Demografischer Wandel und die Regionalplanung

Ein Etat jagt den anderen. Die CDU-Regionalverbandsfraktion Nordschwarzwald stimmte bei der Verbandsversammlung in Pforzheim dem Haushaltsplan 2011 zu, der ganz und gar unspektakulär ist. Was das vom Verbandsvorsitzenden Heinz Hornberger aufgeführte Arbeitsprogramm fürs kommende Jahr angeht, habe ich dies für die CDU-Fraktion ergänzt:

- Nachdem die Laufzeit des Regionalplanes 2015 in vier bis fünf Jahren ausläuft, sollten wir uns überlegen, wie wir die Vorarbeit für einen neuen Regionalplan gestalten. Das muss noch nicht 2011 sein.

- Wir sollten aber schon jetzt darüber nachdenken, wie wir mit dem Mega-Thema demografischer Wandel umgehen. Wie soll die Regionalplanung darauf reagieren? Was können wir tun, um das Ausbluten des ländlichen Raumes zu verhindern? Schon jetzt sagen die Prognosen einen starken Verlust junger Menschen für den Kreis Calw voraus.

- Mit dem Ausbau der Windkraft sind wir auf einem guten Weg.

- 2011 möchten wir gerne mit dem Teilregionalplan Landwirtschaft weiter kommen und in diesem Zusammenhang die rechtliche Handhabung des Höfeschutzes als Instrument der Raumplanung klären.

- Wir wollen als Gremium des Regionalverbandes an der Diskussion um die Ausgestaltung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Region Nordschwarzwald (WFG) beteiligt werden.

- Für wichtig halten wir das Zustandekommen des Regionaltages im Jahr 2011 und appellieren unter anderem an WFG und IHK, dieses Projekt zu unterstützen.

- Am Oberrhein ist eine neue europäische Metropolregion entstanden. Wir erwarten einen Bericht im Planungsausschuss, ob es Verflechtungen mit unserer Region im Bereich Freudenstadt gibt.

Bei der Diskussion um die Ansiedlung eines Drogeriemarktes außerhalb des Versorgungskerns von Neuenbürg hat der Regionalverband gezeigt, dass er  Zähne hat und dann auch zu beißt, wenn es sein muss. Regionalplanung ist eben keine unverbindliche Sache.

Im Heckengäu hat es zu Ärger geführt, dass wir uns schon öffentlich geäußert haben, obwohl es sich erst um einen Vorentwurf für einen Flächennutzungsplan handelte und ein gemeinsamer Gesprächstermin anberaumt war. Hier müssen wir ein Verfahren entwickeln, das dies künftig berücksichtigt.

Schöne Aussichten: Im Einstundentakt zum Bodensee

Nochmals Metro-Regio-Express: Heute erläuterte der Geschäftsführer des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart (VVS), Horst Stammler, auch in der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Nordschwarzwald das Konzept. Sein Zukunftsbild des Nahverkehrs mit neuen schnellen Zügen im Ballungsraum Stuttgart stieß auf breite Zustimmung. Für Enzkreis und Pforzheim, aber auch für Horb und Freudenstadt bringt dieses Vorteile. Weil durch den Bau des Tiefbahnhofes in Stuttgart und des Filderbahnhofes im Rahmen von Stuttgart 21 durchgängige Linien möglich sein werden, bringt das Zeitersparnisse. Auf dieser Basis wird das Land Baden-Württemberg 2011 beginnen, nacheinander die Regionalverkehrslinien auszuschreiben. Stammler stellte das Konzept des Landes mit insgesamt 15 Linien vor. Wir erhalten dadurch, wie er sagte, einen äußerst konkurrenzfähigen Regionalverkehr für die Entfernungen zwischen 50 und 80 Kilometer mit kurzen Reisezeiten und komfortablen Fahrzeugen in dichtem Takt. Berufstätige würden immer mobiler, die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz länger.

Drei Linien tangieren unseren Raum: Die Linie 6 von Karlsruhe über Pforzheim, Stuttgart, Plochingen und Ulm bis nach Friedrichshafen am Bodensee. Schöne Aussichten: Wir könnten dann den Bodensee mit dem Zug im Einstundentakt erreichen. Die Linie 7 führt von Heidelberg über Bruchsal, Mühlacker und Bietigheim, damit auf der alten Bahnstrecke, bis Stuttgart und dann weiter bis Tübingen. Auch die Linie 8 bindet die Region Nordschwarzwald ein. Alle Metro-Regio-Express-Linien sollen im Einstundentakt bedient werden; wenn sich zwei Linien überlagern, gibt es den 30-Minuten-Takt. Die Reisezeiten verkürzen sich, weil die Fahrgäste im Durchgangsbahnhof Stuttgart sitzen bleiben können und nicht mehr umsteigen müssen. Stammler rechnet mit 30 Prozent mehr Zügen, die - kombiniert mit kürzeren Fahrzeiten etwa zum Flughafen Echterdingen ("der Flughafen liegt dann vor Mühlackers Haustüre") - mindestens 50 Prozent mehr Fahrgäste auf die Schiene locken. Dieses System könnte von den betroffenen neun Verkehrsverbünden als einheitliche Marke für das Gebiet der Metropolregion Stuttgart mit einem einheitlichen Tarif vermarktet werden. Ein erster Schritt dazu ist die Einführung des Metropoltickets im Jahr 2011, das Stammler erneut angekündigt hat.Die Bahn AG hat gestern die für die Kalkulation notwendigen Zahlen geliefert, sagte er auf meine Frage.


