Neue Feuerwache: Der Millionen-Bau am Schlüsselweg

Erster Spatenstich im Oktober 2017, Baubeginn Anfang 2018.

Feuer unterm Dach, titelten die beiden lokalen Zeitungen nach der jüngsten Mühlacker Gemeinderatssitzung. Dieses Sprachbild bot sich geradezu an.

Die Stadträte auf Spurensuche: Weshalb explodierten die Kosten für die neue Feuerwache am Senderhang von 8,4 auf 11,5 Millionen Euro (und sie ist noch nicht einmal fertig). Und gleichzeitig sind Feuerwehrleute unzufrieden, weil sie argwöhnen, die neue Wache sei schon jetzt zu klein. Der stellvertretende Stadtkommandant befeuerte den Unmut in einem Interview mit Baden-TV, zu dem er sich die Genehmigung des OB einholte, ohne dass dieser vorher wusste, was der Feuerwehrmann ins Mikrophon sprechen wird. Kurzum: Die Stimmung im Rathaus darob ist mies. Höhere Kosten und dann noch Schelte aus der alten Feuerwache an der Rappstaße. Zu all dem müssen Stadträte, Verwaltung und Feuerwehr das Vorhaben am Schlüsselweg gegenüber Kritik aus der Bevölkerung verteidigen. Ist denn niemand zufrieden? Eine unangenehme Gemengenlage, die aber  eines erfordert: Transparenz.

Deshalb blockte ich in der jüngsten Ratssitzung den Versuch der Verwaltung ab, die ganzen Begründungen für die Kostensteigerungen als vertraulich einzustufen - der OB erklärte dannn doch fast alle Vorlagen für öffentlich, unterbrach die Beratungen zu diesem Punkt zum Kopieren der Papiere für die Öffentlichkeit, was für zeitweise Hektik sorgte. Nur bei der aktualisierten Kostenschätzung  hielt er an der Nichtöffentlichkeit fest - jetzt muss hier die Kommunalaufsicht des Regierungspräsidiums Karlsruhe den Schiedsrichter spielen. Die CDU-Fraktion argumentiert mit dem Hinweis, eine  Kostenschätzung von 2017 sei auch öffentlich gewesen genauso wie die Vergabe  der Arbeiten, ergo müsse die weitere Entwicklung für den Bürger nachvollziehbar sein. Zudem wird es auf Antrag der CDU zu einem Prüfungsausschuss kommen: Stadträte nehmen Einsicht in die Akten der Verwaltung, um die Ursachen für die exorbitante Verteuerung der neuen Feuerwache zu suchen.

Die neue Feuerwache ist notwendig. Die alte ist zu klein und müsste saniert werden. 2013 hieß es in einem Gutachten des Architekten Lohr zur jetzigen Wehr-Zentrale: Bereits die Tatsache, dass auch mit einem finanziellen Aufwand von 2,5 Mio. EUR die vorhandenen Fahrzeugstellplätze nicht durchgehend zumindest den Anforderungen des Unfallversicherungsträgers entsprechend ertüchtigt werden können, führt zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass eine Sanierung des bestehenden Feuerwehrhauses technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Daher kommt nur ein Neubau eines Feuerwehrhauses in Frage. (S. 74 Feuerwehrbedarfsplan).

Für Ärger sorgt allerdings der Preis des Neubaues. Wurde mit unrealistischen Zahlen argumentiert, um den Gemeinderat zum Ja für den Neubau zu bewegen? Lohr im Februar 2015: Der jetzt dargestellte Kostenrahmen ergibt sich aus der Wahl des Baustandards und differiert von 7,8 bis 8,8 Mio. €. Die Fortschreibung des Kostenrahmens bezieht sich die Variante 3 der Sivola 193/2014 (Raumprogramm abgestimmt mit FW incl. Schlauch- und Atemschutzwerkstatt als Zentralwerkstatt für den Enzkreis). Aktuell wird ein einfacher Ausbaustandard zugrunde gelegt. Lohr präforierte den Standort am Senderhang statt den auf dem Gelände der jetzigen Käppele-Turnhalle: Die Gründungsverhältnisse am Senderhang seien günstig und ließen eine Standardgründung zu. Er stützte sich dabei auf das Bodengutachten vom Mai 2014.

