Porth, Lienzingen und die Feuerwehrspritze



Das Meisterstück: Porths Feuerwehrspritze von 1861.

Wer war Johann Georg Porth, der 1861 und damit vor 150 Jahren eine Feuerwehrspritze für die Feuerwehr der Gemeinde Lienzingen gebaut hat? Das fragten sich manche kürzlich beim Jubiläumsfest. Meine Rückfrage beim Stadtarchiv Speyer förderte wenig an den Tag ("Georg Porth ist hier in den vorhandenen Unterlagen als Turmuhrenfabrikant eingetragen"). Einiges an Klarheit bringen Informationen auch aus Speyer, für die ich Herrn Kauer danke, der sie zusammengetragen und formuliert hat. Alles dreht sich um die Adresse Wormser Straße 30:

Am 1. Dezember 1833 verkaufen Sophia Reiling und ihre Kinder das Gesamtanwesen (eingeschossiges Wohnhaus, großes Gartenhaus bzw. Tanzsaal mit Wirtschaft, ein Nebengebäude sowie ein Badhaus) an den Mechanicus und Uhrmacher Johann Georg Porth (1795 - 1867). Porth stammt aus dem pfälzischen Gaugrehweiler. Das oft angegebene Gründungsjahr seines Betriebes, 1825, war bislang nicht belegbar; es beruht wohl auf mündlicher Familienüberlieferung. Der Firmengründer scheint schon in jungen Jahren zu Fertigung und Reparaturen in zahlreiche pfälzische Gemeinden gereist zu sein. Er ist insgesamt zweimal verheiratet. Nach dem Tod seiner ersten Frau 1843 heiratet der Witwer drei Jahr darauf eine Witwe.
In Speyer niedergelassen hat sich Johann Georg Porth frühestens 1830/31, möglicherweise zunächst in Miete. Angeblich zog ihn der mögliche oder direkte Auftrag für den Bau der neuen Domuhr hierher. Chronist Franz Xaver Remling berichtet 1861 - also dem Jahr des Bau der Lienzinger Feuerwehrspritze -, dass Porth die von ihm gebaute Uhr im Jahr 1833 für den Preis von 2400 fl lieferte. Sie schlägt die Stunden erstmals am 15. Oktober 1833. Im folgenden Jahr ist Porth Bürger der Stadt geworden. Sein gleichnamiger ältester Sohn wird sein Nachfolger, schließt gleichfalls zwei Ehen.
Hin und wieder finden sich in der zeitgenössischen Presse Werbe- beziehungsweise Lobanzeigen von zufriedenen Kunden des Großuhrenmachermeisters. Ein Beispiel: Ende 1860 baut er eine Turmuhr für das Kloster der Armen Franziskanerinnen in Pirmasens.
Nach dem Tod von Johann Georg Porth jun. 1892 kommt es zu einer Teilung des Gesamtbetriebs. Sein ältester Sohn trägt die traditionsreichen Vornamen in dritter Generation, verstirbt jedoch schon 1881. So wird Karl Friedrich Porth (1859 - 1912) Erbe des Betriebs. Der 1889 geborene Ludwig Erwin Porth übernimmt den Betrieb im Jahr 1911 und führt ihn bis zu seinem Tod 1959. Da sein Sohn und Erbe Karl Heinz in Russland gefallen war, übernimmt sein Schwager Fritz Hofmann den Traditionsbetrieb, der nun als "Turmuhrenbau L.Porth, Nachfolger Fritz Hofmann" firmiert und bis Anfang der 1970er Jahre besteht. Zu dieser Zeit ist die Firma längst umgezogen in die Werkstraße 3 (wohl 1932/34). Ende Dezember 1955 wird das Gebäude Wormser straße 30 abgerissen.
Soweit die Schilderung von Herrn Kauer.

