Biogasanlagen oder Der Stromkunde bezahlt mit

Sie sprießen derzeit wie Pilze auf dem Boden, die Biogasanlagen. Immer in der stillen Hoffnung, dass sich mit der daraus gewonnenen Energie der Ausstieg aus der Atomkraft abfedern lässt. Gleichzeitig beschweren sich Politiker über explodierende Strompreise. Dabei ist erneuerbare Energie nur mit Hilfe von Subventionen wirtschaftlich zu betreiben. Dank der so genannten Einspeisevergütungen nach dem Gesetz über erneuerbare Energien (EEG), die die Betreiber auch dieser Anlagen erhalten. Nicht vom Staat, sondern von uns Stromkunden. Denn wir bezahlen mit jeder Kilowattstunde einen Zuschlag, um den Topf zu speisen, aus dem diese Einspeisevergütungen bezahlt werden. Sich als Politiker gleichzeitig über hohe Strompreise aufzuregen, ist unehrlich. 40 Prozent des Strompreises machen Steuern und EEG-Abgaben aus. Man muss nur seine jährliche Stromabrechnung anschauen; Lieferanten wie die Stadtwerke Mühlacker weisen diese Summen bewusst extra aus.
Jede Biogasanlage und jede Photovoltaikanlage sowie jede Windkraftanlagen werden durch diese Umverteilung großen Stils, zu der Stromlieferanten und ihre Kunden gezwungen worden sind, zu wesentlichen Teilen finanziert. Dass der Ausbau erneuerbarer Energie nur durch eine gewaltige Subventionsmaschinerie gelingt, wird von der Politik gerne unterschlagen. Aber das macht sich ja auch nicht so gut.
Die Einspeisevergütung wird für 20 Jahre garantiert, was danach kommt, kann bisher niemand sagen. Es ist nur zu hoffen, dass sich ein wirtschaftlicher Betrieb dann auch erreichen lässt, wenn keine Einspeisevergütung mehr fließt.
So wird auch in Mühlacker eine Biogasanlage geplant. Es ist nur richtig, dass die Stadtwerke Mühlacker dieses Geschäft nicht anderen überlassen. Denn der Topf ist gefüllt. Die Stadtwerke können schließlich nichts für die von der Politik erfundene Finanzierungsart. Und sie sorgen dafür, dass die Wertschöpfung wenigstens in unserer Region bleibt.
Es gibt ansonsten gute Argumente dafür: Die Biomasse soll von Landwirten geliefert werden, die sich damit ein zweites wirtschaftliches Standbein sichern können. Das ist sicherlich ein gutes Argument für das Projekt, genauso wie die Reduzierung des CO2- und O2-Anteils.
Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Mühlacker informierte sich über eine Anlage der Firma Schmack im Fränkischen.


28 Minuten oder Die 24. Haushaltsrede

Heute Abend wurde der Haushaltsplan der Stadt Mühlacker einstimmig verabschiedet. Zuvor gab es noch Haushaltsreden von fünf Fraktionen in unterschiedlicher Länge (CDU 28 Minuten, SPD 14, FW 6, LMU 10 und FDP 12 Minuten). Weil Etatdebatten auch Gelegenheit bieten, Grundsätzliches zu sagen, wurde meine Stellungnahme etwas länger. Hier ist sie:


Wir haben nicht vergeblich gehofft.
Nun können wir voll Freude singen.
(aus Jesaja 25,1)



Nein, meine Damen und Herrn, wir haben nicht vergeblich gehofft, dass nach den Jahren der Steuerausfälle wieder eine Phase der Steuermehreinnahmen kommt so wie es noch 2006, aber vor allem 2007 der Fall sein wird. Die Prognose-Daten sind, wie unser Plus bei Gewerbe- und Einkommensteueranteilen für 2006 zeigt, gesichert und wir können alle nur hoffen, dass es kein Einmal-Hoch bleibt. Nachdem die Gutachten der Wirtschaftsexperten davon ausgehen, dass auch 2007 trotz höherer Mehrwertsteuer der wirtschaftliche Aufschwung stabil ist, sehen wir auch schon leicht optimistisch ins Jahr 2008. Die Große Koalition in Berlin erweist sich zunehmend als Konjunktur-Macher.

Natürlich ist es weitaus angenehmer, eine solch entspannte Haushaltsdiskussion führen zu dürfen wie diesmal, zumal die auch von der CDU-Kreistagsfraktion gewollte deutliche Senkung der Kreisumlage uns in der Endphase der Beratungen eine weitere Entlastung von 314.000 Euro im Stadthaushalt brachte, die wir gezielt - zusätzlich zu den von der Verwaltung bereits geplanten Maßnahmen - für den stärkeren Abbau des Sanierungsstaus an Schulen und Kindergärten einsetzen, zum Beispiel an der Hartfeldschule in Enzberg, der Schillerschule, dem Theodor-Heuss-Gymnasium, dem Kindergarten Villa Emrich und dem Kindergartengarten Ringstraße in Lienzingen. Hier wird deutlich, wie die Höhe der Finanzausgleichs-, Gewerbesteuer- und Kreisumlagen unsere Handlungsfähigkeit im Gemeinderat entweder einschränken oder doch ausweiten können.

