Gefunden oder Ein Experte zur Demoskopie

Obwohl sich die politische Meinungsforschung in Deutschland langsam dem Rentenalter nähert, arbeitet
sie zumeist noch wie in der Gründerzeit. Immer
noch wird das Bild von einfachen, deskriptiven Ergebnissen geprägt: von Sonntags- und Kanzlerfrage,
von der politischen Stimmung, der Wichtigkeit
und Kompetenz politischer Aufgaben. Schon Adenauer wurden entsprechende Ergebnisse präsentiert,
fast 60 Jahre später ist das unter Merkel kaum anders.
Während große Unternehmen durch ausgeklügelte
Instrumente und Modelle für alle Strategieentscheidungen
den Erkenntnis- und Umsetzungswert der Demoskopie optimieren, verharrt die Politik auf Steinzeitniveau.
Es geht auch anders: Längst hat TNS Emnid das Conversion-Modell entwickelt, das Wahlkampfmanager
jederzeit darüber informiert, welche Wähler mit welchen Aktionen noch erreichbar sind, welche der Absprunggefährdeten auf welche Weise noch gehalten werden können.
Längst entscheidet der „Politik-Themen-Check“ (PTT), welche Themen wie dem Wähler nahe gebracht werden sollen, um das Wahlergebnis zu optimieren. Diese können sogar von Wahlkreis zu Wahlkreis völlig unterschiedliche sein. Die „Markenwertanalyse“
liefert längst stichhaltige Informationen,
was der Wähler von seiner Partei erwartet, mit welchen Inhalten der Markenkern stabilisiert, bei welchen kannibalisiert wird und welche Politiker
zur Marke passen bzw. verwirren. Wo 70 Prozent Union und SPD nicht mehr voneinander unterscheiden können, kann nur das Wissen, was man wählt, Wahlsicherheit bieten.
„Semiometrie“ analysiert, ob die im Wahlkampf gebrauchten Slogans und Claims zu Wahlkampf und Wähler passen.
Wenn die Modelle denn durchgeführt würden. Doch ähnlich, wie die Wähler nach ihrem Bauchgefühl
urteilen, planen Wahlkämpfer nach Spontan-eindrücken – und damit oft suboptimal, während im modernen Produkt – und Marketingmanagement
keine strategischen Entscheidungen ohne detaillierte
Modelldaten getroffen werden. Hier sind Profis, dort oft Kommunikationslaien am Werk.
Es wird Zeit, dass die Wahlkampfprofis diesen Quantensprung bewältigen. Die Institute gieren danach zu zeigen, was sie können.
Kolumne
Zeit für den Quantensprung


Klaus-Peter Schöppner
ist seit 1990 Geschäftsführer der TNS Emnid Mediaforschung GmbH & Co. KG. Er ist Autor zahlreicher Studien
und Fachveröffentlichungen und schreibt regelmäßig für verschiedene Tageszeitungen und Magazine. Klaus-Peter Schöppner ist Mitglied des Kuratoriums der PolitikAkademie.



Zitiert aus Politikakademie.de