Offenbar hatte Porth zeitweise einen zweiten Geschäftszweig: den Bau von Feuerwehrspritzen. Möglicherweise finden sich in Archiven auch noch Hinweise darauf, wie Porth den Auftrag aus Lienzingen bekam und was die Kommune dafür bezahlte. Immerhin hatte die Gemeinde nach der 1855 erfolgten Grundstocksberechnung ein schuldenfreies Geldvermögen von 10.100 Gulden [Friedrich Wissmann "Das Ortsbuch von Lienzingen", 1970, Walter-Verlag, Seite 171].

Für Einheimische, Reing'schmeckte, Zug'reiste und Gäste



Viele Besucher am Abend des ersten Tages des Kirchenburgfestes.

Heute und morgen: Kirchenburgfest in Lienzingen

Ich habe einmal nachgeschaut, wann das erste Kirchenburgfest war: am 29. und 30. August 1987. Damals feierten wir Lienzinger hier den Abschluss der Sanierungsarbeiten an den Kirchengaden. Bei genauer Betrachtung haben wir diesmal ein Jubiläum. Die Arbeiten hatten im Mai 1986, also vor 25 Jahren begonnen. Und zur Einweihung 1987 kamen viele Gäste, unter ihnen auch Herzog Carl von Württemberg als Vorsitzender der Denkmalstiftung Baden-Württemberg, die 50.000 DM - unsere gute alte Mark - für das Projekt gegeben hatte.

Rund 700.000 DM hatte die Erneuerung gekostet, überwiegend aufgebracht von Stadt und Eigentümern. Dabei war die Sache im Gemeinderat nicht unumstritten. Zwei Kollegen riefen empört aus, als sie die Zahlen sahen: „Dia Hasaställ gehörat abgrissa!“ Doch die Mehrheit des Gemeinderats beschloss die Sanierung der alten Vorratskammern. Bei der Einweihung am 27. August bezeichnete der spätere Landrat Burkhart die Anlage als herausragendes Baudenkmal im Enzkreis, durchaus vergleichbar mit dem – wenn auch ein bisschen größeren – Kloster Maulbronn und der Tiefenbronner Kirche.

Und es gab sogar einen lyrischen Richtspruch, vorgetragen von Zimmermeister Ulrich Heinzelmann. Elf Verse sind es, die auch im Jahrbuch des Enzkreises von 1988 nachzulesen sind. Ich will einen Vers zitieren:

Erscht wenn’s freigelegt isch, ko mer kalkuliera/
Was des alles koscht, des Saniera./
Mir Handwerker hend ons schier müassa verrenka/
Zwischa Denkmalschutz und Koschtadenka./
Ond mancher Gadab’sitzer hat sich net scheniert/
„I will was Rechts’s, do wird net bloß repariert!“/
Mit Omsicht ond Gschpür, um Ehr und Lohn/
Henn se gschafft, Kälberer Großvadder, Vadder ond Sohn/
Maurer, Gipser, Dachdecker, Flaschner und Schreiner/
G’faulenzt hat ganz sicher koiner./
So kann i mit Stolz saga:/
Onser Gschäft kann sich seha lasse.“

Allerdings fügte er auch hinzu:

„S’Gada saniera isch a Ehr,/
Aber s’macht d’r Beutel leer.“

Doch ohne dieses „Gschäft, das sich seha lassa“ kann, hätten wir heute wohl weder das Kirchenburgfest noch die Gaden-Weihnacht.

Beide haben sie sich zu einem Markenzeichen von Lienzingen entwickelt, einem Fest der Dorfgemeinschaft, zu dem Auswärtige ausdrücklich zugelassen sind. In der Sprache des Marketings würde man sagen: ein Alleinstellungsmerkmal. Also etwas, was unser Lienzingen von anderen unterscheidet, aber auch hervorhebt.