Abbau des Sanierungsstaus
Ziel der CDU-Fraktion im Gemeinderat war es, gegenüber dem von der Stadtverwaltung vorgelegten Haushaltsentwurf 2007 die Mittel für den Abbau des Sanierungsstaus vor allem an Schulen und Kindergärten, aber auch an Straßen und Gehwegen aufzustocken und trotzdem eine Senkung der Schuldenlast um 803.000 Euro zu erreichen. Dieser schwierige Spagat ist geglückt, im Gemeinderat bestand eine große Übereinstimmung in diesem Punkt. Damit setzen wir den eingeschlagenen Kurs der Schulden-Reduzierung konsequent fort, nachdem in den Jahren zuvor wenigstens netto keine neuen Darlehen aufgenommen worden waren. Mit der Rückführung der Schulden schaffen wir aber neue Spielräume – weniger Zins und Tilgung aufbringen zu müssen, eröffnet bei normalen Steuereinnahmen die Möglichkeit, das so eingesparte Geld zum Beispiel für den zusätzlichen Abbau des Sanierungsstaus verwenden zu können. Dass die Hochbauabteilung der Verwaltung nun eine Stelle zusätzlich bekommt, verbinden wir mit der Erwartung, dass die beschlossenen Projekte – notfalls auch durch ergänzende Aufträge an Externe – zügig umgesetzt werden und kein Rückstand mehr auftritt wie bei den Maßnahmen zum Ausbau der Schillerschule zur Ganztagesschule. Möglicherweise muss nun der zuständige Amtsleiter auch nicht mehr dasitzen wie das personifizierte Leiden Christi und jammern, er habe zuwenig Leute.

Abbau der Verschuldung
Allerdings sollten wir die Verschuldung der Stadt auch differenziert sehen. Von den gut 36 Millionen Euro entfallen etwa 40 Prozent auf den Abwasserbereich. Wenn wir diesen als Eigenbetrieb ausgliedern oder an die Stadtwerke abgeben würden, tauchte dieser Betrag im Kämmereihaushalt nicht mehr auf. Schulden fürs Abwasser sind „rentierlich“, da sie gedeckt sind durch laufende Gebühreneinnahmen.

Mit 15 der 36 Millionen Euro stehen wir bei uns selbst in der Kredite – wir haben diesen Betrag bei unserem Eigenbetrieb Freibad aufgenommen, bezahlen also Zins und Tilgung an uns selbst und verrechnen diese mit dem Verlustvortrag aus der Freibad-Sanierung. Dies alles, weil wir den Erlös aus dem Verkauf der EnBW-Aktien nicht im Haushalt der Stadt verbraten, sondern im Eigenbetrieb Freibad dauerhaft angelegt haben, so dass er uns nachhaltige Einnahmen verschafft. Allerdings ist es notwendig, diesem Eigenbetrieb Freibad Verlustbringer aus dem städtischen Haushalt zuzuordnen, indem die Sporthallen in ihn überführt werden.

Die Netto-Verschuldung der Stadt beträgt also nicht 36, sondern 21 Millionen Euro. Es ist absehbar, dass wir angesichts bevorstehender Investitionen den Abwasserbereich in einen Eigenbetrieb ausgliedern oder – was von der CDU-Fraktion seit Jahren angestrebt wird – den Stadtwerken übergeben, die dann Ver- und Entsorgungsleistungen aus einer Hand anbieten können, wodurch Synergieeffekte erreicht werden. Hier drängen wir auf eine rasche Weichenstellung, die leider von der Verwaltung immer wieder verzögert wurde. Die Stadtwerke können Vorsteuerabzug geltend machen, die Stadt nicht – das heißt, wir als Stadt müssen bei den Investitionen die dann 19 Prozent Mehrwertsteuer voll finanzieren, was nicht Sinn und Ziel sein kann, wenn es andere Möglichkeiten gibt.

Den Darlehen stehen – das sollte man nicht vergessen – ein Anlagevermögen der Stadt von 102,6 Millionen Euro gegenüber.

Strukturen effektiver machen
Dies ist heute meine 24. Haushaltsrede in Folge. Wenn ich zurück schaue, so übertraf die Zahl der schwierigen Etats die der unproblematischen doch bei weitem. Wenn Probleme bei einem Haushalt auftauchen, verfällt man leicht in einen Aktionismus, um wenigstens kurzfristige Lösungen zur Etatentlastung zu erreichen. Weitaus wichtiger sind aber mittel- und langfristige Strukturmaßnahmen, für die man im Alltagsgeschäft zu wenig Zeit hat und die meist wegen eines Hangs zur Kurzatmigkeit nicht angegangen werden. Deshalb müssen wir uns gerade jetzt mit der Frage beschäftigen, wie wir unsere Leistungen für den Bürger effektiver anbieten können, ohne die kommunale Daseinsvorsorge und damit die Attraktivität unserer Stadt zu beschädigen. Deshalb freuen wir uns als CDU-Fraktion, dass unser Antrag, eine Haushaltsstukturkommission einzusetzen, doch noch zum Zuge kam. Wir wollen in diesem beratenden Ausschuss des Gemeinderats aber immer mit den Betroffenen, nie über sie hinweg sprechen.


Weitere Aufgaben – Schulen und Hallen
Denn dass wir im Gemeinderat Planungsraten für die Sanierung der Gemeindehallen Mühlhausen und Lomersheim sowie für die Erweiterung des Theodor-Heuss-Gymnasiums eingesetzt haben, ist der beste Beleg dafür, dass weitere Investitionen anstehen. Das sind ja nicht ein einzigen Maßnahmen. Wir haben trotz verstärkter Bemühen zum Abbau auch 2007 einen Sanierungsstau an städtischen Gebäuden in Millionen-Höhe, wir brauchen als Voraussetzung für eine Lösung der unbefriedigenden baulichen Situation der Käppele-Turnhalle eine Schulsporthalle im Lindach-Schulgebiet – nicht erst in 20 Jahren, Herr Schütterle – sowie Ersatz fürs Bürohaus Wertle mit Jugendhaus, Familienbildung und Vereinsräumen. Gerade das Wertle-Gebäude zeigt, dass man die Probleme nicht treiben lassen kann, sonst steht man eines Tages vor einem Scherbenhaufen, um dann in hektischer Betriebsamkeit meist zu teure Schnell-Lösungen zu finden. Der Gemeinderat muss sich deshalb 2007 mit beiden Themen beschäftigen: der Sporthalle im Schulzentrum Lindach und dem Ersatz fürs Wertle-Gebäude.

