Antwort aus Karlsruhe oder Das RP und die B-35-Arbeiten

Hier nun die Position des Regierungspräsidium Karlsruhe zum Ablauf der Sanierungsarbeiten auf der Bundesstraße 35 bei Lienzingen und der damit verbundenen Verkehrsumleitungen in einem heute eingegangenen Schreiben an Stadtverwaltung und mich. Damit reagiert der Regierungspräsident auch auf die Kritik an seiner Behörde. Das Schreiben im Original:

Lassen Sie mich zunächst auf die Baumaßnahme und die daraus resultierende Verkehrsführung eingehen. Der Fahrbahnzustand der B 35 zwischen Maulbronn-Schmie und Mühlacker-Lienzingen war gekennzeichnet durch Risse und Verdrückungen in der Straßenoberfläche. Übliches Sanierungskonzept hierfür ist ein Abfräsen mit anschließendem Neueinbau einer 4 cm starken Asphaltdeckschicht. Um mehr Informationen über das Schadensbild zu erhalten, hat das zuständige Baureferat parallel zu den Anfang Februar geführten Umleitungsgesprächen Bohrkerne ziehen und auswerten lassen. Dabei zeigte sich, dass teilweise bis zu 30 cm des Fahrbahnaufbaus schadhaft und ausbesserungsbedürftig waren. Auf dieser Basis konnte dann das endgültige Sanierungskonzept aufgestellt werden.

Dieses sah vor, in einem ersten Schritt rd. 15 cm tief alte Belagsschichten abzufräsen. Damit verblieb nur noch ein Restaufbau von rd. 15 - 20 cm. Dieser kann wegen mangelnder Tragfähigkeit und zur Vermeidung von weiteren Schäden jedoch auf keinen Fall mit Schwerverkehr befahren werden. Danach wurden an vorhandenen Schadstellen noch Tiefenfräsungen - teilweise bis zu 15 cm Tiefe - ausgeführt. Somit verblieben an manchen Stellen sogar nur zwischen 0 und 5 cm Restaufbau. Dieser kann aus den genannten Gründen selbst von Pkw-Verkehr nicht mehr befahren werden. Zudem waren diese Schadstellen über die ganze Baustrecke verteilt, sodass ein halbseitiges Befahren nicht mehr möglich war. Aus diesem Grund konnte die ursprünglich Anfang Februar festgelegte Verkehrsführung nicht vollzogen werden, sondern musste eine Vollsperrung angeordnet werden. Dieses Vorgehen sowie die Umleitungsstrecken wurden mit der Verkehrsbehörde der Verwaltungsgemeinschaft abgestimmt. Dem Regierungspräsidium kann also nach meiner Auffassung keine ungenügende Informationspolitik vorgeworfen werden.

Lässt man diese straßenbautechnischen Parameter einmal ganz außer Acht, hätte auch eine halbseitige Sperrung für die B 35 erhebliche Auswirkungen nach sich gezogen. Die Länge der Baustrecke bei Mühlacker beträgt rd. 2 km. Die Fahrbahnbreite beträgt rd. 7,5 m. Wäre diese Strecke halbseitig an einem Stück gebaut worden, hätten die jeweiligen Sperrzeiten aus Freigabezeit der Gegenrichtung und Räumzeiten mehrere Minuten betragen. Die daraus resultierenden Staus wären erheblich gewesen, was die Betroffenen dann auch mit Sicherheit zur Suche nach Ausweichstrecken veranlasst hätte. Eine alternativ in 8 Abschnitte à rd. 500 m unterteilte Baustrecke hätte vermutlich einen Anstieg der Bauzeit auf rd. 3 Monate (!) bedeutet. Neben einer baubetriebstechnisch und qualitativ schlechten Bauabwicklung hätte sich die Maßnahme damit auch erheblich verteuert. Besonders kritisch wäre für die Verkehrsteilnehmer im Baustellenbereich aber die Kante von rd. 25 cm zur Tiefenfräsung gewesen. Hier wäre eine Absturzsicherung zwingend gewesen, die aber bei dem vorhandenen Fahrbahnquerschnitt nicht hätte untergebracht werden können.
Aus allen diesen Gründen entschied sich daher das Regierungspräsidium für eine Vollsperrung der B 35.