Doch just dieses Bodengutachten geriet unter Beschuss. Denn schon die erste Vergabe für das neue Projekt stand unter keinem guten Stern: die Erdarbeiten. Auf 360.000 Euro kalkulierte sie Architekt Feigenbutz, der im Juli 2016 den Planungswettbewerb gewonnen hatte - im Herbst 2017 vergab der Gemeinderat sie für 620.000 Euro. Jedoch durch technische Änderungen und nachträgliche Massenmehrungen liefen die Kosten völlig aus dem Ruder: Der Unternehmer rechnete mit 1,29 Millionen Euro ab - bis auf einen Rest von 30.000 Euro überwies ihm die Stadtverwaltung die Summe, ohne vorher für diese Nachträge die Zustimmung des Gemeinderates einzuholen. Ein doppeltes Ärgernis! Und keiner will es gewesen sein.

Dabei hätte man auch im Rathaus gewarnt sein müssen. Denn im Planungswettbewerb gab der Gemeinderat acht Millionen Euro als Obergrenze vor, doch schon die erste Kostenschätzung von Feigenputz, basierend auf der aus dem Wettbewerb hervorgegangenen Planung, belief sich auf 10,5 Millionen Euro und ließ die Alarmglocken klingeln. Die Folge: Hektische Betriebsamkeit. Im Januar 2017 Krisenkonferenz der Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats mit Verwaltung, Planer, Feuerwehrspitze und Kreisbrandmeister im kleinen Ratssaal. Plankorrekturen folgten: Der Gemeinderat stimmte danach der geänderten Planung und der neuen Kostenschätzung von Feigenbutz vom 27. Februar 2017 zu: 8,4 Millionen Euro für Bau und Ausstattung! Die Summe passte wieder. In Abstimmung mit dem damaligen Feuerwehrkommandanten und dem Kreisbrandmeister verzichtete man auf zwei Stellplätze (nun 12+2), reduzierte die Stellfläche hinter den Fahrzeugen und strich die Erweiterung des Übungsturms zur Schlauchtrocknung. In dieser Plankorrektur ist wohl auch die tiefere Ursache des jetzigen Unmuts der freiwilligen Feuerwehr zu suchen, die sich nicht eingebunden in die Kommunikation fühlte. Aber ohne die Reduzierungen lägen wir jetzt wohl bei 13 Millionen Euro - böse Zungen behaupten, da werde man eh landen, was ich nicht hoffe, denn diese Verteuerung ginge auf Kosten anderer kommunaler Vorhaben.

Ursachensuche: Das Hauen und Stechen ist im Gang. Jeder schiebt den Schwarzen Peter weiter. Einer der Ursachen für die Verteuerung sind auch die Außenanlagen, die die Fachplanerin preislich deutlich nach oben korrigierte. Eines steht fest: Vieles ist nicht auf die üblichen Preissteigerungen als Folge der boomenden Baukonjunktur zurückzuführen. Auf fünf DIN-A-4-Seiten listete die Verwaltung die Kostenveränderungen für die jüngst Ratssitzung auf: Vom vergessenen Abwasserbeitrag mit 70.000 Euro, über verstärkte Auflagen des Baurechtsamtes für den Brandschutz, detailliertere Fachplanungen. Und immer wieder der Hinweis auf Massenmehrungen und "war bei der Werkpplanung noch nicht bekannt".

Wenn ich mich nicht täusche: In der Liste finden sich keine Wünsche der Feuerwehr, die zusätzlich Geld kosteten.

Trackbacks

Trackback-URL für diesen Eintrag

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Noch keine Kommentare

Kommentar schreiben

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!


Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.