Einwohnerschwund oder Mühlacker schon jetzt unter 26.000-Einwohner-Schwelle

Wer die Zahlen des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg über die Einwohnerzahl Mühlackers und den Ausländeranteil verglich, kam ins Staunen oder - je nach Gemütslage - ins Grübeln. Denn da fiel einem ein Phänomen auf, das es so extrem sonst fast nirgends gibt: der Ausländeranteil ist in Mühlacker laut Statischem Landesamt von rund 23,5 Prozent in 2002 auf rund 17,5% in 2007 zurückgegangen. Ein Teil dieses Minus' ist sicherlich durch das geänderte Staatsbürgerschaftsrecht zu erklären. Wenn man die Zahlen jedoch mit anderen Städten vergleicht, sind sie schon sehr auffällig: in Pforzheim ist der Ausländeranteil fast unverändert geblieben, in Ludwigsburg / Stuttgart / Vaihingen ist der Anteil im selben Zeitraum um 1 bis 1,5 Prozent gesunken. Nur Mühlacker hat hier einen Rückgang von 6 Prozent.

Stimmt das? Auf meine Anfrage an die Stadtverwaltung liegt inzwischen die Antwort vor, die einige Überraschungen beinhaltete: Mühlacker leidet unter Einwohnerschwund. Zumindest da sind sich Statistisches Landesamt und Stadtverwaltung einig. Aber ansonsten zeigen ihre Zahlen erhebliche Unterschied auf, besonders bei den Ausländerdaten.

Nach Angaben der Stadtverwaltung fielen die Einwohnerzahlen in den vergangenen sechs Monaten in der Landes-Statistik immer höher aus als in der rathauseigenen Fortschreibung. Die Differenz bewegte sich zwischen 121 und 207 Personen jährlich. Bei den Ausländerzahlen machte der Unterschied teilweise bis zu 1300 Personen im Jahr aus. Laut Statistischem Landesamt hatte Mühlacker einschließlich 2006 noch knapp mehr als 26.000 Einwohner, nach der Fortschreibung der Stadtverwaltung liegt die Stadt bereits seit 2005 unter der 26.000-Einwohner-Schwelle.

Beim Ausländeranteil sei diese Differenz in den Jahren 2002 und 2001 sehr auffallend. „Im Jahr 2003 wurden beim Statistischen Landesamt 1200 Ausländer weniger registriert als 2002. Der Ausländeranteil Mühlackers fiel in diesem Zeitraum um 4,6 Prozent auf 19,1 Prozent“, so die Stadtverwaltung in der Antwort an mich. Eine jetzt erfolgte Nachfrage beim Statistischen Landesamt habe ergeben, 2002 sei - im Zuge der Umstellung des Statistikabgleichs mit dem Statistischen Landesamt von Papierform auf elektronische Datenverarbeitung - bemerkt worden, dass in den vorangegangenen 10 bis 15 Jahren die Einbürgerungen beim Statistischen Landesamt nicht erfasst worden waren. In den Zahlen der Stadt seien sie aber berücksichtigt gewesen. Daraus resultierten die starken Unterschiede.

„Die Einbürgerungen wurden bei anderen Kommunen vom Rechenzentrum automatisch übermittelt, von Mühlacker, das seinerzeit noch nicht ans Rechenzentrum angeschlossen war, jedoch nicht.“ Als das Landesamt diesen Fehler bemerkt habe, seien die gesamten Nachmeldungen von über 1000 Einbürgerungen in einem Jahr (2003) abgezogen worden. Hieraus resultiere der extreme statistische Rückgang des Ausländeranteils in diesem einen Jahr.

Die eigene Fortschreibung der Stadtverwaltung ergab nach deren Auskunft demgegenüber einen nahezu gleichmäßigen Rückgang von etwas über 100 Ausländern pro Jahr. Der etwas stärkere Rückgang zwischen den Jahren 2004 und 2005 sei hauptsächlich auf die Schließung der Sammelunterkunft für Asylbewerber im Jahr 2005 zurück zu führen, bei der nahezu 100 Ausländer in anderen Gemeinden untergebracht worden seien.

Nach den Zahlen der Stadtverwaltung hatte Mühlacker von 2001 bis 2006 einen Schwund von 123 Einwohner auf 25.913, die Zahl der Ausländer ging im selben Zeitraum um 529 auf 4530 zurück. Im Jahr 2003 verzeichnete Mühlacker, so die Stadtverwaltung in der eigenen Erhebung, mit 26.184 die bisher höchste Einwohnerzahl, nach dem Statistischen Landesamt war der Rekord mit 26.362 im Jahr 2003.

Aus diesen Zahlen ziehe ich unter anderem diese Folgerung: Dass Mühlacker dem schon vorhandenen Einwohnerschwund entgegensteuern muss. Denn sonst hätten immer weniger Einwohner die vorhandene Infrastruktur zu finanzieren. Wichtig ist, dass Mühlacker seine Wohnqualität erhöht und aktiv für sich als Stadt zum Wohnen wirbt - zum Beispiel im Raum Stuttgart. Wir dürfen die Offensive nicht anderen überlassen.

Die Antwort der Verwaltung im Original hier.Auslaenderanteil.PDF