Dies vor dem Hintergrund des Abbaus des Sanierungsstaus. Die CDU-Fraktion hält es für dringend erforderlich, sowohl bei den Sanierungen als auch bei Neubauten den Einsatz privaten Kapitals ernsthaft zu prüfen. Wenn sich die Sanierungen oder ein Neubauprojekt wirtschaftlicher und schneller erreichen lassen im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP), dann wollen wir diesem im Interesse einer Entlastung des städtischen Haushalts den Vorzug geben, zumal bei diesen Verfahren die Stadt Eigentümer der Gebäude ist und bleibt bzw. wird. Dazu muss man aber erst einmal rechnen. Wir erwarten, dass die Verwaltung Anfang 2007 die Angebote für einen Eignungstest der Sanierungsobjekte für ÖPP unaufgefordert vorlegt. Wir sollten endlich Klarheit haben, nicht noch drei weitere Jahre ergebnislos diskutieren und uns nicht nur weiter in einem immer wiederkehrenden „vielleicht sollte man“ ergehen.

Weiterer Schwerpunkt Sanierungsgebiete
Apropos Sanierungen. Einen weiteren Schwerpunkt der Stadtpolitik sieht die CDU-Fraktion in den Sanierungsgebieten Kernstadt, Dürrmenz, Großglattbach und Lienzingen. Das Ziel, auch die Ortskerne von Lomersheim und Mühlhausen ins Sanierungsprogramm des Landes zu bekommen, darf durch die Untersuchung über Gewerbebrachen nicht verzögert werden. Wir hoffen, für das Sanierungsgebiet Großglattbach werden vom Land die Mittel aufgestockt und das Programm verlängert, die Signale dafür stehen auf grün. Sehen wir es doch positiv: Es ist besser, mehr Gelder zu benötigen als dass wir Gelder zurückgeben bzw. in andere Sanierungsgebiete umleiten müssen wie in Enzberg.
Bezüglich Großglattbach unsere Position: Wir sollen keinen Abschied vom Rathaus, sondern sehen eine Variante in dessen Nutzung – eventuell mit Anbau und Parkplätzen – sowie in einer dauerhaften Sicherung von Räumen zugunsten der Grundschule in der alten Schule. In punkto Sanierungsgebiet Dürrmenz erwarten wir den vollen Einsatz der Spitze der Stadtverwaltung bei der Suche nach Investoren für das Kerngebiet vor allem aus Kanne- und Schuler-Areal, denn die Ortsbesichtigung durch den Ausschuss für Umwelt und Technik hat gezeigt, dass dort der Schlüssel zur Lösung der Probleme im Sanierungsgebiet liegt. Wir wollen, falls sich ein Investor findet, eine erneute gastronomische Nutzung der Kanne, vor allem aber die Beseitigung der Gebäude auf dem Schuler-Areal mit anschließender Wohnnutzung. Dort könnte ein sehr schönes innerstädtisches Wohngebiet entstehen. Dass aber der Aufkauf eines Geländes durch die Stadt noch keine Problemlösung schafft, erfahren wir im Sanierungsgebiet Kernstadt: Der Investor für die altengerechten Wohnungen auf dem früheren Anwesen Großmann, also hinter der Volksbank und dem Eberle-Areal, ist wohl abgesprungen und geht doch in die Goldshalde. Wir bedauern, dass sich die Beteiligten in diesem Teilbereich gegenseitig blockieren und das Bett an fünf Zipfeln halten wollen – für die Stadt kann das nur heißen, jemanden zu finden, der ihr das teuer erworbene Gelände ehemals Großmann abkauft. Nicht, dass es totes Kapital bleibt wie die Fläche der ehemaligen Gärtnerei Baral in Dürrmenz oder im Senderhang-Ost. Aus all diesen Gründen stehen wir Grundstücks- und Gebäudeerwerbungen durch die Stadt skeptisch gegenüber, sehen die Aufgabe der Stadt vor allem darin, Eigentümer und Investoren zusammenzubringen, um pass- und stadtplanungsgerechte Lösungen zu finden. Treiben lassen darf man allerdings nichts.

Wir wollen, dass die Maßnahmen in den Sanierungsgebieten zügig in Angriff genommen werden und sind deshalb auch dafür, die städtischen Investitionen – wie den Ausbau der oberen Bahnhofstraße – so umzusetzen, dass die Mittel beim Land zeitnah abgerufen werden können. Sonst wird es noch schwerer, weitere Sanierungsgebiete im Landesprogramm bzw. im Bund-Länder-Programm unterzubringen. Wir müssen unseren Stadtkern und die Ortskerne fürs Wohnen attraktiver machen und auch für soziales Gleichgewicht in den Kerngebieten sorgen. Wer Ausländeranteile von bis 40 Prozent beklagt, hat nichts gegen Ausländer, sondern betont nur die Notwendigkeit ausgewogener Strukturen. Für Lienzingen erwarten wir im zeitigen Jahr 2007 die Vorlage eines Prioritätenprogramms für die Umsetzung städtischer Maßnahmen im Rahmen der Sanierung durch die Verwaltung, wie vom Gemeinderat beschlossen, und die Einbeziehung des Rahmenplanentwurfs Fauth ins weitere Verfahren.

Gewerbebrache für Dienstleister
Mit großem Interesse warten wir auf das Ergebnis der Untersuchung über die Gewerbebrachen: Welche Reserven bestehen? Welche Möglichkeiten der Nutzung gibt es? Wie stark müssen Umnutzungen von der öffentlichen Hand subventioniert werden und wie weit ist diese Subvention nach europäischem Recht erlaubt? Wir denken, manche werden durch das Ergebnis auf den Boden der Realität zurückgeholt. Selten passt eine Gewerbebrache haargenau mit den Wünschen eines suchenden Unternehmens zusammen. Wenn der Aufwand der (Wieder-)Nutzung zu hoch ist, wird das Unternehmen immer eine Neubaufläche vorziehen – ob diese nun in Mühlacker ist, in Vaihingen, im Eichwald oder in Bretten. Unser Ziel muss es sein, Gewerbebrache – sofern vorhanden - vor allem durch Dienstleister nutzen zu lassen. Für produzierendes Gewerbe brauchen wir die Erweiterung der Waldäcker. Wir können nicht alte Fehler wieder machen und produzierende Unternehmen in die Nähe von Wohnbebauung setzen. Das schafft nur neue Probleme.

