Windpark Simmersfeld oder Ein Leuchtturmprojekt für den Nordschwarzwald


Heute ging der größte Windpark Baden-Württemberg im Nordschwarzwald offiziell in Betrieb. Die 14 Anlagen stehen auf den Gemarkungen von Simmersfeld und Seewald im Kreis Calw. Es ist ein Leuchtturmprojekt für unsere Region, wie die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner sagte. Die im Simmersfelder Ortsteil Fünfbronn umstrittene Anlage, deren Gegner bis vor den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zogen, hat einen Jahresertrag von 64 Millionen Kilowattstunden: Damit lassen sich etwa 20.000 Haushalte mit Strom versorgen. Dabei werden 55.000 Tonnen CO² jährlich eingespart bzw. 20 Millionen Liter Heizöl ersetzt. Ein wirksamer Beitrag also zum Klimaschutz.

Die Anlagen hat Vestas geliefert, Investor ist die MFG AG /wat GmbH in Karlsruhe mit der Breeze Two Energy in München. Nun heißt es nicht mehr mit Goethe " Über allen Wipfeln ist Ruh'" - über allen Wipfeln summt es leise, wenn der Wind die Rotoren treibt. Denn mit einer Höhe von bis zu 140 Meter überragen die Windmühlen die höchsten Tannen. Der Ertrag lässt sich auch wirtschaftlich sehen: Die jährliche Einspeisevergütung liegt bei mehr als fünf Millionen Euro - 8,2 Cent pro Kilowattstunde.

Fünf Jahre dauerte es, bis das 40 Millionen Euro teure Windpark-Projekt realisiert war. Einen konkreten Beitrag, um den Weg zu ebnen, lieferte der Regionalverband Nordschwarzwald , der sich in seiner Regionalplanung entschieden hatte, dieses Areal eines ehemaligen Munitionsdepots der Bundeswehr beidseits der Bundesstraße 294 als Vorranggebiet auszuweisen und die Windkraftanlagen in der Region dort weitgehend zu konzentrieren. Regionalplanung konkret.

Dabei sind die Windmühlen auf den Höhen des Schwarzwaldes keineswegs unumstritten, weil ihre Gegner eine Verspargelung der Landschaft befürchten. Ministerin Gönner wies heute auf den Spagat zwischen dem dringend notwendigen Ausbau erneuerbarer Energie genauso hin wie auf die Belange des Landschaftsbildes: Sie bekannte sich in iihrer Rede ausdrücklich zu diesem Windpark, der zur Attraktion unserer Region werden kann.

Die Potenziale zur Nutzung der Windenergie sind in unserem Bundesland bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Ihr Anteil an der gesamten Stromerzeugung im Land hat 2005 bei 0,4 Prozent gelegen, die Landesregierung will 1,5 Prozent anstreben. Thomas Müllerschön aus Karlsruhe, Bezirksvorsitzender des Bundes Windenergie, der mir heute beim Festakt gegenüber saß, hält 10 bis 15 Prozent für möglich. Dass Anlagen aber vor Ort auf Widerstände stoßen, weiß er. Die Gemeinde müsse eben hinter einem solchen Projekt stehen, wie es in Simmersfeld und Seewald der Fall gewesen sei.

Immer häufiger wird deutlich: Alle sind für den Ausbau der erneuerbaren Energie, weil viele die Atomkraft ablehnen und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen, doch in den konkreten Fällen gibt es heftige Widerstände - gegen Windkraft oder gegen die Nutzung von Ackerflächen für Energiepflanzen- statt Nahrungsmittelanbau (dazu gestern in Report München der Beitrag "Der Preisschock - Wie der Bioboom Nahrungsmittel verteuert"). Von großflächigen Photovoltaikanlagen wird eine Verspiegelung der Landschaft befürchtet, von großer Wasserkraft ein Eingriff in gewachsene und idyllische Natur. Soll ein Holzkraftwerk gebaut werden, laufen die Nachbarn Sturm wie jüngst in Ludwigsburg.

Uns fehlt eines: Ein breiter Konsens in der Energiepolitik, der die Umsetzung alternativer Energiearten vor Ort erleichtert. Damit auch Ziele leichter umgesetzt werden können, die sich der Regionalverband Nordschwarzwald im Entwurf zu seinem Teilregionalplan Erneuerbare Energie gesetzt hat - mehr Energie durch Biomasse. Ein bisschen mehr Windkraft dürfte es natürlich auch sein. Der Windpark Nordschwarzwald bietet dazu praktisches Anschauungsmaterial - zumindest Vorbild kann er sein, um zu sehen, wie sich Natur und Windmühlen vertragen können.

Über allen Wipfeln summt es leise . . .