Die Information durch den VVS-Geschäftsführer bewies, dass sich ganz unaufgeregt über Stuttgart 21 - eigentlich Baden-Württemberg 21 - sprechen lässt. Es wird deutlich, welche konkreten Planungen hinter dem Konzept stehen, das auch uns Vorteile bringt. Zudem entstand heute auch ein ganz neues VVS-Gefühl: Während sich der Stuttgarter Verbund über Jahre abschottete, das Problem der Tarifhürden zwischen den Verbünden nicht recht zur Kenntnis nehmen wollte und möglichst alle, die Kooperationen wollten, abblockte, schickt der VVS inzwischen positive Signale ins "Verbund-Umland". Stammler kündigte heute auch eine Untersuchung der Möglichkeit an, Lösungen für das Heckengäu und seine Tarif-Anbindung ans VVS-Netz zu finden. Der VVS tritt damit in die Fußstapfen des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV), der seit Jahren aktiv am Abbau der Tarifhürden auch zum Verkehrsverbund Pforzheim/Enzkreis (VPE) mitwirkt. Stammler weiß darum, denn er arbeitete früher beim KVV und hat sich dort einen guten Namen als Tarifexperte erworben.

Metro-Regio-Express als neue Marke




Der Seehas, der zwischen Konstanz und Engen verkehrt. Beispiel für einen attraktiven Regionalexpress. Bild: SBB GmbH

Einen Metro-Regio-Express als Marke der Europäischen Metropolregion Stuttgart schlägt der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) vor. Die im Regionalverkehr von der Bahn noch eingesetzten so genannten Silberlinge sollen durch moderne Wagen ersetzt werden.
Gut 70 Prozent der Verträge des Landes Baden-Württemberg mit der Bahn AG für den Schienennahverkehr laufen 2016 aus. Doch schon vorher sollen einzelne Linien neu ausgeschrieben werden, beginnend 2011. Bis 2020 soll alles in trockenen Tüchern sein.


Das wäre die Chance für die Europäische Metropolregion, nach dem Vorbild des Rhein-Ruhr-Express eine eigene Marke aufzubauen, sagte Horst Stammler, VVS-Geschäftsführer, vor dem Lenkungsausschuss der Metropolregion in Stuttgart, in dem auch der Regionalverband Nordschwarzwald vertreten ist. Ein System von Aalen bis Pforzheim, von Heilbronn bis Tübingen – und das zu einem einheitlichen Tarif in einem Gebiet, in denen sich neun Verbünde die Arbeit im öffentlichen Personennahverkehr teilen.


Der Metro-Regio-Express als Mittelstück zwischen der S-Bahn und dem Fernverkehr: An die Umsetzung könne schon vor dem Bau des neuen Bahnknotens im Rahmen von Stuttgart 21 gegangen werden, sagte Stammler. „Aber erst voll wirksam wäre alles mit der Realisierung von S 21.“ Denn das Umsteigen am Hauptbahnhof der Landeshauptstadt entfalle dann: „Umsteigen kostet Verkehrsanteile.“ Besser sei eine Durchbindung, von der sich Stammler etwa 50 Prozent mehr Fahrgäste verspricht: zum Beispiel von Pforzheim bis Ulm oder von Heilbronn bis Tübingen. Einhergehen müsse dies mit modernen Wagen. Das Land sei derzeit dabei, die Standards für das Zugmaterial zu definieren. Er nannte unter anderem Doppelstockwagen. Denkbar seien auch Züge nach dem Vorbild des Seehas, der zwischen Konstanz und Engen verkehrt. Auf jeden Fall müsse der Standard höher sein als jetzt beim Regionalexpress unter anderem durch Klimatisierung und viel Beinfreiheit. Eine der Neuerungen, auf die Stammler hofft, sind auch Mehrzweckabteile unter anderem für das Mitnehmen von Fahrrädern.

Das muss auch ein Thema für die Gremien des Regionalverbandes Nordschwarzwald sein. Deshalb habe ich die Verbandsverwaltung gebeten, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen, um die Interessen unserer Region frühzeitig in die Debatte einzubringen. Mich hat jedenfalls Stammlers Konzept überzeugt.


Das auch im Enzkreis erhoffte Metropolticket zur Überwindung der Tarifhürden vor allem zwischen dem Verkehrsverbund Pforzheim/Enzkreis und dem VVS soll endgültig 2011 kommen - unabhängig von dem Express-Konzept. Stammler sicherte dies nochmals zu, auch im Gespräch mit mir.