Was einem Bahnchef alles passiert

Dr. Rüdiger Grube. Bild: Grießmayer

Heute sprach Bahn-Chef Dr. Rüdiger Grube beim Neujahrsempfang der Kreis-CDU und der Mittelstandsvereinigung im CCP Pforzheim. In seiner herzerfrischenden Rede bekannte er auch, dass er als neu ernannter Bahnchef mit dem Fahrkartenautomaten nicht zurecht gekommen sei und deshalb seine Fahrkarte im Reisezentrum erworben habe. Das passt gut zum Thema, das am nächsten Dienstag den Verwaltungsausschuss des Gemeinderats von Mühlacker beschäftigt: Die Kürzung der Öffnungszeiten des Reiseverkehrszentrums im Bahnhof Mühlacker. Die Stadtverwaltung hat in einer Vorlage die Details aufgeschlüsselt: D3BBF560d01.pdf

Eigentlich muss der Bahn AG zugebilligt werden, Öffnungszeiten zu reduzieren, wenn Nachfrage nachlässt. Schließlich schließt die Stadt auch Kindergartenabteilungen, wenn es nicht mehr genügend Kinder gibt wie in Lienzingen. Die Frage ist aber, ob die Öffnungszeiten wieder ausgeweitet werden, wenn die Nachfrage steigt (die Stadt öffnet jedenfalls dann neue Kindergartengruppen). Und ob die angeblich schwächere Nachfrage nicht auch Ergebnis einer veränderten Statistik-Basis der Bahn ist. Daraus muss die Bahn nun Antworten geben.

Das aktuelle Stunden-Minus muss im Kontext der Frage gesehen werden, welchen Stellenwert der Bahnhof Mühlacker auf Dauer für die Bahn AG hat. Ist die Verminderung der Öffnungszeiten nur eine weitere Scheibe der Salami, die im Rahmen einer langfristigen Strategie abgeschnitten wird?

Der Kreisvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland, Matthias Lieb, hat die Kürzung der Pläne kritisch beleuchtet und damit sowohl Stadtverwaltung als auch dem Gemeinderat Munition geliefert: vcd_ffnungszeiten_bf_mhlacker_20103001.pdf

Am Dienstag steht ein Vertreter der Bahn AG den Stadträten Rede und Antwort. Wir werden ihn mal mit den Erfahrungen seines Chefs konfrontieren...


Höhere Besoldung für Leiter größerer Werkrealschulen

Nachtrag zu den Werkrealschulen: Auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion hat der Finanzausschuss des Landtags heute mit den Stimmen der CDU- und FDP-Parlamentarier die Weichen für eine schnelle Stellenhebung für Schulleiter und deren Stellvertreter gestellt. Davon werden Rektoren und Konrektoren an den neu zu gründenden Werkrealschulen profitieren. „Mit der Gründung der Werkrealschulen geht bei ausreichend hoher Schülerzahl eine höhere Besoldung von Schulleitern und deren Stellvertretern einher. „Für die entsprechende Bezahlung schaffen wir schon jetzt die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen“, sagte der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Stefan Mappus, nach den Haushaltsberatungen in Stuttgart. Somit werde vermieden, dass eine bessere Besoldung erst mit dem Haushaltsjahr 2012 bezahlt werden könne, wies Mappus auf die haushaltsrechtlichen Umstände hin.

„Eine Zusammenlegung von Hauptschulen zu einer Werkrealschule führt zu einem Anstieg der Schülerzahlen und damit zu einer höheren Verantwortung für die Schulleitung“, so Mappus. „Wir haben erreicht, dass die Schulleiter und deren Stellvertreter bei vorliegen der zahlenmäßigen Voraussetzungen schnell entsprechend ihrer neuen Verantwortung besoldet werden können.


Nochmals ran an die festen Brennstoffe

Ach ja, noch ein Nachtrag zur gestrigen Gemeinderatssitzung: Der Beschluss zur Heizungsart im Heidenwäldle muss wiederholt werden. Denn der OB und drei Stadträte hatten zwar, auf meine Rückfrage nach Befangenheit, doch nicht mitgestimmt, aber vorher teilweise kräftig mitdiskutiert. Stutzig war ich geworden, weil der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Roland Peter kräftig in die Debatte einstieg, obwohl er selbst im Heidenwäldle wohnt. Ich habe heute Morgen in den Kommentar zur Gemeindeordnung geschaut. Siehe da, ein Beschluss ist bei Mitwirkung eines befangenen Mitglieds rechtswidrig. Und so sieht es inzwischen auch die Stadtverwaltung. Also: Am 8. Februar auf ein Neues.


