Brief aus Brunsbüttel oder Die Mehrheit ist für das Kohlekraftwerk

Brief aus Brunsbüttel. Die Stadtverordnete Irmgard Möller schreibt für die zweiköpfige Fraktion der WIR den Fraktionen in jenen Kommunen, deren Stadtwerke beabsichtigen, sich an dem geplanten Steinkohlekraftwerk in Brunsbüttel zu beteiligen. Denn Ziel der Stadtwerke ist es zurecht, verstärkt Erzeuger von Strom zu werden, um unabhängiger zu sein von den vier Großen: Eon, Vattenfall, RWE und EnBW. Wenn die kommunalen Versorger künftig eine stabile Rolle auf dem nationalen Energiemarkt spielen sollen (und das halte ich für entscheidend im Interesse des Verbrauchers), müssen sie verstärkt Zugang zur Erzeugung finden, um nicht nur auf den Strom-Einkauf angewiesen zu sein. An dem Steinkohlekraftwerk Brunsbüttel will sich auch die Südwest Strom beteiligen. Die Stadtwerke Mühlacker gehören dazu.

Deshalb möchte uns die WIR animieren, gegen das Projekt zu stimmen. Dabei ist die große Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung von Brunsbüttel für das Vorhaben, auch die Landesregierung von Schleswig-Holstein unterstützt die Pläne. Angewandt wird eine neue, weitaus umweltschonendere Technik als bei bestehenden Kohlekraftwerken.

Inzwischen habe ich für die CDU-Gemeinderatsfraktion Mühlacker der WIR geantwortet:

"Wir sind für ein solches Kohlekraftwerk mit moderner Technik. Wir halten es für ganz wichtig, dass die Stadtwerke als kommunale Unternehmen in die Stromerzeugung einsteigen, um gegenüber den großen Oligopolisten unabhängig zu werden. Dafür müsste gerade Ihre Wählergruppe Verständnis haben. Weil wir aber mit einem solchen Projekt hierzulande der EnBW als einer der Oligopolisten in die Quere kommen, war es schwierig, einen Standort in Baden-Württemberg zu finden. Die Standortsuche war durchaus konkret und ernsthaft. Letztlich hat sich die Möglichkeit in Brunsbüttel aufgetan. Wir wissen, dass die überwiegende Mehrheit des Rats der Stadt genauso hinter dem Projekt steht wie die Landesregierung von Schleswig-Holstein, so dass wir guten Gewissens für eine Beteiligung der Stadtwerke Mühlacker GmbH eintreten und diese auch unterstützen, wenn in nächster Zeit die Entscheidung im Gemeinderat der Stadt fällt.
Wir verlassen uns auch nicht allein auf Brunsbüttel. Die Stadtwerke Mühlacker setzen seit Jahrzehnten ergänzend auf erneuerbare Energie. Wir haben u.a. zwei Wasserkraftwerke. Bereits jetzt erzeugen wir 5 Prozent unseres Bedarfes aus erneuerbarer Energie. Zudem haben die Stadtwerke Mühlacker jetzt für neun Millionen Euro eine Biogasanlage gebaut, die mit Energiepflanzen gespeist wird. Trotzdem sehen wir, nachdem der Ausstieg aus der Atomkraft mehr oder minder beschlossene Sache ist und von Rot-grün durchgesetzt worden war, dass erneuerbare Energien allein keinen Ersatz dafür liefern können. Deshalb sind wir auch für Energie aus Kohlekraft im Rahmen eines sinnvollen Energiemix."


Wir führen in Deutschland eine energiepolitische Geisterdiskussion: Alle wollen zurecht günstige Strompreise, doch gleichzeitig sollen funktionierende Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Doch wer Ersatz sucht, stößt auf Widerstand - wie in Brunsbüttel. Und wer Energiepflanzen nutzt, um in Biogasanlagen erneuerbare Energie zu erzeugen, wird aus ethischen Gründen kritisiert ("Menschen in der Welt verhungern und wir verwenden wertvolles Ackerland nicht nur zur Nahrungsmittel-Produktion"). Gleichzeitig werden wir immer abhängiger von russischem Erdgas, woran Gaskraftwerke scheitern.

Und was tun die anderen? Hier ein aktuelles Beispiel.

Mythos "Bio" oder Nachdenkliches aus Frankfurt

Immer wieder kommen kritische Fragen zum Einsatz von Pflanzen bei der Biogasproduktion. Können wir es uns erlauben, solange Menschen auf dieser Welt hungern, aus Nahrungsmitteln Energie zu produzieren? Eine durchaus berechtigte Frage, die uns auch vor dem Bau der Biogasanlage in Mühlacker beschäftigt hat. Letztlich gab den Ausschlag für den Einsatz, dass der Landwirtschaft ein weiteres Standbein gesichert werden kann. Trotzdem darf und muss übers Grundsätzliche diskutiert werden. Einer, der einen interessanten Beitrag liefert, ist Professor Dr. Werner Mäntele von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/Main. Er schreibt unter der Überschrift "Mythoas 'Bio'" über die freizügige Verwendung eines Begriffes in der Ausgabe 1/2008 des CHEManager. Hier gibt es den Text nachzulesen.