Flächennutzungsplanung
Deshalb sieht die CDU-Fraktion einen Arbeitsschwerpunkt 2007 wieder in der Flächennutzungsplanung. Wir haben uns nach mehreren Jahren des Wartens endlich 2006 auf einen Entwurf verständigt, der nun in Bürgerbeteiligung und Behördenanhörung geht. Die CDU-Fraktion trägt diesen Entwurf mit, auch wenn die Hoffnungen auf ein IKG mit Illingen nicht allzu optimistisch sind. Es wäre die letzte Chance für Illingen, einen guten Gewerbe- und Industriegebietsstandort – nämlich an der B 10 – zu erhalten. Sollte das doch nicht auf Gegenliebe stoßen, werden wir zuerst einmal mit der Erweiterung der Waldäcker nach Osten und Westen leben und schauen müssen, wie lange die Fläche reicht. Jedenfalls ist belegt, dass Betriebe, die sich in den Waldäckern ansiedeln und dort Entwicklungsmöglichkeiten haben, auch zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Auf diesem Weg wollen wir weitergehen.
Was die Wohngebiete angeht, so steht die CDU-Fraktion zu allen projektierten Flächen, also auch zum Aischbühl. Gerade der Aischbühl entspricht wegen seiner Innenstadtnähe und der Nähe zur Schiene den Vorgaben der Landes- und Regionalplanung. Solche Standorte an der Landesentwicklungsachse sind nach der Landesplanung besonders gewollt.

r Eigenentwicklung der Stadtteile
Nachdrücklich treten wir dafür ein, allen Stadtteilen ihre Eigenentwicklung zu sichern. Sie müssen einwohnermäßig stabil bleiben, um die öffentliche und private Infrastruktur vor Ort wie Schulen und Kindergärten sowie Einkaufsmöglichkeiten dauerhaft zu sichern. Mit Sorge sehen wir – und darauf habe ich auch bei der Haushaltsrede 2006 hingewiesen – die Abwanderung junger Familien aus Großglattbach, weil die Gemeinde Wiernsheim weitaus schneller und effektiver Neubaugebiete ausweist wie jetzt in Serres, wir andererseits z.B. mit der Arrondierung des Unteren Mehls in Großglattbach nicht vom Fleck kommen. Mit jedem Einwohner, der Mühlacker verlässt, verlieren wir auch Geld. Hier verlangen wir im Vorgriff auf den FNP die Aufstellung eines Bebauungsplanes „Erweiterung Unteres Mehl“; notfalls muss man den Konflikt mit dem Regierungspräsidium wagen. Das Baugebiet „Hinter den Zäunen“ in Mühlhausen und die ehemalige Gärtnereiflächen Berret in Lomersheim sind typische Beispiele für Innenentwicklung – in beiden Fällen gelingt es der Verwaltung offenbar nicht, entscheidend weiterzukommen. Eigentlich war zugesagt, den Bebauungsplan „Hinter den Zäunen“ noch 2006 dem Gemeinderat zur weiteren Beratung vorzulegen genauso wie übrigens der Bebauungsplan mittlere Bahnhofstraße. Die Verwaltung ist angehalten, Entscheidungen des Gemeinderats zeitnaher einzuholen!
Nochmals zum FNP: Daran hängt auch die Lösung des Problems mit der 110-kv-Leitung in der Lämmerzunge in Enzberg. Die Betroffenen werden seit sechs Jahren vertröstet. Im Jahr 2000 gab es ja schon einen Beschluss des Gemeinderats zur Lösung des Problems, doch die Verwaltung schiebt die Sache immer vor sich her. Wir wollen 2007 hier entscheidend weiterkommen.
Grundsätzlich sind wir der Auffassung, dass die im neuen FNP ausgewiesenen Flächen für Wohngebiete für die nächsten Jahrzehnte und damit auch übers Zieljahr 2015 hinaus ausreichend sind. Die Reserven – auch durch die Sanierungsgebiete - genügen, ob letztlich alles benötigt wird, wird sich zeigen. Auf jeden Fall sind wir für alle denkbaren Entwicklungen gewappnet, haben aber trotzdem flächenmäßig einen – zumindest vorläufigen – Endpunkt erreicht. Dies sagt nichts aus gegen kleine Arrondierungen.

Auf demografische Entwicklung reagieren
Wenn es um die Zukunftssicherung unserer Stadt geht, fällt auch einer familienfreundlichen Politik eine wichtige Aufgabe zu. Dazu gehört, in allen Schularten wenigstens eine Ganztageseinrichtung zu schaffen, und zwar in einem überschaubaren Zeitraum. Ein erster Schritt dazu ist die Nachmittagsbetreuung als Ergänzung zur Kernzeitenbetreuung vormittags, also zur verlässlichen Grundschule. Wir dürfen anfangs nicht auf die großen Zahlen pro Schule schauen, sondern müssen beginnen wie einst bei den flexiblen Öffnungszeiten bei Kindergärten. Angeblich gab es da auch keinen Bedarf. Inzwischen haben wir nur wenige Kindergärten ohne dieses Angebot. Das heißt: Ein Angebot schafft Nachfrage. Das Angebot muss verlässlich sein für die Eltern. Dann nutzen sie es auch. Nur auf vage Umfrageergebnisse zu setzen, ist nicht ausreichend. Hier wollen wir 2007 entscheidend weiterkommen. Die Verwaltung hat in den Haushaltsberatungen zugesagt, mit dem Thema frühzeitig im Jahr 2007 in den Verwaltungsausschuss zu kommen.

Auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung müssen wir als Stadt attraktiv sein für Familien. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die von der Bertelsmann-Stiftung entwickelten Konzepte zum Umgang mit der erwarteten demografischen Entwicklung, auch wenn die diversen Hochrechnungen durchaus Unterschiede aufweisen. Eines aber ist klar: Wir werden eine ältere Stadt. Nach der Prognose des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg wächst die Zahl der 60-Jährigen und Älteren in Mühlacker bis 2020 von 23 auf 29 Prozent. Hinzu kommen 2020 noch 4 Prozent von 85-Jährigen und Älteren. Das erfordert eine klare Strategie: Kurze Wege zwischen Wohnung und Infrastrukturangebote zu sichern, was auch für den Aischbühl und die Stadtkernsanierungen spricht, wohngebietsnahe Einkaufsmöglichkeiten zu erhalten oder zu schaffen, betreute Wohnungen auch für Personen mit Einkommen über den Grenzen des sozialen Wohnungsbaus bereitzustellen. Das macht auch notwendig, Freizeit- und Fitnessprogramme im Rahmen der Weiterbildung auszubauen. Die neue ältere Generation ist mobiler als frühere. Wir haben nicht zu viele Ältere, sondern zu wenig Junge. Deshalb brauchen wir parallel die Angebote, die junge Familien an einer Stadt schätzen – von familienfreundlichen Wohngebieten bis hin zu Betreuungsangeboten auch im schulischen Bereich.

Mühlehof-Konzept von Echo gescheitert
Mit Sorge verfolgen wir allerdings die Entwicklung in der Innenstadt. Der gewerbliche Teil des Mühlehofs ist weiterhin ein Problemfall. Bis jetzt zeigt sich nicht, wie die Firma Echo die Revitalisierung des Mühlehofs erreichen will, wenn sie es nicht einmal schafft, als Vermieter für ein sauberes Äußeres mitsamt den Aufgängen von der Tiefgarage zu sorgen. Während Vaihingen in seinen Köpfwiesen konkret die Ansiedlung eines Vollsortimenters mit 3000 am Verkaufsfläche plant, ist davon im Mühlehof – eineinhalb Jahre nach den vollmundigen Ankündigungen von Echo vor dem Gemeinderat – nicht mehr die Rede. Angeblich wird eine neue Konzeption ausgearbeitet, nachdem die erste gescheitert ist. Wie sieht die neue Konzeption aus? Ist es ein Dienstleistungszentrum? Also das, was vorher war. Dann aber hat sich erst recht der Verkauf des städtischen Anteils an Echo nicht gelohnt. Zwölf Millionen Euro lägen bereit, um in den Mühlehof investiert zu werden, sagten die Echo-Vertreter im Mai 2005 im Gemeinderat. Das Baugesuch werde in vier Wochen vorliegen. Nichts von alle dem ist eingetroffen. Wir müssen den Druck auf Echo erhöhen, die Stadtverwaltung muss einen Plan B entwickeln und nicht nur apathisch die Dinge treiben lassen. Sie, Herr Schütterle, sind gefordert, die Dinge anzupacken und nicht immer schönzureden. Sie müssen die Interessen der Stadt vertreten, nicht die Interessen von Echo im Auge haben. So jedenfalls erfolgt keine Aufwertung der Innenstadt. Vor diesem Hintergrund ermuntern wir das Kaufhaus Sämann, seinen Standort auch durch Lebensmittel-Sortimente zu stärken.

Bei Echo als Vermieter mit garantierten Mieteinnahmen von Stadt und Finanzamt bei gleichzeitiger ausgesprochener Zurückhaltung in der Pflege der Anlage und des Gebäudes fällt einem der Bibelspruch ein: Seht die Vögel unter dem Himmel, sie säen nicht, sie ernten nicht.... Und der Herr ernährt sie doch.

Schluss-Stein der Innenstadt-Entlastung
Wichtig ist für die CDU-Fraktion auch, als letzten Baustein der Innenstadtumgehung im Zuge der Ziegeleistraße den Kreisverkehr Lienzinger Straße/Ziegeleistraße/ Vetterstraße zu bauen. Die Maßnahme ist bereits 2006 finanziert worden. Wir sollten daran nicht die Lösung zu vieler Grundstücksprobleme knüpfen, sonst geht gar nichts mehr. Wir ermuntern die Verwaltung, dem Gemeinderat umgehend einen Lösungsvorschlag zu unterbreiten. Unsere Fraktion hält diesen Kreisel, über den seit Jahren gesprochen wird, für sehr wichtig. Zusammen mit der Umgestaltung der oberen Bahnhofstraße wäre dann baulich alles getan, um jene restlichen Fahrzeuge, die die Bahnhofstraße immer noch zum Nur-schnell-mal-Durchfahren benutzen, auf die Ziegeleistraße zu bringen.

Feinstaub reduzieren
Was die Feinstaubbelastung betrifft, so muss alles getan werden, um diese Belastung abzubauen. Die Heizungen im Heidenwäldle für Festbrennstoffe zu öffnen, wäre allerdings ein falscher Weg. Im Gegenteil: Im Interesse der Bewohner des Heidenwäldle, die sich jahrzehntelang an das Verbot von Festbrennstoffen gehalten haben, erwarten wie die baldige Vorlage des Luftgutachtens, um in das Bebauungsplanverfahren einzusteigen. Was den Feinstaub betrifft, so fordern wir wirksame Maßnahmen gegen den Lkw-Mautausweichverkehr sowie Maßnahmen des Gesetzgebers für saubere Fahrzeuge.

