Echo fordert oder Abschied von der Fußgängerzone?

Verabschiedet sich Mühlacker von seiner – einzigen - Fußgängerzone in der unteren Bahnhofstraße? Die Diskussion bricht wieder auf, nachdem Miet-Interessenten für den Mühlehof direkt am Gebäude Kurzzeitparkplätze wünschen. Nicht genug damit: Die potentiellen Flächen-Pächter in dem Gebäude, dessen gewerblicher Teil derzeit unter dem Kunstnamen „City Galerie“ vermarktet wird, stören sich auch an dem auf Steuerzahlerkosten bei der Gestaltung der neuen Stadtmitte errichteten Kiosk – der nehme den Passanten den Blick auf den Mühlehof.
Eine Wunschliste aus zwei Punkten, die es in sich hat und die Frank Witte von der Firma Echo GmbH, Berlin - Eigentümerin des Mühlehofs - dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung präsentierte. Heute hat er dies in einem Interview mit dem Mühlacker Tagblatt bekräftigt.
Verschwindet die Fußgängerzone, verschwindet ein Herzstück der neuen Stadtmitte. Diese sei, so sagt Witte, tot. Eine Wertung, die übertrieben ist. Momentan fehlt natürlich zumindest ein Teil der Laufkundschaft, weil die Hauptzweigstelle der Sparkasse kein Magnet mehr ist – das Gebäude wurde zuerst abgebrochen und wird nun neu aufgebaut. Im Herbst soll die Einweihung sein. Deshalb ist der Ist-Zustand sicherlich kein Soll-, aber ein Zwischen-Zustand.
Die Fußgängerzone war einst umstritten. Letztlich entschied sich eine Mehrheit der Geschäftsleute doch für das Pro. Und der Gemeinderat auch. Also ist die untere Bahnhofstraße so gestaltet worden, wie es bei einer Fußgängerzone üblich ist – Plattenbelag, Bäume, Spielecken, Sitzbänke. Mit Sanierungsgeldern des Landes und eigenen Mitteln der Stadt. Und nun soll das alles für die Katz’ sein, weil Echo das so will?
Kritisch muss man anmerken: Für eine Fußgängerzone fahren noch zu viele Autos durch. Das ist weitaus mehr als nur der Anlieferverkehr. Fast 300 Ausnahmegenehmigungen hat die Stadtverwaltung ausgestellt. Zu viele! Außerdem: Viele halten sich einfach nicht an das Durchfahrtsverbot, weil die städtischen Kontrollen zu lasch sind.
Die Folge? Abschaffen? Nein, die Durchfahrt beschränken. Für den Fall, dass das nicht funktioniert, muss über andere Maßnahmen nachgedacht werden. Aber: Die untere Bahnhofstraße einfach zu öffnen und zu einem verkehrsberuhigten Bereich umzuwandeln, ohne die Rahmenbedingungen zu ändern, ist keine Lösung. Schon gar nicht, wenn es eine Insel-Lösung ist.
Die Erfahrung mit dem verkehrsberuhigten Bereich in der mittleren Bahnhofstraße an der Drehscheibe lehrt, dass der Fahrraum markiert werden muss. Wer trägt die Kosten? Echo? Wo sollen die Parkplätze angelegt werden? Das könnte dann nicht nur vor dem Mühlehof sein. Also würden Park- und Fahrflächen die Gehbereiche für Fußgänger einschränken. Und was kommt als zweiter Schritt? Parken nicht nur auf dem Konrad-Adenauer-Platz, sondern auch auf dem Kelterplatz vor dem Rathaus? Ist erst einmal geöffnet, wird der Parkplatz-Hunger wachsen.
Allein dies zeigt: Der Verzicht auf die Fußgängerzone kann nicht ohne Not geschehen.
Und der Kiosk? Der ist gleichzeitig Zu- und Abgang zu Tiefgarage und öffentlichen Toiletten und wird weiterhin überdacht bleiben müssen. So einfach alles verschwinden zu lassen, funktioniert nicht. Stadtpolitik ist eben doch mehr als Hokuspokus.
Trotzdem: Die Echo-Forderung wird auch in der Öffentlichkeit Befürworter finden. Allein dadurch ist eines garantiert: Ein weiteres Diskussionsfeld mit vermutlich neuen Fronten. Interessant wird schon allein die Positionierung des grünen OB in dieser Sache sein. Falls er überhaupt Position bezieht.