Heidenwäldle: Die festen Brennstoffe kommen

Seit Jahren beschäftigt den Gemeinderat immer wieder die Heizungsart im Heidenwäldle, der Wohnsiedlung, die so schön im Wald liegt. Das Baugebiet wurde in den 1960er Jahren als Projekt im Rahmen des ExWoSt-Programms (Experimentieller Wohnungs- und Städtebau) entwickelt. Neben anderen Themen (u.a. ruhender Verkehr) war die Vermeidung der Verbrennung fester und flüssiger Brennstoffe Bestandteil der Konzeption. Doch heute Abend machte eine Mehrheit des Gemeinderats (23 gegen 5 Stimmen) den Weg frei für feste Brennstoffe. Die Verwaltung kämpfte mit der gleichen Inbrunst für diesen Beschluss wie sie ihn noch vor Jahren bekämpfte. Heidenwaeldle.pdf

Jahrzehntelang erklärte die Verwaltung, feste Brennstoffe seien nicht erlaubt. Sie "zwiebelte" Hauseigentümer, damit sie nur Gas nehmen. Noch vor wenigen Jahren erklärte sie die Regelung für rechtlich gesichert. Die Menschen haben darauf vertraut. Und nun? Diese Haltung sei rechtswidrig gewesen, hieß es heute Abend von der gleichen Verwaltung. Kein Wort von Vertrauensschutz. Jahrelang haben die Bewohner dem Rathaus geglaubt. Nun bleibt die Glaubwürdigkeit auf der Strecke. In einem halben Jahr werde sich das alles schon beruhigen, meinte SPD-Stadtrat Thomas Knapp. Sieht so Politik aus?

Oder sorgt eine solche Politik nicht für gewaltigen Vertrauensverlust?

Ich bin froh, gegen die Freigabe gestimmt zu haben. Denn Bürger müssen sich gerade auf Verwaltungen verlassen können. Doch sie sind jetzt verlassen.

Mich beschäftigt nun eine Frage: Wann wächst der Mühlacker Stadtverwaltung wieder ein neuer Kopf - vielleicht in zehn oder zwanzig Jahren?

Übrigens: Im Luftreinhalteplan für Mühlacker hat das Regierungspräsidium Karlsruhe der Stadt Mühlacker das Verbot von Festbrennstoffen empfohlen. Um die Feinstaubbelastung zu senken.



Erwin Teufel gibt Anstöße zum Nachdenken

Winfried Scheuermann MdL, Günter Bächle und Erwin Teufel

Ein Glückgriff für den Neujahrsempfang der CDU Mühlacker gestern Abend: Mehr als 170 Besucher kamen, um den früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel zu hören. Es hat sich gelohnt. Teufel beleuchtete aktuelle Themen und verband diese mit einem Blick über den Tag hinaus, teilweise in philosophischer Qualität. Ursache für die Finanzkrise sei nicht die soziale Marktwirtschaft, sondern Kapitalismus pur. Er plädierte für einen starken Staat, der seine Ordnungsfunktion auch für die Wirtschaft wahrnimmt. Er befürchtet, dass die Verantwortlichen zu wenig aus der Krise lernen. Der frühere Regierungschef griff Ludwig Erhards viel belächelte Appelle zum Maßhalten auf und riet dazu, besser gut zu leben als immer besser leben zu wollen. Er beleuchtete aber auch die Sucht nach immer mehr Zinsen und erhielt großen Beifall für seine Formulierungen: "Einige wollten das Geld für sich arbeiten lassen. Ich denke: Du musst selbst arbeiten."

Lebenserfahrung nennt Teufel "geronnene Bildung". Es war auch ein Plädoyer zum Bücher- und Zeitungslesen. Fernsehsendungen sollen - so sein Rat - gesehen werden, wenn sie einem etwas bringen ("das sind fünf Prozent"). Inzwischen werde aber alles zur Unterhaltungssache erklärt, sogar eine Aktion, um Spenden für die Erdbebenopfer von Haiiti zu werben, beklagte er.

Anstöße gab Erwin Teufel, der für eigenständiges Denken warb, so mühevoll dies auch sein möge. Nachdenklich machte seine Rede jedenfalls bei seinem Auftritt im Uhlandbau.

"Geht nicht" oder geht doch?

