Übergangstarife oder Die Sache mit den Verkehrsverbünden

Wenn der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland, Matthias Lieb, von den Verkehrsverbünden in Baden-Württemberg spricht, dann fällt immer ein Wort: Fleckerlteppich. Große und kleine Verbünde sorgen dafür, dass es den Fahrgästen zu kunterbunt wird. Der erste und älteste Verbund ist der Stuttgarter: der VVS. Jener für Pforzheim und Enzkreis – der VPE – ist gut zehn Jahre alt. Dann gibt es noch den Karlsruher Verkehrsverbund (KVV).

Aufgabe eines Verbundes ist es, sicherzustellen, dass mit einem Fahrschein alle Verkehrsmittel benutzen werden können. Allerdings gibt es allein zwischen Karlsruhe und Stuttgart die genannten drei Verbünde, die teilweise keine Übergangstarife haben, so dass doch zwei oder drei Tickets für eine Fahrt notwendig werden. Das ist umständlich und teuer.

Das Vorbild: Der KVV, der mit dem VPE Übergangstarife hat. Der Blockierer: der VVS. So sind die Tarifgrenzen nach Westen offen, nach Osten weitgehend dicht. Deshalb traf sich die CDU-Kreistagsfraktion heute Abend im Pforzheimer Landratsamt mit Dr. Witgar Weber, Geschäftsführer des VVS, und Hans-Georg Glaser, VVS-Abteilungsleiter für Tarife. Dabei wissen wir: Wer Tarife angleicht, muss die Einnahmenausfälle ausgleichen, die bei Verkehrsträgern entstehen.

Zum Beispiel auf der Strecke Pforzheim-Stuttgart. Der Fahrpreis der Deutschen Bahn beträgt 19,20 Euro. Wenn nun die 24-Stunden-Karte des KVV und des VPE – Regio-X-Ticket – für 15 Euro auch fürs VVS-Gebiet angeboten wird, fehlen der Bahn 4,20 Euro. Die holt sie sich bei anderen, nämlich bei den Verbünden, die wiederum zu großen Teilen von den Kommunen finanziert werden.

Weil die Stadt- und Landkreise im VVS-Gebiet schon 50 Euro pro Jahr und Bürger für ihren Stuttgarter Verbund ausgeben, wollen sie nicht auch noch für andere mitbezahlen. Die Botschaft Webers kam heute sehr deutlich rüber. Also müssten andere die Kassen öffnen. Nur: Bisher hat der VVS nicht berechnet, was er von den anderen fordern würde, gälte zum Beispiel Regio-X auch im VVS-Gebiet. Die Kosten müssen auf den Tisch, haben wir heute Abend gefordert. Weber sicherte eine solche Berechnung zu. Ein Teilerfolg! Denn dann kann entschieden werden, ob die Sache für uns und andere bezahlbar oder zu teuer ist.

Glaser sagte, zwischen VVS- und VPE-Gebiet gebe es werktäglich 4800 Fahrten, bei 800 Fahrten werde auf Straßenbahn, Stadtbahn oder Bus umgestiegen. Bei Fahrten auf der Schiene sei trotz Umstiegs oft kein zusätzliches Ticket nötig. Weil alle VVS-S-Bahn-Stationen oder die Universität Stuttgart mit der Deutschen Bahn erreichbar seien, reiche die DB-Karte.

Für die Tagesfahrten über die Verbundgrenzen bietet sich, so Weber, das Baden-Württemberg-Ticket an, das für Bus und Bahn gleichermaßen gelte. Doch das Baden-Württemberg-Ticket ist teurer und man kann erst ab 9 Uhr damit fahren. Das ist also keine echte Alternative zu Regio X.

Dass der Karlsruher Verkehrsverbund weitaus einladender operiert als der Stuttgarter, ist offenkundig. So wird am Bietigheimer Bahnhof und damit im VVS-Gebiet das Regio-X-Ticket für KVV- und VPE-Gebiet verkauft, auch um Kundschaft zu einem günstigen Tarif nach Pforzheim, Karlsruhe und den Nordschwarzwald zu locken. Umgekehrt muss es, so meine ich, wenigstens VVS-Fahrkarten am Bahnhof Mühlacker und damit im VPE-Reich geben. Wir sollten endlich vorankommen, die Menschen ärgern sich wegen fehlender Übergangstarife.

Ein Thema ohne Ende? Hoffentlich nicht. Da muss bald ein Knopf dran. Notfalls ist die Landespolitik gefordert, die Dinge so zu regeln, dass es eine Lösung aus einem Guss gibt.

Hier noch eine Anmerkung von Matthias Lieb vom VCD zu den VVS-Zahlen:
Dass es nur 4800 Fahrten pro Tag zwischen VVS und VPE gäbe, stammt aus dem Märchenbuch des Verkehrs. Alleine von Mühlacker gibt es schon über 1.000 (d.h. 2000 Fahrten) Pendler Richtung VVS (PKW +ÖV). Pendlerverkehr ist aber nur 1/3 des Gesamtverkehrs! Eher zeigt dies, dass der ÖV-Anteil am verbundgrenzüberschreitenden Verkehr gering ist und dies an den Tarifhürden liegt. Durch eine Durchlässigkeit der Tarife könnten also mehr Fahrgäste gewonnen werden. Schon derzeit nutzen viele Einwohner des Enzkreises den Bf Vaihingen, erscheinen in der Statistik also als reine VVS-Fahrgäste.


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