Werke für die gesamte Stadt
Ein Wort noch zu den Stadtwerken, die den städtischen Haushalt 2007 mit 1,6 Millionen Euro finanzieren sollen. 2008 steht die Konzessionsvergabe für die Stromnetze in den EnBW-Stadtteilen an. Die CDU-Fraktion tritt dafür ein, dass die Stadtwerke nicht nur in erneuerbare Energie wie die Biogasanlage investieren, was von uns unterstützt wird, sondern auch in die Arrondierung des Netzes. Die Stadtwerke sollen Werke der gesamten und für die gesamte Stadt sein.

Für Hotline außerhalb der Dienstzeiten
Meine Damen und Herrn, noch ein Wort zur Verwaltung. Die Erfahrungen zeigen, dass Probleme – zum Beispiel Lärm an sozialen Brennpunkten – nicht montags bis donnerstags um 16 oder 18 Uhr enden, auch nicht freitags um 12 Uhr – ja sie tauchen selbst samstags und sonntags auf. Wohin sollen sich Bürger, die sich nicht mehr zu helfen wissen, wenden? An eine eh schon von den Aufgaben her überstrapazierte Polizei? Wir fordern weiterhin eine Hotline bei der Stadtverwaltung. Ein Kummertelefon, das auch außerhalb der Dienstzeiten besetzt ist und an das sich Bürger wenden können. Durch Änderungen bei den Dienstplänen muss eine wechselnde Rufbereitschaft eingerichtet werden.

Erfreuliches bürgerschaftliches Engagement
Mit Freude sehen wir, wie in dieser unserer Stadt bürgerschaftliches Engagement stattfindet, ohne dass vom Rathaus heraus diese organisiert werden muss. Das beste Beispiel sind der Verschönerungsverein und die Scherbabuzzer bei der Sanierung des Wahrzeichens unserer Stadt, der Löffelstelz, sowie zahlreiche Eltern, die die Klassenzimmer streichen oder Vereine, die Aufgaben übernehmen wie der Partnerschaftsverein bei der Städtepartnerschaft. Hier sind wir auf einem guten Weg. Darin ist auch die Zukunft zu sehen. Nun können wir auch hier mit Freude singen, um zu Jesaja zurückzukehren.

Meine Damen und Herren, zum Schluss gilt der Dank der CDU-Fraktion den Steuerzahlern, der Stadtverwaltung und den anderen Fraktionen für die Zusammenarbeit.

Da der Haushaltsplan-Entwurf 2007 der Verwaltung im Sinne der CDU-Fraktion verändert und zusätzliche Mittel sowohl für den Abbau des Sanierungsstaus an städtischen Gebäuden und Straßen sowie für die Ortskernsanierungen beschlossen wurden - bei gleichzeitiger Reduzierung der Darlehen - werden wir dem Etat zustimmen.

Lienzingen oder So schön wie im Reiseführer von 1975

Aus der Pforzheimer Zeitung, Ausgabe Mühlacker, vom 9. Dezember 2006:

Dorf soll zum Glanzstück werden
Herausforderung für die Planer der Sanierung: Im Ortskern von Lienzingen stehen allein 68 Gebäude unter Denkmalschutz
MÜHLACKER-LIENZINGEN. Mit einer Millionenspritze will Mühlacker den Ortskern von Lienzingen zu einem städtebaulichen Juwel im gesamten Südwesten machen. Das
älteste Wohnhaus von Nordbaden ist dort zu finden.

„Im Reiseführer des Jahres 1975 wurde unser Ortskern als Perle des Unterlandes beschrieben“, formulierte CDU-Fraktionschef Günter Bächle für sein Heimatdorf neue Ziele.

Es gehe darum, die „schönen fränkischen Hofanlagen“ zu restaurieren und zu neuem Leben zu erwecken. Als Vorbild kann die Sanierung des „Nachtwächter-Komplexes“ dienen. Das Fachwerk-Gebäude sei mehr als 500 Jahre alt. Die Wohnhäuser rund um die Wehrkirche mit ihren Gaden von 1360 sind nach den Angaben der Sanierungs-Experten ebenso im 14. Jahrhundert entstanden. „Eine ausreichende Zahl an Parkplätzen muss aber zur Verfügung stehen“, mahnte Bächle an. Überraschend saß Rolf Leo, der Fraktionschef der Freien Wähler aus Dürrmenz, am Abend in Lienzingen unter den 50 Zuhörern in der letzten Reihe. „Die jungen Familien müssen in die Ortskerne zurückkehren können“, lautete sein Credo.

Derweil munterte Bürgermeister Pisch das Publikum nach Kräften auf. „Jetzt geht es richtig los. Private Bauherren können bis zu 30 Prozent an Förderung erwarten, für den Denkmalschutz kommen zehn Prozent drauf“, pries er die staatlichen Zuschüsse wie ein Losverkäufer an. Die Verwaltung muss mit aller Kraft mobilisieren: Fast 39 Prozent der 473 Bewohner im Sanierungsbereich sind ausländischer Herkunft. Die Familien könnten weniger Interesse an der Instandhaltung ihrer Wohngebäude haben.

Modell-Projekte aus Dürrmenz

Projektleiter Albrecht Pfaff von der Kommunalentwicklung stellte bereits mehrere fertig gestellte Sanierungsprojekte aus Dürrmenz vor. So seien Scheunen in Wohnungen umgewandelt worden. „Alte Häuser mit Fensterläden sind zum Schmuckstück geworden“, erläuterte Pfaff. In Großglattbach sei das Wohnen mehrerer Generationen auf einem Grundstück ermöglicht worden. Die Umgestaltung der Scheunen soll in Lienzingen zum Schwerpunkt werden. Mühlackers Stadtbaumeister Winfried Abicht sagte zur PZ, im Landesetat seien vier Millionen Euro an Fördergelder für die vier laufenden Sanierungsprojekte in Mühlacker (Dürrmenz, Großglattbach, Kernstadt und Lienzingen) reserviert. 550 000 Euro will die Kommune 2007 privaten Sanierern als Zuschüsse zur Verfügung stellen. Zwei Maßnahmen sind laut Abicht in Lienzingen schon angelaufen, über weitere vier Projekte wird verhandelt.
Erstellt von: Horst Pieper