Es ist dieser geschützte Bereich im Kirchhof, zwischen Gaden und der Peterskirche, der für eine heimelige Atmosphäre sorgt. Das ist ein Platz, an dem man sich wohlfühlt, der einfach gemütlich ist, eine Sache fürs Herz. Gerade auch das macht Lienzingen so liebenswert.

Also: Investitionen in die Vergangenheit zahlen sich auch für die Zukunft aus. Wenn nun auch noch das alte Schulhaus, das mit der Kirche ein Ensemble bildet, saniert werden könnte, wären wir alle froh. Und vielleicht kann auch eine Gade einmal als kleiner Ausstellungsraum zur Lienzinger Geschichte genutzt werden. Denn Lienzingen ist, wie der Schriftsteller Franz von Sayn-Wittgenstein 1975 in seinen Reisebeschreibungen „Am Neckar und am Rhein“ zu Papier brachte, eine der Perlen des Unterlandes. Diese Perle wollen wir als Stadt auch mit dem Sanierungsgebiet in der Ortsmitte pflegen, das gerade Halbzeit hat und das genutzt werden sollte. 

Einheimische, Reing'schmeckte, Zug'reiste und Gäste - auch aus Mühlacker - , ein solches Fest lebt genauso von den Menschen, die es vorbereitet haben, die das Programm gestalten, die Angebote machen mit Nahrhaftem für Magen und Geist und wie von denen, die das Fest besuchen. 

Vor allem den Organisatoren dankte ich heute als OB-Stellvertreter auch namens der Bürgerschaft für ihr Engagement, auf dass es nimmer erlahme. Es ist das Gemeinschaftswerk von örtlichen Vereinen, Gruppen, der Feuerwehr und Institutionen wie die Grundschule - alle zusammen mit der evangelischen Kirchengemeinde. Es ist generationenübergreifend. Bei einer Person laufen so die meisten Fäden zusammen, bei Pfarrer Karl Frank. Wahrscheinlich nicht nur, weil er Pfarrer ist, sondern auch weil er organisieren können. Eines trifft auf jeden Fall heute auch noch zu, was 1897 in einem Bericht des Kirchenbezirks zu lesen stand, wiedergegeben in unserem Heimatbuch: „Lienzingen ist ein ruhiger, im ganzen geordneter Ort (…) und bereitet dem geistlichen Amt keine besonderen Schwierigkeiten. Der Geistliche genießt noch Achtung und Ansehen.“ Das könnte auch im Jahr 2011 geschrieben worden sein. 

Allerdings hieß es an anderer Stelle auch, die Lienzinger seien knausrig. Ich denke, das hat sich gelegt. Mein Appell deshalb heute in der Eröffnungsrede: Seien Sie jedenfalls nicht knausrig, sondern nutzen Sie die Angebote auf dem Fest. Lassen Sie sich erfreuen von den vielfältigen Angeboten der Vereine und kirchlichen Gruppen, essen und trinken Sie, zählen Sie keine Kalorien, genießen Sie die Aufführungen der Lienzinger Laienspielgruppe Schneckenhausen und das Konzert des Gospelworkshops. Es ist auch eine gute Gelegenheit zum Plaudern. Und manche sieht man wieder, die man lange nicht mehr gesehen hatte. Das Kirchenburgfest als Treffpunkt.

Einen schönen Vorgeschmack auf dieses schöne Fest darauf erlebten die Zuschauer bei der Eröffnung mit den Grundschülern und dem Männergesangverein. 

Aber eigentlich braucht man nicht zu werben: Das Kirchenburgfest ist gerade bei dieser wunderschönen historischen Kulisse und dem Flair ein Selbstläufer.

Nun nochmals Ulrich Heinzelmann zu zitieren: 

So, jetzt isch mei Rede aus,/
Mir geahn jetzt zum Festschmaus.

Nicht ohne eines zu tun, was für mich als Lienzinger eine große Freude und eine Ehre was: Als Vertreter der Stadt NMühlacker das Lienzinger Kirchenburgfest zu eröffnen.