit, steil, schlank, dick oder nur mit einem breiten Ansatz und nach oben hin spitz - Kirchtürme sind eine Geschichte für sich.
Das hohe Helmdach in Mühlhausen an der Enz lässt demnach auf mittelalterliche Bauzeit schließen, das Zeltdach der Lienzinger Kirche - auch in der Kategorie Helmdach - mit dem achteckigen Grundriss schätzt Kall auf die Zeit um 1750. Ein Haubedach ziert unter anderem die Kirche in Zaisersweiher. Das Pyramidendach des Hohenhaslacher Gotteshauses hat eher Seltenheitswert. Schriftliche Quellen, dentrochronologische Untersuchungen, Bewertungen aufgrund der Holzkonstruktionen im Dachstuhl (verzapft? verblattet?) - das sind Kriterien, die Kall anwendet. Und wenn es Flößerholz ist, steht fest: Der Einbau war vor 1850. Da hörte die Flößerei auf der Enz auf. Meist lieferte der eigene Wald nicht die notwendigen Hölzer für den Kirchenbau.
Doch wo ist Flößerholz verwendet worden? In der Lienzinger Kirche demnach nicht. Offenbar ließ sich das Baumaterial in ausreichender Zahl im heimischen Forst gewinnen. Die Regionalgruppe des Schwäbischen Heimatbundes sucht jedenfalls Floßholzdetektive, die eine flächendeckende Erhebung über die Verwendung von Bauhölzern unter Leitung des Mittelalterarchäologen Tilmann Marstaller vornehmen. Die Pläne sind heute Abend vorgestellt worden. Ein Projekt, das bis 2015 laufen soll. Die Ergebnisse sollen in einer Datenbank gesammelt und - wissenschaftlich aufbereitet - veröffentlicht werden. Marstaller machte sich auch schon mit seiner dentrochronologischen Untersuchung von Gebäuden im Ortskern Lienzingen als der Mann mit dem Bohrer einen Namen. Woran ist Flößerholz erkennbar? Na, an Flößernasen!


VorlageSHB-Regionalgruppe