Meinem Haus war es durchaus bewusst, dass eine Vollsperrung zu einer deutlichen Verkehrszunahme mit den daraus resultierenden Belastungen in der Ortsdurchfahrt von Mühlacker führen wird. Schon aus diesem Grund war und ist es unser Ziel, die Maßnahme schnellst möglich durchzuführen. Die Baufirma arbeitet daher bereits teilweise mit doppelter Besetzung (2 Großfräsen und 2 Fertiger) sowie am Tage länger als die Regelarbeitszeit, um die derzeit günstige Witterungslage voll ausschöpfen zu können. Nach aktuellem Stand liegt die Baufirma bereits einige Tage unter dem Soll, sodass ein früherer Fertigstellungstermin als Ende Juli durchaus realistisch erscheint. Sollte das Wetter uns keinen Strich durch die Rechnung machen, liegt eine Fertigstellung Ende nächster Woche im Bereich des Möglichen. Damit hätten wir das Projekt sogar eine Woche schneller als ursprünglich geplant durchgeführt.
Die angesprochene Samstagsarbeit scheidet aus, da das Wochenende zum Abkühlen sowie Aushärten des eingebauten Materials notwendig ist. Auch einer Nachtarbeit stehen wir ablehnend gegenüber, da die Leistung und die Qualität der Arbeit in der Regel schlechter als am Tag ausfallen. Weitere Beschleunigungsmaßnahmen sehen wir darüber hinaus nicht.

Zur Entlastung der Ortsdurchfahrt hatte das Regierungspräsidium den Vorschlag in die Diskussion gebracht, eine Umleitungsfahrtrichtung über die L 1134 (Osttangente) und die Verlängerte Ziegeleistraße zur L 1132 zu führen. Diesem ist die Stadt als Straßenbaulastträger erfreulicherweise zwischenzeitlich gefolgt und hat seit Mittwoch Abend eine Umleitungsrichtung, allerdings nur für Pkw, über die Ziegeleistraße ausschildern lassen. Damit dürfte eine Reduzierung der Belastungen der Anwohner an der Ortsdurchfahrt spürbar werden.

Das Regierungspräsidium ist bemüht, bei derartigen Sanierungsmaßnahmen die Beeinträchtigungen sowohl für die Verkehrsteilnehmer als auch für die vom Umleitungsverkehr Betroffenen so gering wie möglich zu halten. Ich bitte Sie jedoch um Verständnis, dass unter den beschriebenen Randbedingen keine andere Vorgehensweise bei der Sanierung der B 35 möglich war.

Was eine Bemautung der B 10 und der B 35 betrifft werde ich eine Prüfung veranlassen und Ihnen in einer gesonderten Stellungnahme antworten.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
Dr. Rudolf Kühner

Nachgefasst oder Die B-35-Sanierung und das RP Karlsruhe

Sehr geehrter Herr Regierungspräsident,

Sie lassen in Ihrer Pressemitteilung, mit der Sie auf die Kritik aus dem Mühlacker Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik zur Abwicklung der Sanierungsarbeiten auf der B 35 bei Lienzingen reagieren, folgendes verlauten:

Eine halbseitige Sperrung und der Verzicht auf eine Umleitung sei „nur möglich, wenn lediglich die obere Fahrbahndecke erneuert werden muss und der Verkehr über die abgefräste Fahrbahn geleitet werden kann. Ist es dagegen notwendig, zumindest stellenweise eine grundhafte Sanierung durchzuführen und die Fahrbahn komplett neu aufzubauen, ist eine Vollsperrung unumgänglich.“ Dies werde auch vom Regierungspräsidium Stuttgart so gehandhabt.

Ihre Pressestelle hat laut Mühlacker Tagblatt von gestern der Feststellung in meiner ersten Mail an Sie widersprochen, dass bei der Sanierung der Glemstalbrücke im Zuge der B 10 bei Schwieberdingen - und damit im Regierungsbezirk Stuttgart - eine mit der B 35 vergleichbare Sanierung unter halbseitiger Sperrung abgewickelt wurde.

Ich habe mir inzwischen die Details beim Regierungspräsidium Stuttgart zu der 2004 erfolgten Sanierung der Glemstalbrücke besorgt: Es war eine Schicht von 12 cm abgetragen worden – die komplette Fahrbahndecke einschließlich der Abdichtung bis zur Brückentafel. Anschließend wurde in dreimal 4 cm Stärke – also wieder 12 cm – die neue Schicht aufgetragen. Dies geschah unter halbseitiger Sperrung mit einer bedarfsgesteuerten Ampelanlage. Zuerst floss der Verkehr über die noch nicht ausgewechselte Hälfte, anschließend über den neu aufgebrachten Teil. Das Regierungspräsidium Stuttgart hatte keine Vollsperrung und damit keine Umleitung über Schwieberdingen bzw. Markgröningen für notwendig erachtet.

Wie mir gestern Ihr Herr Herzel sagte, ist bei der B 35 in einer Stärke von 15 bis 20 cm abgetragen worden.

In beiden Fällen wurde also nicht nur die Fahrbahn abgefräst, sondern eine grundhafte Sanierung mit einem neuen Fahrzeugaufbau vorgenommen.

Es ist irreführend, wenn das RP Karlsruhe erklärt, eine solche Maßnahme wie auf der B 35 sei nur bei Vollsperrung und Umleitung des Verkehrs möglich. Ich bitte Sie dringend, dem Beispiel Glemstalbrücke – das auch ergänzt werden kann – zu folgen und wenigstens im Bauabschnitt
Lienzingen-Illingen der B 35 auf eine Vollsperrung zu verzichten.