Gestern Abend erste Haushaltsrunde im Gemeinderat von Mühlacker: 400 Seiten Etat Blatt für Blatt durchgeschaut. Auch wenn ich berücksichtige, dass die Verwaltung das Budget aus eigenem Antrieb und angesichts leerer Kassen schon deutlich reduziert hat, so fiel sie doch gleich in alte Reflexe zurück: Fast jeder Sparvorschlag aus dem Rat löste die stereotype Entgegnung auf der Verwaltungsbank aus "geht nicht". War ein bisschen zu viel Blockadehaltung in einer Situation, in der der Gemeinderat höhere Steuern beschließen soll. Könnte ja zur Reaktion führen: "Geht nicht". Immerhin versprach OB Schneider, einige Vorschläge zu prüfen. Ich hoffe, dass die Verwaltung nochmals den Rotstift bei den laufenden Ausgaben ansetzt, auch wenn klar ist, dass nicht die riesigen Beträge herauskommen, die die Lücke von jetzt gut 1,3 Millionen Euro im Verwaltungshaushalt schließen. Aber jeder Euro, den wir nicht von der Bank holen müssen, tut uns gut, spart Zins und Tilgung.

Wir wollen eine attraktive Stadt behalten und deshalb Einrichtungen, die zwar freiwillige Leistungen der Kommune sind, aber sich als weiche Standortfaktoren bewährt haben, sichern. Um so wichtiger ist es, zum Beispiel auch Konditionen, die wir einst in besseren Zeiten beschlossen haben, zu überdenken. Wir legen allein bei der Schillerschule 20.000 Euro fürs Mittagessen drauf. Die Jugendbegleiter an den Ganztagesschulen bekommen nicht nur das Geld, das uns das Land für sie überweist, sondern wir stocken noch auf. Und wenn Gewerbetreibende zum Beispiel in den Waldäckern oder im Gebiet Industriestraße PR-Events organisieren, leistet die Stadt auch einen finanziellen Obolus - gleichzeitig erhöhen wir aber die Gewerbesteuer. Wäre es nicht besser, auf die höhere Gewerbesteuer zu verzichten und dafür die Schatulle bei solchen Anforderungen geschlossen zu halten? Weshalb sind Frauenwirtschaftstage notwendig - sowohl in Mühlacker als auch in Sternenfels: Lassen sich die Veranstaltungen nicht zu einer zusammenwerfen?

Nur ein paar Gedanken. Ich hatte zudem angeregt, eine globale Ausgabenminderung vorzusehen, also einen Pauschalbetrag, der übers Jahr bei einer Vielzahl von Haushaltsstellen eingespart werden muss. Ein Geschäft der Verwaltung. Sofort meldeten sich Bedenkenträger aus anderen Fraktionen. Der OB versprach immerhin eine Prüfung. Immerhin.

Übrigens: Gespart haben wir gestern Abend nichts. Aber das kann ja noch kommen. Der Etat wird erst am 9. Februar verabschiedet.

Karlsruhe verweist auf kritische Punkte

Mit dem am 24. November 2009 vom Gemeinderat verabschiedeten zweiten Nachtragshaushaltsplan 2009 sind nicht nur ursprünglich vorgesehene Investitionen gestrichen oder nach 2010 verlagert worden, gleichzeitig erhöhte sich die Verschuldung der Stadt durch neue Darlehen um 4,49 Millionen Euro - alles wegen des kräftigen Einbruchs vor allem bei der Gewerbesteuer.

Inzwischen hat das Regierungspräsidium Karlsruhe den Nachtrag genehmigt, aber doch auf einige kritische Punkte hingewiesen. Zitat:

Konnte die Stadt Mühlacker im ersten Haushaltsplan 2009 noch von einer Zuführung an den Vermögenshaushalt ausgehen, so ist nun eine umgekehrte Zuführung vom Vermögenshaushalt an den Verwaltungshaushalt in Höhe von 83 T € zu verzeichnen. (...) Diese im laufenden Verwaltungshaushalt bestehende Deckungslücke bedeutet, dass laufende Ausgaben aus dem Vermögensbeständen gedeckt werden, für Kredittilgungen keine laufenden Einnahmen zur Verfügung stehen und aus Entgelten erwirtschaftete Abschreibungen für laufende Ausgaben verbraucht werden. Die Gesetzmäßigkeit des Haushaltsausgleichs für das Jahr 2009 kann damit nur unter Verwendung der Mittel der allgemeinen Rücklage und von Einnahmen aus Veränderungen des Anlagevermögens gewahrt werden, die danach für Folgejahre nicht mehr zur Verfügung stehen. Gleichzeitig kann das für 2009 ursprünglich vorgesehene Ziel, ohne eine Nettoneuverschuldung auszukommen, nicht gehalten werden.


Vor diesem Hintergrund starten am 19. Januar 2010 die Haushaltsberatungen. Eine schwierige Ausgangslage für Gemeinderat und neuen OB. Besserungen zeichnen sich leider nicht ab. Die zentralen Fragen: Können weitere Ausgaben gestrichen werden oder müssen die Steuern rauf?