Bei der letzten Runde waren's elf

Die "Verwaltungsbank" und viele leere Stühle.

Sie ist vorbei, die Informationstour der Stadtverwaltung durch alle Ortsteile, um über Vor- und Nachteile der unechten Teilortswahl zu sprechen und mögliche Alternativen vorzustellen (Letzteres heißt: Abschaffung der garantierten Sitzzahlen im Gemeinderat für die einzelnen Stadtteile). Heute Abend war Lienzingen an der Reihe. Die Veranstaltung hätte auch wieder mehr Besucher verdient gehabt. Genau elf Zuhörer stellten sich ein, hörten zu, diskutierten ganz emotionslos mit OB Frank Schneider und Stadträten. Insoweit auch hier das gleiche Bild wie bei den anderen Terminen zuvor, über die heute das MT schrieb.

Dass der Gemeinderat derzeit mit 36 Mitgliedern zu groß ist, meinen alle. Für die Abschaffung der unechten Teilortswahl trat niemand offen ein. Eine längere Debatte entstand über eine eventuelle Einführung von Ortschaftsräten und Ortsvorstehern wie in Vaihingen und Pforzheim. Der frühere Stadtratskollege Rolf Schäfer schlug vor, auf jeden Fall mehr Bürgerversammlungen anzubieten. Wäre vielleicht ein (Aus-)Weg. Zumindest nicht widersprochen wurde dem Argument, das Thema treibe eigentlich weitgehend nur ältere Bürger um, die noch die Selbstständigkeit ihrer Heimatgemeinde erlebt haben - da steckt ein Kern Wahrheit drin, wenn man das Echo auf die Einladungen der Stadt zu den Veranstaltungen betrachtet. Wo blieben die Jungen, wo die Zugezogenen?

Immerhin entstand heute auch eine interessante und offene Debatte zwischen Stadträten und Bürgern. Ein Vorteil des jetzigen Wahlverfahrens sehen alle: Mehr Ortskenntnis im Gemeinderat! Und in allen Stadtteilen wenigstens zwei direkte Ansprechpartner aus dem Gemeinderat, zu denen die Leute kommen oder die sie auf der Straße schnell mal auf ein Problem oder Anliegen hinweisen können.

Interessant war, dass die SPD-Fraktion heute Abend wieder nicht vertreten war. Ausgerechnet diejenigen, die immer nach Bürgerbeteiligung rufen, kneifen dann beim konkreten Termin. So, als hätten sie sich bereits festgelegt und müssten sich nicht für die Meinung der Leute interessieren. Kostet natürlich ein bisschen der (Frei-)Zeit.

Das Thema Wahlverfahren wird noch dieses Jahr auf die Tagesordnung des Gemeinderats kommen. Dann muss entschieden werden. Die Alternative heißt: Beibehalten des jetzigen Wahlverfahrens oder radikale Abschaffung. Alles, was dazwischen liegt, bringt uns nicht weiter.


Und dann flattern die bunten Bändel im Wind

Eifrig: Kinder schmücken liebevoll den Baum

Zuschauer-Gedränge: Der Baum wird aufgerichtet

Maibaum 2010: Bunte Bändel im grauen Vormai-Himmel


Die noch junge Maibaum-Tradition in Lienzingen lebt. Die von Kindern mit farbigen Bändern geschmückte Birke steht wieder an der Friedenstraße, auch wenn sich die Zeremonie wegen des Regens etwas verzögerte. Vom Männergesangverein "Freundschaft" (MGV) Lienzingen organisiert, ist das Maibaumstellen am Vorabend des 1. Mai ein fester Bestandteil im Kalender. Auch, weil es mit einem Dorffest verbunden ist. Die Lienzinger sind weitgehend unter sich, die Menschen sitzen einige Stunden gemütlich beieinander - diesmal allerdings weniger unter freiem Himmel, sondern unter Überdachungen. Erstmals fand mit Frank Schneider auch ein Mühlacker OB den Weg zu diesem Maifest. Er konnte sehen, dass die Dorfgemeinschaft in Lienzingen lebt.

Woher kommt eigentlich die Tradition des Maibaumstellens generell? Ein Maibaum ist ein geschmückter Baum oder Baumstamm, der in der Regel am 1. Mai – im Badischen und Schwäbischen, in Ostfriesland und in Tschechien bereits am Vorabend des 1. Mai – aufgerichtet wird, heißt es bei Wikipedia. In den meisten Regionen, besonders in Baden-Württemberg, Bayern und Österreich, ist das feierliche Aufstellen eines Baumstammes auf dem Dorfplatz üblich. Das spezielle Brauchtum mit dem damit verbundenen Dorf- oder Stadtfest, das in der Regel am 30. April, am 1. Mai oder an Pfingsten stattfindet, ist in vielen Teilen Mittel- und Nordeuropas verbreitet, in Skandinavien jedoch eher zu Mittsommer.

Nun wissen wir auch das. Was der Lienzinger Variante eine besondere Note gibt? Dass die Kinder aus dem Ort die Birke schmücken. Mit viel Liebe binden sie die Bändel an die Äste, machen manchmal ganz eifrig noch eine Schlaufe, steigen wegen eines guten Platzes fürs Anbringen in den Baum, der sich in der horizontalen Lage befindet, bevor ihn einige Männer mit Hilfe von Stangen ins Vertikale stemmen und die Bändel im Wind flattern.

Zum Blog-Beitrag zum Maibaum 2009 kommentierte mit Rolf Aichelberger ein Aktiver des MGV: Der Männergesangverein lebt auch von aktiven Sängern, die sich mit dem MGV Freundschaft verbunden fühlen. Dass dies so ist, zeigt sich auch daran, dass viele der Sänger mittlerweile den Weg aus Diefenbach, Dürrmenz, Knittlingen, Lomersheim und Ötisheim zu den Proben am Mittwochabend in den kleinen Saal der Gemeindehalle gefunden haben. Und erfreulich ist auch: die junge Generation fühlt sich beim MGV daheim. www.singen-macht-spass.de