Übrigens: Der Reiseführer heißt "Am Neckar und am Rhein", Autor Franz Prinz zu Sayn-Wittgenstein, 2. überarbeitete Auflage 1975, Prestel-Verlag in München

Der Förderrahmen für Lienzingen beträgt 1,6 Millionen Euro. Eine Million kommt vom Land Baden-Württemberg, 600.000 Euro von der Stadt

Hier der Beitrag über Lienzingen auf der Internet-Seite der Stadt:


Die Siedlungsgeschichte Lienzingens erstreckt sich über mehr als 2000 Jahre. Gräberfunde aus Früheisenzeit und La-Tène-Zeit legen davon Zeugnis ab. Auch die Befestigungen der Alten Burg, die durch Kelten in den letzten Jahrhunderten vor der Zeitenwende angelegt wurden, sind ein Ausdruck der langen siedlungsgeschichtlichen Kontinuität unserer Heimat. Um das Jahr 85 n. Chr. kamen die Römer in unsere Gegend und legten mehrere Gutshöfe an. Aus dieser Zeit wurden zahlreiche Scherben und ein Relief der Diana gefunden. Schließlich wurden die Römer gegen Ende des 3. Jahrhunderts von den Alemannen überrannt, die eine Siedlung gründeten, aus der das heutige Lienzingen hervorgegangen ist. Daß diese Gründung schon lange Zeit vor der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes liegt, können wir aus dem alemannischen Ortsnamen ersehen, der in etwa bedeutet: "Bei den Leuten des Luizi".

Nach der Schlacht bei Zulpich im Jahre 496 geriet Lienzingen, wie fast das ganze alemannische Gebiet, unter fränkische Herrschaft. Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes als Laizhingen (auch fränkische Schreibweise Letzenheim oder Lentzencheim bekannt) stammt aus dem Jahre 766 und betrifft Schenkungen an das Kloster Lorsch in der Markung Lienzingen. Neben verschiedenen Klöstern waren Adelsgeschlechter wie die Freiherrn von Enzberg und von Roßwag in Lienzingen begütert. Nach und nach nahm jedoch der Besitz der beiden Klöster Sinsheim und Maulbronn eine größere Bedeutung an. Aus dem Jahre 1100 stammt die erste Beurkundung einer Pfarrkirche in Lienzingen, die in diesem Jahr dem Kloster Sinsheim übereignet wurde, woraus man schließen kann, daß sie schon einige Zeit früher existierte.

Peterskirche mit erstem Schulhaus in Lienzingen Während des Mittelalters war der Ort wegen seiner exponierten Lage an einer Durchgangsstraße wohl oft Zeuge des Kriegsgeschehens, so in den Streitigkeiten zwischen der Pfalz und Württemberg vom 13. bis zum 16. Jahrhundert um die Oberherrschaft über das Kloster Maulbronn. Die Auseinandersetzungen nahmen solche Ausmaße an, daß die Einwohner des Ortes Schutzanlagen in Form der befestigten Kirche errichteten. Mehrmals wechselte in dieser Zeit die Herrschaft, aber schließlich blieb das Kloster und damit auch Lienzingen in württembergischem Besitz. Nach Jahrhunderten der Not und einer ständig wachsenden Unterdrückung durch geistliche und weltliche Herren erhoben sich die Bauern und wurden 1525 von den Fürsten blutig niedergeschlagen. Auch die folgenden Jahrhunderte brachten viele Kriegsnöte, so etwa im Dreißigjährigen Krieg von 1618-1648, als Lienzingen stark unter Plünderungen und Kontributionen zu leiden hatte. Später, während der Raubkriege Frankreichs, wurde das Dorf mehrmals geplündert und im Jahre 1692 von der Soldateska niedergebrannt. Erst nach den Revolutions- und den napoleonischen Kriegen kehrte eine längere Zeit der Ruhe in unserer Heimat ein.

Über Jahrhunderte hinweg bildete die Landwirtschaft die erste Erwerbsquelle der Lienzinger. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnte sie jedoch nicht allen Einwohnern eine ausreichende Lebensgrundlage bieten, so daß viele Lienzinger ihr Glück in der Ferne suchten, vor allem in Nordamerika. Erst mit der Ablösung der feudalen Lasten besserte sich die Lage der Bauern etwas.

Da der Plan, Lienzingen noch im 19. Jahrhundert an die Eisenbahn anzuschließen, scheiterte, blieb der dörfliche Charakter ohne größere Industrieansiedlungen bis in die Gegenwart erhalten, auch wenn durch die zahlreichen Neubürger in den neuen Baugebieten die Landwirtschaft ihre einstige Bedeutung längst verloren hat. In den 60er Jahren unseres Jahrhunderts konnte die Gemeinde - nicht zuletzt durch einen lukrativen Waldflächentausch mit der Stadt Mühlacker - so ehrgeizige Projekte wie neues Schulhaus, Kindergarten und Mehrzweckhalle verwirklichen.

Im Zuge der Kommunalreform wurde Lienzingen auf Beschluß des Staatsgerichtshofes im Mai 1975 ein Stadtteil von Mühlacker. Doch der Verlust der Selbständigkeit bedeutete nicht das Ende von Entwicklungen. Neue Wohngebiete wie Neuwiesen und Vordere Rait wurden seitdem bebaut und vergrößerten den Ort auf 2270 Einwohner im Jahr 1998. Vorbildliche Sanierungsmaßnahmen galten den Kirchengaden und den schönen Fachwerkhäusern in der Knittlinger Straße. Das Gasthaus "Nachtwächter" erhielt sogar den Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg. Auf kulturellem Gebiet ragen die Konzerte des "Musikalischen Sommers" in der Frauenkirche hervor. Lienzingen liegt an der Weinstraße Kraichgau-Stromberg.