Mit freundlichen Grüßen
Günter Bächle
Vorsitzender der CDU-Fraktion im
Gemeinderat der Stadt Mühlacker

B-35-Umleitung oder Offene Worte an der Regierungspräsidenten

Sehr geehrter Herr Regierungspräsident,

gerade las ich auf der Internet-Seite des RP Karlsruhe die Pressemitteilung Ihrer Behörde als Reaktion auf die Kritik im Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats der Stadt Mühlacker im Original. Ich will Ihnen dazu folgendes mitteilen:

1. Die Bauabläufe an der Baustelle B 35 Lienzingen sind nicht optimal. Am Samstag wurde nicht gearbeitet, abends wird das doch relativ lange Tageslicht ebenfalls für Arbeiten nicht genutzt. Es wäre ein gutes Signal gewesen, wenn Sie angekündigt hätten, dass die Arbeiten angesichts der heftigen Umleitungsprobleme beschleunigt würden. Ich habe inzwischen die Landtagsabgeordneten Stefan Mappus und Winfried Scheuermann gebeten, über das Innenministerium auf das RP Karlsruhe mit dem Ziel der Beschleunigung der Arbeiten einzuwirken.

2. Ihre Aussage, bei Arbeiten in den vier Regierungsbezirken werde gleich verfahren, ist nicht richtig. Aus dem Bereich des Regierungsbezirks Stuttgart kann ich Ihnen wenigstens zwei andere Beispiele nennen: Die grundlegende Sanierung der Glemstalbrücke (B 10) bei Schwieberdingen im Kreis Ludwigsburg - kein Abfräsen mit anschließender Deckenaufbringung, sondern eine grundlegende Sanierung wie jetzt an der B 35 - ist bei halbseitiger Sperrung vorgenommen worden. Ebenfalls die Sanierungsarbeiten an der B 10 im Übergang zum vierspurigen Bereich nach Münchingen aus und in Richtung Stuttgart.

3. Dass in der PM die Umleitung durch Lienzingen immer noch als ernsthafte ursprüngliche Variante angeführt wird, zeigt die Realitätsferne Ihrer Behörde. Die Ortsdurchfahrt hat im Bereich der Friedenstraße/Zaisersweiherstraße eine scharfe Rechtskurve, der Knittlinger Straße fehlen wegen des dorfgerechten Ausbaus Gehwege. Das Regierungspräsidium hätte nicht ernsthaft eine solche Variante überhaupt vorschlagen dürfen. Es wäre wahnsinnig gewesen, den Umleitungsverkehr durch Lienzingen zu führen und hätte zu einer massiven Gefährdung der Sicherheit von Menschen geführt.

4. Die Anwohner der Stuttgarter und teilweise der Pforzheimer Straße (B 10) haben jetzt zwei Bundesstraßen vor der Haustüre, was zu unzumutbaren Belastungen und damit zu Protesten der Anwohner führt. Sie stellen dies dar, als sei dies alles kein Problem. Mehr Verständnis für die Anwohner und das Bemühen, ihnen wenigstens einen Teil der Last zu nehmen, wäre ein wichtiges Signal gewesen, zu dem es noch nicht zu spät ist.

5. Für den zweiten Teil der Arbeiten - zwischen Lienzingen und Illingen - muss die halbseitige Sperrung nochmals geprüft werden. Sollte das Regierungspräsidium weiterhin der Auffassung sein, dass auch dort eine Vollsperrung notwendig ist, müssen aus den Erfahrungen der jetzigen Sperrung Lehren gezogen werden: Die Möglichkeit des Einfahrens aus der Industriestraße in die Osttangente während der Umleitung des B-35-Verkehrs über die Osttangente muss genauso rechtzeitig geregelt werden wie die in die Landesstraße auf Höhe des Wohngebiets Heidenwäldle. Notwendig ist auf dem Abschnitt der Landesstraße vor der B-35-Zu- und Abfahrt eine Tempobeschränkung, zumal Feldwege in die Landesstraße einmünden.

Offensichtlich wird vom RP übersehen, dass nach der Straßenverkehrszählung des Landes von 2005 auf der B 35 bei Lienzingen werktäglich jedes vierte Fahrzeug ein Schwerlaster ist (Veröffentlich der Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg, RP Tübingen). Das Problem - entstanden durch Lkw-Fahrer, die die Autobahnmaut sparen wollen - bleibt auch nach Ende der Belagsarbeiten bestehen. Wir fordern eine Lösung. Hier ist das RP Karlsruhe gefordert, dem Land und dem Bund entsprechende Lösungsvorschläge zu unterbreiten, wenn Ihre Behörde die Anregung der Stadt Mühlacker auf eine Bemautung weiterhin für nicht realisierbar hält. Wir jedenfalls sind nicht bereit, die Zeche für eine verfehlte Maut-Politik zu bezahlen.

Mit freundlichen Grüßen
Günter Bächle
Fraktionsvorsitzender

CDU-Gemeinderatsfraktion Mühlacker