Kirchtürme sind eine Geschichte für sich



Lienzingen: Kirchturmdach auf achteckigem Grundriss.


Sein doch etwas ungewöhnliches Steckenpferd sind Kirchtürme: 70 im Zabergäu und Stromberg hat Dr. Tilmann von der Kall aus Güglingen bereits auf seiner Liste. Der frühere Leiter des Staatlichen Forstamtes Lienzingen, - später des Forstamtes Güglingen und dann in der Forstverwaltung des Landes - sprach heute Abend in der Sandbauernstube in Sternenfels über Helme und Hauben historischer Kirchtürme. Bei dieser Veranstaltung der Regionalgruppe Stromberg-Mittlere Enz des Schwäbischen Heimatbundes drehte es sich nicht nur um die Formen, sondern auch um das dabei verwendete Bauholz, insbesondere Floßholz. Breit, steil, schlank, dick oder nur mit einem breiten Ansatz und nach oben hin spitz - Kirchtürme sind eine Geschichte für sich.
Das hohe Helmdach in Mühlhausen an der Enz lässt demnach auf mittelalterliche Bauzeit schließen, das Zeltdach der Lienzinger Kirche - auch in der Kategorie Helmdach - mit dem achteckigen Grundriss schätzt Kall auf die Zeit um 1750. Ein Haubedach ziert unter anderem die Kirche in Zaisersweiher. Das Pyramidendach des Hohenhaslacher Gotteshauses hat eher Seltenheitswert. Schriftliche Quellen, dentrochronologische Untersuchungen, Bewertungen aufgrund der Holzkonstruktionen im Dachstuhl (verzapft? verblattet?) - das sind Kriterien, die Kall anwendet. Und wenn es Flößerholz ist, steht fest: Der Einbau war vor 1850. Da hörte die Flößerei auf der Enz auf. Meist lieferte der eigene Wald nicht die notwendigen Hölzer für den Kirchenbau.
Doch wo ist Flößerholz verwendet worden? In der Lienzinger Kirche demnach nicht. Offenbar ließ sich das Baumaterial in ausreichender Zahl im heimischen Forst gewinnen. Die Regionalgruppe des Schwäbischen Heimatbundes sucht jedenfalls Floßholzdetektive, die eine flächendeckende Erhebung über die Verwendung von Bauhölzern unter Leitung des Mittelalterarchäologen Tilmann Marstaller vornehmen. Die Pläne sind heute Abend vorgestellt worden. Ein Projekt, das bis 2015 laufen soll. Die Ergebnisse sollen in einer Datenbank gesammelt und - wissenschaftlich aufbereitet - veröffentlicht werden. Marstaller machte sich auch schon mit seiner dentrochronologischen Untersuchung von Gebäuden im Ortskern Lienzingen als der Mann mit dem Bohrer einen Namen. Woran ist Flößerholz erkennbar? Na, an Flößernasen!


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