Vier Euro und 80 oder Ohne Rechnung geht nichts

Wenn eine Verwaltung einem eine Rechnung über vier Euro und achtzig Cent für eine Leistung schickt, die man eigentlich hätte an Ort und Stelle bezahlen können, man das Geld dort aber nicht wollte, so hört sich das zwar kompliziert an. Ist es aber - genau genommen - nicht.
Beim Betroffenen kommt jedenfalls "Freude" auf. Denn das hätte man billiger für alle Beteiligten haben können.
Heute berschwerte sich eine Bürgerin. Und sie schrieb:
"Es hat mich beinahe aus den Socken gehauen. Am Donnerstag habe ich eine Rechnung bekommen über 2 Ztr. Obst gemahlen € 4,80. Diese Rechnung kam von der Stadt mit der Bitte um Überweisung. Kann so ein kleiner Betrag nicht der Keltermeister gleich kassieren? Was das wieder an Verwaltung kostet und sie teuer macht! Dazu noch meine Überweisungskosten! So kann man nicht mit dem Geld umgehen."

Und alles nur, weil jemandem im Rathaus einfiel, dass Keltermeister die Gebühren nicht nach dem Mosten einziehen dürfen. Das war früher möglich. Sie sind dann nach der Most-Saison mit ihrem Kässle ins Rathaus marschiert und haben abgerechnet. Jetzt dürfen sie nur aufschreiben, wem sie wie viel gemahlen und gepresst haben und dann setzt sich jemand bei der Stadtkasse hin, schreibt für jede(n) eine Rechnung, verschickt diese, kontrolliert den Zahlungseingang (mahnt notfalls) und verbucht den eingegangenen Betrag. So kann man auch Bürokratie erzeugen und Verwaltungsposten sichern.
Das lässt manchen nostalgisch zurück blieben in die Zeit mit dem Kässle: Ja, ja, die gute alte Zeit. Dabei liegt sie noch gar nicht so weit zurück!
Mal sehen, ob wir nicht eine Kurskorrekur bei der Verwaltung erreichen können. Nach dem Motto: Auch hier sollte der gesunde Menschenverstand siegen. Und nicht der höchst möglichste Aufwand.

Ärger am Spielplatz oder Was tut die Stadt?

In meinen Weblog-Beiträgen vom 17. September und 11. Oktober habe ich auf die Beschwerden von Anwohnern des Kinderspielplatzes und des Bolzplatzes im Wohngebiet Hagen in Lomersheim hingewiesen. Inzwischen gibt es weitere Beschwerden von Anwohnern. Das Problem beschäftigt nicht nur mich seit dem Jahr 2003 durch Beschwerden von Bürgern, die das Gefühl haben, dass die Stadtverwaltung ihnen nicht hilft. Tatsächlich gelang es der Stadtverwaltung nicht, in dieser Zeit für eine Lösung zu sorgen. Ich habe jetzt im Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats vorgeschlagen, eine Bannmeile um diese Spielplätze zu verhängen und so die Spreu vom Weizen zu trennen. Es gibt Kinder und Jugendliche, die sich dort nur treffen wollen - sie zu vertreiben, ist kein Ausweg, wenn ihnen nicht gleichzeitig eine Alternative angeboten wird. Aber dorthin kommen auch junge Erwachsene mit ihrem Auto, teilweise mit Karlsruher Nummer, die für Lärm und Abfall sorgen. Hier einzugreifen, ist Pflicht der Stadt auch zur Wahrung der Interessen der Anwohner. Deshalb der Vorschlag mit der Bannmeile. Doch Bürgermeister Hans Jürgen Pisch blockte ab, sprach davon, man habe keine Möglichkeiten - und der OB schwieg dazu.
Dass eine solche Maßnahme durchaus hilfreich sein kann, zeigte meine Nachfrage beim Birkenfelder Bürgermeister Rainer Herrmann. Der antwortete mir heute (Auszug):
"Natürlich haben wir an bestimmten Aufenthaltsorten auch weiterhin Probleme mit Jugendlichen. Dramatisch hat sich das in den letzten Jahren insbesondere auf dem Kirchplatz gezeigt. Daher haben wir aufgrund unserer angepaßten Polizeiverordnung um die Kirche und den Kirchplatz eine sogen. Bannmeile gelegt und diesen Bereich entsprechend beschildert. Danach ist es verboten, sich dort aufzuhalten, um zu lagern, zu konsumieren und den Platz zu verunreinigen. Das Verbot wird durch unseren Ortspolizisten durchgesetzt, der mit seinem Diensthund auch abends und am Wochenende Kontrollen durchführt und berechtigt ist, Platzverweise auszusprechen.
Damit haben wir erreicht, dass zumindest der sensible Bereich des Kirchenumfeldes einigermaßen sauber bleibt und die Kirchenbesucher am Sonntagmorgen nicht vor einer "verkotzten" Kirchentür stehen."

Es geht also doch, wenn man nur will. Aber da muss auch der Gemeindevollzugsdienst einmal außerhalb der Dienstzeiten ausrücken. Natürlich ist es wichtig, einen Jugend-Treffpunkt in Lomersheim zu schaffen (auch deshalb beantragte die CDU-Fraktion, ein Konzept für dezentrale offene Jugendarbeit vorzulegen). Am 6. Dezember findet ein Gespräch bei BM Pisch u.a. mit den Stadträten statt, um Lösungen zu finden. Im Gespräch sind die Nutzung eines Raumes im Pfarrhaus und das Herrichten des ehemaligen EVS-Häuschens im Ortskern von Lomersheim als Jugendraum. Hoffentlich gibt es ein handfestes Ergebnis der Besprechung. Kontrollen am Spiel- und am Bolzplatz im Hagen muss es aber trotzdem geben, weil sicherlich nicht alle das Angebot Jugendraum nutzen. Wie geschrieben: Man muss die Spreu vom Weizen trennen.